Mo. 6. August 1990

• • Die CDU/DA-Fraktion will einen Antrag auf Beitritt der DDR zur BRD zum 14.10. stellen

    • Berlin. ADN/dpa/AP/BZ Die CDU/DA-Fraktion wird morgen [08.08.] in der Sondersitzung der Volkskammer den Antrag stellen, die Verfassungsorgane der Bundesrepublik zu bitten, die Wahlen zum gesamtdeutschen Parlament am 14. Oktober durchzusetzen. Das teilte die Fraktion gestern [06.08] in einer Presseerklärung mit.

      Nach Auffassung der Fraktion von CDU und Demokratischem Aufbruch seien die Voraussetzungen für den Beitritt der DDR im September mit der Verabschiedung des Einigungsvertrages erfüllt.

      Der Vorsitzende der Volkskammerfraktion Die Liberalen, Prof. Dr. Rainer Ortleb, hat unterdessen mitgeteilt, dass er der Oppositionsfraktion Die Liberalen empfehlen werde, dem Antrag zuzustimmen.

      Gestern hatte DSU-Partei- und Fraktionsvorsitzender Prof. Hansjoachim Walther einen Beitrittsantrag seiner Volkskammerfraktion für die Sondersitzung des DDR-Parlaments angekündigt. Der Beitritt müsse angesichts der kritischen Lage in der DDR noch im August erklärt werden.

      Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Karl-August Kamilli sorgte am gleichen Tag in Berlin mit der Bemerkung, er sei dafür, dass seine Partei die Regierungskoalition sofort verlasse, für Aufregung. Kamilli meinte, er stehe mit seiner Meinung im Vorstand nicht allein. Das Präsidium sei seiner Ansicht nach sogar mehrheitlich dafür, jetzt aus der Koalition auszutreten. Die Stimmung in der Fraktion sei jedoch unklar. Er werde der Fraktion heute auf jeden Fall vorschlagen, den Austritt zu beschließen und den Beitritt der DDR an die Unterzeichnung des Einigungsvertrages zu koppeln. Eine Beitrittserklärung könne er sich schon morgen auf der Volkskammer-Sondersitzung vorstellen.

      Auch nach Meinung des Ministers im Amte des DDR-Premiers, Klaus Reichenbach (CDU), könne wegen zu großer Differenzen die Koalition unter den jetzigen Verhältnissen nicht aufrechterhalten werden. Er machte in gleichem Atemzug auf die ernste wirtschaftliche Situation der DDR aufmerksam. Das Loch im Haushalt sei riesengroß, der Geldkreislauf zusammengebrochen. Die Kunden hätten kein Geld, um die Waren zu bezahlen. Einen Beitritt der DDR zur Bundesrepublik wünsche er sich "lieber vorgestern als morgen". Es gebe gegen diesen Schritt keine sachlichen Bedenken mehr, "auch nicht beim Ministerpräsidenten".

      Die stellvertretende Regierungssprecherin Dr. Angela Merkel wies jedoch die Möglichkeit eines Beitritts der DDR zur BRD noch in dieser Woche zurück. Der Einigungsvertrag sei noch nicht unterschriftsreif.

      Bei einem Spitzentreffen in Bonn will Bundeskanzler Helmut Kohl heute die SPD doch noch für gesamtdeutsche Wahlen am 14. Oktober gewinnen. Allerdings lehnten führende Sozialdemokraten auch gestern die dafür nötige Grundgesetzänderung erneut kategorisch ab. Regierungssprecher Dieter Vogel erklärte, er sehe keine Kompromissmöglichkeit zwischen den Positionen Kohls und der SPD.

      Kanzlerkandidat Oskar Lafontaine und zahlreiche andere SPD-Politiker sprachen sich für einen schnellen Beitritt der DDR zur Bundesrepublik aus, um der dortigen Krise Herr zu werden. Dafür seien jetzt Konzepte und keine Diskussionen um Wahltermine erforderlich, unterstrichen sie.
      (Berliner Zeitung, Di. 07.08.1990)

  • Die Beschäftigte in den Kali-Gruben im Südharz-Revier nehmen ihre Arbeit wieder auf

    • Bleicherode. dpa/BZ Die 12 000 Beschäftigten der sechs von der Schließung bedrohten Kali-Gruben im DDR-Südharz-Revier haben gestern wieder ihre Arbeit aufgenommen. Am Vortag war von Vertretern der DDR-Regierung die Erarbeitung von Strukturhilfen für den Südharz zugesagt wurde. Nach Angaben der Betrieblichen Gewerkschaftsleitung (BGL) der Kaligrube Bleicherode soll eine Kommission aus Regierungs- und Bergarbeitervertretern heute Beratungen aufnehmen, um ein Konzept für die wirtschaftliche Umgestaltung des Südharz-Reviers zu erarbeiten.
      (Berliner Zeitung, Di. 07.08.1990)

  • Protestkundgebung zum Erhalt der Arbeitsplätze bei der Wismut

    • Chemnitz (ADN) Den Erhalt der Arbeitsplätze und bessere Tarife forderten am Montag in Chemnitz vor dem Gebäude der Generaldirektion der SDAG Wismut rund 400 Abgesandte aus thüringischen Bergbaubetrieben sowie aus anderen Bereichen des Uran-Unternehmens mit einer Protestkundgebung. "Die Entscheidung darüber, ob unsere Arbeitsplätze gesichert werden, betrachten wir als Prüfstein für die bevorstehenden gesamtdeutschen Wahlen", erklärte Dieter May, Vorsitzender des geschäftsführenden Vorstandes der Industriegewerkschaft Wismut.
      (Tribüne, Di. 07.08.1990)

  • DIHT gesamtdeutsch

    • Der Deutsche Industrie- und Handelstag (DIHT) vertritt als gesamtdeutsche Spitzenorganisation künftig auch die Interessen der Industrie- und Handelskammern (IHK) der DDR. Wie der DIHT mit seinen 69 bundesdeutschen IHK am Montag in Bonn mitteilte, beschloss seine Vollversammlung die Aufnahme der Kammern in den 14 Bezirken der DDR. Die Ostberliner IHK wird mit der in Westberlin zusammengelegt. Die meisten DDR-Kammern haben bereits Aufnahmeanträge gestellt.

      Der DIHT hat in Ostberlin eine Verbindungsstelle eingerichtet. Schwerpunkt der Zusammenarbeit ist gegenwärtig die Unterstützung der Berufsausbildung und -weiterbildung, teilte DIHT-Hauptgeschäftsführer Franz Schoser mit.
      (Deutsches Landblatt, Di. 07.08.1990)

  • Treffen der Außenminister Markus Meckel und Hans-Dietrich Genscher

    • Berlin (ADN). Allgemeine Fragen und spezifische Aufgaben der Außenministerien der BRD und der DDR im deutschen Vereinigungsprozess erörterten Hans-Dietrich Genscher und Markus Meckel. Der ausführliche Meinungsaustausch beider Außenminister fand, wie das MfAA der DDR weiter mitteilt, am Montag am Urlaubsort Genschers, in Bad Reichenhall, statt. Bei den mehrstündigen Gesprächen hätten auch die äußeren Aspekte der deutschen Einigung im Rahmen der 2+4-Verhandlungen eine Rolle gespielt.
      (Neues Deutschland, Di. 07.08.1990)

  • Die Visapflicht zwischen der DDR und Malta ist aufgehoben

    • Berlin (ADN). Die Visapflicht zwischen der DDR und Malta ist mit sofortiger Wirkung bei Aufenthalten bis zu drei Monaten aufgehoben. Wie das DDR-Außenministerium am Montag mitteilte, gilt diese Regelung für Inhaber von Reise-, Dienst- und Diplomatenpässen.
      (Neues Deutschland, Di. 07.08.1990)

Berlin (ADN/ND). Die sowjetischen Streitkräfte in der DDR werden nach Auskunft von Egon Bahr (SPD) ihre Übungsflüge vor allem in den Nächten künftig einschränken. Gegenüber dem BERLINER RUNDFUNK sagte der Berater des DDR-Abrüstungs- und Verteidigungsministers am Montag, es werde in nächster Zeit zu einer spürbaren Reduzierung der Lärmbelästigungen kommen.

Im übrigen - so Bahr - sei er der Auffassung, dass die sowjetischen Streitkräfte in der DDR nicht mehr Rechte und Pflichten haben sollten als fremde Truppen in der Bundesrepublik. Zur Zeit staue sich durch die Anwesenheit der Soldaten ein Konfliktpotential an, das es schnell zu lösen gelte. Man wolle nicht, dass das gute Verhältnis zur UdSSR durch diese Probleme getrübt werde.
(Neues Deutschland, Di. 07.08.1990)

Berlin. dpa/BZ Seit der Wende in der DDR sind 73 von 199 Generälen der Nationalen Volksarmee (NVA) in den Ruhestand versetzt worden. Diese Zahl nannte der Staatssekretär für Abrüstung, Frank Marczmek. Er sprach sich dafür aus, künftig nur solche Berufssoldaten zu übernehmen, die bereit seien, "in einer demokratischen Armee ihre Aufgaben zu erfüllen". Für NVA-Soldaten, so der Staatssekretär, seien umfangreiche Umschulungsprogramme erarbeitet worden. In den NVA-Einrichtungen gebe es dafür etwa 2 250 Plätze, an den DDR-Universitäten weitere 1 000. Außerdem werde in Zusammenarbeit mit der Wirtschaft versucht, Offizieren neue Beschäftigungsmöglichkeiten zu eröffnen. Rund 1 600 Arbeitsplätze stünden bereits in Aussicht.
(Berliner Zeitung, Di. 07.08.1990)

Eine Selbsthilfe-Handelsgenossenschaft hat sich in Berlin gründet. Ziel der Vereinigung ist es, Agrarprodukte direkt aus der Landwirtschaft zu beziehen.
(Neues Deutschland, Di. 07.08.1990)

DFF II übernimmt ab heute Montags Spiegel-TV und Freitags ab dem 10. Stern-TV.

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