Sa. 21. April 1990

• • Gewerkschaft Wissenschaft will Kooperationsgemeinschaft mit ÖTV und GEW

    • Die Gewerkschaft Wissenschaft (GW) der DDR will eine sofortige aktionsfähige Kooperationsgemeinschaft mit den BRD-Partnergewerkschaften ÖTV und GEW eingehen. Das beschloss der Hauptvorstand der GW am Wochenerde in Berlin auf einer außerordentlichen Tagung. Den Grund-Organisationen der Gewerkschaft wird empfohlen, auch selbständig konkrete Formen der Zusammenarbeit mit Partnern zu suchen und zu fördern. Wie in dem Beschluss erklärt wird, garantiere dies eine wirksame Interessenvertretung der Gewerkschaftsmitglieder im deutschen Einigungsprozess.
      (Tribüne, Mo. 23.04.1990)

  • Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Berlin (Ost) gegründet

    • Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Berlin (Ost) (GEW) ist am Wochenende in Berlin gegründet worden. Lehrer, Erzieher, Kindergärtner, pädagogisch tätige Wissenschaftler, technische Kräfte von Bildungseinrichtungen und Jugendhilfemitarbeiter können Mitglieder werden. Die 50 Teilnehmer der Gründungssitzung beschlossen eine Satzung und wählten den geschäftsführenden Vorstand. An dessen Spitze steht durch einstimmige Wahl Petra Burkert, die am Zentralen Runden Tisch mitarbeitete.

      Zur Sicherung der Rechte aller in den Bildungs- und Erziehungseinrichtungen Beschäftigten konstituierte sich mit der GEW Berlin (Ost) eine von Parteien und Staat unabhängige, basisdemokratische und einheitliche Gewerkschaft, heißt es in einer dem ADN übermittelten Mitteilung. In einem Sofortprogramm gehe es unter anderem um ein Mitspracherecht bei neuen Bildungskonzepten, den Erhalt des Arbeitsplatzes für jeden, die Erhöhung der Gehälter und die enge Zusammenarbeit mit der GEW in Westberlin.

      Der Zentralverstand der Gewerkschaft Unterricht und Erziehung teilte uns dazu folgenden Standpunkt mit: Die Neugründung der GEW Berlin (Ost) ist eine eindeutige Spaltungsaktion. Die dort proklamierten Ziele und Absichten stehen seit Neuformierung der Gewerkschaft Unterricht und Erziehung ganz oben an im Forderungskatalog. Der Zentralvorstand, der von über 500 000 Mitgliedern legitimiert wurde, wird als einziger Tarif- und Gesprächspartner vom Bildungsministerium akzeptiert.
      (Tribüne, Di. 24.04.1990)

  • Minister für Abrüstung und Verteidigung Die NVA besteht so lange wie in Europa zwei Militärbündnisse existieren

    • Auf dem Gebiet der heutigen DDR werde die Nationale Volksarmee so lange bestehen, wie in Europa zwei Militärbündnisse, die NATO und der Warschauer Vertrag, existieren. Das erklärte der Minister für Abrüstung und Verteidigung der DDR, Rainer Eppelmann, am Sonnabend in einem TASS-Interview. Die sowjetischen Truppen in der DDR würden so lange hier verbleiben, wie auf dem Territorium der BRD NATO-Truppen stationiert sind. Eppelmann äußerte seine Anerkennung für die zurückhaltende, ruhige Haltung der NVA-Führung, die einen würdigen Beitrag bei den demokratischen Umgestaltungen im Land geleistet habe.

      Durch Fortschritte bei den Wiener Verhandlungen könnten rasch die Kürzung des Militärbudgets und weitergehende Reduzierungen der Truppen und Rüstungen in Mitteleuropa in Angriff genommen werden. Eppelmann kündigte kühne Schritte bei der Konversion der militärischen Produktion an.
      (Neues Deutschland, Mo. 23.04.1990)

  • Initiative für ein Denkmal für den "unbekannten Deserteur"

    • Der Freundeskreis Wehrdiensttotalverweigerer in Potsdam hat eine Initiative für ein dem "unbekannten Deserteur" gewidmetes Denkmal ins Leben gerufen. Wie die evangelische Wochenzeitung "Potsdamer Kirche" in ihrer Wochenendausgabe schreibt, wollen die Initiatoren dem Vergessen von toten wie lebenden Deserteuren entgegentreten.

      Es wird daran erinnert, dass schon im 18. Jahrhundert in Potsdam Rekruten kaserniert wurden und eine Flucht aus der Stadt bestraft wurde.
      (Neue Zeit, Do. 26.04.1990)

  • 1. Sächsischer Landesbauerntag

    • Ihre Entschlossenheit, nicht zuzulassen, dass die Bäuerinnen und Bauern an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden, bekundeten am Sonnabend in Karl-Marx-Stadt die Teilnehmer des 1. Sächsischen Landesbauerntages. Die mehr als 400 gewählten Delegierten vertreten die Interessen von rund 140 000 Bauern, Gärtner und Winzer der Bezirke Dresden, Karl-Marx-Stadt und Leipzig.

      In einem Standpunkt zur Regierungserklärung de Maizières verlangten sie Maßnahmen zum Schütze des Binnenmarktes vor unkontrollierten und ungesetzlichen Einfuhren aus der BRD sowie Regelungen, die eine Ruinierung der Landwirtschaftsbetriebe verhindern und ihnen die Anpassung an die Bedingungen des EG-Marktes ermöglichen.

      Mit der Zusammenkunft konstituierte sich als erste derartige überregionale Vereinigung in der DDR der Sächsische Bauernverband.
      (Neues Deutschland, Mo. 23.04.1990)

      Es ist der erste Landesbauernverband in der DDR.

  • Internationale Konferenz verschiedener Bürgerbewegungen

    • I. Konferenz des INTERFORUM

      Vom 21.-23.4.1990 findet in Berlin, in den Räumen der Akademie der Künste, eine internationale Konferenz verschiedener Bürgerbewegungen statt.

      Eingeladen dazu haben dazu die chinesische Oppositionsbewegung FDC (Föderation für ein demokratisches China), das Neue Forum sowie Demokratie Jetzt und die Initiative Frieden und Menschenrechte. Schwerpunktthemen werden der Erfahrungsaustausch auf dem Weg zur Demokratie, die verschiedenen Wirtschaftskonzepte, die Rolle der Religion und der Umgang mit separatistischen und Vereinigungsforderungen sein.

      Die Veranstaltungen im Plenarsaal (R.-Koch-Pl.) und das Abschlusstreffen mit chinesischer und europäischer Musik am 22.4. um 19.30 Uhr im Hotel Stadt Berlin sind öffentlich (Eintritt frei).

      Arbeitsausschuss NEUES FORUM
      (Berliner Zeitung, Sa. 21.04.1990)

  • Demonstration in Berlin-Pankow

    • Für die Übergabe der von der Versorgungseinrichtung des Ministerrats verwalteten Villen rund um den Pankower, Majakowskiring in die Rechtsträgerschaft des Stadtbezirkes demonstrierter am Sonnabend etwa 200 Bürger.
      (Junge Welt, Mo. 23.04.1990)

  • Einkaufstour nach Szczecin

    • Rund 2 500 DDR-Bürger nutzten allein am Sonnabend den anhaltend günstigen Schwarzmarktwert der Ostmark in Polen für eine "Handelsreise" noch Szczecin, berichtete PAP unter Bereifung auf Grenzorgane am Übergang Lubieszyn.

      Der von der erwarteten deutsch-deutschen Währungsunion geprägte Wechselkurs habe in der Stadt bereits 1 400 Zloty pro DDR-Mark erreicht.

      Unterdessen hat die Nationalbank Polens angekündigt, dass ab kommenden Montag der Satz jährlich erwerbbarer Zahlungsmittel für Reisende in die DDR von derzeit 550 auf 1 500 Mark angehoben wird.
      (Junge Welt, Mo. 23.04.1990)

  • Die Jungen Liberalen wollen sich im September vereinigen

    • Die Jungen Liberalen (Julis) in der Bundesrepublik und die "Jungliberale" Aktion (JuliA) der DDR wollen sich im September dieses Jahres vereinigen. Dieser Beschluss wurde am Sonnabend in Wuppertal auf dem Bundeskongress der Julis gefasst.
      (Junge Welt, Mo. 23.04.1990)

  • Der Bund Katholischer Unternehmer konstituiert sich

    • An diesem Wochenende wird sich in der Pfarrei Corpus Christi der Bund Katholischer Unternehmer (BKU) konstituieren. Am Beginn der Gründungsversammlung wird ein grundlegendes Referat des Erfurter Moraltheologen Msgr. Prof. Dr. Wilhelm Ernst zu den Prinzipien der katholischen Soziallehre und der Wirtschaftsethik stehen. Prof. Ernst hat sich darüber hinaus bereit erklärt, die Arbeit des BKU als geistlicher Berater zu begleiten.

      Auf der Tagung soll das Programm des neuen Verbandes, das sich ethisch-moralisch an den Grundlagen der katholischen Soziallehre orientiert, bestätigt und ein Vorstand gewählt werden.
      (Neue Zeit, Sa. 21.04.1990)

Frankfurt (Oder) (ND). Am Sonnabend fand in Frankfurt (Oder) eine zweite Begegnung linker Kräfte aus den Bezirken Potsdam, Frankfurt (Oder) und Cottbus sowie aus Berlin statt. Im Ergebnis der Veranstaltung wurde die "Initiative von unten (Land Brandenburg)" gegründet, die sich offen hält, für die Mitarbeit interessierter Gruppierungen und Einzelpersonen des künftigen Landes Brandenburg und Berlin.
(Neues Deutschland, Mo. 23.04.1990)

Ich weiß nicht, ob ihr über die Ereignisse in Görlitz am 21. 4. informiert seid. Dort sollten die "Abstürzenden Brieftauben" und die "Mimmis" spielen. Und was war? 40 bis 60 Glatzen als öffentliche Ordnungs- und Schlägertruppe. Das Konzert fiel aus, wir fuhren noch Hause. Die stattfindende Ersatz-Disko wurde zur Siegesfeier der Rechten. Aus Berichten der Einheimischen erfuhren wir, dass am Vorabend (20. 4.) Hitlers Geburtstag in den "Linden" gefeiert wurde. Wenn das nicht stinkt, bin ich total blöde. So, das wollte ich euch mal mitteilen.
(Junge Welt, Fr. 18.05.1990)

Die letzte Nummer der "originären ddr-taz" erscheint. Die ddr-taz erscheint als Regionalausgabe der gesamt-taz weiter.

In Berlin-Mitte wird der Unabhängige Historiker-Verband gegründet.

Die Industrie- und Handelskammer Karl-Marx-Stadt wird gegründet.

Eine Gesellschaft für Marktforschung e. V. mit Sitz in Leipzig ist gegründet worden.

Erster ordentlicher Bezirksparteitag Sachsen-West der SPD.

In Ludwigsfelde wird der Landesverband Brandenburg der Demokratischen Bauernpartei Deutschlands gegründet.

Der Verband der Berufssoldaten der Nationalen Volksarmee hält in Eggersdorf seinen ersten Verbandstag ab. Vom Soldatenbeauftragen der NVA wird eine Grußadresse verlesen. Es wird die Öffnung des Verbandes für alle Angehörigen der NVA, auch Ehemalige und Ehepartner beschlossen.

Der Geschäftsführende Vorstand des Gewerkschaftsbundes erhebt auf seiner Tagung die Forderung nach einer radikalen Erneuerung des Weltgewerkschaftsbundes.

Erster Juristentag der DDR in Strausberg-Nord am Wochenende.

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