Aus dem Wirtschaftsprogramm der SPD

Marktwirtschaft: Wir wollen eine Marktwirtschaft, die Initiative und Leistungsbereitschaft der Bürger fördert und zur Entfaltung bringt, in der wirtschaftlicher Leistungswettbewerb zu rationellem Wirtschaften zwingt und in der die Bürger als Verbraucher und nicht ein anonymer Plan darüber entscheidet, was produziert wird.

Wir wollen eine soziale Marktwirtschaft, in der alle Bürger Arbeit finden, in der die Leistungsfähigen die Schwächeren solidarisch unterstützen, in der ein kollektives Sicherungssystem bei Krankheit. Alter und Arbeitslosigkeit vor Armut schützt und in der freie und starke Gewerkschaften dafür sorgen, dass alle Beschäftigten am wirtschaftlichen Fortschritt teilhaben.

Mit steigender Leistungsfähigkeit unserer Wirtschaft wollen wir den Sozialstaat ausbauen und mit öffentlichen Investitionen unsere Städte und Dörfer erneuern, das Angebot an sozial gerechtem Wohnraum spürbar verbessern, unser Verkehrsnetz modernisieren, Freizeiteinrichtungen schaffen und unsere Umwelt sanieren und damit die Lebensqualität aller Bürger steigern.

Preise und Subventionen: Preise sind die Steuerungssignale der Marktwirtschaft für die Produktions- und Investitionsentscheidungen der Unternehmen. Sie müssen Knappheitsverhältnisse und die bei effizienter Produktion entstehenden Kosten widerspiegeln.

Weil subventionierte Preise Misswirtschaft und Missbrauch fördern, sind Preissubventionen insbesondere für Güter des Grundbedarfs auch nicht sozial. Sozial dagegen sind direkte Einkommenszahlungen an die Leistungsschwächeren, die von den Stärkeren finanziert werden, und dafür stehen wir ein. Damit die notwendigen Preisreformen nicht die Kaufkraft der Bevölkerung mindern, müssen alle Einkommen (Löhne, Gehälter, Renten, Stipendien, Kindergeld, andere Sozialeinkommen) um einen sozial gerechten Betrag erhöht werden.

Vielfalt des Eigentums: Zur schnellen Modernisierung unserer Wirtschaft sind wir auf Zufluss von ausländischem Kapital und technischem Wissen angewiesen.

Wir Sozialdemokraten befürworten daher eine Gesetzgebung, die Kapitalbeteiligungen von Gebietsfremden auch oberhalb der 49-Prozent-Grenze und die Geschäftsführung durch Gebietsfremde erlaubt. Wir werden auch die direkte Gründung von Tochtergesellschaften gebietsfremder Unternehmen zulassen, um Kapital und technisches Wissen anzuziehen und um Unternehmensneugründungen und Wettbewerb auf unseren Märkten zu fördern.

Unser Ziel ist es, die volkseigenen Betriebe und Kombinate weitgehend in andere Eigentumsformen zu überführen: denn staatliches Eigentum hat nur selten zu effizientem Wirtschaften geführt. In öffentlichem Eigentum sollen zum Beispiel Post und Bahn sowie Versorgungsunternehmen verbleiben.

Ökologische Erneuerung: Das ökologisch Notwendige muss künftig auch zum Prinzip des betriebswirtschaftlichen Handelns werden. Was ökologisch schädlich ist, muss künftig für die Unternehmen teuer, das ökologisch Richtige vorteilhaft werden. Vor allem Energie muss teurer werden, da Energieumwandlung und -verwendung eine der Hauptursachen unserer ökologischen Gefährdung ist.

aus: Berliner Zeitung, Jahrgang 46, Ausgabe 61, 13.03.1990. Die Redaktion wurde mit dem Karl-Marx-Orden, dem Vaterländischen Verdienstorden in Gold und dem Orden "Banner der Arbeit" ausgezeichnet.