Aus der Diplomarbeit eines Stasimitarbeiters

Wir waren in allen feindlich-negativen Personenzusammenschlüssen

Die Unterwanderung der Gruppen "Initiative für Frieden und Menschenrechte" und "Gegenstimmen"

2.2.2. Angewandte Methoden bei der Beeinflussung der feindlich-negativen Personenzusammenschlüsse "Initiative für Frieden und Menschenrechte" und "Aktion Gegenstimme"

Der durch die Diensteinheit bearbeitete feindlich-negative Personenzusammenschluss "Initiative für Frieden und Menschenrechte" hat sich aus feindlich-negativen Personenkreisen entwickelt, die vormals aktiv feindlich innerhalb der "Unabhängigen Friedensbewegung" tätig waren. Die Friedensvorschläge der Staatengemeinschaft haben diesen feindlich-negativen Kräften den Vorwand für die Verbreitung ihrer Forderungen genommen. Auf der Suche nach neuen Aufhängern und neuen Themen, mit denen das feindliche Wirken gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung bemäntelt wird und ihre feindlich-negativen Anschauungen verbreitet werden können, wurde die aktuelle Menschenrechtsproblematik als Grundlage auserkoren. Bei der Gründung solcher sogenannter Menschenrechtsgruppen gab es unterschiedliche Auffassungen, die zum Teil konträr waren und durch gezielten Einsatz inoffizieller Mitarbeiter noch verstärkt wurden. Das Resultat war das Entstehen von zwei Personenzusammenschlüssen, der "Initiative für Frieden und Menschenrechte" und der "Aktion Gegenstimme". Zeitweise auftretende Bestrebungen feindlich-negativer Kräfte zur Zusammenführung beider Personenzusammenschlüsse wurden durch das Wirken und durch Beeinflussung von IM zum Scheitern gebracht. Dazu wurden bestehende unterschiedliche Auffassungen zu den Formen und Inhalten der feindlichen Tätigkeit, wie zum einen die Tendenz aggressiver öffentlichkeitswirksamer Aktionen in direkter Konfrontation zum Staat, zum anderen der Kurs der Ausarbeitung theoretischer Grundlagen zur ideologischen Arbeit und Gewinnung von Masseneinfluss, wie "Solidarność" in der VP Polen, verstärkt und eine Einigung unmöglich gemacht. Dieser Erfolg ist ein Beispiel für gezielte Beeinflussung mit Wirkung.

Ausgehend von dieser Konstellation liegt der Schwerpunkt zur Zeit in der Bearbeitung feindlich-negativer Personenzusammenschlüsse darauf, die jeweiligen Personenzusammenschlüsse durch inoffizielle Mitarbeiter in den Zusammenschlüssen inspiriert, in kleinere Diskussionsrunden aufzuspalten, die sich auf Interessenbasis mit den unterschiedlichsten Themen theoretisch beschäftigen (IM als Diskussionsleiter), wie zum Beispiel Philosophie, Freiheitsbegriff u. dgl. m. Der Effekt bei der Realisierung dieser Maßnahmen wäre eine Beschäftigung dieser feindlich-negativen Personenkreise mit sich selbst, was einer Zielstellung der vorbeugenden Arbeit in feindlich-negativen Personenzusammenschlüssen entspricht. Die der aktuellen Situation innerhalb der politischen Untergrundtätigkeit entsprechende starke Zerstrittenheit über Vorgehensweisen, die fehlende theoretische, ideologische Plattform und das Fehlen einer Führung, unter der ein einheitliches Vorgehen möglich wäre, hat im Rahmen der "Initiative für Frieden und Menschenrechte" zu Ansätzen der Ausarbeitung eines "Konsens"-Papiers zur Festhaltung programmatischer Punkte im Sinne von "Wie weiter?" geführt. Auf der Grundlage einer entsprechenden Auftragserteilung/Instruierung wird eine Einflussnahme auf die Ausarbeitung dieser Grundlagen für das weitere feindliche Vorgehen dahingehend genommen, dass eine Festlegung von den gegenwärtigen Zustand verbessernden Schritten verhindert wird!

Bewährt hat sich als methodisches Vorgehen bei der Beeinflussung mittels IM, differenziert auch als Ansatzpunkte die Argumente, Vorstellungen anderer feindlich-negativer Personenzusammenschlüsse zu nutzen, insofern sie zur Abschwächung bzw. Verhinderung feindlich-negativer Aktivitäten dienlich sind oder der Verstärkung von Differenzen zwischen den Personenzusammenschlüssen.

Eine weitere Vorgehensweise ist die zielgerichtete, entsprechend gesteuerte Publizierung von Beiträgen in den feindlichen Schriften der politischen Untergrundtätigkeit, wie "Grenzfall" durch IM, die sich gegen Aktivitäten bzw. geplante Vorhaben von feindlich-negativen Personenzusammenschlüssen richten. Ein Beispiel hierzu wäre die Auseinandersetzung um die tragischen Vorfälle im KKW Tschernobyl. Bei den schon erwähnten Einflussmöglichkeiten einer Autoritätsperson innerhalb eines feindlich-negativen Personenzusammenschlusses ist zu beachten, dass die eingesetzten IM nicht als "Erzieher" wirken, da sie sonst sehr schnell ausgeschlossen werden. Ein differenziertes Einsetzen von Kritik und Lob hat sich zur Festigung des Ansehens dieser Personen bewährt. Bei Streitgesprächen über Aktivitäten der Personenzusammenschlüsse ist stets das Aufwand-Nutzen-Verhältnis in die Diskussion einzubringen, da hiermit konkret die Nichtbefürwortung von geplanten feindlichen Aktivitäten begründet werden kann ausgehend von dem im Personenzusammenschluss herrschenden Kräfteverhältnis. Das Ziel besteht darin, durch kontrovers geführte Diskussionen eine Einigung auf konkrete Aktivitäten zu verhindern bzw. zu verschleppen.

Die Möglichkeit der Beeinflussung ergibt sich auch dadurch, dass bei der Beteiligung von IM an der Erarbeitung von Pamphleten und Textbeiträgen für feindliche Schriften der politischen Untergrundtätigkeit und dgl. m. durch geschickte Formulierungen den Inhalten die "Schärfe" genommen werden kann. So wurde zum Beispiel bei der Zusammenstellung einer Ausgabe des "Grenzfall" auf Betreiben des IM eine deutsche Übersetzung ohne Kürzungen eines Artikels aus der "Prawda" zum Thema der Umgestaltung in der Sowjetunion aufgenommen. Der Effekt dieser Maßnahmen war, dass die entsprechende Fläche der zur Verfügung stehenden Platzkapazität ausgelastet und kein Platz für feindlich-negative Inhalte an dieser Stelle gegeben war. Eine weitere angewandte Methode ist die Verschleppungstaktik. IM, die innerhalb des Personenzusammenschlusses mit einer termingemäßen Erarbeitung von Beiträgen betraut wurden bzw. deren Anwesenheit für die feindlich-negativen Personen zu einem bestimmten Zeitpunkt wichtig ist, können durch Vorschützen von Problemen, Überarbeitung oder wenig Zeit, solche Termine hinauszögern und damit ein "auf der Stelle treten" verursachen. Die Anwendung dieser Methode ist aber abhängig von der konkreten politischen Situation. Zum Beispiel ist bei politischen Höhepunkten, wo besonders öffentlichkeitswirksame feindliche Aktivitäten zu erwarten sind, ein Auslassen von vereinbarten Terminen durch den IM unduldbar, da eine ständige Kontrolle und Sofortinformation über geplante Aktivitäten der feindlich-negativen Kräfte gewährleistet sein muss.

An dieser Stelle sei noch auf die Möglichkeiten der Beeinflussung durch IM auf öffentlichkeitswirksame Handlungen verwiesen. Bei der Durchführung subversiver Aktivitäten feindlich-negativer Aktionen, die generell mit feindlichen Stellen und Kräften abgestimmt und daher stets unter Beteiligung von Vertretern westlicher Massenmedien ablaufen sollen, werden drei Phasen unterschieden:

I. Phase der Vorbereitung der feindlichen Aktivität.

Man kann die IM nur innerhalb dieser Phase zu einer effektiven Beeinflussung einsetzen. Im allgemeinen werden Probleme der Organisation feindlich-negativer Aktivitäten in Form öffentlichkeitswirksamer Aktionen längerfristig abgesprochen. Die Beeinflussung wird dahingehend ausgerichtet, dass die IM instruiert werden, bei den Diskussionen innerhalb des Personenzusammenschlusses alle diesbezüglichen Informationen aufzuarbeiten, im Vorfeld der Aktivität beruhigend, sachbezogen auf die einzelnen Mitglieder des Personenzusammenschlusses einzuwirken, mit der Aufgabe, die öffentlichkeitswirksame feindlich-negative Aktivität zu verhindern und wenn das nicht möglich ist, einzuschränken. Letzteres, indem die Zielsetzungen der Aktivität mit den schon erwähnten Möglichkeiten und Methoden abgeschwächt werden. Wichtig ist in dieser Phase: die Gewährleistung der Aufarbeitung aller Informationen, um die Pläne, Absichten des Feindes erkennen zu können und dementsprechend geeignete Gegenmaßnahmen zu planen bzw. einzuleiten.

II. Phase der Durchführung der feindlichen Aktivität.

Wenn die feindliche Aktivität abläuft, kann der IM bei entsprechendem provokativem Charakter der Aktivität nur beruhigend auf die feindlich-negativen Kräfte einwirken, so dass zum Beispiel beim Einschreiten der Sicherheitsorgane keine Konfrontationen entstehen, die zu Handgreiflichkeiten ausarten können. In dieser Phase zahlt sich eine qualitativ hohe vorbeugende Arbeit in der Phase I aus.

III. Phase der Nachbereitung.

Im wesentlichen soll der IM beruhigend, abschwächend auf die Organisierung von Reaktionen auf staatliche Maßnahmen einwirken, wie Eingaben, Protestbriefe etc.

Bei entsprechenden bestimmten Zielobjekten ist durch IM in Schlüsselposition eine mögliche Einflussnahme, auch im Zusammenwirken mit staatlichen/gesellschaftlichen Kräften erforderlich.

Ein auf alle drei Phasen zutreffender, besonders zu beachtender Aspekt ist, dass keinesfalls der IM als Initiator der Aktivitäten auftreten darf.
(...)

2.3.1. Die Einschränkung der Verbindungen von Führungskräften der politischen Untergrundtätigkeit in das Operationsgebiet

(...)

Weiterhin wurden die Autoren von Beiträgen, die in westlichen Medien veröffentlicht wurden, durch inoffizielle Mitarbeiter dahingehend beeinflusst, dass dieses nicht der richtige Weg sei, um Veränderungen in der Gesellschaft zu erreichen, da westliche Massenmedien keinen Einfluss auf die Entwicklung der DDR haben.

Die durch die Diensteinheit erfolgreich praktizierte Unterbrechung von Feindverbindungen in das Operationsgebiet durch Einleitung von Einreisesperren wurde auch innerhalb der Beeinflussung genutzt. Inoffizielle Mitarbeiter mit entsprechenden Kontakten in das Operationsgebiet wurden instruiert, in Diskussionen im Rahmen des feindlich-negativen Personenzusammenschlusses zu Möglichkeiten der Aufrechterhaltung von Verbindungen darauf zu bestehen, dass ihre Kontakte nicht in Aktivitäten des feindlich-negativen Personenzusammenschlusses einbezogen werden, da sie ihnen sehr viel bedeuten, z. Bsp. das Bestehen einer engen Freundschaft und sie deshalb auch in Zukunft erhalten bleiben sollten. Als Argument für diese Haltung führten sie an, dass alle Verbindungen, die für feindliches Wirken, z. Bsp. unter dem Aspekt der Kuriertätigkeit genutzt wurden, über kurz oder lang keine Einreiseerlaubnis in die DDR erhielten, selbst so prominente Verbindungen wie Petra Kelly von der Bundestagspartei der "Grünen".

Die hier angeführten Beispiele sollen Vorgehensweisen verdeutlichen, wie die Beeinflussung wirksam zur Einschränkung von Feindverbindungen genutzt werden kann. Jedoch sollte stets davon ausgegangen werden, dass, entsprechend der Bedeutung von Feindverbindungen im Rahmen politischer Untergrundtätigkeit, solche Einwirkungen für sich allein genommen nur von geringem Erfolg sind.

2.3.2. Die vorbeugende Verhinderung der Bildung neuer feindlich-negativer Personenzusammenschlüsse und die Verhinderung der personellen Vergrößerung bestehender feindlich-negativer Personenzusammenschlüsse durch IM

Wie schon im vorangegangenen Abschnitt dargestellt, wird die politische Existenzfähigkeit der politischen Untergrundtätigkeit in der DDR von außen, aus dem Operationsgebiet gewährleistet. Sie besitzt keine Ursachen in der sozialistischen Gesellschaftsordnung. Es gibt aber auch in der sozialistischen Gesellschaft vielfältige objektive und subjektive Bedingungen, dass einzelne Menschen in Gegensatz zu bestehenden politischen Verhältnissen geraten können und sich zu offenen, fanatischen Feinden der DDR entwickeln. Somit ergibt sich die Notwendigkeit des verstärkten Führens politisch-ideologischer Auseinandersetzungen mit vor allem politisch Schwankenden unter Beachtung des gesellschaftlich-sozialen Umfeldes zur Verhinderung der Verfestigung feindlicher Positionen. Man muss von der objektiven Bedingung der Existenz von Menschen ausgehen, die, wenn ihnen an einer bestimmten Stelle nicht geholfen wird, bei Problemen im persönlichen als auch gesellschaftlichen Leben, z. Bsp. in Form einer Aussprache u. dgl. m., abgleiten in feindliche Einstellungen, die sie in den Bereich der politischen Untergrundtätigkeit führen, wo die feindliche Einstellung dann umschlägt in feindliche Handlungen. Hinzu kommt die Tatsache, dass bei Menschen in den unterschiedlichsten gesellschaftlichen Bereichen subjektive Eigenschaften vorhanden sind, die auf Seiten der sozialistischen Gesellschaft auf Unverständnis stoßen, wie z. Bsp. Egozentrismus, Individualismus, verkannte Führungsansprüche, Negierung von Erreichtem, übersteigerte Kritik an Schwierigkeiten.

Ausgehend von dem bisher Gesagten ist also die Arbeit mit den Menschen als Auftrag an alle staatlichen, politischen und gesellschaftlichen Kräfte so zu realisieren, dass keine Fehlentwicklungen, z. Bsp. im wissenschaftlichen, künstlerischen Bereich oder in der Arbeit der Jugendorganisationen zugelassen werden. Und hier liegen auch die Möglichkeiten der eingesetzten inoffiziellen Mitarbeiter in ihrer ganzen Breite; Probleme in der Entwicklung von Menschen, Herzlosigkeiten, Ungerechtigkeiten zu signalisieren und so im Zusammenwirken mit IM in Schlüsselpositionen, staatlichen und gesellschaftlichen Kräften über die Auseinandersetzung auf ideologischem Gebiet, der Unterstützung bei der Bewältigung schwieriger Lebenslagen, unter Beachtung des Menschen als Individuum mit allen seinen Eigenschaften, Motiven, dem Grad der feindlichen Einstellung, den Beziehungen, die noch zur sozialistischen Gesellschaft vorhanden sind, eine Beeinflussung und Rückgewinnung in unserem Sinne zu erreichen und damit vorbeugend einer Verfestigung der feindlichen Einstellung entgegenzuwirken.

In der Instruierung werden die IM entsprechend darauf eingestellt, im Umfeld der operativ bearbeiteten Personen, im Arbeits- oder Freizeitbereich auf Sympathisanten oder Personen, die Ansatzpunkte für einen Missbrauch im Sinne politischer Untergrundtätigkeit bieten, zu achten und entsprechende Informationen an den operativen Mitarbeiter weiterzuleiten. Dessen Aufgabe ist es, die zuständige Diensteinheit über diese Personen zu informieren bzw. diese Personen, bei bestehender Notwendigkeit selbst in die Arbeit am operativen Vorgang einzubeziehen, d. h. über die Beeinflussung vorbeugend wirksam zu werden.

Ausgehend von Berlin als Schwerpunkt der politischen Untergrundtätigkeit wurde und wird eine Verbreitung in der gesamten DDR angestrebt. So sind zum Beispiel Frauengruppen in fast allen Bezirken der Republik entstanden. Es werden jährlich Frauentreffen durchgeführt. Das Ziel von Führungskräften der politischen Untergrundtätigkeit ist es, diese einzelnen in der DDR existierenden feindlich-negativen Personenzusammenschlüsse im Handeln zu vereinen, zu koordinieren, aber konkret nur in ihren Aktivitäten, nicht als Organisation zusammenführen.

Aufgabe der eingesetzten IM ist es, alle Informationen zu Vernetzungsbestrebungen feindlich-negativer Kräfte zu erarbeiten und zu kontrollieren, um zu verhindern, dass sich bestehende Personenzusammenschlüsse untereinander koordinieren und daraus eine neue Qualität der feindlich-negativen Personenzusammenschlüsse entsteht. Die angestrebte Zentralisierung der politischen Untergrundtätigkeit wurde nicht erreicht, aber das bestehende Verbindungssystem dieser feindlich-negativen Personenkreise funktioniert teilweise gut bis in die Bezirke und Kreise hinein.

Es kann festgestellt werden, dass es innerhalb der zu bearbeitenden Personenkreise zu keiner Formierung eines neuen, von bisher operativ unbekannten feindlich-negativen Personen gebildeten Personenzusammenschlusses gekommen ist. Die sowohl von der Anzahl als auch dem Grad ihrer feindlichen Aktivitäten her operativ bekannten Personen, die im Sinne politischer Untergrundtätigkeit wirken, haben sich lediglich untereinander neu formiert, d. h. aus ehemaligen Personenzusammenschlüssen sind vom Umfang her kleinere, unterschiedliche Zielstellungen verfolgende Splittergruppen entstanden.

In diese Personenzusammenschlüsse werden unter Umständen interessante, eine qualifizierte Bereicherung darstellende neue Personen aufgenommen, jedoch nicht in den "harten Kern" des feindlich-negativen Personenzusammenschlusses, da die feindlich-negativen Führungskräfte berechtigt davon ausgehen, dass vom MfS Aktivitäten entwickelt werden, um in ihre Kreise einzudringen. Ebenso werden als Sympathisanten eingeschätzte Personen als Informanten genutzt, indem diese Informationen aus den ihnen zugänglichen gesellschaftlichen Bereichen für die Arbeit der feindlich-negativen Personenzusammenschlüsse zur Verfügung stellen. Die vorhandenen Befürchtungen zu Aktivitäten des MfS betreffs der Einschleusung neuer Personen in die feindlich-negativen Personenzusammenschlüsse werden durch IM differenziert in der Beeinflussung zur Verhinderung der personellen Erweiterung bestehender feindlich-negativer Personenzusammenschlüsse genutzt.

2.3.3. Die Verhinderung der Etablierung in staatlichen und gesellschaftlichen Stellen und Organen

Die Beeinflussung feindlich-negativer Personenzusammenschlüsse hinsichtlich ihrer Umprofilierung ist in starkem Maße abhängig davon, inwieweit ihre Zielstellungen tatsächlich gesellschaftliche Anliegen, wie z. Bsp. dem Umweltschutz, entsprechen und inwieweit sie zur Durchsetzung ihrer Zielstellungen feindliche Aktivitäten entwickelt haben.

Die Einbeziehung von sogenannten Öko-Gruppen in die Arbeit der Interessengruppen - Umweltschutz beim Kulturbund der DDR durch z. B. Übertragung von Pflegeobjekten, Initiierung und gesellschaftliche Beteiligung an Baumpflanzaktionen verlangen zuallererst auf inoffizieller Basis genaue Kenntnisse über Ziele, Pläne solcher Personenzusammenschlüsse, um zu verhindern, dass über die Mitwirkung in gesellschaftlichen Organisationen wie dem Kulturbund, dem vorhandenen Bestreben feindlich-negativer Kräfte, durch die Angliederung an staatliche bzw. gesellschaftliche Organisationen/Stellen eine Legalisierung ihrer feindlich-negativen Tätigkeit zu erreichen, entgegengekommen wird. Es wurde durch die operative Bearbeitung bestätigt, dass bei erfolgter Angliederung an staatliche und gesellschaftliche Organisationen/Stellen ein Missbrauch derselben im feindlichen Sinne vorgesehen ist. Als Beispiel sei hier nur der "Freundeskreis Kollwitzplatz" erwähnt, wo durch feindlich-negative Kräfte initiierte Pflegearbeiten am Kollwitzplatz in Berlin Prenzlauer Berg zur Sammlung von Interessenten und feindlicher Argumentation im Rahmen der staatlich gewährten Möglichkeiten genutzt werden. Ein anderes, für die operative Arbeit unbedingt zu beachtendes Beispiel ist die Tatsache, dass eine operativ bekannte Person, die im Sinne politischer Untergrundtätigkeit wirkt, durch gesellschaftlich aktives Engagement, z. Bsp. hinsichtlich der Kommunalpolitik, in ihrem Wohngebiet zum WBA-Vorsitzenden gewählt wurde, ohne dass diese Person ihre feindlichen Zielstellungen aufgab.

Diese feindlich-negative Einzelperson wurde operativ nicht weiter beachtet, da sie keine Kontakte zu feindlich-negativen Personenzusammenschlüssen unterhielt. Erst durch die Wahl geriet sie wieder in das Blickfeld des MfS, wodurch nachwirkend eine operative Bearbeitung notwendig wurde, die aber durch die erreichte gesellschaftliche Position der feindlich-negativen Person erschwert wird. Die Legalisierung als angestrebtes taktisches Ziel stellt ein Hauptproblem für die Organisatoren politischer Untergrundtätigkeit dar, sie beziehen aber zu diesem Punkt unterschiedliche Auffassungen.

Es gibt die Befürworter des sog. Weges durch die Instanzen, wie am zuletzt genannten Beispiel auch schon mit Erfolg praktiziert und wiederum die Gegner dieser Methode, welche auf das Erkämpfen der staatlichen Anerkennung als Dialogpartner durch den Ausbau und die Nutzung der Kontakte in das Operationsgebiet (z. Bsp. durch Verbindung zu Bundestagsparteien; westlichen Massenmedien) spekulieren. Die Verstärkung dieser Auseinandersetzungen durch IM erfolgt, indem diese in den Diskussionen innerhalb der feindlich-negativen Personenzusammenschlüsse Zweifel anbringen, ob z. B. durch die Integration in staatlichen oder gesellschaftlichen Stellen die jeweiligen feindlich-negativen Kräfte der täglichen Auseinandersetzung mit staatlichen oder gesellschaftlichen Kräften gewachsen sind bzw. in ihrer Wirksamkeit paralysiert werden. Belegt werden diese Zweifel mit entsprechenden Erfahrungen aus den Diskussionen in öffentlichen Foren, die mit Niederlagen für die feindlich-negativen Kräfte einhergingen. Gleichzeitig werden durch die eingesetzten IM Informationen für die staatlichen und gesellschaftlichen Kräfte erarbeitet, um diese in die Lage zu versetzen, offensiv gegen Bestrebungen feindlich-negativer Kräfte zur Etablierung in staatlichen oder gesellschaftlichen Stellen und Organen wirksam zu werden. Nur mit diesen durch die IM erarbeiteten Informationen als Voraussetzung sind mögliche Gegenreaktionen von staatlicher und gesellschaftlicher Seite, durch IMS, GMS und IM in Schlüsselposition, zu realisieren. Hier zeigt sich nochmals der untrennbare Zusammenhang von Informationsaufkommen und -qualität und effektiver Beeinflussung.

Durch die in gesellschaftlichen bzw. staatlichen Organen und Stellen wirkenden IM in Schlüsselpositionen und die entsprechenden Partner in Form staatlicher und gesellschaftlicher Kräfte können Bestrebungen feindlich-negativer Kräfte zur Etablierung und damit Legalisierung ihres subversiven Wirkens nachhaltig abgefangen werden. Bedingt ist, wie schon erwähnt, eine rechtzeitige Information und damit verbundene Absprache des Vorgehens seitens staatlicher und gesellschaftlicher Kräfte.

So konnten zum Beispiel im Zusammenwirken mit staatlichen und gesellschaftlichen Kräften Bestrebungen feindlich-negativer Personenkreise, thematische Veranstaltungen der "URANIA" für ihre Zwecke zu missbrauchen und damit öffentlichkeitswirksam zu werden, erfolgreich unterbunden werden, u. a. durch entsprechende Verteilung der Eintrittskarten u. a. an progressive Kräfte und Vorbereitung des Referenten auf zu erwartende feindlich-negative Provokationen. In einem anderen Vorgang wurde in Zusammenarbeit mit staatlichen Kräften erfolgreich verhindert, dass eine operativ bekannte Person, die zu den Führungskräften politischer Untergrundtätigkeit im Verantwortungsbereich der Diensteinheit zählt, durch Wahl in das Elternaktiv der Klasse ihres Kindes eine Möglichkeit erhielt, feindlich-negative Angriffe gegen das sozialistische Bildungssystem öffentlichkeitswirksam vorzutragen bzw. die Arbeit des Elternaktivs für feindlich-negative Zwecke zu missbrauchen.

aus: Die Andere, Nr. 39, 17.10.1990, Der Anzeiger für Politik, Kultur und Kunst, Unabhängige Wochenzeitung, Herausgeber: Klaus Wolfram
[Die Diplomarbeit wurde 1988 verfasst]

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