Runder Tisch Vorlage Nr. 13/23

13. Sitzung
19. Februar 1990

Antrag an den Runden Tisch

Der Runde Tisch möge folgende Erklärung beschließen:

Im Ergebnis des Modrow-Besuches in Bonn kommt der Runde Tisch zu der Auffassung, dass es der Bundesregierung in der Frage der deutschen Einigung nicht um die Menschen in beiden deutschen Staaten geht, sondern um die Ausweitung ihres Machtbereiches und um die Gewinnung billiger Arbeitskräfte. Das wird deutlich in der Art und Weise der Verhandlungsführung, den Verhandlungsergebnissen und dem anschließenden Vorwurf an die DDR-Regierung, sie sei undankbar, weil sie die Position der Bundesregierung nicht akzeptiert hat.

Die nicht deutlich ausgesprochene Anerkennung der Oder/Neiße-Grenze, Versuche, den zukünftigen deutschen Staat in die NATO zu integrieren, sowie Äußerungen aus dem Regierungslager, wonach die Vereinigung nach Grundgesetz Artikel 23Artikel 23 Grundgesetz der BRD durch einfachen Beitritt einzelner Länder oder der DDR insgesamt zur BRD erfolgen soll und nicht zuletzt die Forderung nach sofortiger Währungsunion ohne abschließende Prüfung der damit im Zusammenhang stehenden politischen, ökonomischen und sozialen Probleme lassen nur den Schluss zu, dass es sich nicht um eine Einigung zweier gleichberechtigter Partner, sondern um eine einseitige Vereinnahmung der DDR durch die BRD handeln soll.

Der Runde Tisch protestiert gegen diese Haltung der Bundesregierung, die sich über die Sorgen der BürgerInnen beider deutscher Staaten hinwegsetzt. Damit wird der Einigungsprozess nur erschwert.

Darüber hinaus werden dadurch auch die berechtigten Interessen der europäischen Nachbarn nicht im ausreichenden Maße beachtet. Wir betonen, dass sich der deutsche Einigungsprozess nur als Teil der europäischen Einigung realisieren kann.

Wenn die Regierung der BRD schon anderen in der DDR geschaffenen Leistungen und Werten die Anerkennung verweigert, so muss sie doch zumindest akzeptieren, dass der in der DDR erwachte Wille der BürgerInnen zur Demokratie, ihr Selbstbewusstsein und die sich entwickelnde demokratische Kultur sich nicht durch einen Federstrich in das System der BRD einpassen lassen. Dieses demokratische Potential wird sich auch dafür einsetzen, dass positives in der DDR nicht einfach durch Rechtsangleichung wegrationalisiert wird.

Der Runde Tisch vertritt nach wie vor den Standpunkt, dass zur zügigen und konsequenten Realisierung der Wirtschaftsreform und zur Schaffung sichtbarer Ergebnisse im Interesse der Menschen die Leistung des geforderten Solidarbeitrages durch die BRD unabdingbar ist.

Nur so können die erforderlichen Grundlagen für eine Wirtschafts- und Währungsunion geschaffen werden. Sofortige Währungsunion löst keines der bestehenden sozialen Probleme, bedeutet im Gegenteil ihre Verschärfung und Ausdehnung auf beide deutsche Staaten.

Grüne Partei
UFV
IFM
VL


Carlo Jordan von der Grünen Partei erklärte, nach Rücksprache mit der IFM, das Papier trage den Charakter einer Erklärung, die sich andere anschließen könnten. Konrad Weiß von Demokratie Jetzt und Uwe Pautz vom Demokratischen Aufbruch erklärten ihre Ablehnung.


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