Mit Ministerin Tatjana Böhm im Gespräch

Besonders den Frauen im Süden der DDR verpflichtet

Frau Böhm, der Runde Tisch, an dem Sie als Vertreterin des Unabhängigen Frauenverbandes auch in der Arbeitsgruppe "Neue Verfassung" mitbestimmten, welches "Gericht" aufgetischt wurde, tagte am Montag zum 16. und letzten Male. Was steht für Sie als Ministerin bis zum 18. März noch an?

Für mich wäre nach der Verabschiedung der Sozialcharta die inhaltliche Bestimmung des Ministeriums für Gleichstellung die nächste Aufgabe.

Der 18. März ist in fünf Tagen

Bis dahin wird dieses Ministerium nach meiner Meinung auch nicht eingerichtet. Aber wir können Voraussetzungen schaffen, dass die neue Regierung relativ bruchlos ein Ministerium für Gleichstellung installieren kann. Ich hoffe, dass sie das dann auch tut. Wir Frauen sind nun einmal nicht die Minderheit.

In welcher Koalition könnte sich der Unabhängige Frauenverband dafür nach der Wahl am besten einsetzen?

Ich denke da außer an unseren Wahlbündnispartner Grüne Partei vor allem an die im "Bündnis 90" zusammengeschlossenen Bürgerbewegungen, halte ein Zusammengehen mit der "Allianz für Deutschland" für völlig ausgeschlossen. Im Übrigen werden sicher nicht wir andere zur Koalition mit uns auffordern können. Das wird unser Wahlergebnis nicht hergeben. An uns herangetragene Koalitionswünsche werden wir stets an den Wahlprogrammaussagen zu Frauenfragen sowie zu sozialen und ökologischen Themen messen.

Gehen die Gedanken schon über den 18. März hinaus?

Natürlich. Meine Wahl vorausgesetzt - ich kandidiere im Wahlkreis Karl-Marx-Stadt, wo ich die längste Zeit meines Lebens zu Hause war -, möchte ich natürlich die Interessen der Frauen in der Volkskammer vertreten. Dabei fühle ich mich besonders den Frauen im Süden der DDR verpflichtet, die dort vorrangig in der Leicht- und Textilindustrie schwer, unter schlechten Bedingungen und zu niedrigen Löhnen gearbeitet haben. Als Soziologin habe ich in diesen Betrieben Untersuchungen gemacht. Ich weiß also, wovon ich rede. Konkret einbringen in die Volkskammer möchte ich sowohl Fragen der Gleichstellung als auch die der sozialen Absicherung gerade der alten Menschen, die ein Leben lang hart gearbeitet haben.

Für die Antworten dankt ELKE SCHMIDTKE

Neues Deutschland, Sozialistische Tageszeitung, Zeitung der Partei des Demokratischen Sozialismus, 45. Jahrgang, Ausgabe 61, 13.03.1990. Die Redaktion wurde 1956 und 1986 mit dem Karl-Marx-Orden und 1971 mit dem Vaterländischen Verdienstorden in Gold ausgezeichnet.

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