Mehr als 150 000 Leipziger Bürger und Gäste kamen am Montagabend erneut zu einer Kundgebung und Demonstration zusammen. Zuvor hatten in fünf Gotteshäusern die traditionellen Friedensgebete stattgefunden.
In Wortmeldungen, Sprechchören und auf Transparenten wurden kontroverse Standpunkte zur weiteren politischen Entwicklung der DDR und ihr Verhältnis zur BRD deutlich. Auf Losungen vor dem Opernhaus hieß es unter anderem: "Heim ins Reich - nein, danke", "Deutschland, einig Vaterland".
Redner regten einen Volksentscheid zur Einheit Deutschlands an, der nach den demokratischen Wahlen erfolgen solle.
Sprecher forderten ein Bürgerrechtskomitee, das im Bezirk Fälle von Amtsmissbrauch, Korruption und Wirtschaftsvergehen unverzüglich untersuchen soll.
Die anschließende Demonstration auf dem Ring stockte vor dem Gebäude des Bezirksamtes für Nationale Sicherheit.
Auf einer improvisierten Pressekonferenz teilte Rechtsanwalt Wolfgang Schnur, Vorsitzender des "Demokratischen Aufbruch" mit, dass Räume des Amtes von der Staatsanwaltschaft und von Bürgern versiegelt werden. Dadurch wolle man der Vernichtung und dem Abtransport von Unterlagen vorbeugen.
Suhl. Ein Bürgergespräch mündete am späten Abend in einen Protestmarsch zum Gebäude des Bezirksamtes für Nationale Sicherheit. Durch Rundfunkmeldungen und Telefongespräche mit Erfurter Bürgern waren sie darauf aufmerksam geworden, dass in Einrichtungen des Amtes belastendes Aktenmaterial vernichtet würde.
Dresden. Ihre Bereitschaft zum politischen Warnstreik bekräftigten mehr als 60 000 Bürger am Montag auf dem Gelände vor den Ausstellungshallen am Dresdner Fučíkplatz.
Karl-Marx-Stadt. Vor mehr als 60 000 Menschen in Karl-Marx-Stadt dementierte am Montagabend der Sprecherrat des Neuen Forums erneut den Aufruf zum Generalstreik für kommenden Mittwoch. Der Streik könne nur das allerletzte Mittel zur Lösung politischer Konflikte im Land sein.
Weitere Demonstrationen wurden aus Magdeburg, Potsdam, Halle, Cottbus, Neubrandenburg, Schwerin, Frankfurt (Oder) und Schwedt gemeldet.
(Neue Zeit, Mi. 06.12.1989)
Nach Friedensgebeten in mehreren Kirchen kamen am frühen Montagabend rund 10 000 Schweriner auf dem Alten Garten zusammen. Dort formierte sich ein friedlicher Demonstrationszug, der durch die Innenstadt seinen Weg zum Bezirksamt für Nationale Sicherheit nahm. Auf Transparenten forderten die Demonstranten "Korrupte Räuber hinter Gitter".
Eine neue Familien- und Bildungspolitik verlangten am Montagabend mehrere tausend Frauen und Kinder auf einer Demonstration in Cottbus, zur der das Neue Forum und kirchliche Frauengruppen aufgerufen hatten. Die Teilnehmer forderten die Entfernung von Kriegsspielzeug aus Kindergärten und Schulen, mehr Freizeitmöglichkeiten für die Mädchen und Jungen sowie den Erhalt der Umwelt.
Auf ihrer Montagsdemonstration forderten Zehntausende Hallenser vor allem wirksamere Maßnahmen des Umweltschutzes. Sprecher vieler Bürgerinitiativen verwiesen darauf, dass Halle und sein Umland zu den Gebieten mit dem höchsten Verschmutzungsgrad von Luft und Wasser in der DDR gehören. Denkmalpfleger machten auf den katastrophalen Bauzustand im Inneren der weit über 1000jähngen Saalestadt aufmerksam.
(Tribüne, Di. 05.12.1989)
Gestern Abend [04.12.] erschienen rund 2 000 Berliner auf dem Alexanderplatz zu einer Demonstration. Auf der unangemeldeten Veranstaltung traten Vertreter unterschiedlicher Gruppen und Bewegungen, aber auch Parteilose, die ihre Meinung zu sie bewegenden Fragen äußerten - teilweise von Beifall, alber auch von Buh-Rufen und Trillerpfeifen begleitet -, vor die Mikrofone. Vielen sprach Dr. Gerhard Weigt von "Demokratie Jetzt" aus dem Herzen, als er einen Neubeginn forderte.
(ADN/ND)
(Neues Deutschland, Di. 05.12.1989)
In Berlin-Treptow wird eine Kundgebung von Polizisten durchgeführt.
Vor den Redaktionsgebäude der SED-Bezirkszeitung "Freie Erde" in Neubrandenburg findet eine Kundgebung statt.
Zu einer Kundgebung auf dem Zentralen Platz in Frankfurt versammeln sich mehrere tausend Menschen. Unterstützt wird der Aufruf "Für unser Land" und eine Vereinigung mit der BRD abgelehnt. Aufgerufen zu der Kundgebung hat die SED.
Auf der Kundgebung in Neuhaus am Rennweg wird sich sowohl für "Deutschland einig Vaterland" als auch "Für unser Land" ausgesprochen.
Von der Marienkirche in Bernburg ziehen Demonstranten nach einem Friedensgebet zum Rathaus. Es wird u. a. "Deutschland einig Vaterland" gerufen. Der Bürgermeister stellt sich zu einem Gespräch.