Bezirksvorstand Magdeburg des FDGB:

Gruppe entscheidet über Zahl ihrer Funktionäre

Die dramatische Entwicklung in unserem Lande stellt uns täglich vor neue Probleme. Wir bekennen uns zu unserm Mitverantwortung für die entstandene Lage ohne Wenn und Aber. Eindeutig erklären wir: Die Einheitsgewerkschaft muss erhalten bleiben.

Wir möchten mit allen reden und werden den Dialog in den Betrieben führen. Für jene, die zu uns kommen wollen, haben wir ab sofort eine ständige Konsultationsstelle beim FDGB-Bezirksvorstand (Magdeburg, Otto-von-Guericke-Str. 6) eingerichtet. Jeden Nachmittag stehen dort Funktionäre unserer Gewerkschaften Rede und Antwort.

Zur Vervollkommnung der sozialistischen Demokratie schlagen wir vor, auch in den gewählten örtlichen Volksvertretungen Fraktionen des FDGB zu bilden. Damit garantieren wir wirksamer die volle Wahrnehmung der Verantwortung der Abgeordneten, die das Mandat des FDGB tragen.

Es entspricht unser Auffassung von neuer Qualität der Arbeit, wenn in der zu überarbeitenden Satzung die kräftige Erhöhung der Rolle der Industriegewerkschaften und Gewerkschaften, und die Überwindung veralteter Strukturen in unserer Organisation ihren Niederschlag finden sowie Erscheinungen des Formalismus bei der Planung und Organisation unserer Arbeit energisch überwunden werden.

Die Arbeit in den gewerkschaftlichen Grundorganisationen muss durch einen einfachen Gewerkschaftsaufbau gefördert werden. Dazu schlagen wir unter anderem vor:

• Die zentralen BGL wieder in BGL umzuwandeln.

• Die Gewerkschaftsgruppe kann selbst entscheiden, welche Gruppenfunktionäre außer den Vertrauenslauten noch gewählt werden.

• Die regelmäßige Gewerkschaftsversammlung ist die Hauptform des Mitgliederlebens, und jede Gruppe bestimmt selbst den Inhalt und Verlauf der Versammlung.

• Die Vorteile des Gewerkschaftsmitgliedes bei der Vertretung seiner Interessen gegenüber den Nichtorganisierten sind eindeutiger zu bestimmen.

• Berichts- und Statistikunwesen sind zu beseitigen.

Die soziale Sicherheit und Geborgenheit ist ein unumstößlicher gewerkschaftlicher Grundsatz. Das berücksichtigend, verlangen wir, die Preis-, Miet-, Subventions- und Steuerpolitik zu überarbeiten und die Vorstellungen hierzu öffentlich zur Diskussion zu unterbreiten.

Wir sprechen uns dafür aus:

• das Leistungsprinzip konsequent durchzusetzen und dabei für gleiche Tätigkeiten und Leistungen gleiche Entlohnung zu gewährleisten sowie die rahmen kollektivvertraglichen Regelungen zu vereinfachen,

• ungerechtfertigte Unterschiede bei den Arbeits- und Lebensbedingungen im sozialen und kulturellen Bereich schrittweise zu überwinden,

• die Arbeitsplätze, die von den Normen des Gesundheits-, Arbeits- und Brandschutzes abweichen, zu kennzeichnen,

• einheitliche Grundlagen für die Berechnung und Gewährung der Renten aller Werktätigen zu schaffen.

Wir sind für das Wetteifern der Arbeitskollektive um hohe Leistungen und den Verzicht auf reglementierende Wettbewerbsbeschlüsse. Unerlässliche Voraussetzungen sind dagegen ein exakt bilanzierter Plan und ein kontinuierlicher Produktionsablauf, die wir von den staatlichen Leitern und Leitungsorganen einfordern. Wir sind für eine ständige Erhöhung der Arbeitssicherheit und energische Maßnahmen zum Umweltschutz.

Die geistig-kulturellen Interessen der Gewerkschaftsmitglieder sind außerordentlich vielfältig. Daraus leiten wir die Notwendigkeit ab, dass die Gewerkschaftsgruppen den Inhalt ihrer Kultur- und Bildungspläne selbst bestimmen.

Diese und weitere Vorstellungen über die Verantwortung der Gewerkschaften und die Wahrnehmung ihrer Rechte sollten sowohl in einer neuen Sitzung als auch in einem Gewerkschaftsgesetz ihren Niederschlag finden.

Tribüne, Mi. 08.11.1989

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