Kommuniqué der Präsidiumssitzung des Kulturbundes der DDR

Über eine Sitzung des Präsidiums des Kulturbundes der DDR wurde folgendes Kommunique veröffentlicht:

Das Präsidium des Kulturbundes hat am 9. Oktober 1989 die Ergebnisse der Arbeit seit dem 11. Bundeskongress analysiert und die Aufgaben des Kulturbundes für die nächste Zeit beraten. Das Präsidium dankt allen Bundesfreunden für ihre aufopferungsvolle und ergebnisreiche Arbeit bei der Verwirklichung der Aktionsprogramme zum Nutzen des geistigen Lebens, des Friedens, unserer Umwelt. Einen breiten Raum in der Beratung des Präsidiums nahm die Diskussion über die aktuellen politischen Ereignisse ein. Das Präsidium teilt die Besorgnis vieler Bundesfreunde und Gesprächspartner aus allen Bezirken über die entstandene Lage und fordert die Leitungen und Vorstände auf, unsere Kräfte gemeinsam mit allen gesellschaftlichen Partnern für die Weiterentwicklung des Sozialismus, der sozialistischen Demokratie in unserem Lande einzusetzen.

Wir verurteilen entschieden den hasserfüllten psychologischen Krieg, der über die Medien von nationalistischen Kräften der BRD gegen die DDR geführt wird, Diese Kampagne gefährdet den Entspannungsprozess und die Stabilität an der empfindlichsten Grenze Europas.

Wir sind sehr betroffen, dass viele Tausende ihre Heimat, unser Land, verlassen. Das Wirken der Gegner des Sozialismus dabei ist für jeden offensichtlich, aber wir stellen uns auch die Frage, warum es uns nicht gelungen ist, vor allem junge Menschen unter den Auswanderern für das schwierige, aber perspektivreiche Leben bei uns zu gewinnen.

Die penetranten Aufforderungen zu Reformen, die uns Gegner des Sozialismus Tag für Tag überreichen, können uns nicht davon abhalten, das zu reformieren, was wir selbst im Interesse des Sozialismus für dringend erforderlich halten. Der Kulturbund hat sich in der Vergangenheit für die humanistische Renaissance der Gesellschaft, gegen kapitalistische Restauration entschieden. Heute halten wir das nicht anders: Weiträumige Friedenspolitik und Dialog der Vernunft, die DDR als antifaschistische Alternative, soziale Sicherheit und realer Humanismus sind bleibend für uns.

Die unerlässliche Erneuerung unserer Gesellschaft fördern wir vor allem dadurch, dass in den Klubs der Intelligenz und in allen Kulturbundveranstaltungen das offene Gespräch über alle ökonomischen, politischen und geistig-kulturellen Fragen unseres Lebens stattfindet. Entschieden setzen wir uns dafür ein, dass das Wort unserer Abgeordneten, unserer Leitungen und unserer sachkundigen Mitglieder von den staatlichen Organen gehört und berücksichtigt wird. Ein reicheres kulturelles Leben überall muss das Ziel sein. In unserer kulturpolitischen Wochenzeitung „Sonntag" sollen die wichtigsten Themen unserer Zeit offen, realistisch und konstruktiv erörtert werden. Der Beschluss unseres 11. Bundeskongresses Was wir wollen!" gibt uns auch heute gültige Orientierung für die Arbeit. In Vorbereitung des XII. Parteitages der SED wollen wir helfen, das Erreichte zu sichern und weiterzuführen, und werden unterbreiten, was mit Konsequenz und ohne Zeitverzug zu verändern ist. Unser Land braucht alle Ideen und Kräfte für Frieden, Demokratie und Sozialismus, denn die großen Ideale der Menschheit können in keiner Ausbeuterordnung verwirklicht werden.

Berliner Zeitung, Fr. 13.10.1989, Jahrgang 45, Ausgabe 241

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