Verletzung der Menschenrechte

Militärische Gewalt in Litauen - schwerer Rückschlag für die Perestroika

In Litauen werden "Perestroika" und "Glasnost", die Hoffnungen auf Rechsstaatlichkeit, Demokratie und nationale Selbstbestimmung in der Sowjetunion zu Grabe getragen!

Die Bilder erinnern fatal an Ostberlin 1953, Budapest 1956 und Prag 1968! Auch die Tatsache, dass die Rote Armee im Schatten der Golfkrise mit Gewalt gegen Litauen vorgeht, erinnert an bekannte historische Vorbilder (Suez-Krise 1956, Einmarsch in Ungarn).

Frieden ist unmöglich ohne Selbstbestimmung

Tausende von Fallschirmjägern und Panzern der Roten Armee sind unter dem Vorwand, den russischen Kommunisten in Litauen "zu Hilfe" kommen zu wollen und Wehrdienstverweigerer aufzuspüren, mit brachialer Gewalt einmarschiert. Ein frei gewähltes Parlament, Symbol für den mit Perestroika verbundenen Fortschritt, wird jetzt mit Panzern belagert. In Litauen soll ein Exempel statuiert werden. Die militaristische Zentralgewalt ist nach Tbilissi (April 1989) erneut zum Blutbad übergegangen. 14 Tote und über 200 Verletzte sind in Vilnius bereits zu beklagen.

In dieser Situation appellieren wir an die Menschen in unserem Land und an die Weltöffentlichkeit: Unterstützt die Menschen in Litauen, Estland und Lettland! Zeigt euch solidarisch mit ihren Forderungen nach Demokratie und Selbstbestimmung! Unterstützt die demokratische Opposition in allen Republiken der Sowjetunion!

Sucht gerade in den Orten unseres Landes, wo sowjetische Soldaten stationiert sind, das Gespräch mit ihnen und verdeutlicht, dass die Rote Armee schweren Unrecht in Litauen begeht! Seid solidarisch mit sowjetischen Deserteuren!

Wenn Neostalinismus und Militarismus in der UdSSR wieder die Oberhand gewinnen sollten, hätte das katastrophale Folgen für die ganze Welt.

Litauen hat Recht auf autonome Entwicklung

Deshalb fordern wir alle Bürgerrechts- und Friedensgruppen auf, so wie in Polen und der ČSFR vor den Botschaften und Institutionen der UdSSR-Regierung in unserem Land durch Mahnwachen und Protestaktionen für ein demokratisches und freies Baltikum, für die Fortführung von Perestroika und Glasnost in der Sowjetunion und den sofortigen Rückzug der Roten Armee aus Litauen einzutreten! Gerade wir als Deutsche sollten uns immer vor Augen halten: Es war der sog. Hitler-Stalin-Pakt von 1939, der es Stalin ermöglichte, im Juni 1940 das Baltikum militärisch zu erobern. Völkerrechtlich jedoch haben Estland, Lettland und Litauen nie aufgehört, als selbständige Staaten zu existieren! Vor diesem geschichtlichen Hintergrund haben wir eine besondere Verpflichtung zur Solidarität mit den baltischen Völkern!

Diplomatische Aktivität dringend gefordert

Wir fordern den Deutschen Bundestag und die Bundesregierung auf: Verurteilen Sie das Vorgehen der Roten Armee in Litauen! Ermöglichen Sie es umgehend Vertretern des frei gewählten litauischen Parlaments, vor dem Bundestag zu sprechen (was im polnischen Seim möglich war, sollte auch für den Bundestag selbstverständlich sein!). Treten Sie in und mit der EG deutlicher als zuvor für das Selbstbestimmungsrecht der baltischen Völker ein! Wer das Selbstbestimmungsrecht mit Panzern unterdrückt, darf nicht mit Wirtschaftshilfe der EG rechnen! Unterstützen Sie die gemeinsame Forderung der baltischen Staaten und Russischen Republik nach Einberufung einer UNO-Sonderkonferenz über das Baltikum! Werden Sie aktiv für die Einberufung einer KSZE-Konferenz über die Lage im Baltikum!

Berlin, den 14. 1. 1991

Sprecherrat von Demokratie Jetzt

PODIUM – die Seite der und für die BügerInnen-Bewegungen, Initiativen und Minderheiten in der Berliner Zeitung, Nr. 13, Mi. 16.01.1991

Am 25. Februar 1989 protestierten in Tbilissi (Tiflis) Tausende gegen die sowjetische Annexion ihrer Republik im Jahre 1921.

Am 18. März 1989 demonstrierten mehrerer Tausend Abchasier für den Anschluss ihrer autonomen Region an die russische Sowjetrepublik.

Es kommt zu Streiks und Hungerstreiks.

Am 6. April 1989 fuhren Panzer hinter dem Regierungsgebäude auf.

In der Nacht vom 8. zum 9. April 1989 werden sowjetische Truppen gegen Demonstranten, "Lang lebe das freie Georgien, nieder mit dem russischen Imperium!", eingesetzt. Nach offiziellen Angaben werden 16 Personen getötet und 200 verletzt.

EG Europäische Gemeinschaft, heute EU

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