Mo. 21. Mai 1990

Link zum Protokoll der 8. Sitzung der Volkskammer

Link zum Gesetz zur Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion

• • Protest von Bauern sowie Werktätige der Land- und Nahrungsgüterwirtschaft

    • Für die Sicherung der Abnahme landwirtschaftlicher Erzeugnisse und den Schutz des Binnenmarktes gingen gestern zahlreiche Bauern sowie Werktätige der Land- und Nahrungsgüterwirtschaft in vielen Teilen des Landes auf die Straße.

      Von vorgesehenen drastischen Maßnahmen wie Sperrung von Straßen und Grenzübergängen haben Bauern, Beschäftigte der Milchwirtschaft und anderer Betriebe im Kreis Pasewalk vorerst Abstand genommen. Sie haben diese aber in Aussicht gestellt, wenn bis zum 2. Juni keine Antwort erfolgt oder keine Maßnahmen auf die Forderung der Bauern eingeleitet werden. Wie Michael Biermann, Direktor der Molkerei Pasewalk, mitteilte, sind gegenwärtig alle Verträge der Kühlhäuser zur Lagerung von Butter aufgekündigt. Es entsteht die absurde Situation, dass entweder den Kuhhaltern keine Milch mehr abgenommen werden kann oder die Molkerei Rahm für die "Halde" produziert.

      Gegen diese und ähnliche ungesunden Vorgänge in der Wirtschaft protestierte gestern auf dem Pasewalker Marktplatz eine Vielzahl Bauern und anderer Werktätiger. Eine gemeinsame Delegation aus den Kreisen Pasewalk, Strasburg, Ueckermünde, Prenzlau und Templin begaben sich noch am gleichen Tag auf den Berliner Alex, um auch hier ihrem Unmut Ausdruck zu verleihen und ihre Forderungen an die Volkskammer betr. das Ministerium für Ernährung, Land und Forstwirtschaft weiterzuleiten.

      Mit LKW fuhren Bauern - vor allem aus den Randbezirken - auf den Berliner Alexanderplatz. Dort zeigten sie, dass die DDR-Produkte gut und durchaus marktfähig sind. So bot die GPG Buchholz Paprika, Gurken und Tomaten an, die Geflügelproduktion Seddin Märkische Landenten.

      Mit Transparenten machten die Landwirte auf ihre Probleme aufmerksam.

      An das Mikrofon traten der Vorsitzende des Bauernverbandes der DDR Karl Dämmrich, Dr. Werner Meyer-Bodemann, stellvertretender Vorsitzender der DBD, und weitere Redner. Sie verliehen den berechtigten Bauernforderungen mit deutlichen Worten Nachdruck.
      (Bauern-Echo, Di. 22.05.1990)

  • LPG, GPG und BHG Protestverkauf in Berlin auf dem Alex

    • Mit einem Sonderverkauf von Frischwaren wie Eier, Joghurt, Blumen und Gemüse protestierten gestern auf dem Alexanderplatz rund 30 LPG, GPG und BHG aus Berlin, Potsdam, Frankfurt (Oder) und aus dem Bezirk Cottbus gegen das Vorgehen des Großhandels. Seit geraumer Zeit können diese Betriebe ihre Waren nur noch in kleineren Mengen beim Handel absetzen, da der Gewinn für diesen beim Kauf von Waren westlicher Herkunft größer ist. Wie der Andrang an den Ständen zeigte, sind jedoch einheimische, für den Kunden billigere, aber trotzdem qualitativ hochwertige Produkte sehr gefragt; nicht nur am Stand der LPG (P) aus Golzow im Oderbruch. Das war auch ein Anliegen dieser Aktion. Neben dem Absatz ihrer Waren forderten die Bäuerinnen und Gärtnerinnen außerdem Chancengleichheit beim Wettbewerb mit ausländischen Produkten.
      (Berliner Zeitung, Di. 22.05.1990)

  • Streik von Studenten am Berliner Institutes für Lehrerbildung "Clara Zetkin"

    • (ADN). Rund 370 der 1 550 Studenten des Berliner Institutes für Lehrerbildung "Clara Zetkin" traten am Montag in einen Streik. Der Boykott der Vorlesungen und Seminare soll bis Mittwoch dauern. Die Studenten fordern die Anerkennung der Fachschulabschlüsse von Unterstufenlehrern und Heimerziehern auch in einem vereinigten Deutschland, Mitspracherecht in Studienangelegenheiten, Beibehaltung der sozialen Absicherungen des Studiums sowie die landesweite Einberufung einer pädagogischen Konferenz zu Bildungsfragen.

      Der Direktor des Institutes, Prof. Dr. Wolfgang lffert, äußerte sich kritisch so einem Teil der Forderungen der Studenten. So sei seit mehreren Jahren ihre Mitwirkung im wissenschaftlichen Beirat des Institutes sowie in anderen staatlichen Gremien möglich. Der Studentenrat sollte diese Rechte der demokratischen Mitbestimmung stärker nutzen als bisher. Der Direktor informierte, dass ab September 1990 eine Hochschulausbildung für Grundschullehrer und Freizeitpädagogen am Institut beginnt beginnt. Inhaltliche Voraussetzungen seien auch für Übergangsregelungen für Unterstufenlehrer und Heimerzieher geschaffen worden. So seien Aufbaukurse für den Erwerb von Staatsexamen sowie postgraduale Fernstudien nach dem Abschluss des Fachschulstudiums geplant.
      (Neues Deutschland, Di. 22.05.1990)

  • Die sofortige Schließung des sowjetischen Militärflugplatzes nahe Neuruppin gefordert

    • Neuruppin (ADN). Die sofortige Schließung des sowjetischen Militärflugplatzes am Stadtrand von Neuruppin haben Montag etwa 8 000 Bürger Kreisstadt gefordert. In der vergangenen Woche hatte sowjetisches Militärflugzeug bei einem Übungsflug über Rägel im Kreis Neuruppin drei Fliegerbomben verloren, die nicht detoniert waren, Sachschaden angerichtet hatten.
      (Neues Deutschland, Di. 22.05.1990)

  • Protest gegen eine Folgeerscheinung der Massentierhaltung

    • PROTEST gegen eine Folgeerscheinung der Massentierhaltung: Land- und Forstarbeiter blockierten vor ein paar Tagen mit ihren Fahrzeugen alle Zufahrten der Schweinezucht- und Mastanlage Neustadt/Orla. Gemeinsam mit Umweltschützern wollten sie mit dieser eintägigen Aktion gegen die Umweltzerstörungen durch die riesigen Mengen Rohgülle protestieren.
      (Neue Zeit, Mo. 21.05.1990)

  • Sero nimmt kein Altpapier mehr ab

    • Auf den Zeitungen sitzen bleibt der Normalverbraucher, denn der VEB SERO kann das Altpapier nicht mehr in vollem Umfang an die DDR-Papierindustrie absetzen und nimmt ihm deshalb nichts ab. Die Ankaufpreise fallen, wodurch wiederum die Altstoffhändler in die roten Zahlen kommen. Die Folge: Zahlreiche Annahmestellen schließen.
      (Neue Zeit, Di. 22.05.1990)

  • Drei-Millionste Trabi

    • Zwickau (NZ/ddp). Auf seine alten Tage vollbringt der Trabant noch eine Höchstleistung: Am Montag durchbricht der seit 1958 von den Zwickauer Sachsenring-Werken gebaute Trabi die Drei-Millionen-Grenze. Das Jubiläumsstück soll um 11.00 Uhr vom Band laufen.
      (Neue Zeit, Sa. 19.05.1990)

  • Seit Jahresbeginn rund 60 000 Handwerks- und Gewerbebetriebe gegründet

    • Berlin (ADN/ND). In der DDR sind seit Jahresbeginn rund 60 000 Handwerks- und Gewerbebetriebe gegründet worden. Bis zum 21. Mai wurden 61 787 Gewerbe angemeldet oder beantragt, von denen bisher 57 463 registriert beziehungsweise genehmigt worden sind. Die meisten Betriebsgründungen erfolgten nach diesen Angaben in Berlin sowie in den Bezirken Dresden und Magdeburg. In rund 11 000 Fällen betätigten sich Handwerker oder Vertreter handwerksähnlicher Berufe als Unternehmensgründer.
      (Neues Deutschland, Sa. 02.06.1990)

  • Zusammenarbeit der Gewerkschaft Gesundheits- und Sozialwesen und der ÖTV

    • In Kürze wird es eine schriftliche Vereinbarung über die Zusammenarbeit der Gewerkschaft Gesundheits- und Sozialwesen in der DDR und der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV) in der Bundesrepublik geben. Zielsetzung: eine einheitliche starke Gewerkschaft ÖTV in einem vereinten Deutschland. Darauf einigten sich Montag in Hamburg am Rande des DGB-Kongresses der stellvertretende Vorsitzende der DDR-Gewerkschaft Peter Herold und die Vorsitzende der ÖTV, Monika Wulf-Mathies. Enge Kooperation als wichtiger Schritt zur "Stärkung der gewerkschaftlichen Handlungsfähigkeit in der DDR" sei angesagt, so beide Gewerkschaftsführer.

      Nach der IG Transport ist die Gewerkschaft Gesundheits- und Sozialwesen die zweite Einzelgewerkschaft in der DDR, die eine enge Zusammenarbeit mit der ÖTV anstrebt.
      (Tribüne, Mi. 23.05.1990)

  • DDR mit "Staatsakt" verabschiedet

    • (ND-General). So kurios, irritierend und dramatisch wie die Tage, die wir durchleben, war, was am Montag zu Füßen der Gethsemanekirche ablief: das letzte Geläut die DDR und der Beginn der Überführung ihrer sterblichen Überreste in das Familiengrab zu Bonn. Was als "Staatsakt" von linken Gruppen inszeniert wurde, geriet, mit einem ungewöhnlich starken Presse- und Polizeiaufgebot in der Stargarder Straße, insofern zu einem veritablen Polit-Happening, als mehrere Redner tatsächlich klarmachen konnten: 40 Jahre DDR lassen such nicht auswischen, weil sie wohl im Grunde nie ganz beendigt werden kann. Dass dieses bunte Zeremoniell vor der Gethsemanekirche stattfand, von wo im letzten Herbst so viel für eine neue, bessere DDR auf den Weg gebracht worden war, und mit dem Sarkophag 500 Exemplare des Entwurfs der neuen DDR-Verfassung via Bonn auf den Weg gebracht wunden, verdeutlicht das Anliegen. Viele junge Leute, viele in Schwarz, viele DDR-Fahnen - Einäscherung am Mittwoch in Bonn.
      (Neues Deutschland, Di. 22.05.1990)

Frankfurt/Main. dpa/vwd/BZ Die Bindung-Brauerei AG Frankfurt/Main will in der DDR mit vier Brauereien kooperieren. Kooperationsverträge wurden mit der Radeberger Exportbierbrauerei, der Krostitzer Brauerei sowie - über die Tochter Berliner Kindl Brauerei - mit der Potsdamer Brauerei und der Bürgerbräu Berlin geschlossen. Sobald die DDR-Behörden grünes Licht geben, will Binding dort "größere Investitionen" vornehmen.
(Berliner Zeitung, Di. 22.05.1990)

Ab 21. Mai 1990 können Bürger der DDR ohne Visum Italien besuchen.
(Neues Deutschland, Do. 10.05.1990)

Bielefeld. ddp Der Minister für Abrüstung und Verteidigung, Rainer Eppelmann (DA), hat sich gegen eine rasche Vereinigung der beiden deutschen Staaten gewandt. "Der Prozess der deutschen Vereinigung soll ein Prozess sein, der die europäische Vereinigung befruchtet, nicht aber behindert und erschwert. Darum könnte ich mir als Etappen-Ende etwa 1992 vorstellen", sagte Eppelmann in einem vorab veröffentlichten Gespräch für die Montagsausgabe der in Bielefeld erscheinenden Zeitung "Neue Westfälische". Viele bundesdeutsche Politiker überzögen das Tempo, weil sie befürchteten, dass sich die Zeit des sowjetischen Staatspräsidenten Michail Gorbatschow dem Ende zuneige.
(Berliner Zeitung, Mo. 21.05.1990)

Der Parteivorstand der Demokratischen Bauernpartei Deutschlands verortet die Partei auf seiner Sitzung als "konservativ-liberal".

Erster Tag des zweitägigen Besuchs von Rainer Eppelmann, Minister für Abrüstung und Verteidigung, in Polen.

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