Der Wahlkampf für die Volkskammerwahlen am 18. März 1990 in der DDR wird in zunehmendem Maße von undemokratischen bis kriminellen Störaktionen beeinträchtigt. Dies beweisen Beispiele aus den letzten Tagen.

Plakate, mit denen demokratische Parteien auf sich aufmerksam machen wollen, werden systematisch zerstört. Kandidaten mehrerer Parteien werden in anonymen Telefonanrufen beschimpft, zum Teil mit Gewalt bedroht. Unbekannte verüben Anschläge auf Parteigebäude und beschädigen Parteieigentum. Spitzenkandidaten sehen sich rufschädigenden und unbegründeten Strafanzeigen ausgesetzt beziehungsweise von anonymen Briefeschreibern in die Nähe von Stasiagenten gebracht.

Durch derartige Aktionen wird nicht nur die Würde der Kandidaten erheblich beschädigt, die Bürger der DDR werden darüber hinaus in ihrem Recht auf freie Meinungsbildung und Information vor den Wahlen zur Volkskammer der DDR behindert.

Die Parteien und politischen Gruppierungen des Runden Tisches, die sich an den Wahlen zur Volkskammer beteiligen, bitten:

- Auseinandersetzungen im Wahlkampf müssen sicher streitbar und kritisch geführt werden, aber niemals unfair oder gar persönlich verletzend.

- Undemokratische Aktionen, die den Wahlkampf beeinflussen sollen, werden verurteilt.

Die demokratischen Parteien und Gruppierungen beteiligen sich nicht an derartigen Maßnahmen. Die demokratischen Parteien und Gruppierungen versichern sich gegenseitig Solidarität für den Fall, dass Kandidaten in rufmörderischer Absicht verunglimpft und verleumdet werden.


[15. Sitzung des Runden Tisches am 05.03.1990]