NEUES FORUM organisiert sich

Gespräch mit Sprechern der Gruppe Kaulsdorf / Hellersdorf zum Programm der Initiative

Die Bürgerinitiative NEUES FORUM organisiert sich zur Zeit in der gesamten Republik. In Berlin wurde beispielsweise bereits ein Sprecher gewählt, und in den einzelnen Stadtbezirken arbeiten Sprecherräte und Gruppensprecher. Mit denen der Gruppe Kaulsdorf/Hellersdorf, Peter Lühder und Dr. Heinz Strüwing, kam der "Morgen" ins Gespräch.

DM: Was können Sie zur gegenwärtigen Arbeit im NEUEN FORUM sagen?

P. L(...): Die Arbeit von unten nach oben ist als gut einzuschätzen. In umgekehrter Richtung klaffen aber noch große Lücken. Dazu muss bemerkt werden, dass wir über 200 000 Mitglieder verfügen und erst seit knapp acht Wochen unbehindert wirken können. So sind diese Anfangsschwierigkeiten erklärlich.

DM: Worin bestehen denn das größten Probleme?

P. L(...): Vor allem in den materiell-technischen Voraussetzungen. Wir verfügen über keine Büros, keine Telefonanschlüsse, außer Spenden über keine finanziellen Mittel, keine Vervielfältigungs- oder Drucktechnik und nur über einen ungenügenden Zugang zu den Medien.

DM: Was sollte Ihrer Meinung nach geschehen?

P. L(...): Wenn es die Regierung ernst meint mit der Wende, dann muss sie jetzt alle Initiativgruppen unterstützen. Politik ohne funktionierende Opposition wird es in der DDR nicht mehr geben. Und an den über 200 000 Mitgliedern des NEUEN FORUM kann niemand vorbeiregieren, ohne anzuecken.

DM: Welche Eckpunkte für das entstehende Programm des NEUEM FORUM halten Sie für die wichtigsten?

Dr. S(...): Weil wir eine demokratische Organisation sind, wollen wir den Mitte Dezember vorliegenden Programm- und Statutenentwürfen nicht vorgreifen. Trotzdem kann man sagen, dass die Hauptaspekte in den bislang publizierten Dokumenten enthalten sind, als da wären, das wir uns als Bürgerinitiative verstehen, die, unter Berücksichtigung der vorgesehenen Veränderungen, auf der Grundlage der Verfassung arbeitet, mit dem Ziel, die demokratische Erneuerung unumkehrbar zu machen und sie entsprechend dem Willen des Volkes voranzutreiben. Wir sind für eine gemeinsame demokratische Plattform mit anderen Organisationen und Vereinigungen, für Zweistaatlichkeit, eine antifaschistisch-antinationalistische Grundhaltung sowie für neue gesellschaftliche Strukturen auf allen Ebenen.

DM: Woran denken Sie dabei besonders?

Dr. S(...): Unsere konkreten Vorstellungen heißen Pluralismus, Bewahrung der Demokratie durch Gewaltenteilung, Rechtssicherheit, Volkskontrolle und Friedenserziehung. Die Ökologie muss Verfassungsbestandteil werden und bei allen ökonomischen sowie politischen Entscheidungen berücksichtigt werden. Nach unserer Überzeugung sollte beim Übergang zu einer sozialen Marktwirtschaft unbedingt das gesellschaftliche Eigentum an Produktionsmitteln bewahrt bleiben. Bei der Landesverteidigung gilt es, die Abrüstung fortzusetzen und alle paramilitärischen Organisationen abzuschaffen. Die Massenmedien müssen Organe des öffentlichen Rechts sein.

aus: Der Morgen, Nr. 281, 29.11.1989, 45. Jahrgang, Zentralorgan der Liberal-Demokratischen Partei Deutschlands