01.03. Bildung der Treuhandanstalt
05.03. Der Zentrale Runde Tisch verabschiedet eine Sozialcharta
06.03. DDR-Regierungsdelegation trifft in Moskau ein
07.03. Letzte Sitzung der Volkskammer
08.03. Der Ministerrat beschließt eine Bankenreform
08.03. Die Inoffiziellen Mitarbeiter der Staatssicherheit werden regierungsoffiziell entpflichtet
11.03. Wahlparteitag des Demokratischen Aufbruch
12.03. Letzte Sitzung des Zentralen Runden Tisch in Berlin
13.03. Die gemeinsame Expertenkommission von DDR und BRD über die Schaffung einer Währungsunion und Wirtschaftsgemeinschaft verabschiedet einen Zwischenbericht
14.03. An den Ministerrat wird der Antrag gestellt, das Büromaschinenwerk Sömmerda nach dem "Sömmerdaer Modell" umstrukturieren zu dürfen.
14.03. Erstes Zwei-plus-Vier-Expertentreffen
18.03. Wahl der Volkskammer
Di. 6. März 1990
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Gesetz über die Rechte der Gewerkschaften verabschiedet
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Mit großer Mehrheit wurde gestern in der Volkskammer das Gesetz über die Änderung der Verfassungsartikel 44 und 45 sowie das "Gesetz über die Rechte der Gewerkschaften in der DDR" verabschiedet. Demnach sind nun in der Verfassung die Gewerkschaften als überparteiliche und unabhängige Vereinigungen von Werktätigen verankert, die bereit und fähig sind, deren Interessen zu vertreten und Forderungen im Arbeitskampf geltend zu machen.
Wie es jetzt in der Verfassung heißt, dürfe niemand die Gewerkschaften in ihrer rechtmäßigen Tätigkeit einschränken oder behindern, sei das Streikrecht der Gewerkschaften gewährleistet, Schadenersatz dafür ausgeschlossen und jegliche Form der Aussperrung verboten. Weiterhin ist die aktive Teilnahme der Gewerkschaften an der Gestaltung der Rechtsordnung festgeschrieben.
In dem 27 Paragraphen umfassenden Gesetz zur Gewerkschaftstätigkeit sind deren Rechte klar und umfassend aufgeführt.
(Berliner Zeitung, Mi. 07.03.1990)
Das Gewerkschaftsgesetz wurde gestern Nachmittag von den Abgeordneten der Volkskammer mit der Mehrheit bei sechs Gegenstimmen und 53 Enthaltungen verabschiedet. Auch die erforderliche Zwei-Drittelmehrheit der geplanten Abgeordnetenstimmen für die Verfassungsänderung kam zustande. So sind jetzt Streikrecht und Aussperrungsverbot gesetzlich verbrieft.
Zuvor hatte Helga Mausch, Vorsitzende des Geschäftsführenden Vorstandes des FDGB, in der 2. Lesung des Gesetzes die Abgeordneten des Hohen Hauses fest beschworen, dem Gesetzentwurf ihre Stimme zu geben: "Damit entscheiden Sie über die Voraussetzungen künftiger sozialer Sicherheit." In der jetzt vorliegenden veränderten Form des Gesetzes wird die gewerkschaftliche Betätigung unter den Schutz der Verfassung gestellt. So sei das Mitreden und Mitwirken der Gewerkschaften in den Betrieben im Interesse der Belegschaften rechtlich geschützt, auch unter zu erwartenden marktwirtschaftlichen Bedingungen.
In der Debatte hatte der Redner der FDJ-Fraktion gefordert, mit dem Gewerkschaftsgesetz keine neuen Illusionen zu schaffen. Beifall fand seine Bemerkung: "Warum hat keiner den Mut, die einfache Wahrheit auszusprechen, dass Streik unseren wirtschaftlichen Niedergang beschleunigen würde?" So wurde dann der Zusatz formuliert "Ein Streik ist erst nach erfolglosen Schlichtungsversuchen zulässig." Und: "Die Regierung kann Streik aus Gründen des Gemeinwohls aussetzen."
Die CDU brachte den Antrag ein, im Paragraph 14 zu streichen, dass die Gewerkschaften die soziale Versicherung leiten. Dieser Passus ist nun in der beschlossenen Verfassung des Gesetzes gestrichen. Die Gewerkschaften waren damit einverstanden, weil dieses Recht in der Verfassung gesichert ist.
Insgesamt war Erleichterung spürbar, dass dieser Punkt abgearbeitet ist. Hatten doch viele Werktätige den wirksamen Schutz ihrer Interessen per Gesetzeskraft noch vor dem 18. März gefordert. Ganze Unterschriftenmappen prangten als Beleg auf einem Tischchen vor den Abgeordneten. Wie das Gewerkschaftsgesetz nun durchzusetzen ist - den Beweis muss die Praxis erbringen. Die letzte Volkskammertagung vor dem 18. März hatte eine Vielzahl weiterer Gesetzentwürfe zu entscheiden.
(Tribüne, Mi. 07.03.1990)
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Demonstration von Lehrern und Erziehern
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"Warum sollen wir das aufgeben, wofür derzeit drüben die 'Kitas' (Kindertagesstätten) streiken? Unseren Kindern soll der Schulhort, die ganztägige Unterbringung in Kindergärten und Krippen erhalten bleiben!"
Das forderten gestern Nachmittag auf dem Alex einige hundert Lehrer, Horterzieher, Kindergärtnerinnen und Angehörige der Schulverwaltung.
Aufgerufen zu der Demonstration hatten die Gewerkschaft Unterricht und Erziehung sowie der erst kürzlich ins Leben gerufene Landesverband der Pädagogen, um den Abbau von Sozialleistungen in der Volksbildung zu verhindern.
So brachten die Demonstranten gestern vor allem ihre persönlichen Ängste angesichts der Diskussion um die deutsche Einigung zum Ausdruck: Werden die Fachschulabschlüsse von Unterstufenlehrern und Hortnerinnen auch in der BRD anerkannt, Beschäftigte des Bildungswesens nach einer Währungsunion ebenso entlohnt wie ihre westdeutschen "Kollegen"? Wird die Altersversorgung erhalten bleiben, ein Kündigungsschutz nach zehnjähriger Dienstzeit gewährleistet?
Klare Aussagen forderte Norbert Siegel. Vorsitzender des Landesverbandes der Pädagogen, dazu von den Parteien in der DDR und der Kultusministerkonferenz der Bundesrepublik.
(Berliner Zeitung, Mi. 07.03.1990)
Hunderte Lehrer und Erzieher demonstrierten gestern Nachmittag auf dem Alexanderplatz für
ihre sozialen Rechte und den Anspruch auf Mitwirkung bei einer Bildungsreform. Auf der gemeinsam von der Gewerkschaft Unterricht und Erziehung und dem am 12. Februar gegründeten Landesverband Berlin des Allgemeinen Verbands der Pädagogen e. V. organisierten Veranstaltung forderten die Teilnehmer von den DDR-Parteien und der Kultusministerkonferenz der Bundesrepublik u. a. die Sicherung der Kindereinrichtungen, die Garantie der Anerkennung pädagogischer Abschlüsse in der DDR, Kündigungsschutz nach zehnjähriger Dienstzeit und geeignete Vorruhestandsregelungen.
Sollte das Bildungsministerium darauf nicht umgehend reagieren, wurde für den 14. März ein zweistündiger Lehrer-Warnstreik in Marzahn angekündigt, der ggf. am 16. März zu einem Berliner Schulstreik ausgeweitet werden kann. Am 10. März wird in Hellersdorf der Gründungskongress des Allgemeinen Verbands der Pädagogen der DDR (AVP e. V.) stattfinden.
(Der Morgen, Mi. 07.03.1990)
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Interessenverband "Demokratische Bildung und Erziehung" gründet
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Der Interessenverband "Demokratische Bildung und Erziehung" der Stadt Magdeburg gründet sich. Auf gewerkschaftlicher Ebene sollen die Interessen von Lehrer/innen, Erzieher/innen, Kindergärtner/innen, Kindern, Jugendlichen und Eltern vertreten werden. Angestrebt wird eine Zusammenarbeit mit der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft der BRD.
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DGB-Gewerkschaft GEW wirbt um Mitglieder in der DDR
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Soll bundesdeutsches Beamtenrecht künftig auch für DDR-Lehrer wirksam werden? Diese Frage beschäftigt nicht nur die unmittelbar davon betroffenen Pädagogen der hiesiger. Schulen, sondern ebenso deren Kollegen in der Bundesrepublik. Vertreter der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), einer 200 000 Mitglieder starken Organisation im Dachverband des Deutschen Gewerkschaftsbundes der BRD, bereisen derzeit mehrere Städte der DDR, um Chancen und Risiken von Beamtenbund beziehungsweise Gewerkschaft abzuwägen.
In Leipzig erläuterten die Gewerkschafter am Dienstag, dass es ein Fehler wäre, das bundesdeutsche Beamtenrecht für die DDR zu kopieren. Die Möglichkeit demokratischer Mitbestimmung solle nicht voreilig wieder aufs Spiel gesetzt werden, nachdem sie gerade erst hart erkämpft worden ist.
Die GEW wolle jedoch keine Einmischung betreiben, hieß es. Die Schulreform sollte nicht darauf hinauslaufen, alle sozialen Fortschritte über Bord zu werfen. Es wurde darauf verwiesen, dass viele Lehrer der DDR mit der Gewerkschaft Unterricht und Erziehung, bei der von Erneuerung nur wenig zu erkennen sei, nichts mehr zu tun haben wollen. Daher stehe das Angebot, sich bereits jetzt in der GEW anzumelden. Die Mitgliedschaft ist vorerst kostenlos. Ziel sei, möglichst wenig Lehrer für den Beamtenbund übrigzulassen, der übrigens schon in der DDR existiere, ohne dass es hier ein Beamtenrecht gebe.
(Tribüne, Do. 08.03.1990)
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Verhandlungen über eine Zusammenarbeit Wartburg und Opel
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Auf eine klare Mehrheit der Eisenacher Gewerkschaftsvertreter können sich die Firmenleitungen von Opel und Wartburg-Werk bei ihren weiteren Verhandlungen über eine Zusammenarbeit berufen. Opel-Firmenchef Louis R. Hughea hatte am Dienstag vor einer Versammlung von rund 300 gewählten Belegschaftsvertretern ein entsprechendes Konzept der Adam Opel AG vorgetragen und für ein Zusammengehen geworben. Wie zu erfahren war, könnte nach Opel-Plänen bereits 1993 der Prototyp eines neuen Wagens dieser Marke von den DDR-Bändern rollen.
(Junge Welt, Do. 08.03.1990)
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Gemeinschaftsunternehmen in der Kosmetikbranche
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Ein Gemeinschaftsunternehmen in der Kosmetikbranche mit Sitz in der DDR wollen der VEB Londa/Rothenkirchen und die Wella AG/Darmstadt gründen. Die bundesdeutsche Firma will Londa bei Haarfärbemitteln und Dauerwellen modernste Rezepturen vermitteln sowie Know-how bei Vertrieb und Marketing einbringen. Andererseits setzt Wella auf Absatzmärkte der DDR-Firma, um auch seine Erzeugnisse vor allem in Osteuropa stärker anzubieten. Investiert wird zunächst in Produktion und Vertrieb.
Wella-Vorstandsmitglied Peter Zühlsdorf äußerte gegenüber ADN, dass ein Joint venture spätestens im Mai perfekt sein soll. Dabei setzte er auf gut ausgebildetes Personal in Rothenkirchen und die Absatzverbindungen von Londa. Dem Kosmetik-Kombinat, zu dem der im Kreis Auerbach gelegene Betrieb seit Februar als eigenständiger VEB gehört, gehe es nach den Worten von Generaldirektorin Christa Bertag vor allem um internationale Arbeitsteilung und Wettbewerbsfähigkeit.
Nach der Goldwell AG ist Wella die zweite bundesdeutsche Firma, mit der Betriebe des Kombinats ein gemeinsames Unternehmen gründen werden.
(Berliner Zeitung, Mi. 07.03.1990)
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Die Ruhrgas AG plant Erdgaslieferungen in die DDR
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Die Ruhrgas AG plant Erdgaslieferungen in die DDR, die dort für die Sicherung der Energieversorgung und insbesondere zur Verbesserung der Umweltsituation dringend benötigt werden. Mit den Lieferungen soll vor dem Winter 1992/93 begonnen werden. Sie sind vor allem für die industriellen Ballungsräume der DDR in Thüringen und Sachsen bestimmt.
Die dafür erforderliche 60 Kilometer lange Erdgasleitung wird im Raum Lauterbach in Hessen von der in Planung befindlichen Erdgasleitung Werne (Nordrhein-Westfalen) nach Schlüchtern (Hessen) abzweigen und zur Grenze der DDR im Raum Bad Hersfeld gebaut werden. Vorgesehen sind Lieferungen der Ruhrgas AG in Höhe von 2 Milliarden Kubikmeter Erdgas pro Jahr.
(Berliner Zeitung, Di. 06.03.1990)
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Gemeinsames Unternehmen von Interflug, Interhotel und Lufthansa
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"Inter Penta Hotel GmbH" wird ein neues Unternehmen heißen, für das die Lufthansa, die Vereinigung INTERHOTEL der DDR und die INTERFLUG eine Absichtserklärung unterzeichnet halben. Ziel werden Entwicklung, Bau und Betrieb von Hotelprojekten der First Class-Kategorie (vier bis fünf Sterne) in der DDR und evtl. auch in anderen Ländern sein. Erste Projekte werden in Berlin-Schönefeld und Weimar begonnen, geplant sind Hotels in Dresden, Leipzig, Erfurt und Rostock.
(Berliner Zeitung, Di. 06.03.1990)
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Demo in Frankfurt für eigenständige DDR
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Jugend-Demo in Frankfurt/Oder am 6. 3. 1990 für eigenständige DDR in einer deutschen Konföderation. Zirka 2 000 Teilnehmer versammelten sich schon zum vierten Mal unter zahlreichen DDR-Fahnen und Rufen wie "DDR - unser Vaterland" zur Demonstration. Am Tag zuvor war es zu Auseinandersetzungen zwischen linken Jugendlichen und Leuten der Allianz für Deutschland gekommen.
Die nächste linke Jugend-Demo findet in Frankfurt am 14. 3. 1990 um 19.00 Uhr statt.
(Junge Welt, Do. 08.03.1990)
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Die Spartakist-Arbeiterpartei ruft zur Demonstration auf
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Zu einer Demonstration vor der Volkskammer heute um 17 Uhr hat die Spartakist-Arbeiterpartei Deutschlands aufgerufen. Der Protest ist gegen den Gesetzentwurf für die Privatisierung von VEB gerichtet, der am 6. und 7. März behandelt werden soll. Die Organisatoren der Kundgebung wenden sich gegen alle Versuche, die volkseigenen Betriebe auszuverkaufen, so gegen die Regierungsverordnung für die Umwandlung der staatlichen Betriebe in Kapitalgesellschaften mit Aktienbeteiligung.
(Berliner Zeitung, Di. 06.03.1990)
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Mahnfasten für eine gerechte Weltwirtschaftsordnung
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Zu einem Mahnfasten für eine gerechte Weltwirtschaftsordnung rufen die "Initiative Christliche Linke" und die "Kirche von unten" auf. Seit Dienstag beten und tasten in der Berliner Gethsemane-Kirche bis zum 13. März Christen und fordern zum geschwisterlichen Mittun auf. Angesichts von mindestens 800 Millionen Hungernder in der Welt und der in diesen Tagen in Soul stattfindenden ökumenischen Versammlung von Christen aus aller Welt, die dem konziliaren Prozess für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung Weltgeltung verschaffen wollen, mahnen die Teilnehmer zur Umkehr.
(Junge Welt, Mi. 07.03.1990)
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Neue Jugendzeitschrift mit dem Titel "Chance"
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In der DDR soll vom kommenden Dienstag an eine neue Jugendzeitschrift mit dem Titel "Chance" als Alternative zu dem FDJ-Blatt "Junge Welt" erscheinen. Nach Mitteilung des UNICUM-Verlages in Bochum beteiligen sich an der Herausgabe die parteinahen Jugendverbände Christlich-Demokratische Jugend (CDJ), Jugend des Demokratischen Aufbruchs (Junge Demokraten), Junge Sozialdemokraten und Jungliberale Aktion (JuliA). Die Zeitschrift soll in einer Auflage von 300 000 Exemplaren landesweit verteilt werden. Sie ist kostenlos und wird über Anzeigen finanziert.
(Neue Zeit, Mo. 05.03.1990)
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Grenztruppen kümmern sich um den Schutz der Biotope entlang der Staatsgrenze
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Im Kommando Magdeburg der Grenztruppen der DDR kümmern sich seit kurzem "Offiziere für Ökologie und Umwelt" um den Schutz der Biotope entlang der Staatsgrenze. Die Öko-Offiziere führten bereits erste Gespräche mit zuständigen staatlichen Stellen, um das Zusammenwirken bei Pflege und Gestaltung des nun 28jährigen "Reservats" abzustimmen, das, z. B. am Brocken, als international bedeutsames Rückzugsgebiet für alpine und arktische Flora und Fauna gilt.
Zunächst sollen die Soldaten der "Grünen Grenze" in den eigenen Objekten die Einhaltung der Umweltschutzgesetze kontrollieren. Zudem wollen sie in den Naturschutzaktiven der Kreise mitarbeiten und bei einer schnellen Bestandsaufnahme im "Abschnitt" helfen. Vor allem treten sie dafür ein, den Oberharz zum Nationalpark und das Drömling-Moorland zu einem grenzüberschreitenden Landschaftsschutzgebiet umzugestalten. Einige Soldaten werden dieser Tage bereits von Naturschutzfachleuten eingewiesen, worauf sie ihren im Wachdienst geschulten Blick künftig richten sollen.
Von der Fördergemeinschaft Drömling liegt im Stab des Grenzbezirkskommandos gegenwärtig ein Antrag vor: Es wird geprüft, ob vier der Beobachtungstürme nicht vor dem Abriss bewahrt und den Ornithologen zur Überwachung des Vogelflugs übergeben werden können.
(Berliner Zeitung, Di. 06.03.1990)
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Die letzten Soldaten des Wachregiments "Feliks Dzierzynski" verließen die Kaserne
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Gestern Nachmittag verließen die letzten Soldaten des Wachregiments "Feliks Dzierzynski" die Kaserne an der Fürstenwalder Allee in Hessenwinkel, kurz vor der Berliner Stadtgrenze.
Damit ist die erste Einrichtung dieser militärischen Einheit, die dem ehemaligen Ministerium für Staatssicherheit unterstand, geräumt. Noch in dieser Woche folgen die restlichen Kasernen in Adlershof und Teupitz.
Bis zur besenreinen Übergabe des Objektes in Hessen Winkel aber bleibt dem Nachhutkommando von Berufsoffizieren und -soldaten allerdings noch einiges zu tun. Vorgestern Abend und in der Nacht zu gestern hatten betrunkene Soldaten die Unterkünfte verwüstet. Zerschlagene Scheiben, eingetretene Türen, herausgerissene Fenster und zertrümmertes Mobiliar deuten nicht gerade auf einen "geordneten Rückzug" der restlichen 600 Soldaten hin. Die Kripo ermittelt jetzt. Das Kasernengelände wird auch weiterhin von der Volkspolizei bewacht.
In wessen Hände das Objekt, in dem bis vor wenigen Monaten 2 000 Soldaten und 200 Offiziere ihren Dienst versagen, gerät, ist noch ungewiss. 127 Bewerber gibt's, darunter Handwerksbetriebe, Bürgerinitiativen, Unternehmen und der Rat Köpenick.
(Berliner Zeitung, Mi. 07.03.1990)
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Demokratie Jetzt nach der Volkskammerwahl Aufnahmeverfahren für Übersiedler aus der DDR einstellen
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Auch die DDR-Bürgerbewegung Demokratie Jetzt hat sich dafür ausgesprochen, dass Bonn mit der Wahl zur Volkskammer am 18. März das Aufnahmeverfahren für Übersiedler aus der DDR einstellt und alle damit verbundenen Vergünstigungen aufhebt. Die Aufnahmelager sollten geschlossen und das gesparte Geld für politisch Verfolgte aus ärmeren Ländern, die Asyl suchen, eingesetzt werden. Dies erklärte der Sprecher von Demokratie Jetzt, Konrad Weiß, in einem am Dienstag in Ost-Berlin veröffentlichen Brief an Bundeskanzler Helmut Kohl.
Bei der Beschaffung von Arbeitsplätzen und Wohnraum, bei der Zahlung von Arbeitslosengeld und Sozialunterstützung sollten Übersiedler aus der DDR fortan Bundesbürgern gleichgestellt werden, heißt es in dem Schreiben. "Wer in der DDR einen sicheren Arbeitsplatz verlassen hat, sollte keinen Anspruch auf Arbeitslosenunterstützung haben. Ausnahmen sollte es nur geben, wo zwingende familiäre oder humanitäre Gründe vorliegen."
Übersiedler, die nach dem 10. November 1989, der Öffnung der Grenzen, in die Bundesrepublik gekommen sind und bisher weder Arbeit noch Wohnung gefunden haben, sollten nach den Vorstellungen der Bürgerbewegung "ermutigt werden, an ihren alten Arbeitsplatz zurückzukehren und in der sich erneuernden DDR einen persönlichen Neubeginn zu wagen". Dazu sollten jedoch keine finanziellen Vergünstigungen angeboten werden. Demokratie Jetzt greift mit diesen Forderungen in die aktuelle Diskussion zur Übersiedlerproblematik in der BRD ein.
(die tageszeitung, Mi. 07.03.1990)
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Forderungen Politiker in Bonn nach einem Kurswechsel bei der Aufnahme von Aus- und Übersiedlern
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Politiker aller in Bonn vertretenen Parteien haben am Dienstag ihre Forderungen nach einem Kurswechsel bei der Aufnahme von Aus- und Übersiedlern in der Bundesrepublik bekräftigt. Dabei soll vorrangig eine Begrenzung des Zuzugs von DDR-Bürgern erreicht werden. Sowohl die von Oskar Lafontaine geführte Regierung des Saarlandes als auch Bayern und Schleswig-Holstein wollen in die für den 16. März anberaumte Sitzung des Bundesrates Gesetzesentwürfe und Entschließungsanträge einbringen, mit denen das Notaufnahmeverfahren und Sonderleistungen abgeschafft werden sollen. Freiwerdende Finanzmittel sollten zur sozialen Absicherung der Menschen in der DDR umgelenkt werden.
In der vom saarländischen Ministerpräsidenten eingebrachten Vorlage wird AP zufolge auch das grundlegende Überdenken des Fremdrentenrechts angeregt: Lafontaine, der die Ansicht vertrat, dass auch die CDU-Ministerpräsidenten immer mehr auf seine Linie einschwenkten, begründete diesen Schritt unter anderem damit dass die sozialen Probleme immer größer würden, wenn Kohl "störrisch und uneinsichtig an seiner Tatenlosigkeit" festhalte. Als Beispiel nannte er die Sozialversicherung, in der ein Dreiklassensystem entstehe. So nehme die Zahl der Bürger mit Ansprüchen aus Fremdrenten, die höher lagen als die in der Bundesrepublik erworbenen Renten, immer mehr zu. Dies werde später auch zu einer Verärgerung bei den Menschen führen, die in der DDR blieben.
(Neues Deutschland, Mi. 07.03.1990)
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Erstes Expertentreffen zwischen der DDR und der BRD über die äußeren Aspekte der deutschen Vereinigung
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Das erste Expertentreffen zwischen der DDR und der BRD über die äußeren Aspekte der deutschen Vereinigung wird voraussichtlich am Freitag in Berlin stattfinden. Das verlautete gestern morgen aus dem DDR-Außenministerium. Dabei sollen Vorbereitungen für die "Zwei plus Vier"-Gespräche erörtert werden. Ein Termin, zu dem Beamte der USA, der UdSSR, Großbritanniens und Frankreichs hinzugezogen werden sollen, stehe jedoch noch nicht fest, hieß es weiter.
(Berliner Zeitung, Mi. 07.03.1990)
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CDU/CSU-Mittelstandsvereinigung Vier Millionen neue Arbeitsplätze werden in der DDR in den ersten zwei Jahren entstehen
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Rund vier Millionen neue Arbeitsplätze werden in der DDR nach Ansicht der CDU/CSU-Mittelstandsvereinigung in den ersten zwei Jahren nach Einführung der sozialen Marktwirtschaft entstehen. Das Wirtschaftswachstum könne acht bis zehn Prozent jährlich betragen, erklärte laut dpa der Bundesvorsitzende der Mittelstandsvereinigung, Elmar Pieroth, gestern in Bonn. Die Bodenreform von 1948 in der DDR und die Enteignungen der 50er Jahre seien "unumkehrbar", sagte Pieroth.
(Berliner Zeitung, Mi. 07.03.1990)
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Wenn sich Berliner aus Köpenick, Charlottenburg, Hellersdorf und Tiergarten treffen
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Es wächst schnell zusammen, auch in Berlin. Da treffen sich die Parlamente von Köpenick und Charlottenburg, Hellersdorf und Tiergarten - Gemeinsamkeiten überall.
Mitunter ist es aber rasch vorbei mit eitel Freud und Gastlichkeit. Spätestens, wenn es um die eigene Macht geht. Das haben Vertreter von Parteien und Rundem Tisch aus Prenzlauer Berg während eines Besuchs bei Kreuzberger Kollegen erfahren müssen. Am Vormittag noch durchaus freundlich begrüßt, gab es die Überraschung am Abend in der Bezirksverordnetenversammlung. Dort hörten die verstörten Gäste einen Antrag der CDU, wonach die "Kontakte mit den Verantwortlichen des Stadtbezirks Prenzlauer Berg bis zu den Wahlen auf das Nötigste zu beschränken" seien - ausgenommen "in der Vergangenheit unbelastete Gruppen".
"Eine Frechheit!", erwiderte der Sprecher der regierenden SPD, "zumal sich Ost- und West-CDU schon im Schöneberger Rathaus treffen." "Ein Tritt vor das Schienbein der Prenzlauer", meinte die AL.
Der CDU-Antrag wurde schließlich abgelehnt, und man entschuldigte sich bei den Gästen aus Ostberlin.
Für die war es sicher kein schönes Gefühl, für parteipolitische Machtkampfe missbraucht zu werden. Und ein Vorgeschmack auf fairen Umgang in einer Demokratie eben sowenig.
(Berliner Zeitung, Di. 06.03.1990)
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Übersiedlung in die BRD soll erschwert werden
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Politiker aller in Bonn vertretenen Parteien haben am Dienstag ihre Forderungen nach einem Kurswechsel bei der Aufnahme von Aus- und Übersiedlern in der Bundesrepublik bekräftigt Dabei soll vorrangig eine Begrenzung des Zuzugs von DDR-Bürgern erreicht werden
Für eine Abschaffung des Notaufnahmeverfahrens für DDR-Aussiedler sowie für einen Zahlungsstopp der Sonderleistungen für Aus- und Übersiedler hat sich der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Johannes Rau (SPD) ausgesprochen.
Nach Angaben von dpa sind seit Jahresanfang über 120 000 Übersiedler in die Bundesrepublik gekommen.
(Junge Welt, Mi. 07.03.1990)
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DDR-Regierungsdelegation zu Gesprächen in Moskau
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Als Frage aller Fragen bezeichnete Michail Gorbatschow am Dienstag die Anerkennung der Nachkriegsrealitäten in Bezug auf die europäischen Grenzen. Vor Beginn seines Gesprächs mit DDR-Ministerpräsident Hans Modrow erklärte Gorbatschow vor Journalisten: "Sollte jemand im Prozess der Vereinigung beider deutscher Staaten revanchistische Pläne wiederbeleben wollen, ist das eine unverantwortliche Politik und beschwört sehr ernste Folgen herauf."
"Wir alle müssen sehr aufmerksam sein und so handeln, dass in dieser Zeit des Umbruchs nichts zerstört wird, was früher geschaffen wurde und die Möglichkeit bot, dass sich die Prozesse so entfalten konnten", betonte Gorbatschow. Sowohl die Interessen und Hoffnungen der Deutschen in beiden Staaten als auch die Interessen der anderen Europäer müssten berücksichtigt und gebührend realisiert werden. Wenn sich der Prozess der deutschen Vereinigung in den europäischen Prozess einordne und dadurch schließlich ein neues Europa mit neuen Beziehungen entstehe, werde das auf allen Seiten Verständnis finden.
Gorbatschows Erklärung betraf ohne Zweifel das wichtigste Thema der Dienstag-Gespräche im Moskauer Kreml. Noch dem Treffen Modrow-Gorbatschow empfing der sowjetische Partei- und Staatschef die gesamte DDR-Abordnung, In der nahezu alle in der Regierung der nationalen Verantwortung mitarbeitenden Parteien und Gruppierungen vertreten waren. Eine Begegnung der Delegation mit Premier Nikolai Ryshkow hatte den Arbeitstag eingeleitet.
In entscheidenden Fragen der europäischen Entwicklung, so Hans Modrow auf dem Rückflug gegenüber DDR-Korrespondenten, bestehe zwischen beiden Staaten Übereinstimmung. Erhärtet worden sei insbesondere der Standpunkt, dass der deutsch-deutsche Vereinigungsprozess noch viel stärker in den gesamteuropäischen Prozess eingebunden und in überschaubaren Etappen vollzogen werden muss. Die sowjetische Seite habe darüber informiert, dass sie noch für die kommende Woche ein erstes Expertentreffen zur Vorbereitung der Konferenz "4 plus 2" vorgeschlagen habe. Modrow hatte das Interesse der DDR an einem schnellen Zustandekommen einer solchen Konferenz geäußert. Wie TASS am Abend meldete, erteilte Gorbatschow dem Streben nach einer Annexion der DDR, einer Politik der "vollendetet Tatsachen" eine deutliche Absage.
Über weitere Themen der Gespräche unterrichteten die Regierungssprecher Wolfgang Meyer und Gennadi Gerassimow die Presse in Moskau. So sei die Einbindung eines vereinigten Deutschlands in die NATO als nicht akzeptabel abgewiesen worden. Minister Dr. Wolfgang Ullmann habe sie sogar als "Fortsetzung des kalten Krieges" bezeichnet. Beide Seiten hätten ihren Willen zu weiterer ökonomischer Zusammenarbeit bekundet. Schon für die allernächste Zeit sind Expertengespräche zu Wirtschaftsfragen anberaumt.
Hans Modrows Resümee: Durch die Reise nach Moskau sei die Möglichkeit geschaffen worden, nicht nur Standpunkte kennenzulernen, sondern auch künftig konstruktiv zusammenzuarbeiten. Alle Minister, die sich in der Diskussion geäußert haben, seien der Meinung gewesen, dass die freundschaftlichen Beziehungen zwischen DDR und UdSSR in neuer Weise, aber auch unter Beachtung Ihrer Traditionen fortzuführen sind.
(Neues Deutschland, Mi. 07.03.1990)
In einem Interview für die Nachrichtenagentur TASS schließt Michail Gorbatschow eine NATO-Mitgliedschaft eines vereinten Deutschland aus.
Ein Deutscher Bühnenverband der DDR konstituiert sich in Berlin. Als Verbandspräsident wird Gero Hammer gewählt.
Zwischen dem Berliner Oberbürgermeister, Christian Hartenhauer und dem Regierenden Bürgermeister von Berlin, Walter Momper, werden gemeinsame Verwaltungseinrichtungen vereinbart.
Der Bund der Vertriebenen (BdV) hat eine Volksabstimmung unter internationaler Aufsicht zur verbindlichen Festlegung der deutschen Ostgrenze gefordert. Dabei sollten die in den ehemaligen deutschen Ostgebieten lebenden Polen und Deutschen sowie alle Vertriebenen, auch die in Übersee, über einen Verbleib der Gebiete bei Polen, den Zutritt zu Deutschland oder eine Europäisierung abstimmen, sagte der BdV Generalsekretär Hartmut Koschyk in München.
Darüber hinaus müssten die Forderungen der Vertriebenen in Höhe von mehreren hundert Milliarden Mark "auf den Tisch", sagte Koschyk. Sie könnten gegen angebliche Forderungen Polens von 537 Milliarden Mark "aufgerechnet" werden. Der BdV verwahre sich gegen eine "Annexionspolitik" und ein "Grenzanerkennungsdiktat" Polens und lehne eine "ersatzlose Preisgabe der deutschen Ostgebiete ab". Der Vorsitzende der Landsmannschaft Schlesien und frühere Bundestagsabgeordnete Herbert Hupka verlangte in Hannover sogar eine Revision der polnischen Westgrenze.
(Süddeutsche Zeitung, Mi. 07.03.1990)
Während seines Wahlkampfbesuchs in Chemnitz besucht der SPD-Ehrenvorsitzende Willy Brandt den Roten Turm, in dem einst August Bebel einsaß.
(Plattform in der fp, Freie Presse, Fr. 09.03.1990)
Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Walter Momper (SPD), tritt bei einer Wahlkampfveranstaltung in Fürstenwalde auf.
Auf dem Arnstädter Markt findet eine Wahlkundgebung der Parteien DA, DSU und CDU der "Allianz für Deutschland" statt.
In Magdeburg auf dem Domplatz führt die "Allianz für Deutschland" eine Wahlkampfkundgebung durch. Redner aus der Bundesrepublik ist Bundeskanzler Helmut Kohl.
Eberhard Diepgen von der Westberliner CDU tritt bei einer Wahlkampfveranstaltung der CDU in Berlin-Marzahn auf.
Auf dem Berliner Alexanderplatz fordern Lehrer und Kindergärtnerinnen ihre Qualifikation soll weiterhin anerkannt bleiben und Kündigungsschutz. Erhalt der Kindergärten.
Ein Magdeburger ist das erste männliche Mitglied im Demokratischen Frauenbund Deutschlands.
In der Zentrale des ehemaligen Ministerium für Staatssicherheit in Berlin-Lichtenberg informiert das Bürgerkomitee Normannenstraße über den Stand der Auflösung der Stasizentrale. Bisher sind über 80 Prozent der Mitarbeiter entlassen. Täglich werden 6 bis 700 entlassen. Das Bürgerkomitee schlägt vor, die Akten der Staatssicherheit nicht zu veröffentlichen. Es werden Racheakte befürchtet.
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