03.10. Schließung der Grenze zur ČSSR
04.10. Die Aussetzung des pass- und visafreien Verkehrs mit der ČSSR wird ab sofort auch auf den Transitverkehr von Bürgern der DDR nach Bulgarien und Rumänien erweitert
06.10. Offizielle Festveranstaltung zum 40. Jahrestag der DDR-Gründung und Fackelzug der FDJ
11.10. Das Politbüro der SED gibt eine Erklärung ab
12.10. DDR-Bürger, die berechtigt sind ins nichtsozialistische Ausland zu reisen, dürfen eine Reise in die ČSSR beantragen.
17.10. Das Politbüro der SED nimmt einstimmig den Vorschlag an das ZK, Erich Honecker, Günter Mittag und Joachim Herrmann von ihren Funktionen zu entbinden, an
18.10. Das ZK der SED stimmt der Entbindung Erich Honecker von seinen Ämtern fast einstimmig zu und Egon Krenz wird zum Generalsekretär der SED gewählt
24.10. Egon Krenz wird zum Vorsitzender des Staatsrats und Nationalen Verteidigungsrates gewählt
26.10. DDR-Bürger, die sich in der Tschechoslowakei aufhalten und nicht in die DDR zurück kehren möchten, können in der DDR-Botschaft in Prag einen Antrag auf Entlassung aus der DDR-Staatsbürgerschaft stellen.
27.10. Die Reisebeschränkungen für DDR-Bürger in die Tschechoslowakei werden zum 01.11. aufgehoben
01.10. Eine Gründungsinitiative für eine Grüne Partei bildet sich
01.10. Die konstituierende Versammlung des Demokratischen Aufbruch wird durch die Staatssicherheit verhindert
02.10. Aufruf zum Demokratischen Aufbruch - sozial, ökologisch
04.10. Vertreter der Opposition verabschieden eine Gemeinsame Erklärung
07.10. Gründung der Sozialdemokratischen Partei in der DDR
08.10. Am Abend bildet sich die Gruppe der 20 in Dresden
10.10. Gründungsaufruf für West-Berlin des Neuen Forum
11.10. Gründung der lila offensive
17.10. Aufruf zur Gründung unanhäniger Gewerkschaften, VEB GRW
20.10. Gründung der Initiative für unabhängige Gewerkschaften
26.10. Gespräche zwischen Neuem Forum und der SED
27.10. Auf einer Veranstaltung der Bürgerbewegung Demokratie Jetzt wird ein Volksentscheid zur führenden Rolle der SED gefordert. Wolfgang Ullmann schlagt die Bildung eines Runden Tisches vor.
28.10. Die Initiative Frieden und Menschenrechte konstituiert sich republikweit
29.-30.10. Konstituierende Versammlung des Demokratischen Aufbruch
Mo. 23. Oktober 1989
Link zur Wochenübersicht des MfS Nr. 43/89 vom 23.10.1989
Link zur Einschätzung der Kampfkraft der Kampfgruppen vom 23.10.1989
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Demonstration in Leipzig
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Nach Friedensgebeten in sechs Leipziger Kirchen, zu denen nahezu 9 000 Menschen gekommen waren, vereinten sich gestern Abend in Leipzig rund 150 000 Bürger aus der Messestadt, aus anderen Orten des Bezirkes sowie aus angrenzenden Territorien zu einer friedlichen Demonstration. Über zwei Stunden lang zogen sie in gewaltlosem und diszipliniertem Marsch über den das Stadtzentrum umschließenden Ring. Sie bekundeten auf diese Weise mit Nachdruck ihre Forderung nach Fortführung des begonnenen Dialogs, kritischer Bewertung der gesellschaftlichen Entwicklung in der DDR sowie nach spürbaren Veränderungen im täglichen Leben.
In der Nikolaikirche informierte Superintendent Friedrich Magirius während des Friedensgebetes über das Treffen zwischen Generalsekretär Egon Krenz und Landesbischof Dr. Werner Leich. Jetzt gelte es, alle Angebote zum Dialog, die in Leipzig beispielhaft unterbreitet würden, zu nutzen und zu schnellen Entscheidungen zu führen.
Der Stadtfunk hatte seit den Mittagstunden auf vielfältige Möglichkeiten zum abendlichen Meinungsstreit in den Stadtbezirken an der Karl-Marx-Universität sowie andernorts hingewiesen. Damit wurde eine Alternative zur Willensbekundung auf der Straße aufgezeigt, um den von Tag zu Tag mehr in Gang kommenden Dialog nicht zu belasten. Dennoch hatte sich kurz nach 18 Uhr dann vom Karl-Marx-Platz aus der Menschenstrom unter Rufen "Ohne Gewalt" in Bewegung gesetzt. Gegen 20.30 Uhr löste sich die Demonstration friedlich auf. Ordnungskräfte waren nicht im Einsatz.
Während der ganzen Zeit sorgten Verkehrspolizisten für die Umleitung des Verkehrs. Das war ohne beträchtliche Erschwernisse für viele Bürger nicht möglich, da nahezu alle Straßenbahnlinien den Ring passieren.
(Neues Deutschland, Di. 24.10.1989)
Erstmals fand in Leipzig ein Friedensgebet auch in einer katholischen Kirche statt.
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Demonstration in Halle
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Im Stadtzentrum von Halle formierten sich am Montagabend mehrere tausend Demonstranten, zündeten Kerzen an und entfalteten Transparente. Mit Losungen wie "Ja zur Demokratie!", "Mehr Sozial, weniger Muss" und "Wir fordern den Bürgermeister zum Podiumsgespräch" forderten sie spürbare Veränderungen. Nachdem sich die Teilnehmer an der Marktkirche versammelt hatten, führte ein Zug Hunderter durch die Straßen der Stadt. Andere nutzten die Gelegenheit, mit Ratsmitgliedern ins Gespräch zu kommen.
(Neues Deutschland, Di. 24.10.1989)
Vor dem Sitz der SED-Bezirksleitung forderten Demonstranten ein Gespräch mit 1. Sekretär Hans-Joachim Böhme. Er ließ sich nicht blicken. Der Oberbürgermeister schlug ein Podiumsdiskussion mit Vertretern der Staatsmacht, den neuen politischen Kräften und der Kirche vor.
An der Treppe werden brennende Kerzen abgestellt.
Es wird die Internationale gesungen und u.a. "Wir sind das Volk", "Wir bleiben hier", "Stasi in die Volkswirtschaft", "Weg mit den Kampfgruppen" und "Schnitzler in den Ruhestand" gerufen.
Bei einem Gespräch mit dem Oberbürgermeister wird eine Dialogveranstaltung im Volkshaus Halle mit Beschallung vereinbart. Es soll der größtmöglichen Personenzahl Zutritt gewährt werden und freien Zugang für die Presse.
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Demonstration in Magdeburg
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Am Montagabend versammelten sich in und am Magdeburger Dom mehr als 10 000 Bürger zum Montagsgebet für gesellschaftliche Erneuerung. Sie formierten sich anschließend zu einem Demonstrationszug durch das Stadtzentrum. Der Marsch, der vom Dom durch einige Straßen zurück zum Ausgangspunkt führte, verlief ohne Zwischenfälle. An der Spitze des Zuges wurde ein Transparent mit einer Friedenstaube getragen. Ein Teil der Demonstranten hielt brennende Kerzen in den Händen.
(Neues Deutschland, Di. 24.10.1989)
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Demonstration in Berlin
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Im Anschluss an ein über eineinhalbstündiges Fürbitt-Gebet in der Gethsemane-Kirche im Berliner Stadtbezirk Prenzlauer Berg formierten sich Montag Abend über zweitausend Teilnehmer zu einem Demonstrationszug. Durch die Schönhauser Allee, die Dimitroffstraße, die Prenzlauer Allee und die Karl-Liebknecht-Straße zogen sie zum Gebäude des Staatsrates am Marx-Engels-Platz. Auf dem Wege dorthin forderten sie Passanten auf, sich anzuschließen. Vor dem Staatsratsgebäude stellten die Demonstranten vor der Gethsemane-Kirche entzündete Kerzen auf und verlasen, eine Petition. In dieser wenden sie sich an die Abgeordneten der Volkskammer der DDR mit ihrem Standpunkt, dass sich der Wahl zum Vorsitzenden des Staatsrates mehrere Kandidaten stellen sollten. Das, wie es hieß, mit 300 in der Kirche gesammelten Unterschriften versehene Schreiben wurde an einen diensthabenden Mitarbeiter im Staatsrat übergeben. Nach der Aufforderung durch ihre Sprecherin löste sich die Demonstration auf.
(Neues Deutschland, Di. 24.10.1989)
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Dialogveranstaltung und Demonstration in Dresden
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Nach den außerordentlichen Tagungen der Stadtverordnetenversammlung und des Bezirkstages Dresden am Donnerstag werden rund 500 bis 600 Foren zwischen Elbe und Neiße zur Weiterführung des in Gang gekommenen Dialogs zwischen Bürgern, Vertretern des Staates, von Parteien und Kirchen einladen. Das teilte am Montagabend der 1. Sekretär der SED-Bezirksleitung Dresden, Hans Modrow auf dem Theaterplatz in der Bezirksstadt mit.
Er war einer Einladung nachgekommen, die dem Mitglied des ZK der SED von einer Mitarbeiterin der Kreuzkirche erst gegen 19.00 Uhr übermittelt worden war. Auf dem Weg vom Rathaus zum Theaterplatz waren der Bezirkssekretär, Dresdens Oberbürgermeister Wolfgang Berghofer und weitere Parteifunktionäre sowie Kommunalpolitiker von zahlreichen Bürgern angesprochen und ihre Absicht zum Dialog in der Öffentlichkeit begrüßt worden.
Beim Eintreffen der Vertreter von SED und örtlichen Räten vor der Semperoper hatten sich bereits über 50 000 Bürger versammelt. In einer emotionsgeladenen Atmosphäre erklärte Hans Modrow, der Dialog, wenn er schon auf dem Platz stattfinde, müsse sachlich und in Ruhe geführt werden, sonst habe er keinen Sinn. Immer wieder von Zwischenrufen und Sprechchören unterbrochen, legte er seine Position dar und verwies darauf, bei den Untersuchungen von polizeilichen Maßnahmen zwischen dem 3. und 8. Oktober könne es nur ein Recht geben. Miteinander zu reden sei der einzige vernünftige Weg, Losungen für die Zukunft zu suchen.
Die Teilnehmer der Zusammenkunft formierten sich anschließend zu Gesprächsgruppen und einem Demonstrationszug durch die Stadt.
(Neues Deutschland, Di. 24.10.1989)
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Das Neue Forum ruft in Schwerin zu einer Demonstration auf, der Demokratische Block und der Rat der Stadt rufen zu einer Kundgebung am Treffpunkt der Demonstration auf
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In Schwerin ruft das Neue Forum zu einer Demonstration auf. "Mit Demokratie zum Sozialismus." Gefordert wird die Zulassung des Neuen Forum und der anderen demokratischen Initiativen. Gegen Gleichmacherei - für leistungsgerechte Bezahlung in allen Bereichen. Uneingeschränkte Reisefreiheit für Jeden. Offene Medien -, Meinungs- und Versammlungsfreiheit.
Es werden zur Mobilisierung Handzettel verteilt. Mit Demokratie zum Sozialismus, Zulassung des Neuen Forum, uneingeschränkte Reisefreiheit, offene Medien, Meinungs- und Versammlungsfreiheit. Dafür demonstrieren wir gewaltfrei. Angehörige der Sicherheitskräfte: Unterstützt einen friedlichen Verlauf! Kinder werden in der Apothekerstraße 48 betreut. Kontakttelefon im Dombüro. Nach der Demo stehen einige Kirchen offen.
Daraufhin ruft der Demokratische Block und der Rat der Stadt zu einer Kundgebung am Treffpunkt der Demonstration, Alter Garten, auf. "Dialog und Tat - gemeinsam für Erneuerung in unserem Land!" lautet ihr Motto. Was vorher in der Stadt plakatiert wird. Auf der Kundgebung spricht der 1. Sekretär der SED-Bezirksleitung, Heinz Ziegner.
Ein Vertreter des Neuen Forum erkundigte sich vorher, ob auch jemand vom Neuen Form auf der Kundgebung des Demokratische Blocks sprechen dürfe, was abschlägig beschieden wurde.
Zu Beginn der Kundgebung beginnt der Demonstrationszug, zu der das Neue Forum aufgerufen hat, vom Alten Garten und vom Dom ausgehend sich in Bewegung zu setzen. Endpunkt der Demonstration ist der Ausgangspunkt, Alter Garten. Ein Teil der Demonstranten ziehen danach zur Bezirksleitung der SED. Die nicht bereit ist sich den Demonstranten zu einem Gespräch stellten. Worauf es die Forderung gibt, sich in das Gebäude zu begeben, was durch Anwesende verhindert wird. Nach der Demonstration finden Veranstaltungen in Kirchen statt.
Plakate und Transparente für die Demonstration wurden im Malsaal des Theater angefertigt.
Erste Demonstration in Schwerin.
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Demonstrationen in weiteren Städten
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Ein Demonstrationszug bewegt sich in Aue von der St. Nicolai-Kirche zum Rathaus. Dort findet ein Gespräch mit dem Bürgermeister und Stadträte statt. Erste Montagsdemonstration in Aue.
Erste Montagsdemonstration in Pößneck. Die Rede des 1. Sekretärs des Rates des Kreises geht in Buhrufen unter.
Im Anschluss an einen Bittgottesdienst in der Nicolai-Kirche wird in Forst demonstriert.
Bei einem Friedensgebet in der Maria-Magdalenenkirche in Templin werden Unterschriften für das Neue Forum gesammelt. Ein Teil der Teilnehmer führt eine Demonstration durch das Stadtzentrum durch.
Besucher einer Veranstaltung in der Georgenkirche in Waren ziehen zur Marienkirche.
An der ersten Demonstration in Eisenach nehmen rund 4 000 Personen teil. Auch in Heiligenstadt ist es die erste Demonstration. Hier beteiligen sich ca. 300 Personen an dem Demonstrationszug.
Erste Demonstration auch in Hirschberg.
Auch in Glauchau, Greiz, Jena, Olbernhau, Oelsnitz, Osterburg, Reichenbach, Stralsund, Zepernick und Zwickau kommt es zu Demonstrationen.
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Flugblatt des Neuen Forum zur Erklärung Egon Krenz vom 18.10.
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Im einem Flugblatt äußert sich Neues Forum zur Erklärung des neuen SED-Generalsekretärs Krenz vom 18.10.1989 wie folgt:
"Die neue Führung hat eine große Wende ausgerufen und unternimmt Anstrengungen, dafür Glaubwürdigkeit zu erwerben. Wir begrüßen diesen Wechsel.
Es bleiben kritische Fragen. Auch sie müssen beantwortet werden, wenn wir Vertrauen in die Wende gewinnen sollen.
Die erste Frage: Glasnost auf Knopfdruck? Innerhalb von 24 Stunden? Wie viele Wetterfahnen sind da umgeschwenkt? Wie konnten so viele im Apparat, in der Regierung, in der Volkskammer, in den 'bewährten Formen und Foren' so lange sprachlos sein und wie durch eine Wunderheilung die flüssige Rede wieder finden?
Wer garantiert, dass nicht mit dem nächsten Knopfdruck der Schweigechor erneut einsetzt?
Welche Kontrolleinrichtungen sind notwendig, um das in Zukunft zu verhindern?
Hier sind Antwortvorschläge:
Schafft ein, zwei, drei, ... viele neue Foren, in denen Bürger Fragen stellen und Verantwortliche Antwort geben können, ebenso aber auch Regierende die Probleme darlegen und die Bürger Lösungen diskutieren und auswerten können. Erkennt das Neue Forum an! Verlangt von ihm, dass es seinen Status an die Verfassung anbindet, aber gebt ihm das Recht, sich über brennende Probleme zu äußern. Dass es mit Eingaben die Volkskammerausschüsse aufwecken kann, wenn diese wieder einschlafen. Dass es die Parteiführer einladen kann, wenn sich in deren Verantwortungsbereich Hindernisse auftürmen. Dass es in den Medien Fragen stellen und Anhörungen organisieren kann und eine eigene Zeitung herausgeben kann."
(Sabine und Zeno Zimmerling, Neue Chronik DDR, 2. Folge, 1. Auflage, Verlag Tribüne Berlin GmbH 1990 ISBN 3-7303-0594-8)
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Vollversammlung der Akademie der Künste fordert die unverzügliche Einsetzung einer unabhängigen Untersuchungskommission durch die Volkskammer
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Eine Vollversammlung der Akademie der Künste der DDR hat sich mit einem auch ADN übermittelten und von 59 Akademiemitgliedern unterzeichneten Schreiben an den Präsidenten der Volkskammer, Horst Sindermann, gewandt.
Unter Hinweis auf schriftliche oder mündliche Augenzeugenberichte über, wie es heißt, zahlreiche Fälle von brutaler Gewalt, die in letzter Zeit in verschiedenen Städten der DDR durch Sicherheitskräfte an Demonstranten und Unbeteiligten verübt worden seien, wird die unverzügliche Einsetzung einer unabhängigen Untersuchungskommission durch die Volkskammer gefordert.
"Es wäre uns unerträglich", heißt es in dem Schreiben, "wenn diese Vorgänge nicht restlos geklärt und die Verantwortlichen für die Befehle sowie diejenigen, die sie ausführten, nicht bestraft werden würden."
Die Kommission müsse Zugang zu allen der Aufklärung dienenden Materialien haben und Empfehlungen geben, wie mit dem Untersuchungsergebnis zu verfahren ist. Sie solle der Öffentlichkeit über den Fortgang der Untersuchung laufend Bericht erstatten.
Eine Erklärung ähnlichen Inhalts hat der Bezirksvorstand Berlin des Schriftstellerverbandes der DDR dem Präsidium der Volkskammer übergeben. Auch in dieser Erklärung wird die Volkskammer aufgefordert, unverzüglich eine Kommission zu bilden, deren Bericht und deren Schlussfolgerungen der Volkskammer als Grundlage einer öffentlichen Debatte über aktuelle Probleme der Rechtsstaatlichkeit vorgelegt werden sollen.
Der Berliner Verband Bildender Künstler hat eine analoge Erklärung abgegeben. Um Aufklärung über Handlungen von Ordnungs- und Sicherheitskräften gegen Bildreporter aus Berliner Redaktionen hat der Bezirksvorstand des Verbandes der Journalisten den Präsidenten der Volkspolizei und den Generalstaatsanwalt der Hauptstadt in einem Schreiben ersucht.
(Neues Deutschland, Di. 24.10.1989)
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Unabhängigen Untersuchungskommission gefordert, die das Verhalten der Ordnungs- und Sicherheitskräfte bei Demonstrationen in Berlin rückhaltlos aufklären soll
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Unabhängige Gruppen haben auf einer internationalen Pressekonferenz im Evangelischen Gemeindezentrum Fennpfuhl die Einsetzung einer unabhängigen Untersuchungskommission gefordert, die das Verhalten der Ordnungs- und Sicherheitskräfte bei Demonstrationen in Berlin rückhaltlos aufklären soll. Den Pressevertretern wurde eine Dokumentation überreicht, in der von polizeilichen Maßnahmen Betroffene ihre Erlebnisse schildern. Während der Konferenz traten auch Betroffene persönlich auf. Es wurden schwerwiegende Vorwürfe gegen die Ordnungskräfte erhoben - sowohl zu unangemessenem Verhalten gegenüber den Demonstranten als auch gegenüber den Zugeführten und Verhafteten. Gleichzeitig wurde aber auch korrektes und menschliches Verhalten sowie verständnisvoller Umgang von Sicherheitskräften gewürdigt.
Die Veranstalter forderten personelle, rechtliche und politische Konsequenzen aus den Vorgängen, die mit dem Versagen einzelner nicht zu erklären seien. Sie verlangten die Freilassung noch Inhaftierter, die Niederschlagung beabsichtigter Verfahren und Wiedergutmachung. Auch für solche Regelungen gebe es vereinzelte hoffnungsvolle Zeichen. Diese Forderungen seien nicht als Wunsch nach Vergeltung zu verstehen, sondern als notwendige Bewältigung von Ereignissen im Interesse der Rechtssicherheit für alle Bürger. Der 1. Stellvertreter des Generalstaatsanwalts von Berlin, Klaus Voß, sagte eine uneingeschränkte Bearbeitung aller Anzeigen zu und versicherte, dass eine umfassende Veröffentlichung der Ergebnisse erfolgen werde.
An der Konferenz nahmen auch Konsistorialpräsident Manfred Stolpe und Generalsuperintendent Günter Krusche teil. Manfred Stolpe verwies darauf, dass Mut zur Wahrheit, wie er jetzt notwendig ist, schmerzhaft sei für alle Seiten. Er erklärte, dass alles auf der Konferenz Dargelegte den zuständigen Organen in rechtlich relevanter Form vorgetragen werden müsse.
(Neue Zeit, Di. 24.10.1989)
Es werden die Forderungen aufgestellt:
1. Die Rückhaltlose Aufklärung durch einen unabhängigen Untersuchungsausschuss und die Öffentlichmachung der Ergebnisse.
2. Die sofortige Aufhebung aller Strafbefehle und Ordnungsstrafen.
3. Die Wiedergutmachung an den Bestraften.
4. Strafrechtliche und politische Konsequenzen. Angefangen bei den Sicherheitskräften bis ins Politbüro.
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Arbeitsgruppe Mahnwache in Halle fordert Meinungs- und Versammlungsfreiheit
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In einem Offenen Brief an den Oberbürgermeister der Stadt Halle/Saale der Arbeitsgruppe Mahnwache wird gefordert:
Alle Personen zu rehabilitieren, welche seit Beginn des Demokratisierungsprozesses zu Unrecht inhaftiert, mit Bewährungsstrafen oder Ordnungsstrafen belegt wurden.
Meinungs- und Versammlungsfreiheit
Überprüfung und Korrektur folgender Straftatbestände:
- Widerstand gegen die Staatsgewalt
- Zusammenrottung
- öffentlicher Herabwürdigung
- staatsfeindliche Hetze
- ungesetzliche Verbindungsaufnahme
- Rowdytum
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Otto Graf Lambsdorff Von Ratschlägen aus Bonn an die DDR absehen
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Von Ratschlägen aus Bonn an die DDR, wie sie jetzt so vielfältig erteilt würden, sollte man absehen. Das erklärte FDP-Vorsitzender Otto Graf Lambsdorff gestern nach einer Präsidiumssitzung seiner Partei. Gewisse Ratschläge seien in der gegenwärtigen Situation weder erbeten noch nützlich. Die FDP wolle sich hier zurückhalten. Unter Anspielung auf Wiedervereinigungsforderungen in der BRD sagte Lambsdorff: "Wir haben arge Zweifel, dass die Mehrheit der Bürger der DDR morgen das 12. Bundesland der Bundesrepublik Deutschland sein wollen." Es gebe viele, die auf den Staat und das, was sie unter so schwierigen Umständen erreicht haben, auch stolz seien.
(Berliner Zeitung, Di. 24.10.1989)
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Bundeshauptausschuss der Grünen gegen "Neuauflage staatlicher Wiedervereinigungsträume"
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Der Bundeshauptausschuss der Grünen hat sich in einer Resolution nachdrücklich für die Respektierung der Existenz zweier deutscher Staaten eingesetzt und die "Neuauflage staatlicher Wiedervereinigungsträume" verurteilt. In der am Montag in Bonn veröffentlichten Entschließung wenden sich die Grünen "gegen jeden Versuch, wirtschaftliche Hilfe als Druckmittel zur Verwandlung der DDR in eine ökonomische Filiale der Bundesrepublik einzusetzen". "Die rückwärtsgewandte Vorstellung eines neuen großdeutschen Nationalstaates liegt quer zur konkreten Utopie des 'gemeinsamen europäischen Hauses'."
(Neues Deutschland, Di. 24.10.1989)
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Verträge zwischen der Ungarischen Volksrepublik und der Bundesrepublik Deutschland unterzeichnet
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Während des ungarischen Nationalfeiertags unterzeichnet der baden-württembergische Ministerpräsident Lothar Späth in Budapest die während eines geheimen Treffens am 28.08.1989 ausgehandelten Verträge zwischen der Ungarischen Volksrepublik und der Bundesrepublik Deutschland. Die Verträge beinhalten einen 500-Millionen-Mark-Kredit, die Aufhebung des Visazwangs und politische Hilfe beim angestrebten EG-Beitritt Ungarns. Helmut Kohl und Miklos Németh vereinbarten damals, die Verträge erst später zu unterzeichnen.
In Berlin werden Gedächtnisprotokolle über das Erlebte von Zugeführten und Festgenommenen am 07. und 08.10. in Berlin verlesen.
Eine Dialogveranstaltung im Rathaus-Festsaal in Suhl muss wegen des großen Interesses in die Stadthalle verlegt werden. Neben dem Oberbürgermeister nehmen auch zwei Sekretäre der SED-Kreisleitung und Abgeordnete an der Veranstaltung teil. Es wird Demokratie und Reisefreiheit gefordert. Kritisiert werden Privilegien der örtlichen SED-Kader.
In Ribnitz-Damgarten führt die SED eine Dialogveranstaltung durch.
Kurt Hager sagt auf der Zusammenkunft des Präsidiums des Komitees für Unterhaltungskunst, um Erich Honecker hätte es ein Element von Personenkult gegeben. Auf dem Treffen wird die Abschaffung der Zensur gefordert.
Werner Oertelt, Mitglied des Präsidiums des Bundesvorstandes des FDGB und Vorsitzender des Bezirksvorstandes Halle, diskutierten am Montagnachmittag Meister, Brigadiere, Vertrauensleute und Kollegen verschiedener Gewerke vom VEB Wohnungsbau Halle.
Der Minister für Bauwesen, Wolfgang Junker und Ratsmitglieder des Bezirks Leipzig sprachen am Vormittag mit Arbeitern im Plattenwerk Wiederitzsch.
An einer Parteiversammlung der SED im Reparaturbereich der Rostocker Neptunwerft nimmt der 1. Sekretär der Bezirksleitung der SED, Ernst Timm, teil.
Der 1. Sekretär der SED-Bezirksleitung Berlin, Günter Schabowski, und Alfred Neumann, Erster Stellvertreter des Vorsitzenden des Ministerrates, Gespräche mit Werktätigen des Berliner Stammbetriebes des Kombinats Kabelwerk Oberspree.
In Halberstadt gründet sich das Neue Forum.
Zu einem Treffen zwischen Vertretern des Neuen Forum und dem Oberbürgermeister kommt es in Wismar.
In Voßkuhl (Gägelow) führt das Neue Forum eine Veranstaltung durch.
Vom Neuen Forum erscheint das Flugblatt "Neues Forum - Ansätze zur Basisdemokratie". Eine Anleitung in 26 Punkten. Außerdem eine Erklärung zur Medienreform und eine Stellungnahme zu den Klagen über Privilegien.
Der 1. Sekretär der SED Kreisleitung Wismar bezeichnet vor der Kreisleitung das Neue Forum als "verkappte Solidarność".
In der hallenser Marktkirche stellen sich die neuen Gruppen und Parteien vor.
Erste Friedensgebete in vier Kirchen in Greiz.
Die sowjetische Monatszeitschrift "Sputnik" kann in der DDR wieder abonniert werden. Das teilt das Ministerium für Post- und Fernmeldewesen mit.
In Bonn besucht Steffen Reiche von der SDP eine Präsidiumssitzung der SPD. In der SPD Zentrale im Erich-Ollernhauer-Haus wird er vom SPD-Vorsitzenden Hans-Jochen Vogel empfangen.
Link zum Telefonat zwischen Helmut Kohl und George Bush.
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