Nach Auskunft des "Neuen Deutschland" (10.10.1989), das sich auf Bezirkszeitungen der SED beruft, kommt es auch in Leipzig, Magdeburg, Karl-Marx-Stadt, Plauen, Dresden, Potsdam, Arnstadt zu Demonstrationen. Informationen des Neuen Forum zufolge nehmen an ihnen mehr als 60 000 Menschen teil. Alle diese als nicht genehmigt geltenden Kundgebungen werden von Sicherheitskräften gewaltsam aufgelöst. Die DDR-Medien berichten, dass es sich bei den Demonstranten nahezu ausschließlich um zum Teil schon vorbestrafte kriminelle Elemente und Randalierer handle. In der "Jungen Welt" (9.10.1989) ist zu lesen, dass neben "jenen, die immer vorneweg marschierten und dem Ganzen seine schlimme Richtung und die Parolen gaben", auch solche waren, "die 'nur' so mal mitliefen".
(Sabine und Zeno Zimmerling, Neue Chronik DDR 1. Folge 2. Auflage Verlag Tribüne Berlin GmbH 1990 ISBN 3-7303-0582-4)
Wie an jedem 7. eines Monates finden wieder Proteste gegen die Fälschung der Kommunalwahl vom 07.05. statt. Auf dem Berliner Alexanderplatz formierte sich ein Demonstrationszug. Es kommt zu Festnahmen. Zur größten Gewaltanwendung gegen Demonstranten kommt es rund um die Gethsemane-Kirche in Berlin-Prenzlauer Berg.
In Plauen findet die erste große Demonstration statt.
Es kommt zu gewalttätigen Auseinandersetzungen und Verhaftungen. Nach Angaben des MfS gibt es 61 Festnahmen. Neben verletzten Personen werden auch zwei Löschfahrzeuge der Freiwilligen Feuerwehr Plauen, die als Wasserwerfer eingesetzt werden, beschädigt. Auf sie werden Steine geworfen. Große Empörung löst auch der Einsatz eines Hubschraubers aus, der über der Menge kreist. Er wird nach Protesten abgezogen.
Nach der Demonstration bildete sich die Bürgerinitiative Plauen.
Beginn der "Samstagsdemonstrationen" in Plauen.
Einen Tag später gibt die Freiwillige Feuerwehr Plauen eine Erklärung ab, die mit dem Satz beginnt: "Die Freiwillige Feuerwehr Plauen distanziert sich und verurteilt auf das schärfste das Vorgehen mit Tanklöschfahrzeugen gegen Bürger anlässlich einer Kundgebung am 7. Oktober 1989 im Bereich Otto-Grotewohl-Platz und Umgebung!"
Link zur Erklärung der Freiwilligen Feuerwehr Plauen und Neuendorf
Ein Jahr später wird dieser Tag mit einer Gedenkdemonstration gedacht.
Bereits am 26. September wird von zwei Ausreisewilligen eine Demonstration am Jahrestag der DDR Gründung für Plauen angemeldet. Die Antragsteller werden belehrt und die Anmeldung wird unter Strafandrohung abgelehnt. Die Anmelder hatten aber keine Absicht eine Demonstration durchzuführen, sie wollen ihre Ausreise beschleunigen. Zur Zeit der Demonstration befanden sie sich nicht mehr in der DDR.
7 Antragsteller auf ständige Ausreise aus Aschersleben, Bernburg und Hettstedt versuchten Anfang Oktober eine Demonstration für den 07.10. in Halle anzumelden.
Vor dem Dresdner Hauptbahnhof fordern am Abend die dort Versammelten die Zulassung des Neuen Forum. Die Internationale wird gesungen. Später bildet sich ein Demonstrationszug. Es ertönen "Gorbi", "Gorbi"-Rufe, die Forderung nach Zulassung des Neuen Forum und "Wir bleiben hier".
Weil nicht genug Platz für die in Dresden "Zugeführten" ist, werden "Zugeführte" auch nach Bautzen gebracht.
Nach einer Veranstaltung, organisiert von Künstlern, kommt es in Karl-Marx-Stadt zu einer spontanen Demonstration. Sie wird gewaltsam aufgelöst. Nach Angaben des MfS gibt es 48 Zugeführte.
Auf dem Platz der Nationen (heute Luisenplatz) und der Klement-Gottwald-Straße (heute Brandenburger Straße) in Potsdam versammeln sich Demonstranten. Die Staatsmacht geht gewaltsam gegen sie vor. Es kommt zu Festnahmen.
In der Rostocker Petrikirche werden Unterschriften für eine Protestresolution an den Bezirkstag, die Volkskammer und das ZK der SED gesammelt, die zwei Tage später im Rathaus übergeben wird.
Demonstranten bewegen sich vom Universitätsplatz zum Rostocker Rathaus.
Nach einem Gottesdienst in der Marktkirche in Halle versammeln sich Bürger auf dem Marktplatz. Polizei und MfS gehen gegen die Versammelten vor. Nach einem Bericht des MfS werden 47 Personen zugeführt. 8 Personen, die außerhalb der Marktkirche "Freiheit" rufen, werden zugeführt.
Zu Festnahmen kommt es auch in Arnstadt und Ilmenau.
Am Abend in Guben versammeln sich Bürgerinnen und Bürger am Wilhelm-Pieck-Denkmal. Die VP geht gewaltsam gegen sie vor.
Vom Dom in Magdeburg bewegen sich Demonstranten in Richtung Alter Markt. Die Demonstration wird aufgelöst. Auch unter Gewalteinsatz. Es kommt zu 120 Festnahmen, 16 kommen in Haft.
Auf dem Hof der St. Stephani-Kirche in Aschersleben versammeln 16 Personen. Eine Demonstration Richtung Markt wird nach etwa 30 Meter gestoppt. Es werden die Personalien aufgenommen. Zwei Personen werden zugeführt.
Auf dem Nikolaikirchhof und dem angrenzende Territorium in Leipzig versammeln sich Tausende. In einem Bericht der Volkspolizei ist der Einsatz von 700 Einsatzkräften und zwei Wasserwerfern vermerkt. Es wird versucht den Demonstrationszug zu verhindern. 210 Personen werden zugeführt. Die Festgenommenen werden u. a. auf das Agra-Gelände in Markkleeberg gebracht.
In Potsdam formiert sich ein Demonstrationszug mit rund 2 000 Personen. Es werden Losungen "Wir bleiben hier verändern wollen wir" und "Wir bleiben hier, gestalten wollen wir" gerufen. Es kommt zu 106 Zuführungen.
In Ilmenau werden nach einem Bericht des MfS am Abend und in der Nacht 48 Personen zugeführt. Es wurden Parolen gerufen "Freiheit, wir bleiben hier", "Gorbi gib uns Freiheit", "Stasi raus".
Vor die St.-Nikolai-Kirche in Markneukirchen stellen Einwohner Kerzen auf.
Da das neue Forum sich um die Erreichung der Legalität bemüht, hält sie die Teilnahme an illegalen Demonstration für falsch.
Berlin (ADN). In den Abendstunden des 7. Oktober versuchten in Berlin Randalierer, die Volksfeste zum 40. Jahrestag der DDR zu stören. Im Zusammenspiel mit westlichen Medien rotteten sie sich am Alexanderplatz und Umgebung zusammen und riefen republikfeindliche Parolen. Der Besonnenheit der Schutz- und Sicherheitsorgane sowie der Teilnehmer an den Volksfesten ist es zu verdanken, dass beabsichtigte Provokationen nicht zur Entfaltung kamen. Die Rädelsführer wurden festgenommen.
(Neues Deutschland, Mo. 09.10.1989)