Initiative Bürgerinnen gegen Geheimdienste

Pressemitteilung

Aus den Erfahrungen beider Auflösung des Ministeriums für Staatssicherheit ergibt sich für uns, Mitglieder der Mahnwachen in verschiedenen Städten, die Notwendigkeit, der Macht der Geheimdienste entgegenzutreten. So haben wir uns dazu entschlossen, die "Initiative BürgerInnen gegen Geheimdienste" ins Leben zu rufen.

Da sich Geheimdienste der öffentlich-demokratischen und parlamentarischen Kontrolle weitestgehend entziehen, stellt sich die Initiative BürgerInnen gegen Geheimdienste unter anderem das Ziel, weiter für eine Offenlegung der Stasivergangenheit in Zusammenhang mit der Aufarbeitung der Geschichte der DDR für die Öffentlichkeit zu kämpfen und den Betroffenen die unrechtmäßig zusammen getragenen Daten zurückzugeben. Sie wendet sich gegen Geheimdienste und geheimdienstähnliche Behörden, die sich den Zugang zu den Stasi-Akten verschaffen, um Material für Erpressung und Beherrschung von Bürgerinnen zu gewinnen.

Die Initiative BürgerInnen gegen Geheimdienste sieht, dass mit der Angliederung der DDR an die BRD die Herrschaft von anderen Geheimdiensten und eine neue Ära der Gesinnungsschnüffelei gegen Bürgerlnnen begonnen hat. Die Geheimdienste und geheimdienstähnliche Behörden insbesondere BND, MAD und Verfassungsschutz sind ähnlich gefährlich wie das alte Ministerium für Staatssicherheit der DDR, gleiches gilt für die Geheimdienste anderer Staaten. Sie werden nur oberflächlich kontrolliert und entwickeln sich zunehmend zum Staat im Staate. Sie neigen ebenso wie die Stasi zur illegalen Ausweitung ihrer Tätigkeit und konnten dank starker Fürsprecher in Politik und Wirtschaft ihre legalen Zugriffsmöglichkeiten immer weiter ausdehnen.

Sie benutzen jetzt Reststrukturen der Stasi und aufgrund besserer technischer Möglichkeiten können sie mit wesentlich höherer Effektivität als die Stasi die Bespitzelung aller für sie interessanten Personen durchführen. Einerseits stellen sie ein Repressionsorgan gegenüber der Bevölkerung dar und schaffen dadurch erst "potentielle Staatsfeinde", andererseits tragen sie mit internationaler geheimer Schnüffelei nicht zu einem Klima des Vertrauens zwischen den Staaten und Völkern bei. Nicht zuletzt sind sie eine übermäßige und weitestgehend überflüssige Belastung für den Steuerzahler.

Wir setzen uns ein für eine Aufarbeitung der Altlast Staatssicherheit und der damit verbundenen politischen Strukturen in der ehemaligen DDR, für die Hinterfragung anderer geheimdienstlicher Organisationen, für die Aufklärung der Bürger über ihre Rechte (Datenschutz) und für die Offenlegung der Strukturen von Geheimdiensten.

Wir sind offen für alle, die unser Anliegen teilen und mit friedlichen Mitteln verfolgen wollen.

Kontaktadressen:
Dresden: Roman K.(...), (...)str. 36, 8019 Dresden, Tel. (...)
Berlin: Umwelt-Bibliothek Berlin, Schliemannstraße 22, 1058 Berlin
Leipzig: Suse A.(...), (...)-Straße 2, 7010 Leipzig, Tel. (...)

Wir lassen nicht locker!!!

Berlin, den 17. 10. 1990 Mahnwachen Dresden, Leipzig, Berlin

aus: telegraph, Nr. 15, 23.10.1990, unabhängig und behörden-unfreundlich, Herausgeber: Umweltbibliothek Berlin