12.01. Verzicht auf Nachfolgeeinrichtungen der Staatssicherheit vor der Volkskammerwahl
14.01. Deutsch-Deutsche Wirtschaftskonferenz
15.01. "Sturm" auf die Stasizentrale in Berlin-Lichtenberg
17.01. Die erste Ausgabe der Anderen Zeitung in Magdeburg erscheint
18.01. Die Bundesregierung stellt klar, die vereinbarte Vertragsgemeinschaft vor der Volkskammerwahl wird es nicht geben.
19.01. Ingrid Matthäus-Maier von der bundesdeutschen SPD schlägt eine Währungsunion vor
25.01. Die Regierung verabschiedet eine Joint-venture-Verordnung
28.01. Die Volkskammerwahl wird auf den 18.03. vorgezogen
Di. 23. Januar 1990
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Warnstreiks in mehreren Städten
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Leipzig. Mit einem Warnstreik machten Mitglieder der Leipziger Taxi-Genossenschaft am Dienstagmorgen auf Kalamitäten ihrer Branche aufmerksam. Sie gaben ihrer Forderung nach zeitgemäßer Pkw- und Funktechnik Ausdruck.
Dresden. In einen zweistündigen Warnstreik trat die Belegschaft des Dresdner Cosid-Kautasit-Werkes 4. Die Arbeiter und Angestellten forderten u.a. die Beseitigung "der mittelalterlichen Arbeitsbedingungen in ihrem Betrieb".
Ueckermünde. Für drei Stunden legten Mitarbeiter des Bezirksfachkrankenhauses für Neurologie und Psychiatrie Ueckermünde die Arbeit nieder, machten auf die Misere in ihrer Einrichtung aufmerksam. Eine Notversorgung war gesichert.
Quedlinburg. Eine Stunde länger als üblich hielten die Angestellten der Kreissparkasse sowie ihre 21 Zweigstellen im Kreis Quedlinburg geschlossen.
(Berliner Zeitung, Mi. 24.01.1990)
In einen nicht angekündigten mehrstündigen Warnstreik traten in der Nachtschicht zum Dienstag Warenbegleiter und Kraftfahrer des Milchhofes Cottbus. Wie ein Sprecher der Streikenden ADN mitteilte, forderten sie von herbeigerufenen Verantwortlichen der Betriebsleitung höheren Schichtlohn und Zusatzurlaub, den Abbau von Überstunden und eine bessere Nachtschichtversorgung. Sie wurden von der Betriebsleitung darüber informiert, dass die Zustimmung zum Zusatzurlaub bereits vorliege und ab 1. März für die gesamte Belegschaft neue Produktivlöhne eingeführt werden.
(Neue Zeit, Mi. 24.01.1990)
Die Mitarbeiter des Hinstorff Verlages Rostock haben mit großer Mehrheit einen Betriebsrat an die Seite der Verlagsleitung gewählt. Hinstorff habe einen guten Ruf zu verteidigen. Dem wollten sich die Verlagsmitarbeiter stellen, um unter den neuen gesellschaftlichen Bedingungen fachlich und marktwirtschaftlich erfolgreich bestehen zu können, heißt es in einer Mitteilung.
(Neues Deutschland, Mi. 24.01.1990)
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Handwerker und Einzelhändler protestieren in Berlin
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Berlin. BZ - A. Förster So mancher private Handwerksbetrieb in Berlin blieb gestern Nachmittag zu, weil es Meister und Angestellte zum Roten Rathaus zog. Dort ging es auf einer Protestdemonstration um die berechtigten Forderungen der Handwerker und Einzelhändler nach echter Gewerbefreiheit, leistungs- stimulierender Besteuerung und gerechter Entlohnung. Mit Vehemenz setzten sich die Redner für kurzfristige Entscheidungen der Regierung ein, die dem privaten Handwerk günstigere Entwicklungsmöglichkeiten bieten und eine am Markt orientierte Gewerbepolitik fördern. Viel Beifall gab's für die Mitteilung, dass nach dem 1990 zu erwartenden neuen Steuergesetz auch mithelfende Familienmitglieder nach einem festen Tarifsystem entlohnt werden.
(Berliner Zeitung, Mi. 24.01.1990)
Berlin (NZ/ADN). In drei Särgen trugen am Dienstag vor dem Berliner Roten Rathaus Handwerker, Händler und Gewerbetreibende der Stadt die Dinge zu Grabe, die sie an der freien Entfaltung ihrer Initiativen hindern. Die Hemmnisse: sozialistische Plan- und Preiswirtschaft, Bevormundung durch die Parteien, Benachteiligung der Handwerkerfrauen wurden zu Beginn der Demonstration der Privaten symbolisch beerdigt. Für rund zwei Stunden hatten sich mehrere tausend Meister und Geschäftsinhaber sowie ihre Mitarbeiter zu dieser Aktion entschlossen, um ihren Forderungen an die zuständigen Organe Nachdruck zu verleihen.
Keine Vergünstigungen, sondern ein umfassendes Paket von Maßnahmen, um die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen, forderte Gerhard Gerlach, Vorsitzender der ELG Friseure und Kosmetiker.
(Neue Zeit, Mi. 24.01.1990)
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Pressekonferenz des Vorbereitungskomitees für den außerordentliche Gewerkschaftskongress
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Mit der radikalen Abkehr von einer Interessenvertretung, in der der FDGB-Apparat dominiert, wollen die Gewerkschaften der DDR das gebrochene Vertrauen der Werktätigen zurückgewinnen, wofür der bevorstehende außerordentliche Gewerkschaftskongress entscheidende Beschlüsse fassen will.
Dies erklärten Mitglieder des Vorbereitungskomitees gestern während einer internationalen Pressekonferenz im Hause der Gewerkschaften. Wie Komiteevorsitzender Werner Peplowski unterstrich, werde sich die künftige Interessenvertretung vor allem auf starke, freie und unabhängige Industriegewerkschaften und Gewerkschaften stützen, die sich freiwillig in einem Dachverband zusammenschließen können. Vorgesehen sei eine entsprechende Reduzierung des hauptamtlichen FDGB-Apparates um etwa 2 000 Mitarbeiter.
Angesichts einschneidender Veränderungen in der Wirtschaft es war von bereits etwa 80 000 Arbeitslosen in der DDR die Rede sei das Komitee für eine Wirtschaftsreform, die eng mit Umschulungs- und Sozialprogrammen verbunden sein müsse. Darüber hinaus, so wurde mitgeteilt, habe die Gewerkschaft von der Regierung die Bildung eines Sozialfonds für die Unterstützung von Arbeitslosen gefordert.
Eine grundlegende Erweiterung der gewerkschaftlichen Möglichkeiten und Vollmachten in Betrieben aller Eigentumsformen sehe des weiteren das zur Diskussion vorgelegte Gewerkschaftsgesetz vor, das unter anderem auch ein Streik- und Vetorecht einräumt. Wie auf BZ-Anfrage informiert wurde, sei seine Verabschiedung laut Gesetzgebungsplan noch für das erste Quartal dieses Jahres vorgesehen.
Auf den FDGB-Feriendienst eingehend, erklärten die Komiteevertreter, dass dieser auch künftig in den Händen der Gewerkschaft bleiben und ausgebaut werde. So seien bereits 17 Ferienheime des ehemaligen Amtes für Nationale Sicherheit von der Gewerkschaft übernommen worden.
(Berliner Zeitung, Mi. 24.01.1990)
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DGB-Gewerkschaft Chemie-Papier-Keramik wird ein Beratungsbüro in Leipzig eröffnen
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Die dem DGB angeschlossene Industriegewerkschaft Chemie-Papier-Keramik wird ein Beratungsbüro in Leipzig eröffnen, kündigte IG-Vorsitzender Hermann Rappe an. Ziel dieser Einrichtung ist es, die sich neu formierenden betrieblichen Gewerkschaftsvertretungen in der DDR zu beraten.
Für seine Gewerkschaft seien in diesem Zusammenhang auch die Tarifbedingungen wichtig. Die IG Chemie-Papier-Keramik könne kein Interesse daran haben, dass Unternehmer aus der BRD in die DDR gehen und damit ihre Produktionen zu niedrigen Tarifbedingungen verlagern, betonte Rappe. Seiner Auffassung nach werde es in der nächsten Zeit - „ich glaube schneller als langsamer“ - zu einer Art Vertragsgemeinschaft unter den Gewerkschaften beider deutschen Staaten kommen.
(Tribüne, Mi. 24.01.1990)
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Demokratie Jetzt mahnt Maßnahmen zur Stabilisierung der DDR an
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Die DDR-Bürgerbewegung "Demokratie Jetzt" hat bei der Regierung der Bundesrepublik konkrete Maßnahmen zur Stabilisierung der DDR angemahnt. Der Mitinitiator der Bewegung Konrad Weiß erklärte am Dienstag gegenüber dem Privatsender SAT 1: "Dazu gehört auch, dass das Geld anfängt zu fließen, das versprochen worden ist und was jetzt offenbar der Regierung Modrow noch vorenthalten wird." Die DDR brauche ganz einfach westliches Kapital, um die Wirtschaft wieder anzukurbeln. Wenn die Bundesregierung nicht bereit sei, dies jetzt oder auch für eine Regierung zu tun, in der die Opposition beteiligt ist, so Konrad Weiß, "werden wir uns das Geld aus anderen europäischen Ländern holen müssen".
Die Bundesregierung solle Zeichen setzen, die den Menschen in der DDR zeigen, dass sie Vertrauen haben können, im Land zu bleiben.
(Neues Deutschland, Mi. 24.01.1990)
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Wahlunterstützung der SPD vom Namensvetter
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Namhafte Politiker der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands unterstützen die SPD in der DDR in Vorbereitung der Wahlen am 6. Mai. Wie Vorstandsmitglied Steffen Reiche am Dienstag gegenüber ADN bestätigte, übernahm der frühere Hamburger Bürgermeister Klaus von Dohnanyi organisatorische Aufgaben in Mecklenburg. Der ehemalige hessische Landesminister und Bewerber um das Amt des Regierungschefs in Wiesbaden, Hans Krollmann, ist für die SPD in Brandenburg aktiv. Der einstige Oberbürgermeister von Frankfurt (Main), Rudi Arndt, will in Thüringen der Oppositionspartei mit Rat und Tat zur Seite stehen. In Anwesenheit des SPD-Ehrenvorsitzenden Willy Brandt und des Geschäftsführers der SPD in der DDR, Ibrahim Böhme, soll am Sonnabend in Gotha, wo 1875 die Vereinigung von SDAP und ADAV zur Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands stattfand, die thüringische SPD wiedergegründet werden.
(Neues Deutschland, Mi. 24.01.1990)
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SPD ein nahtloser Übergang von der SED/PDS zur SPD verbietet sich
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Ein nahtloser Übergang von der SED/PDS zur SPD verbiete sich schon aus der völlig entgegengesetzten Programmatik und dem unterschiedlichen Demokratieverständnis, erklärte SPD-Vorstandsmitglied Stefan Finger am Dienstag. Wenig glaubhaft wie der plötzliche Sinneswandel sei auch, wenn nun eine Vielzahl ehemaliger SED-Mitglieder "Zuflucht" in der SPD suche, meinte er weiter. Alle SED/PDS-Mitglieder, die ihre Partei verlassen haben oder diesen Schritt noch vollziehen wollen, sollten aus Gründen der Glaubwürdigkeit zumindest bis nach den Wahlen am 6. Mai parteilos bleiben und sich in demokratischer Willensbildung üben, heißt es weiter in der Pressemitteilung.
(Neues Deutschland, Mi. 24.01.1990)
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Neues Forum bittet Bevölkerung um Unterstützung
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Die Vereinigung NEUES FORUM ist auf die Unterstützung aus der Bevölkerung angewiesen. So werden neben Arbeitsmitteln wie Schreibmaschinen, Papier und Büroinventar dringend Geldspenden benötigt, um die laufenden Arbeiten auf eine solide materielle Grundlage zu stellen. Einzahlungen können auf der Staatsbank der DDR unter der Konto-Nummer (...) (Konto NEUES FORUM) vorgenommen werden.
Gründungen selbständiger Unternehmungen, die im oder mit dem Namen des NEUEN FORUM auftreten, werden von der Vereinigung NEUES FORUM nicht getragen, wird im Auftrag des Landessprecherrates mitgeteilt.
(Neue Zeit, Mi. 24.01.1990)
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NDPD schätzt Lage ein Vorsitzender tritt zurück
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Berlin. ADN/BZ Die vom 14. Parteitag beziehungsweise von den 15 Bezirksdelegationen in den Parteivorstand gewählten NDPD-Mitglieder haben gestern den bisherigen Parteitagsverlauf, die Reaktionen in der Partei sowie die nationalen und internationalen Wirkungen auf den Parteitag eingeschätzt.
Zu Beginn der Beratung erklärte der Vorsitzende Wolfgang Glaeser seinen Rücktritt. Er war erst am Wochenende in dieses Amt gewählt worden. Wolfgang Glaeser sagte, er wolle und könne sich nicht zur Personifizierung des rechten Flügels in der Partei machen, wie es durch sein Schlusswort aber geschehen sei. Er habe sich am Montag von seinem Schlusswort öffentlich distanziert. Seine Plattform sei der Bericht des Hauptausschusses.
Auf dieser Grundlage müsse der Parteitag kurzfristig fortgesetzt und die Wahlplattform beschlossen werden. Der Rücktritt erfolge ausschließlich im Interesse der Partei, ihrer politischen Glaubwürdigkeit und Berechenbarkeit im In- und Ausland. Teilnehmer bezeugten Glaeser ihren Respekt für diese seine verantwortungsbewusste Entscheidung.
Der Parteitag wird am Sonntag, dem 11. Februar, in der Berliner Kongresshalle fortgesetzt. Bis dahin führen die gewählten Stellvertreter kollektiv die Partei. Dem Parteitag werden neue Personalvorschläge für die Wahl des Vorsitzenden unterbreitet.
(Berliner Zeitung, Mi. 24.01.1990)
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Bürgerkomitee Leipzig gegen Unterstützung der Erneuerung der Nationalen Front
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Das Bürgerkomitee Leipzig hat auf das entschiedenste gegen einen entsprechenden Ministerratsbeschluss vom Jahresanfang zur Unterstützung der Erneuerung der Nationalen Front protestiert. In einer ADN gestern zugestellten Pressemitteilung heißt es, das Bürgerkomitee sehe darin eine Restauration alter Organisationsformen unter missbräuchlicher Benutzung des aus der demokratischen Bewegung entstandenen Begriffes Bürgerkomitee. Dieser Missbrauch sei eine bewusste Irreführung der Öffentlichkeit. Vom Ministerrat werde verlangt, diesen Beschluss umgehend außer Kraft zu setzen und die finanziellen und materiellen Ressourcen der ehemaligen Nationalen Front kommunaler Nutzung zuzuführen.
(Berliner Zeitung, Mi. 24.01.1990)
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Die DSF rechnet mit einem Schwund von weit mehr als der Hälfte ihrer Mitglieder
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Berlin. ADN/BZ Die Gesellschaft für Deutsch-sowjetische Freundschaft sieht ihre künftige organisatorische Basis verstärkt im Wohngebiet. Unabhängig von Parteien will sie auf freiwilliger und demokratischer Grundlage zur Festigung der Freundschaft zwischen den Menschen beider Länder wirken. Wie gestern in einem Pressegespräch in Berlin zu erfahren war, rechnet die DSF mit einem Schwund von weit mehr als der Hälfte der einstmals sechs Millionen Mitglieder.
(Berliner Zeitung, Di. 23.01.1990)
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Presseerklärung der Erstunterzeichner des Aufrufs "Für unser Land"
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Bis zum Dienstag wurde der Aufruf "Für unser Land" von 1 167 048 Bürgerinnen und Bürgern unterzeichnet, heißt es in einer Presseerklärung der Erstunterzeichner. Darunter waren auch 18 960 Schülerinnen und Schüler. Kritische Hinweise und Anfragen zur Praxis von Listensammlungen in Schulen veranlassten, diese Zahl gesondert auszuweisen. 9 273 ablehnende Stimmen erreichten die Organisationsgruppe. Wir danken allen freiwilligen Helfern, recht herzlich, heißt es in der Erklärung weiter. Tief berührt von dem uns tausendfach entgegengebrachten Vertrauen bitten wir um Verständnis, dass wir wirklich nicht in der Lage sind, die Zuschriften allesamt zu beantworten.
(Neues Deutschland, Mi. 24.01.1990)
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Gründungsveranstaltung des Jüdischen Kulturvereins
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Die Gründungsveranstaltung des Jüdischen Kulturvereins der DDR fand gestern in Berlin statt. Anliegen des Gremiums ist es, Bürgern jüdischer Herkunft und ihren Angehörigen jüdische Geschichte und Kultur nahezubringen und das Andenken der von den Faschisten ermordeten Juden zu ehren. Der Verein strebt die Zusammenarbeit mit allen Bürgern und Organisationen an, die ähnliche Interessen vertreten. Er wird Beziehungen zu jüdischen Organisationen und Gruppen in der Welt und besonders Israel aufnehmen.
(Berliner Zeitung, Mi. 24.01.1990)
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Gründung eines Jugendherbergsverbandes
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Die Gründung eines Jugendherbergsverbandes der DDR ist am 22./23. Januar 1990 in Berlin durch ein Gründungsaktiv beschlossen worden, dem Jugendherbergsleiter und andere für Jugendwandern und -reisen wirkende Personen aus vielen Bezirken der DDR angehören. Die Gründung soll bis spätestens Anfang April 1990 erfolgen. Der Verband versteht sich als gemeinnützige Vereinigung, die offen ist für Einzel- und Kollektivmitglieder, welche das Interesse an Wandern und Reisen, Natur und Umwelt. Kultur und Bildung verbindet. Er will sich unter anderem für die Erhaltung der vorhandenen Jugendherbergen und ähnlichen Unterkünfte sowie für sozial gerechtes Wandern und Reisen einsetzen und bietet allen Jugend-, Studenten- und Kinderorganisationen und -bewegungen der DDR die Zusammenarbeit an. Er strebt die Mitgliedschaft im Internationalen Jugendherbergsverband sowie - im Kontakt mit Jugendtourist - einen internationalen Reisedienst an und akzeptiert den Jugendherbergsausweis 1990.
Der seit längerem existierende Gedanke, einen Jugendherbergsverband der DDR zu gründen, ist forciert worden durch den drohenden Verkauf der Jugendherberge Tiefensee.
(Junge Welt, Mi. 24.01.1990)
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Initiative Christliche Linke
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Zur Gründung einer Initiative Christliche Linke wird in einer Erklärung, die bisher von mehr als 30 Theologen, Ärzten, Schriftstellern und Naturwissenschaftlern unterzeichnet wurde, aufgefordert. Sie ruft zu einem Konsens zwischen all jenen im Land auf, "die mit den Idealen des Christentums" und "denen des Marxismus (...) Ernst machen wollen". Man weigere sich, heißt es, "die Vorstellungen eines freiheitlichen, demokratischen menschlichen Sozialismus auf den Müllhaufen der Geschichte zu werfen".
(Junge Welt, Mi. 24.01.1990)
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Symbol der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands wird abgebaut
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Das sichtbare Symbol der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) am Haus des Parteivorstandes der SED-PDS am Werderschen Markt in Berlin verschwindet. Handwerker begannen am Dienstagmorgen mit der Demontage des fast fünf Meter hohen Parteiabzeichens. Das aus Stahlblech bestehende Symbol wird Buchstabe für Buchstabe, Teil für Teil von der Fassade abgenommen. Dazu gehören auch die ineinander greifenden Hände, die die 1946 herbeigeführte Vereinigung von SPD und KPD darstellten.
(Neue Zeit, Mi. 24.01.1990)
In dem Buch "Der Sturz. Erich Honecker im Kreuzverhör" sagt Erich Honecker:
"Ein ganz schlimmer Moment war für mich die Entfernung des Parteiabzeichens vom Haus des Zentralkomitees unserer Partei und die Tatsache, dass der Vorsitzende der Partei, Gysi, dabeistand und sich auch noch belustigte über die Abnahme dieses Abzeichens. Schließlich war es doch der Ausdruck für die Einheit der Arbeiterklasse, die sich nach 1945 aufgrund der Lehren der Vergangenheit herausgebildet hatte."
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Das Bürgerkomitee Leipzig protestiert gegen den Ministerratsbeschluss zur Unterstützung der Erneuerung der Nationalen Front
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Das Bürgerkomitee Leipzig protestiert gegen den Ministerratsbeschluss vom 04.01. zur Unterstützung der Erneuerung der Nationalen Front. Es ist die Restauration alter Organisationsformen unter missbräuchlicher Benutzung des aus der demokratischen Bewegung entstandene Begriffs Bürgerkomitee.
Einen Tag später weißt das Initiativkomitee zur Bildung einer nationalen Bürgerbewegung den Protest zurück. "Der Angriff auf die nationale Bürgerbewegung sei ein Versuch, sie aus dem demokratischen Erneuerungsprozess auszugrenzen und ihr Wirken zum Wohle der Menschen zu verhindern." Der Ministerratsbeschluss vom 04.01. stelle jenen Rechtszustand her, der anderen neu entstandenen Parteien und Bewegungen zuerkannt worden sei.
Naturschutzbeauftragte aus Kreisen und Bezirken der DDR entlang der Staatsgrenze zur BRD erörterten gestern im Ministerium für Naturschutz, Umweltschutz und Wasserwirtschaft dringend zu verwirklichende Vorhaben zum Schutz von Flora und Fauna in diesem Gebiet.
(Berliner Zeitung, Mi. 24.01.1990)
Haftbefehl gegen den ehemaligen Leipziger Oberbürgermeister Dr. Bernd Seidel hat der Bezirksstaatsanwalt gestern beim Kreisgericht Leipzig beantragt. Seidel steht im Verdacht der Wahlfälschung und der Untreue zum Nachteil sozialistischen Eigentums in schwerem Fall.
(Berliner Zeitung, Mi. 24.01.1990)
Demonstriert wird in Calau auf dem Marktplatz.
Zum ersten Runden Tisch Gespräch kommt es im VEB Kraftverkehr Frankfurt (Oder).
Auf einer Vollversammlung konstituiert sich der Sprecherrat Potsdam des Neuen Forum.
Der Parteivorstand der DBD berät über den Entwurf des Referat, den programmatischen Leitsätzen und dem Statut, für den am Wochenende stattfinden Außerordentlichen Parteitag.
Die erste Ausgabe der "Hallische Reformzeitung" erscheint.
Die Gemeinsame Wirtschaftskommission DDR - BRD kommt in Berlin zu ihrer ersten Beratung zusammen.
Treffens zwischen der CDU (BRD) mit Vertretern von CDU (DDR) und anderen oppositionellen Parteien im Reichstag in Berlin. Die CDU (BRD) drängt auf ein Wahlbündnis in der DDR, welche die Parteien CDU, Demokratischer Aufbruch, Deutsche Soziale Union und Deutsche Forumpartei umfassen könnte.
In der Freiheitshalle in Hof findet eine Kundgebung der CSU unter dem Motto "Freiheit statt Sozialismus" statt. Gäste sind Vertreter der DSU. Der DSU-Vorsitzende, Hans-Wilhelm Ebeling, sagt dort unter Beifall: "Ich habe meine Heimat dort drüben gehabt. In Brandenburg lange Zeit, jetzt in Sachsen. Mein Vaterland ist aber immer hier gewesen. Es war immer Westdeutschland und ich denke, dass ich damit meinen Freunden, die hier heute aus dem östlichen Teil Deutschlands unter uns sind einig bin, das war unser Vaterland über 40 Jahre unseres Lebens."
Die Paritätische Regierungskommission für ökonomische und wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit zwischen der DDR und der UdSSR kommt zu ihrer 43. Tagung zusammen.
In Washington finden Gespräche zwischen der DDR-Staatsbank, dem Internationalen Währungsfonds und der Weltbank statt.
Eine Hagnus-Hirschfeld-Gesellschaft hat sich im Kulturbund der DDR konstituiert.
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