DDR 1989/90 Brandenburger Tor

Erklärung von Friedenskreis Friedrichsfelde, Gruppe Gegenstimmen und Umweltbibliothek, Ost-Berlin

Innerhalb einer Woche ertönte auf beiden Seiten des Brandenburger Tores der Ruf nach dem Fall der Mauer, skandiert von Jugendlichen bei uns und gefordert vom Präsidenten der USA in West-Berlin. ... Wenn Reagan von Menschenrechten spricht, kann er doch nicht die meinen, die durch die USA selbst mit Füßen getreten werden. Oder sind die Studenten in Südkorea, die Nicaraguaner, die Schwarzen in Südafrika und in seinem eigenen Land keine Menschen für ihn? Wer genau hinhört, merkt schnell, für wen er spricht. ... Wenn aber jemand meint, die jungen Leute an Pfingsten wären mit Reagan einer Meinung, der irrt. Es war ja wohl nicht zu überhören, dass auch die Internationale gesungen wurde. Im übrigen wurde nach Gorbatschow gerufen und nicht nach Reagan oder gar Kohl. Eine Alternative zu beiden bestehenden Systemen verträgt sich schlecht mit Polizeiaufmärschen gegen missliebige Bürger. Mit dem Vorgehen der Polizei gegen die Jugendlichen zu Pfingsten lieferten die DDR-Staatsorgane jenem Mann die Argumente, gegen dessen Politik Zehntausende von Menschen in West-Berlin demonstrierten. Mit diesen West-Berlinern fühlen wir uns solidarisch verbunden.

aus taz, 20.06.87