12.01. Verzicht auf Nachfolgeeinrichtungen der Staatssicherheit vor der Volkskammerwahl
14.01. Deutsch-Deutsche Wirtschaftskonferenz
15.01. "Sturm" auf die Stasizentrale in Berlin-Lichtenberg
17.01. Die erste Ausgabe der Anderen Zeitung in Magdeburg erscheint
18.01. Die Bundesregierung stellt klar, die vereinbarte Vertragsgemeinschaft vor der Volkskammerwahl wird es nicht geben.
19.01. Ingrid Matthäus-Maier von der bundesdeutschen SPD schlägt eine Währungsunion vor
25.01. Die Regierung verabschiedet eine Joint-venture-Verordnung
28.01. Die Volkskammerwahl wird auf den 18.03. vorgezogen
Fr. 19. Januar 1990
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Warnstreik im Berliner Glühlampenwerk
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Warnstreik im Berliner Glühlampenwerk
Kollegen von M stellen ihre Forderungen
Am Freitag, dem 19. Januar, blockierten die Kollegen von MTU mit einem Container das Tor I.
Vorausgegangen waren zwei Gespräche mit der Direktion und der Kombinatsleitung.
(Lichtquelle, Nr. 4, 26.01.1990, Betriebszeitung des Berliner Glühlampenwerkes)
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Warnstreik in Suhl
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Der Personenverkehr durch den Kraftverkehr Suhl kam am Freitag in der Bezirksstadt während der Vormittagsstunden von 9.00 bis 12.00 Uhr vollständig zum Erliegen. Busfahrer und Taxifahrer protestierten mit diesem Warnstreik gegen innerbetriebliche Lohnregelungen und forderten ein einheitliches Lohnsystem für alle Beschäftigten der VE Verkehrsbetriebe in der DDR. Dem Warnstreik schlossen sich auch Fahrlehrer und Spediteure an. Der Überlandverkehr wurde durch diesen befristeten Ausstand ebenfalls stark beeinträchtigt.
(Junge Welt, Sa. 20.01.1990)
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Landesdelegiertentreffen von Demokratie Jetzt beginnt
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Rund 100 Delegierte der Bürgerbewegung "Demokratie Jetzt" begannen gestern Abend in Berlin-Weißensee dreitägige Beratungen. Auf dem Landesdelegiertentreffen stehen die Entwürfe eines Programms sowie der Statuten der im September vergangenen Jahres gegründeten Organisation im Mittelpunkt. Weiterhin sollen die Sprecher neu gewählt werden.
(Berliner Zeitung, Sa. 20.01.1990)
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IG Bau-Holz beruft außerordentliche Delegiertenkonferenz ein
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Für den 10./11. Februar hat die Industriegewerkschaft Bau-Holz eine außerordentliche Zentraldelegiertenkonferenz nach Bernau (Gewerkschaftsschule) einberufen. In einem Flugblatt wendet sich die IG an die über 800 000 Mitglieder, solidarisch zu handeln und füreinander einzustehen. Das schließt auch den Einsatz gewerkschaftlicher Kampfmittel ein.
Die IG Bau-Holz kämpft für das Recht auf Arbeit, für gesunde Umwelt, tariflich geregelte Aus- und Weiterbildung, vor allem aber für den Schutz vor negativen Folgen aus Struktur- und Rationalisierungsmaßnahmen.
(Neues Deutschland, Fr. 19.01.1990)
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Beratung über die Bildung eines Genossenschaftsverbandes
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Über die Bildung eines Genossenschaftsverbandes berieten in dieser Woche 31 LPG-Vorsitzende aus 13 Bezirken in Gussow bei Königs Wusterhausen. Sie vertreten den Standpunkt, dass gegenwärtig die Interessen der Bauern und ihrer Genossenschaften "von der Mehrheit der politischen Parteien und gesellschaftlichen Gruppierungen nur halbherzig wahrgenommen werden". Die Wettbewerbsfähigkeit der Genossenschaften zu erhalten verlange eine "eigene, unabhängige Interessenvertretung in Form eines Genossenschaftsverbandes".
(Neues Deutschland, Fr. 19.01.1990)
Es wurde ein Gründungskomitee gebildet.
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Aufruf sich in einem Verband der Lehrer und Erzieher zusammenzuschließen
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Berliner Pädagogen rufen alle Lehrer, Erzieher und Schuldirektoren republikweit auf, sich in einem Verband der Lehrer und Erzieher zusammenzuschließen. Er soll sich verstehen als "eine vom Staat, von Parteien und politischen Gruppierungen unabhängige Interessen- und Rechtsvertretung der Lehrer und Erzieher der DDR. Er soll sich einzig der freien Entfaltung der Lehrer- und Erzieherpersönlichkeit verpflichtet fühlen." Die erste Zusammenkunft soll am 7. Februar, 15.00 Uhr, im Haus des Lehrers Berlin, Raum 1102, stattfinden.
(Junge Welt, Sa. 20.01.1990)
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Gegen die Aussonderung von Kindern mit Behinderung in Sondereinrichtungen
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Die inhumane Praxis der Aussonderung von Kindern mit Behinderung in Sondereinrichtungen führt zur Isolation und Diskriminierung und zu Wirklichkeitsverlust auch bei Menschen ohne Behinderung. Die konsequente Durchsetzung des Verfassungsgrundsatzes „Gleiches Recht auf Bildung für alle" verlangt zukünftig die Ergänzung:
Jedes Kind hat das Recht auf Integration!
Wir fordern hiermit alle Kinder und Eltern und alle anderen auf, uns ihre Ideen, Wünsche und konkreten Vorhaben zur Verwirklichung o. g. Thematik mitzuteilen.
Wir werden uns in die Erarbeitung des neuen Bildungsgesetzes einmischen.
Kontaktadresse: Behindertenverband Berlin, Kennwort: Bildung für alle, PSF 37, 1040
(Bauern-Echo, Sa. 20.01.1990)
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Freiheitliche Partei Deutschlands
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Den Grundsätzen des Liberalkonservatismus verpflichtet fühlt sich nach eigenen Worten die "Freiheitliche Partei Deutschlands" (FPD). Das geht aus einer jetzt dem ADN übermittelten Presseerklärung hervor, in der die Partei auch ihre Gründung am 20. Dezember 1989 bekannt gibt. Bislang sei die Parteigründung nicht der Öffentlichkeit mitgeteilt worden, weil der geschäftsführende Vorstand die Meinung vertritt, dass eine gut funktionierende Partei außer einem gut klingenden Namen vor allem ein ansprechendes Programm und eine Struktur, sowie die notwendigen technischen Strukturen brauche.
(Neue Zeit, Sa. 20.01.1990)
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CDU bleibt in der Koalitionsregierung Modrow
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Die CDU bleibt in der Koalitionsregierung Modrow. Dafür hat sich eine sehr große Mehrheit des Präsidiums des Parteivorstandes am Freitag in Berlin ausgesprochen. Dies teilte der Parteivorsitzende Lothar de Maizière anschließend vor der internationalen Presse mit. "Wir sind in diese Regierung gegangen", begründete er diesen Schritt, "in der Überzeugung, dass die Menschen in der DDR zu freien Wahlen geführt werden müssen." Der CDU-Vorsitzende räumte ein, dass es innerhalb der Koalition sehr starke Differenzierungsprozesse gegeben habe, die auch die größte Regierungspartei beträfen. Dies habe die Basis der Koalition zunehmend schmaler gemacht. Auf die Frage, ob die CDU der SED-PDS Bedingungen stellen werde, antwortete er, wenn überhaupt, dann auf keinen Fall vor Fernsehkameras.
Lothar de Maizière versicherte, er sei sich mit Generalsekretär Kirchner in der Frage völlig einig, dass es nach den Wahlen eine Regierung ohne SED-PDS-Beteiligung geben müsse. Bezüglich der Strategie sei man sich ohnehin einig gewesen.
Nach dem Druck der Parteibasis befragt, sagte der Vorsitzende, dieser sei "nicht unerheblich", allerdings regional unterschiedlich und differenziert. Er denke, dass es sehr viele in der Partei gebe, die für eine sofortige Aufkündigung der Regierungsbeteiligung sind.
(Neues Deutschland, Sa. 20.01.1990)
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LDPD bleibt in der Koalitionsregierung Modrow
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Mit großer Mehrheit hat sich der LDPD-Zentralvorstand am Freitagnachmittag auf einer Sitzung in Berlin für den Verbleib in der Koalitionsregierung Modrow entschieden. Er folgte damit dem vom Parteivorsitzenden Manfred Gerlach dargelegten Standpunkt. Dieser hatte bekräftigt, dass die LDPD in die Koalition eingetreten sei, um etwas für die DDR zu tun.
In seinem Bericht sprach sich Gerlach für die Teilnahme von Vertretern der am Runden Tisch beteiligten Parteien und Gruppierungen ah der Regierung im Ministerrang aus. Nach den Wahlen im Mai, so der Parteivorsitzende, wolle die LDPD keine Koalition mit der SED-PDS eingehen. Er schloss ein Zusammengehen mit rechts- bzw. linksradikalen Kräften aus. Gerlach sprach sich für die schnellstmögliche Einheit Deutschlands aus, riet aber zu Augenmaß und Verantwortung. Zwischen LDPD und FDP in der BRD gebe es Kontakte auf allen Ebenen. Die LDPD sei dankbar für die Wahlhilfe.
Zur Forderung vieler Mitglieder nach Namensänderung erklärte der LDPD-Vorsitzende, dies sei gegenwärtig nicht vordringlich. Er wies auch die Forderung nach Rücktritt des Parteivorstandes zurück, da in wenigen Tagen eine neue Führung der LDPD gewählt werde.
(Neues Deutschland, Sa. 20.01.1990)
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Forderungen zur Erneuerung der SED-PDS
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Im Haus des Parteivorstandes der SED-PDS sind gestern radikale Forderungen zur Erneuerung der Partei erhoben worden.
Mitglieder der Berliner Basis dieser Partei kritisierten den schleppenden Fortgang des Wandels der Partei. Sie forderten die konsequente Umsetzung der Beschlüsse des außerordentlichen Parteitages von Mitte Dezember. Schluss mit dem alten Denken und den alten Strukturen in der Partei - so lautet der Tenor der Erklärung einer Initiativgruppe, die in den Parteivorstand eingeladen hatte. Sie konstatierte die innere Zerreißprobe, der die Partei ausgesetzt ist. Das Dilemma der Partei bestehe darin, den Beweis ihrer tatsächlichen Erneuerung noch schuldig zu bleiben und gleichzeitig eine politische Kraft zu sein, die dem Land wichtige politische Impulse geben könnte. Wenn die SED-PDS konsequente demokratische und sozialistische Kraft bei der Erneuerung des Landes sein will, dürfe sie ihr nicht weiter hinterherlaufen.
Die Diskussionsredner sprachen sich mehrheitlich für die Fortexistenz der Partei aus. Es wurden aber auch gegenteilige Standpunkte artikuliert. Einige konstatierten zunehmende Auflösungsprozesse innerhalb der Partei.
Nach Auffassung des Partei Vorsitzenden Gregor Gysi, der auf der Veranstaltung sprach, würden ohne die Existenz der SED-PDS Gefahren der Destabilisierung der demokratischen Bewegung in der DDR verstärkt.
Mitglieder mehrerer Plattformen der SED-PDS hatten am Donnerstag in einem Positionspapier die Auflösung der SED-PDS gefordert, weil es nicht gelungen sei, die Partei von Grund auf zu erneuern. Im Verlauf der Diskussion wurde deutlich, dass nicht alle Plattformen die Aufforderung nach Parteiauflösung mehrheitlich tragen.
In der Diskussion wurde darauf hingewiesen, dass die Entscheidung über die Auflösung nur von der Parteibasis selbst getroffen werden kann - durch eine Urabstimmung oder die Einberufung eines erneuten Sonderparteitages.
Gysi wird mit dem Votum der Vertreter der Berliner Parteibasis für radikale Parteierneuerung in die heutige Vorstandstagung der SED-PDS gehen können.
Von Austrittsplänen seines Stellvertreters Berghofer wisse er nichts, sagte Gysi am selben Tag gegenüber DPA. Als Unsinn bezeichnete er Meldungen der "Bild- Zeitung", Berghofer habe dies dem Parteivorstand schon mitgeteilt. Noch vor zwei Tagen habe er einen Geburtstagsglückwunsch Berghofers erhalten, in dem dieser versicherte, "ich bleibe Dein Mitstreiter".
(Berliner Zeitung, Sa. 20.01.1990)
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Gemeinsame Pressekonferenz von Interflug und Lufthansa neuer Flughafen soll bei Berlin entstehen
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Berlin International soll der Name eines neuen Großflughafens sein. Entsprechende Vorbereitungen werden bis 1995 abgeschlossen. Dann beginne der Bau des modernen Airports. Darüber informierte am Freitag in Berlin der Präsident der DDR-Fluggesellschaft INTERFLUG, Dr. Klaus Henkes, auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Lufthansa AG (BRD), Heinz Ruhnau.
Wie Heinz Ruhnau ergänzte, habe der Berliner Süden als Standort Präferenz. Berlin und das Umland in der DDR benötigen den neuen Flughafen, weil sich die Stadt au einer Dienstleistungs- und Kommunikationsmetropole ähnlich Los Angeles, London oder Frankfurt (Main) entwickeln werde.
(Junge Welt, Sa. 20.01.1990)
In Schönefeld bei Berlin findet eine gemeinsame Pressekonferenz von Interflug und Lufthansa statt. Wir wollen gemeinsam den Linienluftverkehr, Passage und Fracht entwickeln, sagte der Vorstandsvorsitzende der Lufthansa, Heinz Ruhnau. Beide Seiten sprachen sich für einen neuen Flughafen aus. Der Präsident der Interflug, Klaus Henkes, meinte, die Bewältigung des Gesamtverkehrs bedarf eines dritten Flughafens für Berlin neben Schönefeld und Tegel. Er soll bis zum Jahr 2003 fertig werden. Er soll Berlin-International heißen.
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Sieben Thesen zur Währungspolitik von Ingrid Matthäus-Maier
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In der Wochenzeitung "Die Zeit" veröffentlicht die Bundestagsabgeordnete Ingrid Matthäus-Maier sieben Thesen zur Währungspolitik.
These 1: Wenn die Währung der DDR nicht allgemein als "Geld" akzeptiert wird, wird sich die D-Mark in der DDR weiter ausbreiten und die DDR-Mark verdrängen.
These 2: Die DDR braucht eine konvertible Währung.
These 3: Die Schaffung einer konvertiblen DDR-Mark aus eigener Kraft erfordert viel Zeit, die die DDR nicht hat.
These 4: Eine rasch wirksame Lösung wäre die Bildung eines deutsch-deutschen Währungsverbundes.
These 5: Nur die stabile D-Mark als eindeutige und unbestrittene Leitwährung kann den Erfolg des deutsch-deutschen Währungsverbundes garantieren.
These 6: Denkbar und konsequent wäre ein Währungsverbund mit einer einheitlichen Währung, also eine Währungsunion.
These 7: Eine Währungsunion mit der D-Mark wäre für die Bürger in der DDR ein einsichtiges und überzeugendes Signal für eine rasche wirtschaftliche Besserung, das sie zum Bleiben in ihrer Heimat veranlassen könnte.
Als "Ostthüringer Nachrichten" erscheint ab morgen [19.01.] die bisherige "Volkswacht" im Bezirk Gera.
(Berliner Zeitung, Do. 18.01.1990)
Die traditionsreiche Tageszeitung der Messestadt, die "Leipziger Volkszeitung" ist seit gestern unabhängig. Als Blatt der marxistischen Sozialdemokratie wurde sie vor 96 Jahren gegründet. Ebenfalls als unabhängige Zeitung präsentieren sich jetzt die Magdeburger "Volksstimme" und die "Sächsische Zeitung".
(Berliner Zeitung, Sa. 20.01.1990)
An diesem Wochenende wird die SPD in einem "Extrablatt" die wichtigsten Ergebnisse ihrer Landesdelegiertenkonferenz vom 12. bis 14. Januar 1990 der Öffentlichkeit vorlegen. Wie der Leiter der SPD-Pressestelle, Olaf Spittel, gegenüber ADN erklärte, sei das in einer Gesamtauflage von einer Million gedruckte "Extrablatt" mit Unterstützung der SPD (West) in Bielefeld gedruckt worden. Bereits gestern sollten 320 000 Exemplare die Bezirke Magdeburg, Dresden, Halle und Leipzig erreichen. In den anderen Bezirken der DDR werde das "Extrablatt" heute beziehungsweise morgen eintreffen.
(Berliner Zeitung, Fr. 19.01.1990)
Die Zeitung der Bürgerinitiative im Kreis Auerbach, "bika", erscheint zum ersten Mal.
Der Kreisvorstand Leipzig der SPD fordert alle SED-PDS-Mitglieder auf, die nach dem 01.01.1990 ihre Partei verlassen haben, mindestens ein Jahr keinen Antrag auf Mitgliedschaft in der SPD zu stellen.
In Dresden wird der Bezirksverband Sachsen-Ost von den ostsächsischen Ortsvereinen der SPD gegründet.
Im "Haus Cottbus" in Cottbus-Stadt wird die Deutsche Forumpartei Bezirk Cottbus gegründet.
Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Walter Momper, empfängt eine Delegation des Demokratischen Aufbruchs.
"AIDS - neue Aktualität in der DDR" ist das Thema eines Kolloquium in Berlin.
Mit den Stimmen von SPD und Alternativer Liste werden die "Mahnworte", die vor jeder Sitzung des Berliner Abgeordnetenhauses gesprochen wurden, abgeschafft.
"Ich bekunde unseren unbeugsamen Willen, dass Deutschland mit seiner Hauptstadt Berlin in Frieden und Freiheit vereinigt werden muss."
Der Präsident des Berliner Abgeordnetenhauses, Willy Brandt, ergänzte am 21.10.1955 zum ersten Mal die Eröffnung der Sitzung mit "… und bekunden unseren unbeugsamen Willen, dass Deutschland mit seiner Hauptstadt Berlin in Freiheit wiedervereinigt werden muss". Angeregt vom Kuratorium "Unteilbares Deutschland".
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