Demonstranten! Demonstrantinnen!
Hier spricht das Neue Forum!

Vor zwei Wochen hat sich die Führung der DDR den Bürgern im Dialog gestellt.

Dies ist das Ergebnis der spontanen Kundgebungen im ganzen Land. Wenn wir dennoch weiter auf die Straßen gehen, dann deshalb, weil den schönen Worten endlich Taten folgen müssen. Wir brauchen Garantien dafür, dass Reformen in Gang kommen, die unser Land grundlegend verändern.

Wir sagen: Schluss mit einem Obrigkeitsstaat, der die breite Masse des Volkes zu unmündigen Bittstellern degradiert.

Wir sagen: Schluss mit dem selbstherrlichen Führungsanspruch einer einzigen Partei, die sich nicht in freien Wahlen legitimieren lässt. Wenn wir auf dieser Demonstration Rechtsstaatlichkeit fordern, dann heißt das:

- Herstellung einer von politischen Parteien unabhängigen Gerichtsbarkeit;

- Wiedereinführung von Volksentscheiden, wie sie durch die Verfassung der DDR von 1949 garantiert waren;

- Sofortige Freilassung und Rehabilitierung aller politischen Gefangenen.

Wenn wir heute rufen: "Neues Forum zulassen", dann heißt das:

- Sofortige Bearbeitung unseres Antrages auf Zulassung;

- Bereitstellung von angemessenen Räumlichkeiten für das Informationszentrum und das Büro in der Dreilindenstr. 18;

- Unterstützung von Veranstaltungen des Neuen Forum, wie unserer Kundgebung für Presse-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit am 18. November 10.00 Uhr auf dem Marktplatz.

Wenn wir Pressefreiheit fordern, dann heißt das:

- Unverfälschte und unzensierte Darstellung der Anliegen des Neuen Forum in den vorhandenen Medien;

- Zulassung einer eigenen Zeitung und eines eigenen Verlages.

Wenn wir freie Wahlen fordern, dann heißt das:

- Schaffung neuer Wahlgesetze, durch die freie und geheime Wahlen garantiert werden, in denen eine Entscheidung für oder gegen verschiedene Personen, Parteien oder Organisationen möglich ist;

- Zulassung des Neuen Forum mit eigenen Kandidaten zur Wahl.

Bürger! Lasst euch nicht kaufen durch besseren Konsum und Reisefreiheit. Reisefreiheit ist ein unveräußerliches Menschenrecht, das niemand aus Gnade gewähren kann.

Keine Zukunft ohne Vergangenheitsbewältigung! Verlangt die namentliche Benennung der an der Krise unseres Landes schuldigen Politiker, Funktionäre und Richter. Sie sollen zur Verantwortung gezogen werden. Wir fordern darüber hinaus die Beseitigung der Strukturen, die ein solches fehlerhaftes Handeln ermöglicht haben.

Beteiligt euch an der demokratischen Umgestaltung, die unser Land so anziehend machen soll, dass jeder von uns hier leben will.

Demonstranten! Demonstrantinnen!

Wir rufen euch auch heute wieder eindringlich zur Besonnenheit auf beschädigt nichts, verhindert jegliche Provokation, die zu gewalttätigen Auseinandersetzungen führen kann.

Jochen Läßig im Auftrag der Sprechergruppe des Neuen Forum Leipzig

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