So. 26. August 1990

• • Landesfachgruppe Berlin-Brandenburg in der IG Medien gegründet

    • Journalisten aus West und Ost haben am vergangenen Wochenende eine gemeinsame Landesfachgruppe Berlin-Brandenburg in der Industriegewerkschaft Medien gegründet. Scharf kritisiert wurde das bisherige Tarifangebot der DDR-Verlegerverbände, den Redakteuren und Angestellten künftig 40 Prozent der bundesdeutschen Tarifgehälter zu zahlen. Dies sei "elend niedrig und sozial nicht vertretbar", heißt es in einer Erklärung der Gruppe. Zur Unterstützung der laufenden Tarifverhandlungen für das Gebiet der DDR setzten sich die Teilnehmer der Versammlung für "solidarische Aktionen bis hin zu Mitteln des Arbeitskampfes aller IG-Medien-Mitglieder in Ost und West" ein.
      ADN/BZ
      (Berliner Zeitung, Mo. 27.08.1990)

      Berlin (West) (ADN). Journalisten aus West und Ost haben eine gemeinsame Landesfachgruppe Berlin-Brandenburg innerhalb der Industriegewerkschaft Medien gegründet. Bei der konstituierenden Sitzung an diesem Wochenende in Westberlin wurde das bisherige Angebot der DDR-Verlegerverbände, künftig 40 Prozent der bundesdeutschen Tarifgehälter zu zahlen als sozial nicht vertretbar scharf zurückgewiesen. Der vorläufige Vorstand der Landesfachgruppe ist paritätisch mit Vertretern aus Ost und West besetzt. Zum Vorsitzenden wurde Klaus Klöppel, freiberuflicher Journalist aus Westberlin, gewählt. Stellvertreter sind Karin Wenk (Neues Deutschland) und Dietmar Henker (Berliner Zeitung).
      (Neues Deutschland, Mo. 27.078.1990)

  • SPD-Landesparteitag in Neubrandenburg

    • Der schleswig-holsteinische Justizminister Dr. Klaus Klingner ist nun endgültig SPD-Spitzenkandidat für das Amt des Ministerpräsidenten von Mecklenburg-Vorpommern. Der SPD-Landesparteitag in Neubrandenburg bestätigte ihn am Sonntag mit 74 von 82 Stimmen. Klingner war einziger Kandidat für den ersten Listenplatz.

      In seiner Rede vor den Delegierten, die unter dem Slogan „Aufräumen und aufbauen stand, setzte sich der SPD-Politiker für gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Teilen Deutschlands ein. Seine Partei bezeichnete er als Anwalt der Mecklenburger und Vorpommern für eine gerechte Finanzausstattung "gegen das CDU-Finanzdiktat."

      Der Landesparteitag hatte am Vortag ein Wahlprogramm beschlossen, das sich nach Meinung des SPD-Landesvorsitzenden Dr. Harald Ringstorff "hart an den Problemen der Menschen" orientiert. In dem Papier setzt sich die Partei unter anderem dafür ein, dass der ökonomisch notwendige Strukturwandel "sozial verträglich, das heißt über Zeiträume gestreckt und finanziell abgefedert" erfolgen müsse. In einem speziellen Agrarprogramm fordert der Parteitag einen Anpassungszeitraum in der Landwirtschaft von mindestens drei bis fünf Jahren.
      (Neue Zeit, Mo. 27.08.1990)

  • 2. Landesparteitag der Grünen Partei Brandenburg

    • Zu den brandenburgischen Landtagswahlen wird es kein Zusammengehen zwischen dem Bündnis 90 und der Grünen Partei geben. Das beschlossen am Sonntag die Delegierten des 2. Landesparteitages der Grünen Partei in Potsdam. Mit 48 zu 11 Stimmen lehnten sie ein letztes Koalitionsangebot des Neuen Forums und von Demokratie Jetzt mit dem Argument organisatorischer und juristischer Undurchführbarkeit ab. Trotzdem wolle man keinen Wahlkampf gegeneinander, hieß es, inhaltlich gebe es keinen Dissens.

      Der Landesverband sprach sich für die Mitgliedschaft im Bundesverband der Grünen aus.
      (Junge Welt, Mo. 27.08.1990)

      Am Wochenende wurden auf dem Landesparteitag der Brandenburger Grünen in Potsdam die Kandidaten zur Landtagswahl gewählt. Spitzenkandidatin der Grünen und damit auch des Wahlbündnisses aus Grünen, Seniorenschutzbund und Unabhängigem Frauenverband ist die Bernauer Ärztin Dr. Christine Weiske. Weiterhin kam es zu einer erneuten Debatte zu den Bündnisfragen mit dem Neuen Forum und Demokratie Jetzt. Die zeitgleich tagenden Vertreter von NF und DJ sprachen sich gegen ein Zusammengehen mit dem Grün-grau-lila-Bündnis aus. Sie wollen zur Landtagswahl unter dem Namen "Bündnis 90" separat antreten. Der Landeswahlausschuss hat am Montag unterdessen bestätigt, dass der Listenname "Bündnis 90" für Neues Forum und Demokratie Jetzt ohne den Zusatz "Grüne" gilt.
      BZ
      (Berliner Zeitung, Mi. 29.08.1990)

  • Fairness-Abkommen in Thüringen unterschrieben

    • Für die Landtags- und die Bundestagswahlen haben die größten in Thüringen beteiligten Parteien und Listenvereinigungen ein Fairness-Abkommen unterschrieben. Damit wollen sie auf Verunglimpfungen und Beleidigungen des politischen Gegners verzichten. Bei der Plakatierung soll umweltbewusst gehandelt und fremdes Eigentum geachtet werden.

      Unterzeichnet wurde die Vereinbarung von der CDU, DSU, FDP, der Linken Liste/PDS, der Listenvereinigung Neues Forum/Grüne/Demokratie Jetzt sowie der SPD.
      (Neue Zeit, Mo. 27.08.1990)

  • Nahezu 800 Anträge auf Rehabilitierung im Bezirk Dresden

    • Nahezu 800 Anträge auf Rehabilitierung politisch Verfolgter wurden beim Staatsanwalt des Bezirkes Dresden seit Herbst 1989 registriert. Die sorgfältige Prüfung und Bearbeitung all dieser Anträge wird, so Bezirksstaatsanwalt Jürgen Schör vor Journalisten, als ein wesentlicher Teil der Vergangenheitsbewältigung mit juristischen Mitteln betrachtet.

      Im Interesse einer möglichst schnellen Klärung besonders gravierender Fälle habe er bereits unmittelbar nach seinem Amtsantritt im Februar veranlasst, dass bei der Überprüfung jedes Antrages auf Rehabilitierung zugleich die Möglichkeit einer Kassation der rechtskräftigen Entscheidung untersucht wird. Drei Kassationsverhandlungen hätten daraufhin vor dem Präsidium des Bezirksgerichtes stattgefunden, und in allen Fällen seien die Urteile aufgehoben, die Angeklagten freigesprochen und materiell entschädigt worden. In sieben .weiteren Fällen, bei denen politisch Andersdenkende bzw. Bürger, die aus der DDR ausreisen wollten, gesetzwidrig kriminalisiert wurden, habe er dem Generalstaatsanwalt Kassationsanträge vorgeschlagen.

      Bezirksstaatsanwalt Schör bedauerte, dass die Verabschiedung des längst überfälligen Rehabilitierungsgesetzes so hinausgezögert wird. Auch wünschte er, dass die Überprüfung der Staatsanwälte rascher vonstatten ginge, um der Gefahr der Rechtsunsicherheit besser zu begegnen.
      CAROLA LAUTERBACH
      (Neues Deutschland, Mo. 27.08.1990)

  • Parteien und Massenorganisationen in der DDR sollen enteignet werden

    • Bonn (ADN). Die Parteien der Bonner Regierungskoalition und die SPD sind sich einig, dass die Grundvermögen der PDS als SED-Nachfolgepartei sowie der früheren "Blockparteien" und der Massenorganisationen in der DDR enteignet werden sollen. In dieser Frage habe es während des Spitzengesprächs der Parteien am Sonntagabend bei Bundeskanzler Helmut Kohl Übereinstimmung gegeben, hieß es am Montag in Bonn.

      FDP-Chef Otto Graf Lambsdorff sagte vor Journalisten, seine Partei unterstütze ebenso wie die SPD das von der DSU in der DDR-Volkskammer vorgelegte "Gesetz zur Enteignung der Grundvermögen von Parteien und Massenorganisationen".

      Nach den Worten des CDU-Generalsekretärs Volker Rühe stehe auch seine Partei hinter dem DSU-Antrag. Scharf wandte sich Graf Lambsdorff gegen den IG-Metall-Vorsitzenden Franz Steinkühler, der sich der pauschalen Enteignungsforderung nicht anschließen wollte.

      Steinkühler hatte darauf hingewiesen, dass dann auch Vermögenswerte der Gewerkschaft aus der Zelt vor 1933 betroffen wären, und die DSU-Initiative als "Ermächtigungsgesetz" bezeichnet.
      (Neues Deutschland, Di. 28.08.1990)

  • Günter Grass Kampagne gegen Christa Wolf ungerecht und schändlich

    • Madrid (ADN). Als "ungerecht und schändlich" hat Günter Grass die Kampagne gegen Christa Wolf bewertet. "Dieselben Leute", sagte Grass in einem Interview für die spanische Zeitung "El Pais", "die sie noch vor ein paar Jahren für ihre behutsame kritische Haltung lobten, ließen sie jetzt ins Vakuum der Ablehnung fallen."

      Grass kritisierte, dass zum Thema deutsche Einheit "derselbe Ton" in der gesamten westdeutschen Presse herrsche. Selbst "Die Zeit" folge dem Regierungskurs. Es sei "dumm und gefährlich zugleich, die wenigen kritischen Stimmen zum Schweigen zu bringen, die bleiben und die ein gewisses Nachdenken, eine gewisse Vorsicht gegenüber diesem beschleunigten Einigungsprozess ausdrücken".
      (Neues Deutschland, Mo. 27.08.1990)

  • EG-Kommissar Martin Bangemann Nach Beitritt müssen die AKWs der DDR voraussichtlich die Produktion einstellen

    • München (ddp). Die Kernkraftwerke in der DDR müssen voraussichtlich die Produktion einstellen, sobald auf dem Gebiet der heutigen DDR mit dem Beitritt am 3. Oktober das EG-Recht Gültigkeit erlangt. Im Bereich des Umweltschutzes sowie bei der Reinhaltung von Luft und Wasser seien längere Übergangsfristen vorgesehen, betonte EG-Kommissar Martin Bangemann (FDP) am Sonntag im Bayerischen Rundfunk weiter. Bei den Sicherheitsvorschriften für Atomkraftwerke soll es nach Bangemanns Worten keine Übergangsfristen und keine Ausnahmen geben.
      (Neue Zeit, Di. 28.08.1990)

  • Bundeskanzler Helmut Kohl gegen Steuererhöhungen zur Finanzierung der deutschen Einheit

    • Gegen Steuererhöhungen zur Finanzierung der deutschen Einheit hat sich erneut Bundeskanzler Helmut Kohl ausgesprochen. Auf der Meisterfeier der Handwerkskammer Dortmund widersprach er damit gestern dem baden-württembergischen Ministerpräsidenten Lothar Späth (CDU), der erklärt hatte, er schließe die Erhöhung von Verbrauchssteuern nicht aus.
      (Berliner Zeitung, Mo. 27.08.1990)

  • Neuer Bildungsgesamtplan für das vereinte Deutschland gefordert

    • Der Vorsitzende des Verbanden Bildung und Erziehung (VBE), Wilhelm Ebert, hat davor gewarnt, Fehlentwicklungen den bundesdeutschen Bildungswesens in die DDR zu importieren. Gemeinsam mit seinem DDR-Kollegen, dem Präsidenten des Allgemeinen Verbandes der Pädagogen, Norbert Siegel, fordert Ebert am Sonntag in einem dpa-Gespräch einen neuen Bildungsgesamtplan für das vereinte Deutschland. Dabei müsse auch die weitere europäische Entwicklung berücksichtigt werden. Siegel bat vor allem "um etwas Zeit, damit die Lehrer in der DDR gemeinsam mit Schülern und Eltern die richtigen Weichen stellen können."

      Den neuen Ländern der DDR wird es nach Worten von Ebert kaum gelingen, eigenständige Entwicklungen zu verfolgen, wenn der "Importdruck" aus der Bundesrepublik in Einzelfragen des Bildungswesens zunehme. Ebert kritisierte dabei vor allem Versuche des hessischen Kultusministers, dem künftigen Land Thüringen das gegliederte Schulwesen aufzudrängen.
      (Tribüne, Mo. 27.08.1990)

  • Ansturm von Käufern aus der DDR in Polen

    • Warschau (ND-Rex). Die Görlitz benachbarte Stadt Zgorzelec erlebte am Wochenende einen nie dagewesenen Ansturm von Käufern aus der DDR. Am Grenzübergang wurden 30 000 DDR-Bürger gezählt, die sich auf die polnische Seite begaben. Am Übergang sowie in Zgorzelec soll es nach Berichten polnischer Zeitungen teilweise chaotische Zustände gegeben haben. Gekauft wurden vor allem Lebensmittel und Jeanskleidung. Beide Warenarten sind entsprechend dem gegenwärtigen Umrechnungskurs wesentlich billiger als in der DDR.
      (Neues Deutschland, Di. 28.08.1990)

Frankfurt (Oder) (ND-Knauß). Trotz Ausgrenzungsdrucks und Anti-PDS-Koalition in den Kommunalparlamenten und Gemeindevertretungen stellt die PDS republikweit neben rund 11 000 Abgeordneten rund 260 Bürgermeisterinnen. Diese Zahlen wurden auf einer Beratung der PDS-Bürgermeisterinnen des künftigen Landes Brandenburg am Sonntag bekanntgegeben. Im Mittelpunkt der Zusammenkunft standen finanz-, rechts-, eigentums- und energiepolitische kommunale Probleme, die aus der Rechtsangleichung an die BRD-Kommunalordnung resultieren.
(Neues Deutschland, Mo. 27.08.1990)

Madrid (NZ/ADN). Der Ansturm von DDR-Touristen auf die größte spanische Ferieninsel Mallorca war in diesem Sommer weit geringer als angenommen. Die bei der Ankunft der ersten DDR-Urlauber im April geweckten Erwartungen hätten sich bis jetzt nicht erfüllt.

Die Charterfluggesellschaft "Oasis" musste indessen ihre geplanten Flüge zwischen der DDR und Mallorca aufgrund mangelnder Auslastung einstellen. Vorige Woche konnte die Gesellschaft die 167 Plätze einer MD-83 bei weitem nicht besetzen, so dass die Interflug mit einer kleineren Maschine einsprang, um 80 DDR-Urlauber nach Palma de Mallorca zu bringen.
(Neue Zeit, Mo. 27.08.1990)

Frankfurt/Main. Ab 1. Januar 1991 übernimmt der Deutsche Ruder-Verband (DRV) die alleinige nationale und internationale Repräsentanz des deutschen Rudersports. Der DDR-Verband löst sich zum Jahresende auf, und die Vereine können dann Mitglied im DRV werden.
(Berliner Zeitung, Mo. 27.08.1990)

Gründungsveranstaltung der CDU-Frauenunion Sachsen-Anhalts in Halle.

Treffen der Bundesregierung und der Regierungsfraktionen mit der SPD. Angeregt von der BRD SPD. Themen waren u. a. Fragen des Einigungsvertrages, wie Rückgabe vor Entschädigung, Verteilung der Steuereinnahmen, Fristenregelung beim Schwangerschaftsabbruch.

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