Aktionsprogramm
der von der Massenentlassung betroffenen Kollegen des Möbelwerkes Karlshorst

veranlassen die Betroffenen

der Betriebsleitung,
der Betriebsgewerkschaftsleitung und
dem Betriebsrat

ihr Misstrauen auszusprechen, die Vertrauensfrage zu stellen und erklären gleichzeitig:

1. Die Durchführung von Rationalisierungsmaßnahmen und Strukturveränderungen zur Sicherung der Liquidität des Betriebes in unserem neuen Wirtschaftssystem werden als erforderlich und dringlich akzeptiert.

2. Der daraus resultierende Personalabbau wird als unausweichliches, wenn auch für den Einzelnen schmerzliches Erfordernis eingesehen.

3. Alle dazu einzuleitenden und durchzuführenden Maßnahmen werden, wenn sie von Kompetenz und sozialer Verantwortung geprägt sind, von den Unterzeichnenden akzeptiert und mitgetragen. Die den Betroffenen entgegenschlagende Kälte und Interesselosigkeit, die Inkompetenz der Leitung und die Ignoranz der Belegschaftsvertretung werden nicht akzeptiert. Deshalb unterstützen wir voll die Aktivitäten des Bürgerkomitees zur Rettung des Betriebes und stellen für alle von der Entlassung betroffenen Mitarbeiter folgende Forderungen:

1. Rücknahme und Überarbeitung des Sozialprogramms,

2. mindestens vierteljährlicher Kündigungsschutz für alle freizusetzenden Mitarbeiter, unabhängig von den jeweiligen arbeitsvertraglichen Regelungen,

3. der Jahresurlaub wird der unter (1.) genannten Frist zugerechnet,

4. die im Sozialprogramm angekündigten Ausgleichszahlungen gelten für alle Betroffenen (auch für Langzeitarbeitslose),

5. die Mittel aus dem Prämien- und K.-u.-S.-Fonds sind in voller Höhe anteilmäßig auszuzahlen (sofort) und dürfen nicht für die Absicherung von Maßnahmen des Sozialprogramms verwendet werden,

6. bei der Überarbeitung des Sozialprogramms sind die für die freizusetzenden Angehörigen der Kombinatsleitung vorgeschlagenen Mindestforderungen für die betreffenden Mitarbeiter des Möbelwerkes anzusetzen,

7. Veröffentlichung aller 1990 vorgenommenen Gehaltsveränderungen (mit Begründung),

8. für die von der Massenentlassung bedrohten Kollegen wird ein gewerkschaftlicher Rechtsbeistand verpflichtet.

aus: Die Andere Zeitung, Nr. 19, 01.06.1990, Unabhängige Wochenzeitung, Herausgeber: Klaus Wolfram