So. 20. Mai 1990


Über die Strukturen ärztlicher Versorgung in einem geeinten Deutschland gibt es noch eine Reihe offener Fragen. Dabei geht es nicht nur um die Finanzierung des Gesundheitswesens. Das wurde auf der Hauptversammlung des Verbandes der angestellten und beamteten Ärzte im Marburger Bund in Würzburg deutlich.

Vertreter der DDR-Ärzte forderten auf der Tagung, dass "gute Seiten" des DDR-Systems erhalten bleiben müssten. Dazu zählen sie die öffentlichen Polikliniken, an denen staatlich angestellte Mediziner unterschiedlicher Fachrichtungen Patienten unentgeltlich behandeln. Diese dürften eben sowenig aufgelöst werden wie der betriebsärztliche Dienst, der viel weiter reicht als arbeitsmedizinische Tätigkeit in der Bundesrepublik. So beraten und behandeln Betriebsärzte in der DDR die Mitarbeiter und deren Familien oft wie Hausärzte. In der Bundesrepublik versehen sie dagegen nur Aufgaben des Gesundheitsschutzes, der Aufklärung und Vorbeugung; behandeln dürfen sie nicht.

Die bundesdeutschen Ärzteverbände sehen die Forderungen zumindest mit großer Skepsis. Sie haben zwar eine Übergangsregelung vorgeschlagen, damit die jetzt in diesen Einrichtungen der DDR tätigen Ärzte nicht arbeitslos werden. Es wird aber doch stark bezweifelt, dass die genannten Elemente aus dem DDR-Gesundheitswesen in ein gesamtdeutsches System zu integrieren wären. Viele sehen das auch keineswegs als wünschenswert an.
(Neue Zeit, Mo. 21.05.1990)

Am heute beginnenden 14. Ordentliche Bundeskongress des DGB in Hamburg nehmen auf Einladung des DGB Repräsentanten von 20 Gewerkschaften aus der DDR als Gäste teil.

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