Di. 7. August 1990

• • In der BRD ereicht die Zahl der Beschäftigten einen Höchststand
    In der DDR Verdoppelung der Arbeitslosenzahl binnen Monatsfrist

    • Berlin – Petra Wache Während in der BRD infolge der durch Wirtschafts- und Währungsunion gestärkten Konjunktur die Zahl der Beschäftigten einen Höchststand erreicht, markiert in der DDR eine Verdoppelung der Arbeitslosenzahl binnen Monatsfrist den Anfang eines dicken Endes.

      Wie die Zentrale Arbeitsverwaltung gestern in Berlin vor den Medien mitteilte, waren Ende Juli rund 272 000 Arbeitslose registriert, was im Verhältnis zu den Erwerbstätigen eine Quote von 3,1 Prozent ergibt. Berlin liegt mit einer Arbeitslosenquote von vier Prozent bei 28 790 registrierten Erwerbslosen über dem Landesdurchschnitt.

      Bereits jetzt sind laut Arbeitsverwaltung bis Jahresende 190 000 weitere Entlassungen angekündigt. Diese Zahl wird rasch weiter steigen, verstärkt auch aus dem Heer der Kurzarbeiter. Derzeit arbeiten rund 656 000 Beschäftigte in rund 6 000 Betrieben verkürzt, Anmeldungen auf Kurzarbeit liegen aber schon für 847 000 Arbeitnehmer vor. Berechnet nach der tatsächlich anfallenden Arbeit stünde bei Vollbeschäftigung knapp die Hälfte der jetzigen Kurzarbeiter ebenfalls auf der Straße.

      Schlechte Nachricht für Wirtschaftsminister Pohl, der unlängst vollmundig allen Schulabgängern einen Ausbildungsplatz garantierte. Zum Erfassungstag 24. Juli standen rund 9 000 noch nicht vermittelten Bewerbern nur noch 1 600 Ausbildungsstellen gegenüber. Verstärkt lösen außerdem Arbeitgeber Lehrverträge, im Juli in 10 000 Fällen. Der Anteil der jugendlichen Arbeitslosen ist im Juli auf 20 Prozent gestiegen.

      Entspannung hingegen auf dem bundesdeutschen Arbeitsmarkt. Mit 28,4 Millionen Beschäftigten wurde im Juni ein absoluter Rekord in der Geschichte der BRD erreicht. Zwar liegen die durchschnittlichen Arbeitslosenquoten mit 7,1 Prozent in der BRD und 8,9 Prozent in Westberlin noch weit höher als in der DDR Im Jahresvergleich sind sie aber beide gesunken, die Arbeitslosigkeit ist also absolut zurückgegangen. Nach Einschätzung der Industriekreditbank Düsseldorf könnten durch die zusätzlichen Konjunkturimpulse aus der DDR rund 600 000 neue Arbeitsplätze in der BRD entstehen. Also, Go West?!
      (Berliner Zeitung, Mi. 08.08.1990)

  • Ausbildungsfonds DDR gefordert

    • Einen Fonds zur Finanzierung der Berufsbildung in der DDR hat die IG Metall gefordert. Der Vorschlag ist Teil eines 12-Punkte-Sofortprogramms, über das IG-Metall-Vorstandsmitglied Karlheinz Hiesinger auf einer Pressekonferenz in Berlin informierte. Faktisch über Nacht habe die Volkskammer ein neues Berufsausbildungssystem für die DDR beschlossen, das dem der BRD gleichkommt. Die Einführung eines dualen Berufsbildungssystems (zwei Lernorte: Berufsschule und Betrieb) in der DDR zum 1. September werde beträchtliche Kosten verursachen, betonte der Gewerkschaftsvertreter. Aus dem vorgeschlagenen "Ausbildungsfonds DDR" solle unter anderem die Berufsausbildung arbeitsloser Jugendlicher in Schulen oder Bildungszentren der DDR finanziert werden. Die Mittel für den Fonds sollten von den Arbeitgebern, in der DDR und der Bundesrepublik und den beiden deutschen Regierungen aufgebracht werden. An der Fondsverwaltung müssten auch die künftigen DDR-Länder und die Arbeitnehmer beteiligt werden.

      Laut Hiesinger wird für die 320 000 Lehrlinge in der DDR zum 1. September eine radikale Umstellung der Berufsbildungsstruktur notwendig. So müsse sich die Ausbildung der Jugendlichen nach den im bundesdeutschen Berufsbildungsgesetz neu geordneten Berufsbildern richten. Auf die neuen Ausbildungsverordnungen seien aber weder die Betriebe noch die 720 Berufsschulen vorbereitet. Etwa 50 000 Jugendliche lernten zur Zeit in Berufsschulräumen, die unbrauchbar seien oder schwere bauliche Mängel hätten. Außerdem müssten rund 17 000 Berufsschullehrer, 30 000 Ausbilder, annähernd 6 000 Erzieher in Lehrlingswohnheimen und 4 300 hauptberufliche Lehrkräfte in der Erwachsenenbildung in die neuen Lehrinhalte eingewiesen werden. Deshalb wird vorgeschlagen, dass die Bildungseinrichtungen der Wirtschaft und des DGB dafür ein gemeinsames Programm entwickeln. Ausgebaut werden müsse besonders die Ausbildung im kaufmännisch-verwaltenden Bereich.

      Das IG-Metall-Vorstandsmitglied forderte die DDR-Arbeitgeber auf, die Ausbildungsvergütung schrittweise anzuheben. Bereits abgeschlossene Ausbildungsverträge durften von den Arbeitgebern nicht länger mit dem Hinweis auf die schlechte wirtschaftliche Lage gekündigt worden. sagte Hiesinger. Auf Fragen von Pressevertretern teilte er mit, dass nach gewerkschaftlichen Schätzungen etwa 30 000 Schulabgänger ab September keine Lehrstelle haben werden. Die Kündigung von Lehrverträgen ist nach seinen Worten "der eigentliche Skandal", das mache in der BRD kein Betrieb. Betroffen seien davon unter anderem Dienstleistungssektor, Gastronomie. Landwirtschaft und Leichtindustrie. So ist allein in den ersten drei Juliwochen 5 000 jungen Leuten gekündigt worden. Die Arbeitgeber müssten "Rechtsstaatlichkeit und Vertragstreue“ in der Berufsbildung wieder beachten. Auch den Jugendlichen in der DDR empfahl Hiesinger dringend, abgeschlossene Ausbildungsverträge nicht zu kündigen, um etwa in der Bundesrepublik auf Arbeitsuche zu gehen. Ohne eine qualifizierte Ausbildung hätten Jugendliche langfristig auch in der Bundesrepublik keine Berufsperspektive.

      Mit Hilfe der neugewählten Betriebsräte und Aufsichtsräte werde die IG Metall in allen Betrieben der DDR darauf drängen, dass die Geschäftsleitungen den Stellenwert und die Bedeutung der beruflichen Bildung erkennen und entsprechend handeln. Alle Möglichkeiten, die Betriebsräte nach den Tarifverträgen und dem Betriebsverfassungsgesetz haben, werden dabei genutzt, heißt es.

      Um Jugendarbeitslosigkeit bereits zu Beginn des Berufslebens für die 200 000 Bewerber des Jahrgangs '90 zu verhindern, sind gezielte Berufsangebote durch den Staat zu entwickeln. Diese sind bis zum 1. September - 1990 für alle arbeitslosen Jugendlichen bereitzustellen, wird in dem 12-Punkte-Papier betont. Gleichzeitig wird die Festschreibung der zehnjährigen Schulpflicht für alle Jugendlichen in der DDR als wichtiger notwendiger Beitrag zur Bekämpfung von Jugendarbeitslosigkeit Abgänger aus der 8. Klasse des DDR-Schulsystems hätten nur geringe Chancen, überhaupt einen Ausbildungsplatz zu erhalten. Ausdrücklich plädiert die IG Metall für die Übernahme der Berufsausbildung mit Abitur in das Bildungssystem des "neuen Deutschlands". Abschließend verlangt die Gewerkschaft in dem Programm, das für fünf bis sechs Jahre ausgelegt ist, das Recht auf berufliche Ausbildung verfassungsrechtlich zu sichern.
      BÄRBEL GRIMM
      (Neues Deutschland, Mi. 08.081990)

  • DGB DDR-Betrieben alle Schulden erlassen

    • Düsseldorf (NZ/dpa). Angesichts der steigenden Arbeitslosenzahlen in der DDR hat der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) die Bundesregierung aufgefordert, den DDR-Betrieben alle Schulden zu erlassen und damit das Investitionsklima entscheidend zu verbessern. DGB-Vorstandsmitglied Michael Geuenich erklärte gestern in Düsseldorf, unter diesen Bedingungen werde die Übernahme und die Sanierung von DDR-Betrieben für die bundesdeutsche Wirtschaft attraktiv, und die Wirtschaft in der DDR könne endlich in Schwung kommen. Bisher ist von Bonn nur eine 50prozentige Teilentschuldung der Betriebe vorgesehen. Die Zahl von heute fast einer Million Menschen ohne Vollzeitarbeitsplatz in der DDR erforderte nach den Worten von Geuenich ganz dringend mehr private Investitionen. Ein entscheidendes Hemmnis für Investitionen sei auch die Unklarheit über die künftigen Eigentumsverhältnisse. Hier müsse die Bundesregierung klar erklären, dass sie keine Wiederherstellung früherer Eigentumsrechte anstrebe, sondern eine "maßvolle Entschädigung" einleiten werde.
      (Neue Zeit, Mi. 08.08.1990)

  • Über 1 000 Kündigung bis zum 31. August beim Rundfunk
    Ab 23.08. Regionalprogramme

    • Berlin. BZ - Dr. Volker Müller Aus dem Rundfunkhaus in der Nalepastraße erreichte uns gestern eine dramatische Nachricht. Für über 1 000 Rundfunkkollegen soll bis zum 31. August die Kündigung ausgesprochen werden.

      Darüber hinaus wurde vom Generalintendanten für sämtliche journalistischen und technischen Mitarbeiter aller Sender in Berlin ab 1. September 1990 Kurzarbeit angeordnet.

      Generalintendant Manfred Klein begründete gestern Abend gegenüber BZ diese Schritte mit der finanziellen Notlage des DDR-Rundfunks. Man gehe sie "mit großem Bedauern", und sie beträfen "von der Generalintendanz bis zum Pförtner" alle Kollegen. Nachdem die unumgängliche Erhöhung der Rundfunkgebühren seitens der Regierung verschleppt worden sei, sehe man bei einem Haushaltsdefizit von 14,5 Millionen D-Mark keinen anderen Ausweg mehr. "Wir sind unverschuldet in diese Lage gekommen, finden von nirgendwo Unterstützung", erklärte Manfred Klein. "Die Verantwortung trägt der Staat."

      "Wir geben nicht freiwillig auf, unsere Sender zu erhalten", versicherte unserer Redaktion auch die BGL-Vorsitzende Erdmute Weiß. Die Mehrheit der Kollegen fürchte, dass nach mehrfachen Anläufen nun der DDR-Rundfunk "mit dem Argument fehlenden Geldes erwürgt werden soll". Wenn die Gewerkschaftsleitung diesen Notmaßnahmen in ihrer heutigen Sitzung zustimmen sollte, weil sonst ab Oktober kein Lohn mehr gezahlt werden könnte, so geschehe dies unter der ausdrücklichen Bedingung, dass der Rundfunkstandort Nalepastraße erhalten bleibt.
      (Berliner Zeitung, Mi. 08.08.1990)

      Am 23. August fällt der Startschuss: Die Regionalprogramme des DFF beginnen, vorerst halbstündlich, zu senden. Publizistik, insbesondere im Hinblick auf die ersten gesamtdeutschen Wahlen, steht zunächst im Vordergrund. Mit der geplanten Erweiterung des zeitlichen Angebots wird dann die Palette breiter.

      Pläne gibt es viele. Aber: Wie funktioniert die Finanzierung? Eine klärende Antwort konnte dazu auf der gestrigen Pressekonferenz zur Zukunft Adlershofs und der Landessender nicht gegeben werden.
      (Junge Welt, Mi. 08.08.1990)

  • Forderungen von Zivilangestellte und Soldaten der NVA

    • Schluss mit dem rechtlosen Zustand! Dieser Forderung verliehen Zivilangestellte, Soldaten und Vertreter der ÖTV auf einer Veranstaltung der Gewerkschaft der Zivilbeschäftigte der NVA und der Armeeangehörigen in Prora Nachdruck. Der Status der Arbeitnehmer in den Streitkräften müsse im zweiten Staatsvertrag durch die Übernahme der Wehrverfassung der BRD für die Länder der DDR festgeschrieben werden.

      Die Demonstranten forderten von der Regierung, dass sie nicht zu Objekten von Spekulation werden, sondern als Staatsbürger ihre Rechte auf demokratische Mitbestimmung und Mitgestaltung wahrnehmen können. Dazu gehörten klare Aussagen zur Perspektive für Soldaten und Zivilbeschäftigte. Mit Konversion und Strukturveränderungen im Zusammenhang stehende Umschulungen und Überleitungen in eine zumutbare Tätigkeit sollten noch während der Zugehörigkeit zu den Streitkräften erfolgen.

      Alle Regelungen zur sozialen Abfederung der ausscheidenden Zivilbeschäftigten und Soldaten sind ebenso wie die anderen Forderungen im Zusammenhang mit dem Staatsvertrag festzuschreiben, unterstrichen die Beteiligten in Prora.
      (Tribüne, Mi. 08.08.1990)

  • SPD Beitritt der DDR am 15.09. gesamtdeutsche Wahlen im Dezember
    CDU Beitritt der DDR und gesamtdeutsche Wahlen am 14.10.

    • Der SPD-Fraktionsvorstand hat sich am Dienstagvormittag in Berlin auf eine Trennung von Beitritts- und Wahltermin geeinigt. Der Beitritt der DDR zum Bonner Grundgesetz wird für den 15. September befürwortet. Die gesamtdeutschen Wahlen sollten jedoch erst im Dezember stattfinden. Das erklärte SPD-Praktions-Chef Richard Schröder nach der Fraktionsvorstandssitzung.

      Erst müssten wichtige Fragen geklärt sein. Die Zwei-plus-Vier-Verhandlungen und der Einigungsvertrag würden Mitte September so weit sein, dass dann der DDR-Beitritt vollzogen werden könnte. In dieser Einschätzung stimmten der Fraktions-Chef und Parteivorsitzende Wolfgang Thierse überein. Die vorgezogenen gesamtdeutschen Wahlen konnten keine Wunder vollbringen. Jedoch könnten so Thierse, mit dem früheren Beitrittstermin eine Erleichterung bei den gravierenden wirtschaftlichen und sozialen Problemen des Landen erreicht werden. Die SPD habe Interesse daran, dass es zu einem Einigungsvertrag und nicht zu einem Überleitungsgesetz kommt, meinte Schröder. Die Bevölkerung erwarte eine ordentliche Regelung der Vermögensfragen. Man müsse dieses so lösen, dass die Bürger nicht die Opfer sind.

      Zu den Vorwürfen von CDU/DA-Fraktionschef Günther Krause, die SPD wisse nicht was sie wolle, meinte Thierse, mit dem Vorschlag de Maizières habe nicht die SPD, sondern die CDU eine Kehrtwendung von 180 Grad vollzogen. De Maizière habe seine eigenen Bedingungen ad absurdum geführt. Thierse erklärte weiter, Herr Kohl und die Bundesregierung hätten die Situation nicht im Griff. Auch die DDR-CDU habe bei der Abfassung des Staatsvertrages die Lage nicht richtig eingeschätzt.

      Die DDR-CDU hat sich indessen "klar für gesamtdeutsche Wahlen am 14. Oktober ausgesprochen". Wie CDU-Pressesprecher, Helmut Lück, am Dienstag nach einer turnusmäßigen Präsidiumssitzung in Berlin erklärte, gehören Wahl und Beitritt nch Auffassung der CDU zusammen.
      (Tribüne, Mi. 08.08.1990)

      Käte Woltemath tritt in der Nacht zum Mittwoch als Ehrenmitglied des SPD-Vorstandes zurück.

  • Grünbunte Alternative

    • Berlin. BZ - B. Urbanski Mit dem Ziel, eine grünbunte Alternative zu "Deutschland, Deutschland über alles" zu bilden, will das Wahlbündnis "Die Grünen/Bündnis 90" zu den bevorstehenden gesamtdeutschen Wahlen antreten.

      Darüber informierten Vertreter der in der Listenverbindung vertretenen politischen Organisationen und Parteien der DDR und der Bundesrepublik gestern auf einer Pressekonferenz im Berliner Haus der Demokratie.

      Die Kräfte des Herbstes 89 in der DDR - Neues Forum, Demokratie Jetzt, Initiative Frieden und Menschenrechte, die Grüne Partei, der Unabhängige Frauenverband und die Vereinigte Linke - hatten dies bereits am Sonntag gemeinsam mit den Grünen der BRD beschlossen, das Neue Forum jedoch die Vereinbarung noch nicht unterzeichnet, da hier die Landesverbände basisdemokratisch über das Bündnis entscheiden sollen. Angestrebt wird, allen DDR-Gruppierungen nach Möglichkeit mindestens einen sicheren Listenplatz entsprechend den länderspezifischen Konstellationen zuzuweisen.

      Einen auf den 14. Oktober vorgezogenen Wahltermin lehnen die am Bündnis beteiligten Gruppierungen ab - außer der Bürgerbewegung Demokratie Jetzt, die für vorgezogene Wahlen plädierte. Gleichermaßen unterschiedlich die Position zur PDS, die von klarer Ablehnung bis zu differenzierterer Betrachtung reichte. Einig war man sich jedoch, dass die Mitarbeit des Unabhängigen Bauernverbandes erwünscht sei.
      (Berliner Zeitung, Mi. 08.08.1990)

  • Die Republikaner dürfen bei der gesamtdeutschen Wahl kandidieren

    • Bonn. ADN/BZ Die Republikaner werden bei der gesamtdeutschen Wahl auch auf dem Gebiet der DDR kandidieren dürfen. Das von der DDR-Volkskammer am 5. Februar beschlossene Betätigungsverbot für die rechtsradikale Partei ist nicht mit Artikel 5 des Wahlvertrages vereinbar, nachdem alle nicht vom Bundesverfassungsgericht oder vom Obersten DDR-Gericht verbotenen Parteien bei der Vorbereitung der Wahl volle Betätigungsfreiheit genießen. Das geht aus einer "Denkschrift" hervor, die gestern in Bonn als Anlage zum Gesetz über die Ratifizierung des Staatsvertrages zur Durchführung der Wahl veröffentlicht wurde.
      (Berliner Zeitung, Mi. 08.08.1990)

  • Das Zentralinstitut für Bibliothekswesen und das Deutsche Bibliotheksinstitut vereinbaren eine Zusammenarbeit

    • Das Zentralinstitut für Bibliothekswesen (ZIB) in Ostberlin und das Deutsche Bibliotheksinstitut (DBI) in Westberlin haben jetzt eine verbindliche Zusammenarbeit vereinbart. Zunächst gelte es, den drohenden Abbau von DDR-Bibliotheken aufzuhalten, angebotene Finanzierungs- und Hilfsprogramme zu koordinieren und bei der Angleichung der Strukturen und Leistungsstandards der Bibliotheken wirksam zu werden.
      (Berliner Zeitung, Mi. 08.08.1990)

  • Ostberliner Krippen und Kindergärten soll auch für Kinder aus Westberlin zugänglich werden

    • Berlin. BZ – Andreas Förster Ab 1. September werden in Ostberliner Krippen und Kindergärten auch Kinder aus dem Westteil der Stadt betreut. Einen entsprechenden Beschluss fassten gestern Magistrat und Senat auf ihrer gemeinsamen Sitzung im Roten Rathaus.

      Die Vereinbarung gilt zunächst bis Jahresende und umfasst maximal 1 000 Plätze in nicht ausgelasteten Kindereinrichtungen grenznaher Wohngebiete. Für die entstehenden Kosten zahlt der Senat dem Magistrat eine Pauschale von knapp zwei Millionen DM. Beschlossen wurde auch, im künftigen Land Berlin die bisher in der DDR bestehende Fristenregelung beim Schwangerschaftsabbruch zu übernehmen. "Bürgerfreundlichen Wohnungsämtern" galt ein anderer Beschluss. In den Ostberliner Stadtbezirken sollen sie zur Kontrolle der Mietpreisvorschriften, der Erteilung von Wohnberechtigungsscheinen, der Zahlung von Wohngeld eingerichtet werden.
      (Berliner Zeitung, Mi. 08.08.1990)

Berlin (ADN/ND). Rund 70 000 Soldaten und Offiziere der NVA sollten nach Auffassung des Verbandes der Berufssoldaten der DDR e. V. (VBS) in eine gesamtdeutsche Armee eingebracht werden. Wie am Dienstag auf einer Pressekonferenz des Verbandes mitgeteilt wurde, tritt der VBS außerdem dafür ein, dass die Territorialstreitkräfte nach der Vereinigung auf dem Gebiet der ehemaligen DDR künftig nicht der NATO unterstellt werden.

Oberst Eckhard Nickel, Vorsitzender der 46 000 Mitglieder zählenden Organisation, erklärte. die Lage in den DDR-Streitkräften sei durch eine zunehmende Verunsicherung gekennzeichnet. Es fehle ein klares Bekenntnis des Ministerpräsidenten und der Regierung der DDR zur Zukunft der Armeeangehörigen. Diffizile Fragen wie Sicherheits- und Militärpolitik seien nicht konzeptionell vorbereitet. Er sprach von einem "fast aufgebrauchten Vertrauenskredit" des Abrüstungs- und Verteidigungsministers Eppelmann.

Nickel teilte mit, dass in absehbarer Zeit der VBS und der Deutsche Bundeswehrverband vereint werden sollen. Ziel sei es, die Interessen von NVA- und Bundeswehrangehörigen gleichermaßen zu wahren. Alle Maßnahmen, die bei der deutschen Vereinigung auf militärischem Gebiet sowie der Abrüstung und Konversion notwendig sind, müssten für die betroffenen Menschen sozial verträglich erfolgen. Die NVA habe überdies einiges in die Einheit einzubringen. Gerade sie könnte dazu beitragen, eine Brücke zu den osteuropäischen Armeen zu schlagen.
(Neues Deutschland, Mi. 08.08.1990)

Moskau. ADN/BZ Die Sowjetunion ziehe nach Abschluss einer sogenannten Übergangsperiode von drei bis vier Jahren ihre Truppen aus Deutschland restlos ab, erklärte der Generalstabschef der Streitkräfte der UdSSR, Armeegeneral Michail Moissejew, gestern gegenüber TASS. Damit werde sich die strategische Lage der UdSSR komplizieren, da die NATO-Grenze faktisch an der Oder verläuft. Zum derzeitigen Zeitpunkt wäre es verfrüht, davon zu sprechen, dass die Kriegsgefahr für die Sowjetunion beseitigt sei. Da auf dem Territorium Deutschlands eine mächtige Truppengruppierung der NATO weiterbestehe, deren auf dem Ersteinsatz von Kernwaffen basierenden Doktrinen und Konzeptionen einstweilen unverändert blieben, könne es dem sowjetischen Volk nicht gleichgültig sein, welchen Kurs das vereinigte Deutschland in Zukunft einschlagen wird.
(Berliner Zeitung, Mi. 08.08.1990)

Der Förderkreis "Wirtschaft in Schwerin" wird gegründet.

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