Do. 18. Januar 1990
Link zu Berichten über die 8. Sitzung des Zentralen Runden Tisch in Berlin.
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Streik im Potsdamer Bezirkskrankenhaus
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Potsdam (ADN). Etwa 100 Mitarbeiter des Potsdamer Bezirkskrankenhauses und einiger Außenstellen legten am Donnerstag für eine Stunde die Arbeit nieder. Sie forderten eine radikale Verbesserung des Lohngefüges im Gesundheitswesen, moderne Medizin- und Labortechnik sowie die Überwindung der Diskrepanzen zwischen stationärem und ambulantem Bereich. Durch den Streik gab es keine Beeinträchtigung der medizinischen Betreuung. Holger Baumgraß, einer der Initiatoren, sagte unter Beifall: "Wir lehnen es ab, uns mit unserer Ethik erpressen zu lassen!" Die Teilnehmer eines kurzen Meetings sprachen dem Gesundheitsminister ihr Misstrauen aus.
(Neues Deutschland, Fr. 19.01.1990)
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VEB Berliner Strickmoden ab sofort eigenverantwortlich
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Der VEB Berliner Strickmoden wird aus dem bezirksgeleiteten Kombinat Bekleidung und Täschnerwaren herausgelöst und ab sofort eigenverantwortlich. Damit soll ein Beispiel für eigenverantwortlich arbeitende mittelständische Betriebe auf dem Territorium Berlins geschaffen werden.
Der Betrieb wurde für dieses Experiment gewählt, da er seit Jahren effektiv und innovativ arbeitet, über eigene Industrieläden verfügt und eine erfahrene Leitung hat. Ziel ist es, in diesem Jahr gegenüber 1989 die Zahl der Fertigerzeugnisse auf 112 Prozent und den Nettogewinn auf 108 Prozent zu steigern.
Nur sechs vorgegebene Kennziffern ermöglichen ein weitgehend flexibles Wirtschaften. Nicht festgeschrieben ist beispielsweise die Exportkennziffer. Über den Plan Produziertes kann beispielsweise exportiert und die erwirtschafteten Mittel für Importe ausgegeben werden. Nach Vereinbarung mit dem Amt für Preise werden auch in eigener Verantwortung die Preise kalkuliert.
Weiter bleibt es dem Betrieb überlassen, wie er den Nettogewinn einsetzt. Höhere Löhne der Werktätigen bei entsprechendem Gewinn sind damit möglich, womit dem Leistungsprinzip stärker Rechnung getragen werden kann. Es bleibe zu hoffen, so Fritz Schmaler, dass sich damit auch ein neues Eigentümerbewusstsein herausbildet. Die Interessen der Belegschaft gegenüber der Direktion, so bei Gewinnverteilung, Planerarbeitung sowie Schaffung günstiger Arbeits- und Lebensbedingungen, werden künftig von einem Betriebsrat vertreten.
(Neue Zeit, Fr. 19.01.1990)
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Demonstration für den Erhalt des Sports
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Halle. ADN/BZ "Auch wir Sportler sind das Volk." Mit dieser Losung bekundeten gestern Abend in Halle auf der ersten Demonstration für den Erhalt des Sports in der DDR Tausende Aktive, Trainer, Übungsleiter und sportinteressierte Bürger leidenschaftlich, dass die Erneuerung der Gesellschaft in der Republik keinen Bogen um den Leistungs- und Massensport machen darf. Mit starkem Beifall unterstützten die Teilnehmer der Demonstration die Forderung an die Regierung Modrow nach einem Sportgesetz, das noch vor den Wahlen am 6. Mai beschlossen werden sollte.
Grund für diese Demonstration war die Schließung von über 50 Sportgemeinschaften im Bezirk Halle, 190 sind wegen fehlender Finanzierung ohne Leitung. Der Appell richtet sich auch an die Betriebe, die ihren Werktätigen in den Sportgemeinschaften keine Zukunft mehr geben wollen. Zudem verlangten die Demonstranten, künftig mehr für den Massensport zu tun.
(Berliner Zeitung, Fr. 19.01.1990)
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Beginn des Ausstiegs aus der Atomkraft gefordert
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Der Zentralvorstand der Gewerkschaft Gesundheitswesen übergibt Forderungskatalog
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Berlin (ADN). Der Zentralvorstand der Gewerkschaft Gesundheitswesen hat dem Minister für Gesundheits- und Sozialwesen Prof. Dr. Klaus Thielmann einen acht Punkte umfassenden Forderungskatalog übergeben. Er reicht von Strukturveränderungen über die Erarbeitung eines Lohn- und Einkommenskataloges, der auf die Beseitigung der Disproportionen zwischen dem Gesundheits- und Sozialwesen und der Industrie gerichtet ist, bis zur tariflichen Überarbeitung der Entlohnung aller in diesem Bereich Tätigen.
Obwohl es bereits in den vergangenen Wochen zwischen der Gewerkschaft Gesundheitswesen und dem Ministerium zu einigen tariflichen Vereinbarungen gekommen sei, gäbe es weitere Aufgaben, die einer schnellen Klärung bedürften, heißt es in dem Gewerkschaftskatalog. Das betreffe unter anderem die Erarbeitung exakter Stellenpläne, die Grundlage für eine bessere Planung und Verwendung des Lohnfonds seien, die Einführung eines differenzierten Zusatzurlaubes und eine höhere Vergütung für Aktiv- und Bereitschaftsstunden. Ferner wird vorgeschlagen, die Schichtdefinition im ambulanten und stationären Bereich flexibler zu gestalten, die Physiotherapeuten in die Vergütung für pflegerische Tätigkeit einzubeziehen und die Gebührenordnung für Ärzte und Zahnärzte in eigener Niederlassung zu überarbeiten.
(Neues Deutschland, Fr. 19.01.1990)
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Gegen eine Auflösung des FDGB
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Gegen eine Auflösung des DDR-Gewerkschaftsbundes FDGB wendet sich am Donnerstag der Vorsitzende des Vorbereitungskomitees für den außerordentlichen FDGB-Kongress, Werner Peplowski, in der "Tribüne". Wie er sagte, werden sich die Gewerkschaften durch marktwirtschaftliche Bedingungen in der DDR auf eine "ganz neue Art und Weise bewähren müssen, um die Interessen der Werktätigen zu schützen".
"Den Freien Deutschen Gewerkschaftsbund aufzulösen, das hieße, eine Errungenschaft des über hundertjährigen Kampfes der deutschen Gewerkschaftsbewegung aufzugeben." Peplowski appellierte an die Gewerkschafter, entschieden dagegen aufzutreten, „dass in den Betrieben und Einrichtungen Betriebsräte und Gewerkschaften existieren. Lasst eine Zersplitterung der Interessenvertretung, die eindeutig die Position der Gewerkschaften schwächt, nicht zu."
Wie der Spitzenfunktionär betonte, werde der FDGB mit allen Mitteln kämpfen, dass die in der Verfassung und im Arbeitsgesetzbuch fixierten Rechte bei den bevorstehenden Veränderungen der Verfassung und der Gesetzgebung nicht genommen werden.
(Neues Deutschland, Fr. 19.01.1990)
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Berliner FDGB-Bezirksvorstand gegen vorschnelle Streikaufrufe
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Berlin. BZ – J. Knoblach Mit aller Entschiedenheit wandte sich gestern der Berliner FDGB-Bezirksvorstand von seiner 16. Tagung aus gegen vorschnelle Streikaufrufe, vor allem im kommunalen Bereich unserer Stadt.
Im Bericht zur aktuellen Situation in der Berliner Gewerkschaftsorganisation wie auch in der Diskussion der Tagung wurde dies unterstrichen. Dabei, so Vorstandsvorsitzender Peter Straßenberger, gehe es keinesfalls gegen die durchaus berechtigten Forderungen der Kollegen, doch dürfe mit dem Streik nicht das letzte Mittel als erstes genutzt werden. Es seien starke Gewerkschaftsorganisationen erforderlich, die gewillt und fähig sind, für die Interessen ihrer Kollegen zu streiten. Vor einem Streikaufruf müssten aber alle rechtlichen und gewerkschaftlichen Möglichkeiten ausgeschöpft werden.
Um eine tatsächliche Interessenvertretung erreichen und somit dem großen Vertrauensverlust begegnen zu können, seien dringend Handlungen notwendig, die vor allem von den eigenständigen Industriegewerkschaften und Gewerkschaften ausgehen müssten. Dies bedeute - und darin waren sich die Vorstandsmitglieder einig -, die Betriebsgewerkschaftsorganisationen zu erhalten und zu aktivieren. Angesichts der wirtschaftlichen Veränderungen in unserem Land sprachen sich die Gewerkschafter dafür aus, "kein Wirtschaftsprojekt ohne Sozialprojekt" zuzulassen.
Aufschluss über die Berliner FDGB-Kasse gaben die Berichte der Finanz- und Revisionskommission, die Einnahmen und Ausgaben exakt aufschlüsselten. Demnach wurden in verschiedenen Betriebsorganisationen Veruntreuungen von über 60 000 Mark festgestellt.
(Berliner Zeitung, Fr. 19.01.1990)
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Tagung des Ministerrates
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Berlin (NZ). Unmittelbar im Anschluss an die gestrige Sitzung des DDR-Ministerrates informierte Regierungssprecher Wolfgang Meyer auf einer internationalen Pressekonferenz über den Gegenstand der Beratungen, in deren Mitte erneut die Lage in der Republik gestanden hätte. Wie Meyer betonte, habe Ministerpräsident Modrow eingangs erklärt, die Regierung stehe und bleibe in ihrer Verantwortung. Als Koalitionsregierung betrachte sie sich als eine nationale Koalition der Vernunft und der Verantwortung. Wie der Regierungssprecher sagte, habe aus der Sicht der Regierung die siebte Sitzung des Runden Tisches eine neue Qualität der Zusammenarbeit erreicht, die in konstruktiver Weise bis zum 6. Mai weitergeführt werden solle.
Mit Blick auf die jüngsten Ereignisse habe Premier Modrow die Lage im Lande als weiter angespannt bezeichnet. Die Vorgänge in der Berliner Normannenstraße, wo am Montag das ehemalige Stasi-Hauptquartier von empörten Bürgern gestürmt worden war, signalisierten, dass es dringend notwendig sei, dass sich alle Kräfte guten Willens ihrer Verantwortung stellen müssten und Vernunft und Augenmaß jetzt dringend geboten seien. Ein detaillierter Bericht über die Vorgänge am vergangenen Montag werde dem Runden Tisch am kommenden Montag vorgelegt. Weiter informierte Wolfgang Meyer, dass als neuer Regierungsvertreter in diesem Gremium der stellvertretende Leiter des Sekretariats des Ministerrates Manfred Sauer an die Stelle des bisherigen Regierungsvertreters Halbritter rücken werde.
Besorgt habe sich die Regierung über die aus zahlreichen Orten der Republik gemeldeten Streiks geäußert, die denkbar ungeeignet waren, den notwendigen Prozess der Stabilisierung der Wirtschaft zu befördern.
In Auswertung der 14. Tagung der Volkskammer beschloss der Ministerrat einen umfangreichen Katalog gesetzgeberischer Maßnahmen, Neben Gesetzentwürfen zur Demokratisierung der Wirtschaftsunternehmen im Zusammenhang mit der Überarbeitung des Arbeitsgesetzbuches und einem Gesetz für die LPG habe man ein Steuerveränderungsgesetz beraten, in dem vor allem Veränderungen der Tarife und Steuerbelastungen in Handwerk und Gewerbe verankert seien. So solle u. a. der Steuerfreibetrag für mitarbeitende Ehepartner der Handwerker und Gewerbetreibenden von 2 000 auf 4 000 Mark rückwirkend für 1989 gewährt werden. Ferner sei ein Rahmengesetz zur Bildung von privaten und halbstaatlichen Betrieben und das Handwerk erörtert worden.
Weitere Tagesordnungspunkte der Ministerratssitzung waren die Beschlussvorlage über die Gewährleistung der Meinungs-, Informations- und Medienfreiheit, ausführliche Informationen über die Entwicklung der Umweltbedingungen, die in dieser Form der Regierung erstmalig zur Verfügung gestanden hätten, sowie das 6. Strafrechtsänderungsgesetz, das eine weitgehende Abschaffung des politischen Strafrechts beinhalte. In diesem noch zu beschließenden Gesetz solle der Grundsatz verwirklicht werden, dass dem politischen Widerspruch der Bürger, egal in welcher Form, sofern er ohne Gewalt oder deren Androhung erfolgt, ausschließlich politisch zu begegnen sei. Gewaltloser Widerstand dürfe nicht kriminalisiert werden.
Des weiteren informierte der Regierungssprecher über Bemühungen der Regierung, mit anderen europäischen Staaten über einen Wegfall der Visumspflicht und des häufig anzutreffenden Pflichtumtauschs ms Gespräch zu kommen. Man strebe dabei eine dreimonatige Aufenthaltserlaubnis im Reiseland ohne Visum an.
Abschließend teilte Wolfgang Meyer mit, dass ein Institut für Unternehmenswirtschaft gebildet worden sei, die Regierung die Deutsche Post zum Staatsunternehmen erklärt und Postminister Wolf (CDU) zu ihrem Generaldirektor ernannt habe und dass noch in dieser Woche seitens des Finanzministeriums Vorschläge für neue Mietpreisregelungen zur öffentlichen Diskussion unterbreitet würden.
(Neue Zeit, Fr. 19.01.1990)
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Demokratischer Aufbruch für fair geführten Wahlkampf
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Rostock. ADN/BZ Der Vorsitzende des Demokratischen Aufbruch (DA), Wolfgang Schnur, hat die Hoffnung geäußert, dass sich der Bürger in einem "wirklich fair geführten Wahlkampf" klar entscheiden kann, welcher Partei er die Regierungsverantwortung übertragen will. In einem gestern von der Rostocker "Ostsee-Zeitung" veröffentlichten Interview sagte er, seine Partei zähle jetzt 15 000 Mitglieder.
(Berliner Zeitung, Fr. 19.01.1990)
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In der Dresdner Stadtverordnetenversammlung konstituiert sich eine Basisdemokratische Fraktion
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In der Dresdner Stadtverordnetenversammlung konstituiert sich eine Basisdemokratische Fraktion. Sie hat 30 Sitze. Sie nimmt die Sitze ein, die bisherige Stadtverordnete nicht mehr wahrnehmen. Die Sitze werden unter der Arbeitsgemeinschaft Frieden der Dresdner Kirchenbezirke, dem Demokratischen Aufbruch, der Grünen Liga, der Grünen Partei, der Gruppe der 20, dem Neuen Forum und der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands aufgeteilt.
In ihrer Grundsatzerklärung spricht sich die Basisdemokratische Fraktion für eine "ökologisch und sozial verantwortete Marktwirtschaft" aus. Angestrebt wird ein freiheitlich-demokratischer Rechtsstaat und die Einheit der deutschen Nation im Rahmen einer europäischen Friedensordnung. Die Vereinigte Linke durfte keine Mitglieder in der Basisdemokratische Fraktion entsenden, da sie für eine Marktwirtschaft und schnelle Einheit nicht eintreten wollte. Damit verbunden war, die Vereinigte Linke bekam keine Räume im "Haus der Demokratie" in Dresden.
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Antrag auf Resozialisierungsprogramm für ehemalige Mitarbeiter der Staatssicherheit
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Konrad Weiß bringt für Demokratie Jetzt einen Antrag für ein Resozialisierungsprogramm für ehemalige Mitarbeiter der Staatssicherheit ein. Sein Anliegen, die Mitarbeiter, die sich durch ihre Tätigkeit außerhalb der Gesellschaft gestellt hatten, einen Weg zurück in die Gesellschaft zu ermöglichen. Unbescholtene Bürger sollen Patenschaften übernehmen, um ehemalige aus der Staatssicherheit zurückzuführen an die Gesellschaft.
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Marxistisch-Leninistischen Arbeiterpartei
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Berlin (ND). "Die von Marx, Engels und Lenin wissenschaftlich begründete sozialistische Weltanschauung ist unsterblich, weil sie zutiefst menschlich und wahr ist", heißt es in einem ND übermittelten Aufruf zur Gründung einer Marxistisch-Leninistischen Arbeiterpartei. In ihm werden Arbeiter, Bauern und Geistesschaffende, die sich weiterhin den Idealen von Marx, Engels und Lenin verpflichtet fühlen, zum Zusammenschluss aufgefordert.
(Neues Deutschland, Fr. 19.01.1990)
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SED-PDS auflösen
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Berlin (ADN/JW) Mitglieder der Plattform Dritter Weg, Sozialdemokratischen Plattform, der Plattform Demokratischer Sozialismus, der WF-Plattform, des SED-PDS-Kreisvorstandes der Akademie der Wissenschaften der DDR, des SED-PDS-Kreisvorstandes der Humboldt-Universität und der Charité trafen sich am Donnerstag in der Charité und übermittelten dem ADN eine Erklärung, in der es heißt:
Es ist nicht gelungen, entgegen den Beschlüssen des außerordentlichen Parteitages der SED-PDS die Partei von Grund auf zu reformieren und das Erneuerungs- und Demokratisierungspotential überzeugend in die Stabilisierung des Landes einzubringen. Das ist zu einem Sicherheitsrisiko geworden. Wir fordern deshalb, die Delegierten des außerordentlichen Parteitages erneut einzuberufen mit dem Ziel, die SED-PDS unter Öffentlicher Kontrolle kompromisslos aufzulösen.
(Junge Welt, Fr. 19.01.1990)
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Zeitungen erscheien ab heute als Unabhängige
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Berlin. ADN/BZ Die erste Nummer des "havelland anzeiger" - Anzeigenblatt der Zeitungen "VOLKSBLATT" Spandau und "Märkische Volksstimme" Potsdam für das Havelland - wurde gestern in 160 000 Exemplaren ausgeliefert. Des weiteren erscheinen seit gestern die ehemaligen SED-PDS-Zeitungen der Bezirke Potsdam, Schwerin, Neubrandenburg, Gera, Cottbus und Karl-Marx-Stadt als unabhängige Tageszeitungen.
Auch die "Ostsee-Zeitung" hat angekündigt, künftig als eine von Parteien unabhängige Zeitung zu erscheinen.
(Berliner Zeitung, Fr. 19.01.1990)
Die Zeitungen "Lausitzer Rundschau" und "Märkische Volksstimme" führen im Untertitel seit heute "unabhängig". Auch die "freie presse" erscheint ab heute als unabhängige Tageszeitung, teilt die Redaktion und Verlag mit.
Die bisherige SED-Bezirkszeitung "Volkswacht" aus Gera erscheint seit heute als unabhängige "Ostthüringer Nachrichten".
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Initiativgruppe "Eltern gegen Drogen" gegründet
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Berlin. ADN/BZ Die Bildung einer Initiativgruppe "Eltern gegen Drogen" erfolgte gestern in Berlin. Pädagogen, Psychologen, Mediziner, Vertreter der Jugendhilfe und anderer Einrichtungen des Magistrats sowie des Zentralen Suchtmittelbüros wollen damit auf Gefahren reagieren, die sich aus der offenen Grenze ergeben. Im Zeitraum vom 9. November bis zum 10. Januar hätten die Zollorgane 130mal illegalen Suchtmitteltransport festgestellt, während es in einem früheren Vergleichszeitraum lediglich 29 Fälle waren. Eine erste Veranstaltung für Eltern findet am 20. Februar um 18 Uhr im Jugend-Zentrum in der Schulze-Boysen-Straße 10 statt.
(Berliner Zeitung, Fr. 19.01.1990)
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Bund Stalinistisch Verfolgter gegründet
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Leipzig. ADN Mit dem Ziel der umfassenden Rehabilitierung seiner Mitglieder hat sich der Bund Stalinistisch Verfolgter (BSV) gegründet. Er will sich aktiv an der demokratischen Erneuerung der Gesellschaft in der DDR beteiligen, "alle Menschenrechte für alle Bürger der DDR" durchsetzen helfen sowie auf Gesetzgebung und Rechtsprechung Einfluss nehmen, heißt es in einer gestern dem ADN übergebenen Mitteilung. "Wer sich als stalinistisch Verfolgter fühle, sollte sich zur Mitarbeit im Bund entschließen".
(Berliner Zeitung, Fr. 19.01.1990)
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Ansturm zum Kauf von Jagdwaffen
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Suhl. ADN/BZ Einen regelrechten Ansturm zum Kauf von Jagdwaffen verzeichnet das Suhler Fahrzeug- und Jagdwaffenwerk "Ernst Thälmann". Generaldirektor Sigmar Müller betonte gestern, dass der Betrieb von der Mitteilung des Innenministeriums über die Möglichkeit des Erwerbs von Jagdwaffen überrascht worden sei. Im Interesse der sachlichen Abwicklung des Bestellverfahrens wird dringend darum gebeten, von persönlichen Rücksprachen im Werk Abstand zu nehmen. Alle Interessenten sollten ihre Bestellungen an den VEB Fahrzeug- und Jagdwaffenwerk "Ernst Thälmann", Suhl, Postfach 130/140, Suhl, 6000, senden, wobei unbedingt der Freigabenachweis beigefügt werden muss.
(Berliner Zeitung, Fr. 19. Januar 1990)
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Bonn keine Vertragsgemeinschaft vor der Volkskammerwahl
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Vor dem Bundestag in Bonn stellt Bundesminister Rudolf Seiters in einer Regierungserklärung klar, die mit der DDR-Regierung vereinbarte Vertragsgemeinschaft vor der Volkskammerwahl am 06.05. wird es nicht geben. Er sagt u. a. "Das Klima in der DDR hat sich verändert; neues Misstrauen gegenüber der Staatsführung ist entstanden. Auch wir haben mit großer Sorge verfolgt, wie die SED ganz offensichtlich versuchte, ihre Machtposition neu zu zementieren."
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CDU-Generalsekretär (BRD) fordert von der CDU (DDR) "einen Schlussstrich unter die Vergangenheit zu ziehen"
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Hannover (NZ/ADN). CDU-Generalsekretär Volker Rühe hat die CDU der DDR am Donnerstag erneut aufgefordert, "einen Schlussstrich unter die Vergangenheit zu ziehen". Nach Angaben von AP sagte Rühe gegenüber einem privaten niedersächsischen Rundfunksender, die Partei müsse deutlich machen, dass die Alternative "SED oder Demokratie" heiße. Tue sie das nicht, habe die Ost-CDU keine gute Zukunft, warnte der Generalsekretär der West-CDU. Er habe den Generalsekretär der Ost-CDU, Martin Kirchner, aber nicht dazu aufgefordert, die Regierung Modrow zu verlassen, auch wenn er mit Parteivertretern gesprochen habe.
Rühe sprach sich für "eine breite Allianz von christlichen, liberalen und konservativen Kräften in der DDR" aus.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Friedrich Bohle, setzte sich für einen Zusammenschluss der DDR-Parteien ein, die politisch der CDU der Bundesrepublik nahestehen. Die Ost-CDU müsse ihre Distanz zur SED deutlich machen und einen sichtbaren Trennungsstrich ziehen, forderte Bohle, Dann sei ein Zusammengehen mit den Oppositionsparteien "in welcher Form auch immer" denkbar. Bohle sagte: "Die Zeit drängt."
(Neue Zeit, Fr. 19.01.1990)
Es ist das erste offizielle Zusammentreffen der Generalsekretäre der Ost- und der West-CDU.
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Kein Müll aus NRW mehr auf DDR-Deponien
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Düsseldorf (ADN). Müll aus Nordrhein-Westfalen wird nicht länger in der DDR entsorgt. Nach einem dpa-Bericht teilte Umweltminister Klaus Matthiesen (SPD) am Donnerstag im Düsseldorfer Landtag mit, er habe die zuständigen Stellen angewiesen, keine Exportgenehmigungen mehr für Abfall in die DDR zu erteilen Allerdings habe der Anteil des exportierten Mülls mit 56 000 Tonnen pro Jahr lediglich ein Promille des im bevölkerungsreichsten Bundesland anfallenden Abfalls betragen.
Nach Angaben des Düsseldorfer Umweltministeriums wurden 1988 über zwei Millionen Tonnen Müll von der Bundesrepublik in die DDR transportiert, davon knapp 700 000 Tonnen Sonderabfälle und mehr als 1,4 Millionen Tonnen Hausmüll.
(Neues Deutschland, Fr. 19.01.1990)
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Berliner Abgeordnetenhaus streicht Formel zur Wiedervereinigung
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Das Westberliner Abgeordnetenhaus hat in der Nacht zum Freitag die seit 35 Jahren zu Beginn jeder Sitzung gesprochene Formel zur Wiedervereinigung Deutschlands auf Antrag von SPD und Alternativer Liste abgeschafft. Zuvor gab es eine zum Teil tumultartige Auseinandersetzung zwischen Regierungsfraktionen und Opposition. Bei der auf Antrag der CDU namentlichen Abstimmung stimmten 70 Abgeordnete für den Antrag, 52 mit Nein.
Die Formel lautete: "... und bekunde unseren unbeugsamen Willen, dass die Mauer fallen und dass Deutschland mit seiner Hauptstadt Berlin in Frieden und Freiheit wiedervereinigt werden muss."
Der CDU-Fraktionsvorsitzende Eberhard Diepgen warf der SPD vor, auf Berlin als Hauptstadt Deutschlands und die Einheit Berlins und Deutschlands zu verzichten. Der SPD-Abgeordnete Ehrhart Körting wies den Vorwurf Diepgens zurück. Es gehe nicht um die Frage der deutschen Einheit, sondern darum, ob Politik mit einem hohlen Ritual verkündet werde.
(Neues Deutschland, Sa. 20.01.1990)
Mit den Stimmen von SPD und Alternativer Liste werden die "Mahnworte", die vor jeder Sitzung des Berliner Abgeordnetenhauses gesprochen wurden, abgeschafft.
"Ich bekunde unseren unbeugsamen Willen, dass Deutschland mit seiner Hauptstadt Berlin in Frieden und Freiheit vereinigt werden muss."
Der Präsident des Berliner Abgeordnetenhauses, Willy Brandt, ergänzte am 21.10.1955 zum ersten Mal die Eröffnung der Sitzung mit "… und bekunden unseren unbeugsamen Willen, dass Deutschland mit seiner Hauptstadt Berlin in Freiheit wiedervereinigt werden muss". Angeregt vom Kuratorium "Unteilbares Deutschland".
Eine für alle Bürger der DDR und in der DDR lebende Niederländer offene Gesellschaft für Kennenlernen, Zusammenarbeit und Freundschaft mit dem niederländischen Volk wurde am Donnerstag in Berlin gegründet.
(Berliner Zeitung, Sa. 20.01.1990)
Berlin. ADN/BZ Ein Bund der Diabetiker der DDR bildete sich in Berlin. Wie aus einer dem ADN Übergebenen Mitteilung hervorgeht, versteht er sich als Interessenvertreter aller Diabetiker.
(Berliner Zeitung, Fr. 19. 01.1990)
Berlin (ADN). Die Haft- und Vernehmungsfähigkeit der inhaftierten ehemaligen leitenden Partei- und Staatsfunktionäre sei unter ständiger ärztlicher Kontrolle. Darüber informierte am Donnerstag in Berlin der Vorsitzende des Zeitweiligen Volkskammerausschusses zur Untersuchung von Amtsmissbrauch. Korruption und persönlicher Bereicherung, Dr. Heinrich Toeplitz, die Presse. Am Vortag hatte der Ausschuss dazu die für den Strafvollzug verantwortlichen Ärzte beim Ministerium für Innere Angelegenheiten gehört. Nach Informationen der Generalstaatsanwaltschaft sei Hermann Axen nach erfolgter Operation in die DDR zurückgekehrt. Der gegen ihn vorliegende Haftbefehl wurde vollstreckt.
Im Zusammenhang mit der vom Generalstaatsanwalt Dr. Hans-Jürgen Joseph am Runden Tisch geäußerten Tatsache, dass die Ermittlungen gegen ehemalige führende Mitglieder des Politbüros auf Hochverrat und andere Tatbestände des Staatsverbrechens erweitert wurden, erwarte der Ausschuss, dass die Generalstaatsanwaltschaft kurzfristig eine entsprechende Anleitung der Untersuchungsorgane vornehme, um die Ermittlungen zu beschleunigen.
(Neues Deutschland, Fr. 19.01.1990)
In Erfurt, Gera und Rostock finden Demonstrationen statt. Beginn der Donnerstagsdemonstrationen in Rostock.
Auf einem Forum von Leitern gewerkschaftlicher Kulturhäuser im Kulturhaus "7. Oktober" Lichtenstein werden Forderungen erarbeitet.
Am Rande des SPD-Bundesparteitages in Berlin treffen der Vorsitzende der IG Chemie (DDR) und der Vorsitzende der IG Chemie-Papier-Keramik (BRD) zusammen. Es wird die Einrichtung eines Beratungsbüros in Leipzig vereinbart.
Die IG Metall (DDR) und die IG Metall (BRD) verständigen sich auf eine "Vereinbarung zur Zusammenarbeit in Fragen gewerkschaftlicher Tätigkeiten."
Bei der SED-PDS in Berlin-Mitte findet ein Gespräch mit der DKP statt.
Günter Sage, Präsident des Obersten Gerichts tritt zurück.
Der ehemalige Chef der Zivilverteidigung wird neuer Regierungsbeauftragte zur Auflösung des ehemaligen Amtes für Nationale Sicherheit.
Eine Arbeitsgruppe aus Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung, Bundesvereinigung Deutscher Arbeitsgeberverbände, der Deutschen Angestelltengewerkschaft und dem Deutschen Gewerkschaftsbund konstituiert sich.
Der Vorsitzende des Ministerrates der Republik Polen, Tadeusz Mazowiecki, unterbreitet vor dem Sejm den Vorschlag, im Rahmen des Prozesses der Helsinki-Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa den Rat für Europäische Zusammenarbeit zu schaffen.
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