DDR 1989/90 Brandenburger Tor



H(...) S(...), Eberswalde-Finow


40 Jahre DDR, was war das?

Will man wissen, was wird, so muss man die Geschichte fragen, wie es zu den kam, was war. Das geht nicht, indem die letzten 40 Jahre, und das, was entstanden ist ignoriert werden. Wer wirklich der Gesellschaft nützen will, der muss das Gute bewahren und dazu muss er wissen, was gut war. Wenn jetzt der alte "erste sozialistische Staat auf deutschem Boden" kurz vor dem Ruin steht und das muss jeder, so bitter wie es ist, zur Kenntnis nehmen, so stellt sich die Frage: Ist der Sozialismus gescheitert, oder war es noch keiner? Was können die Ursachen für das Scheitern des alten Wirtschaftssystems gewesen sein?

Sind es ökonomische Ursachen? Nein!

Auch wenn Wissenschaft und Technik am Ende durch ideologische Leitung wirtschaftlicher Prozesse fast unwirksam ist, Produktionsmittel und Infrastruktur stark vernachlässigt sind, so ist doch der Beweis erbracht, dass ein Volk sich ohne nennenswerte Ausbeutung gut versorgen kann, wenn es sich nicht nur in allzu starker Einigkeit lebensfremde Ideen diktieren und sich zum Zweck ihrer Verwirklichung einsperren lässt.

Sind es politische Ursachen? Jain!

Die Politik hat das Volk entmündigt, aber sie hat sich weitestgehend an die Grundideale der Sozialsten gehalten.

Demokratie im Sinne von Volksherrschaft gab es nicht, aber die SED hat versucht, die Volksinteressen zu vertreten.

Es wurde keine Politik des Sozialismus bei der letzten Wahl angeboten. Wir hatten nur die Wahl zwischen Frommen Wünschen und das Volk wünscht Geld.

(Das Aktionsbündnis VL/DIE NELKEN war zu schwach, sich deutlich zu artikulieren, das Bündnis 90 kann es nicht so klar und die PDS war bestenfalls konservativ und hat unsere Gedanken kaum zur Kenntnis genommen. Eher scheint mir, hat sie mit ihrer Arroganz "Wir haben die besten Fachleute" und ihrer Masse fortschrittliche Gedanken unterdrückt.)

Sind es ideologische Ursachen? Ja!

Die SED hat die Idee die Massen ergreifen lassen und nicht, wie es nötig ist, eine Perspektive geschaffen, die die Massen wollen und die deshalb von der Masse ergriffen wird, um sie zu verwirklichen. Die Einheit wurde zur Beschränktheit. Aus der Diktatur des Proletariats wurde eine Diktatur für das (unmündige!) Proletariat und daraus eine Diktatur gegen den (imperialistischen?) Fortschritt, also auch gegen das Proletariat.

Dazu wurde nach bürgerlicher Manie gelogen, d.h. Halbwahrheiten über den "bösen Kapitalismus" verbreitet, so dass jetzt keiner, der nun die "guten Seiten" gesehen hat mehr an das schlechte glaubt. Darum ergriff die Idee, dass die bürgerliche Demokratie die Vorstufe zum Paradies sein muss, die Massen und wurde zur materiellen Gewalt.

Das ist sehr gefährlich!

Darum muss für die Menschen schnell eine gute Idee von einem neuen Sozialismus entstehen. Sonst werden wir das "Paradies" nur durch ein biologisches oder nukleares Inferno erreichen. Der Vergleich zweier Epochen soll bei der Einordnung der letzten 40 bzw. 72 Jahre und damit bei der Beantwortung der Frage nach der Zukunft helfen:

Davon ausgehend, dass der Sozialismus 1918 ähnlich wie z.B. die bürgerliche Republik der Vereinigten Niederlande 1581, deren Unabhängigkeit erst 1648 anerkannt wurde zu einer Zeit entstand, wo die Potenzen der alten Gesellschaft noch lange nicht entfaltet waren, so muss man annehmen, dass die Produktivkräfte des frühen Sozialismus noch nicht den typischen Entwicklungsstand hatten, also echte sozialistische Produktionsverhältnisse schwerlich eingeführt werden konnten. Darum blieben monopolistische Produktionsverhältnisse und reiften in urwüchsigen sozialistischen Staaten aus.

Es ist nicht neu, dass der gesellschaftliche Rahmen (Staat) und seine Grundlagen (PK & PV) nicht gleichzeitig entstehen. Mal entstehen erst die Strukturen, mal erst die Grundlagen.

Aus den feudalen Kolonien der Habsburger entstand zum Beispiel im 17. Jh. auch ein urwüchsiger bürgerlicher Staat unter Führung des fortschrittlichen Adels (Wilhelm von Oranien) auf dem Gebiet der heutigen Niederlanden. Er basiert auf frühbürgerlichen und feudalistischen Produktivkräften. Diese setzten sich so fest, dass der älteste bürgerliche Staat zur Zeit der industriellen Revolution in England (ab 1760) keine Entwicklungspotenzen mehr hatte, also reaktionär wurde und im Krieg mit der französischen Republik 1795 unterging. Er entstand mit Frankreichs Hilfe erst wieder 1815 in Form der damals üblichen konstitutionellen Monarchie.

Die englische bürgerliche Revolution 1640 - 1648 wurde von Marx als Konservativ bezeichnet, weil sie den bereits entstehenden frühbürgerlichen Verhältnissen das bürgerliche Haupt aufsetzte. Ihr folgten neben Restaurationsversuchen relativ friedliche Umgestaltungen des Staates, bis er den bürgerlichen Produktivkräften gerecht wurde.

Bei uns entstand erst der Staat. Dann sollten Produktivkräfte und Produktionsverhältnisse entstehen. Sie fielen der Bürokratenclique um Stalin zum Opfer. Es stellt sich auch hier die Frage Kann man einen Rahmen für noch nicht bekannten politökonomischen Inhalt schmieden? Das ging nicht in der Vereinigten Niederlande, nicht in der SU, nicht in Jugoslawien, nicht in China, nirgends und doch war es Fortschritt und nützte den einfachen Menschen. Nun darf niemand annehmen, dass sich die DDR unabhängig von der SU entwickeln konnte. Dazu war die politische und ökonomische Abhängigkeit zu groß. Die Produktivkräfte des Sozialismus waren zur Zeit der Entstehung der DDR kaum wahrzunehmen. Das Monopolkapital bestimmte die Wirtschaft der Industriestaaten. So entstanden staatsmonopolistische Produktionsverhältnisse und ein Staat mit nicht mehr kapitalistischen Elementen, also ein staatsmonopolistischer Sozialismus; ein sonderbares Konglomerat von alt und neu, ähnlich dem der konstitutionellen Monarchie, das in die Epoche vom Übergang vom Kapitalismus zum Sozialismus passt.

Dieser Staat ist mit den Produktionsverhältnissen und Produktivkräften des noch nicht entwickelten Imperialismus entstanden und ist mit ihnen gealtert. Er war gekennzeichnet durch Gewinnabführung, dem territorialen und ministerialen Leitungsweg und dem Monopolpreis, der allerdings die soziale Sicherheit und gleiche Entwicklungsbedingungen für alle in nie gekannte Maße gewährleistet hat.

Dieses Machtinstrument, das nicht mehr dem Diktat des Profites gehorchte, wurde nun mit dem zu ihm gehörenden Monopol zerschlagen, weil es keine Entwicklungspotenzen mehr hatte. Der Rest bietet nun Chancen, auf Grund des leicht zu vergesellschaftenden Staatsbesitzes, den modernen Produktivkräften, die in den imperialistischen Ländern entstanden sind und einer neuen Demokratie sozialistische Produktionsverhältnisse zu installieren, indem man die Betriebe, die zum Bestandteil des Staates geworden sind, unter demokratische Selbstverwaltung stellt, ähnlich den Kommunen bei der Entstehung des bürgerlichen Staates.

Der Ruf "Keinen neuen Sozialismusversuch mehr" erscheint vulgär. Er ignoriert Gesetzmäßigkeiten der Entwicklung. Ein viel gefährlicherer Versuch ist es, diesen fortschrittlichen Staat DDR zurückzuentwickeln. Dafür gibt es kein Beispiel in der Geschichte.

Wie wird dieser Versuch ausgehen, wenn unser Volk merkt, dass dieser frühe Sozialismus mit seiner niedrigen Arbeitsproduktivität und der friedlichen Revolution mehr humanistische Potenzen bot als der späte Imperialismus zahlen kann. Wenn Millionen Bürger um die Früchte ihrer Arbeit durch Veräußerung des besten Teiles ihres Staatsvermögens betrogen sind. Wenn das deutsche Volk sagt, ja diesen Glanz bezahlen wir mit schlechtem Gewissen gegenüber unseren Mitmenschen und Kindern, denn diese haben den neokolonialen Raubbau an Natur und Menschen zu bezahlen. Sie werden in unseren Müllbergen leben, falls sie das überhaupt tun.

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