Dokumente der 11. Tagung des FDGB-Bundesvorstandes (29. 11. 1989)

Entwurf

Satzung des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes

Der Freie Deutsche Gewerkschaftsbund vereinigt die Industriegewerkschaften und Gewerkschaften zu einer freien, unabhängigen Organisation und vertritt ihre gemeinsamen Interessen.

Er organisiert nach dem Prinzip der Freiwilligkeit alle Gewerkschaftsmitglieder ohne Unterschied von beruflicher Tätigkeit, politischer und religiöser Überzeugung, Nationalität und Staatszugehörigkeit.

Die Gewerkschaften in der DDR sind für einen Staat der Demokratie und des Sozialismus. Sie lassen sich in ihrem Wirken von den demokratischen und humanistischen Werten und Traditionen der deutschen Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung leiten. Sie treten für eine aktive Politik der Friedenssicherung, gegen Terrorismus, Extremismus und Neofaschismus in der Welt ein. Inhalt und Ziel ihrer Tätigkeit sind der umfassende Schutz und die Verwirklichung der politischen, ökonomischen, sozialen und kulturellen Interessen der Mitglieder.

Die Gewerkschaften setzen sich ein

- für ein an den Bedürfnissen der Menschen orientiertes stabiles und dynamisches Wirtschaftswachstum auf der Grundlage des Volkseigentums und anderer Eigentumsformen;

- für ein gesichertes Recht auf Arbeit, soziale Gerechtigkeit sowie soziale Sicherheit, für spürbare und umfassende Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen sowie des Gesundheits-, Arbeits- und Umweltschutzes;

- für die weitere Demokratisierung des politischen Systems der DDR und eine hohe Rechtssicherheit und Rechtsstaatlichkeit;

- für eine Kultur- und Freizeitgestaltung, die von den realen Bedürfnissen der Mitglieder ausgeht und von ihnen selbst bestimmt und mitgestaltet wird.

In seiner internationalen Arbeit tritt der FDGB für die Verständigung und Zusammenarbeit aller Gewerkschaften der Welt ein in dem gemeinsamen Ringen für die Bewahrung des Friedens, für sozialen Fortschritt und demokratische Rechte, für die Durchsetzung der Interessen der werktätigen Menschen.

Die Gewerkschaften wirken aktiv im Weltgewerkschaftsbund und arbeiten mit internationalen, regionalen und nationalen Gewerkschaftsorganisationen zusammen.

Ihre aktive Solidarität gilt den Veteranen der Arbeit und den sozial Schwachen.

Gleichermaßen unterstützen sie mit den Mitteln der Solidarität die Werktätigen und Gewerkschaften in allen Teilen der Welt, die für ihre Rechte und Interessen kämpfen oder die sich in Not befinden.

I. Die Mitgliedschaft sowie Rechte, Vorteile und Pflichten der Gewerkschaftsmitglieder

1. Mitglied kann jeder werden, der in einem Arbeitsrechts-, Lehr- oder Studienverhältnis steht und die Satzung des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes anerkennt.

Über weitergehende Regelungen der Mitgliedschaft entscheiden die Industriegewerkschaften und Gewerkschaften eigenverantwortlich.

Die Aufnahme erfolgt in der Mitgliederversammlung der Gewerkschaftsgruppe. In Gewerkschaftsorganisationen, die keine Gewerkschaftsgruppen haben, erfolgt diese durch die Mitgliederversammlung der Grundorganisation.

2. Das Gewerkschaftsmitglied hat das Recht:

a) in den Mitgliederversammlungen seiner Gewerkschaftsorganisation bei der freien Erörterung aller gewerkschaftlichen Fragen sowie der Vorbereitung, Abstimmung, Durchführung und Kontrolle der Beschlüsse mitzuwirken

b) an den gewerkschaftlichen Wahlen teilzunehmen und selbst gewählt zu werden;

c) von den gewählten Funktionären und Leitungen Rechenschaft über ihre Tätigkeit zu verlangen, ihnen Vorschläge zu unterbreiten, sie zu kritisieren sowie Fragen. Eingaben und Beschwerden an sie zu richten;

d) an der gewerkschaftlichen Bildungsarbeit teilzunehmen und die Bildungs-, Schulungs- und Kultureinrichtungen der Gewerkschaften zu nutzen.

3. Das Gewerkschaftsmitglied hat den Vorteil:

a) gewerkschaftlichen Schutz zu erhalten. Das betrifft vor allem Anforderungen und Veränderungen, die sich aus volkswirtschaftlichen Strukturen und damit verbundenem Arbeitsplatzwechsel ergeben;

b) die Gewerkschaften zur Vertretung seiner Rechte in Anspruch zu nehmen. Dazu gehört die kostenlose Rechtshilfe durch die Gewerkschaftsorgane bei Arbeitsstreitigkeiten sowie bei Zivilstreitigkeiten im Zusammenhang mit freiberuflicher Tätigkeit;

c) eine Ehrung zu erhalten bei langjähriger Mitgliedschaft im FDGB sowie eine finanzielle Unterstützung bei der Geburt von Kindern, längerer Krankheit sowie für die Angehörigen im Todesfall;

d) auf der Grundlage der Satzung der FAKULTA Mitglied dieser gewerkschaftlichen fakultativen Rechtsschutz- und Unterstützungseinrichtung zu werden und deren Leistungen in Anspruch zu nehmen;

e) Mitglied der Kasse der gegenseitigen Hilfe zu werden und nach den im Statut festgelegten Bedingungen Darlehen zu erhalten;

f) für seinen Erholungsurlaub einen Ferienplatz des FDGB zu beantragen und bei Vorlage des Ferienschecks für sich und seine Familienangehörigen oder gegen Vorlage des Mitgliedsbuches für sich einmal im Jahr eine Fahrpreisermäßigung der Deutschen Reichsbahn von 33 1/3 % zu erhalten.

4. Das Gewerkschaftsmitglied hat die Pflicht

a) sich für die Ziele und Beschlüsse der Gewerkschaften einzusetzen und die dabei persönlich übernommenen Aufgaben zuverlässig zu erfüllen;

b) seinen Mitgliedsbeitrag im laufenden Monat entsprechend der Beitragsordnung zu zahlen. Wenn ein Mitglied durch eigenes Verschulden seine Mitgliedsbeiträge länger als drei Monate nicht bezahlt hat, verliert es seine gewerkschaftlichen Rechte und Vorteile.

5. Dauer der Mitgliedschaft

a) Die Mitgliedschaft wird von dem Tage an gerechnet, an dem die Mitgliederversammlung die Aufnahme beschlossen hat.

b) Als Ausweis erhält das Mitglied von der zuständigen Gewerkschaftsleitung ein Mitgliedsbuch.

c) Mitgliedern von Gewerkschaftsorganisationen, die dem Weltgewerkschaftsbund angehören bzw. mit denen entsprechende Vereinbarungen bestehen, wird bei Übersiedlung in die Deutsche Demokratische Republik diese Mitgliedschaft anerkannt.

Über die Aufnahme von Mitgliedern aus anderen gewerkschaftlichen Organisationen und die Anerkennung ihrer bisherigen Mitgliedschaft entscheidet der Bundesvorstand des FDGB in Abstimmung mit den Zentralvorständen der Industriegewerkschaften und Gewerkschaften.

d) Mitglieder, die wegen Alter, längerer Krankheit bzw. Invalidität ständig oder vorübergehend aus der Berufstätigkeit ausscheiden, können bei Zahlung des entsprechenden Beitrages weiter Mitglied bleiben. Das gilt auch für Frauen, die aufgrund von Mutter- oder anderen familiären Pflichten zeitweise nicht berufstätig sind, sowie für Saisonarbeiter und -angestellte, wenn sie die Arbeit in der nächsten Saison wieder aufnehmen.

e) Die Mitgliedschaft im FDGB ruht für die Zeit,

- in der Gewerkschaftsmitglieder den Wehrdienst in der NVA, den Grenztruppen der DDR oder Dienst in anderen gleichgestellten Organen leisten;

- in der sie einer Produktionsgenossenschaft in der Landwirtschaft oder im Handwerk angehören.

Die Zeit der ruhenden Mitgliedschaft wird auf die Zugehörigkeit zum FDGB angerechnet, wenn sich das betreffende Mitglied innerhalb von drei Monaten in einer gewerkschaftlichen Grundorganisation anmeldet und seine Beitragszahlung wieder aufnimmt. Ausnahmen zur ruhenden Mitgliedschaft und zu ihrem Wiederaufleben werden durch Beschlüsse des Bundesvorstandes des FDGB geregelt.

f) Die Mitgliedschaft im FDGB endet durch Austritt, Ausschluss, bei verschuldetem Beitragsrückstand über 12 Monate auf Beschluss der Mitgliederversammlung oder durch Tod.

Das Mitgliedsbuch ist Eigentum des FDGB und wird von der zuständigen Gewerkschaftsleitung eingezogen. Anträge auf Ausschluss aus der Gewerkschaftsorganisation sind mit größter Sorgfalt zu prüfen. Der Ausschluss ist nur bei Zwei-Drittel-Stimmenmehrheit möglich. Gegen den Beschluss der Mitgliederversammlung kann bei der zuständigen Gewerkschaftsleitung Einspruch erhoben werden.

6. Gewerkschaftliche Auszeichnungen sind:

- die Hermann Duncker-Medaille,

- die Fritz-Heckert-Medaille in Bronze, Silber und Gold.

II. Organisationsaufbau des FDGB und innergewerkschaftliche Demokratie

7. Der Organisationsaufbau der Gewerkschaften beruht auf dem Prinzip der demokratischen Eigenverantwortung unter Beachtung gesamtgewerkschaftlicher Interessen:

- Es gilt der Grundsatz „Ein Betrieb - eine Gewerkschaft" innerhalb der Industriegewerkschaften und Gewerkschaften.

- Alle Gewerkschaftsleitungen und deren Mitglieder, von der Basis bis zum Bundesvorstand des FDGB, werden von den Gewerkschaftsmitgliedern auf demokratische Weise gewählt und sind ihnen gegenüber rechenschaftspflichtig.

- Die kollektiv beratenen und gefassten Beschlüsse bilden für die jeweiligen Vorstände und Leitungen Grundlage der Arbeit.

- Die Vorstände der Industriegewerkschaften und Gewerkschaften, deren Grundorganisationen und die Vorstände des FDGB entscheiden in Übereinstimmung mit der Satzung des FDGB eigenverantwortlich über die Ausgestaltung gesamtgewerkschaftlicher, gewerkschaftsspezifischer und territorialer Interessen.

- Über grundsätzliche Fragen gewerkschaftlicher Interessenvertretung können die Mitglieder in einer Urabstimmung ihres Organisationsbereiches befinden. Die Beschlüsse und Entscheidungen der Urabstimmung werden mit einfacher Stimmenmehrheit gefasst.

- Gewählte Gewerkschaftsfunktionäre können jederzeit von den Mitgliedern aus ihren Funktionen abgewählt werden, wenn sie gegen die Satzung, oder die Beschlüsse verstoßen, die Interessen der Mitglieder nicht vertreten oder sich vom Leben der Werktätigen entfernt haben.

- Mitgliederversammlungen, Konferenzen und Kongresse sowie die Sitzungen der Gewerkschaftsleitungen und Vorstände gelten nur dann als beschlussfähig, wenn an ihnen mindestens die Hälfte der Gewerkschaftsmitglieder, der Delegierten oder der Leitungs- bzw. Vorstandsmitglieder teilnimmt.

- Bei den Gewerkschaftsleitungen und -vorständen können Kommissionen, Arbeitsgruppen oder Abteilungen für die einzelnen Bereiche der Gewerkschaftsarbeit gebildet werden.

8. Die Gewerkschaftswahlen erfolgen auf der Grundlage der vom Bundesvorstand des FDGB beschlossenen Grundsätze und Maßnahmen.

Der Bundesvorstand des FDGB beschließt Beginn und Abschluss der Gewerkschaftswahlen.

Es wählen in der Regel

a) die Grundorganisationen alle zweieinhalb Jahre,

b) die Kreis-, Stadt- und Bezirksvorstände der IG/Gew. und des FDGB alle 5 Jahre,

c) die Zentralvorstände der IG/Gew. alle 5 Jahre,

d) der Bundesvorstand des FDGB alle 5 Jahre

Neuwahlen vor Ablauf einer Wahlperiode müssen durchgeführt werden, wenn ein Drittel der Mitglieder das beantragt und in einer Mitgliederversammlung, Vertrauensleutevollversammlung, Vorstandstagung bzw. Delegiertenkonferenz diesem Antrag mit Mehrheitsbeschluss zugestimmt wird.

Neuwahlen können durchgeführt werden, wenn sich eine Leitung oder ein Vorstand als arbeitsunfähig erweist.

9. Das höchste Organ ist

a) in der gewerkschaftlichen Grundorganisation die Mitgliederversammlung. In Grundorganisationen, in denen die Einberufung einer Mitgliederversammlung für die gesamte Gewerkschaftsorganisation nicht möglich ist, ist es die Vertrauensleutevollversammlung;

b) im Organisationsbereich der Kreis und Bezirksvorstände der IG/Gew. sowie der territorialen Vorstände Lies FDGB die Delegiertenkonferenz;

c) für den gesamten Organisationsbereich einer IG/Gew. die Zentraldelegiertenkonferenz;

d) für den gesamten Freien Deutschen Gewerkschaftsbund der FDGB-Kongress.

III. Die gewerkschaftlichen Grundorganisationen

10. Die gewerkschaftlichen Grundorganisationen sind die Basis der Gewerkschaften.

Die Grundorganisationen umfassen alle in einem Betrieb oder einer Einrichtung tätigen Mitglieder.

Gewerkschaftliche Grundorganisationen sind Betriebsgewerkschaftsorganisation, Schulgewerkschaftsorganisationen und Ortsgewerkschaftsorganisationen. Sie können gebildet werden, wenn dort wenigstens zehn Mitglieder arbeiten. Das gilt auch für Betriebsteile und Produktionsstätten, die in anderen Territorien als der Betrieb oder die Einrichtung liegen.

11. Die Mitgliederversammlung bzw. Vertrauensleutevollversammlung nimmt Berichte über die Tätigkeit der Betriebsgewerkschaftsleitung einschließlich der Finanzarbeit entgegen und entscheidet über ihre Bestätigung.

Sie beschließt den Betriebskollektivvertrag, übernimmt die regelmäßige Kontrolle der getroffenen Vereinbarungen und nimmt Stellung zum Plan und weiteren betrieblichen Dokumenten.

12. Die Einberufung der Mitgliederversammlungen, Vertrauensleutevollversammlungen und anderer gewerkschaftlicher Veranstaltungen erfolgt durch die Leitungen entsprechend der Notwendigkeit oder dann, wenn mehr als zwei Drittel der Mitglieder bzw. Vertrauensleute das verlangen.

13. Die Grundorganisationen bestimmen den gewerkschaftlichen Standpunkt zu allen betrieblichen Entscheidungen. Keiner darf in diese Entscheidungen eingreifen, sie aufheben, wenn sie mit dem Gesetz und der Satzung in Übereinstimmung stehen.

Zu den Aufgaben der Grundorganisationen gehören:

- die Erarbeitung, Diskussion, der Abschluss und die Kontrolle der Betriebskollektivverträge;

- darauf Einfluss zu nehmen, dass das Leistungsprinzip als Grundprinzip der Entlohnung im Sozialismus verwirklicht wird;

- die Vorschläge, Hinweise und Kritiken zum Plan in einem gewerkschaftlichen Standpunkt zusammenzufassen und gegenüber der staatlichen Leitung durchzusetzen;

- die ständige Kontrolle der Einhaltung des Arbeitsrechts sowie der Arbeitsschutzbestimmungen und -vereinbarungen;

- die Einflussnahme auf die Verbesserung des Gesundheitsschutzes, die Betreuung der erkrankten Mitglieder sowie die Kontrolle über die dafür verwendeten Mittel;

- die Wahrnehmung der gewerkschaftlichen Verantwortung bei der Urlaubsplanung, für die Ausnutzung der FDGB- und Betriebsferienheime sowie bei der Kontrolle der betrieblichen Sozialeinrichtungen;

- die Leitung der gewerkschaftlichen Kulturhäuser, Klubs und Bibliotheken;

- der Einfluss auf die Planung, zweckmäßige Verwendung und Abrechnung der Mittel des Prämien- bzw. Kultur- und Sozialfonds;

- die Gewinnung von Gewerkschaftsfunktionären sowie deren Unterstützung und Qualifizierung;

- die Finanzarbeit zu leiten, die Beitragskassierung und den Erwerb von Solidaritätsmarken eigenständig zu organisieren, die Einnahmen und Ausgaben der Gewerkschaftskassen zu planen, für eine zweckmäßige und sparsame Verwendung sowie ordnungsgemäße Verwaltung der finanziellen Mittel zu sorgen und regelmäßig Rechenschaft über die Ergebnisse der Finanzarbeit vor den Mitgliedern zu legen;

- durch eine überzeugende Interessenvertretung sowie ein inhaltsreiches Mitgliederleben neue Mitglieder zu gewinnen;

- die Ortsgewerkschaftsorganisationen sorgen für die Planung, Verwaltung und Abrechnung sowie für eine zweckmäßige Verwendung der Mittel des Kultur-, Sozial- und Prämienfonds in den privaten Betrieben des Handwerks, Gewerbebetrieben, im privaten Handel und Kommissionshandel und anderen privaten Einrichtungen.

14. In Kombinaten werden "Kollektive der BGL-Vorsitzenden" gebildet. Sie haben Beschlussrecht zu allen Fragen, die das Gesamtkombinat betreffen und die sich aus ihrer Stellung als zuständige gewerkschaftliche Organe im Sinne des Arbeitsgesetzbuches gegenüber dem Generaldirektor ergeben.

15. In den Grundorganisationen können in den einzelnen Betriebsabteilungen Abteilungsgewerkschaftsorganisationen gebildet und Abteilungsgewerkschaftsleitungen (AGL) gewählt werden. Sie organisieren die gesamte Gewerkschaftsarbeit in den Abteilungen.

16. Um allen Gewerkschaftsmitgliedern eine aktive Beteiligung am Gewerkschaftsleben zu ermöglichen, sind von den Betriebsgewerkschaftsleitungen Gewerkschaftsgruppen zu bilden.

IV. Die Industriegewerkschaften und Gewerkschaften

17. Die im FDGB vereinigten Industriegewerkschaften und Gewerkschaften leisten im Rahmen der Satzung des FDGB eine selbständige Arbeit. Auf der Grundlage eigener Aufgaben und Ziele vertreten sie die Interessen der Mitglieder in ihrem Organisationsbereich. Dazu gehören:

a) die eigenständige Mitwirkung bei Fragen der Leistungsentwicklung, der Tarif- und Sozialpolitik, dem Arbeits-, Gesundheits- und Umweltschutz, der internationalen Arbeit, der Aus- und Weiterbildung, der Struktur- und Gehaltspolitik;

b) die ausschließliche Kompetenz der Zentralvorstände der IG/Gew. gegenüber den jeweiligen Ministerien und anderen Staatsorganen bei der Durchsetzung des Tarifrechts und des Leistungsprinzips sowie die Entscheidung über Umfang und Formen der Zusammenarbeit mit staatlichen Organen und Leitungen zur Gestaltung der Arbeits- und Lebensbedingungen einschließlich des Einspruchsrechts zu staatlichen Entscheidungen.

18. Die Anleitung. Unterstützung und Koordinierung der Gewerkschaftsarbeit innerhalb einer Industriegewerkschaft und Gewerkschaft organisieren die Kreis-. Bezirks- und Zentralvorstände. Dazu gehören:

a) die Entscheidung über die Stärke und Zusammensetzung der Leitungen und Vorstände entsprechend der Mitgliederzahl sowie über die zu bildenden Kommissionen;

b) die Einberufung von Vorstandstagungen;

c) die Anleitung und Unterstützung der nachgeordneten Vorstände und Grundorganisationen auf der Grundlage eigener Informationsbeziehungen;

d) die Öffentlichkeitsarbeit in den Zeitungen bzw. Informationsblättern der Zentralvorstände, der TRIBÜNE sowie anderen Medien;

e) die Einstellung und Berufung hauptamtlicher Funktionäre;

f) eine verantwortungsbewusste Finanzarbeit entsprechend den Grundsätzen des Bundesvorstandes.

19. Die Kreisvorstände der IG/Gew. sind auf der Grundlage der Beschlüsse ihrer Zentral- und Bezirksvorstände verantwortlich für die unmittelbare Zusammenarbeit mit den Grundorganisationen und Ortsgewerkschaftsorganisationen ihrer Bereiche.

Dazu gehören:

a) eine konkrete Anleitung, Schulung, Unterstützung und Kontrolle der Arbeit der Gewerkschaftsleitungen;

b) die Unterstützung der Grundorganisationen bei der Interessenvertretung durch Orientierungen und Erfahrungen auf der Grundlage eigener analytischer und operativer Arbeit;

c) konsequente Forderung und Kontrolle gegenüber den Fachorganen der örtlichen Räte bzw. den wirtschaftsleitenden Organen zur Schaffung der materiellen, finanziellen und personellen Voraussetzungen zur Erfüllung des Planes sowie zur Durchsetzung des Leistungsprinzips;

d) den Grundorganisationen bei ihrer Kaderarbeit zu helfen;

e) die Unterstützung der Grundorganisationen bei der Einbeziehung der ausländischen Werktätigen in das gewerkschaftliche Mitgliederleben entsprechend den abgeschlossenen Vereinbarungen mit Gewerkschaftsorganisationen dieser Länder;

f) die Verteilung der Erholungsreisen des FDGB auf ihre Grundorganisationen entsprechend den vom Bundes vorstand beschlossenen Grundsätzen;

g) die ausschließliche Kompetenz bei der Bearbeitung von Eingaben zu Regelungen aus den Rahmenkollektivverträgen.

V. Die Bezirks- und Kreisvorstände des FDGB

20. Die Vertretung der gemeinsamen politischen, ökonomischen, sozialen und geistig-kulturellen Interessen der Industriegewerkschaften und Gewerkschaften bei der Lösung kommunalpolitischer Aufgaben des Territoriums gegenüber den örtlichen Räten wird von den Bezirks- und Kreisvorständen des FDGB wahrgenommen.

Zu ihren Aufgaben gehören vor allem

a) die Unterbreitung von Vorschlägen und Forderungen gegenüber den örtlichen Räten zu Versorgungsaufgaben, besonders auf den Gebieten Arbeiterversorgung, Wohnungspolitik, Dienstleistungen, Berufsverkehr, gesundheitliche und soziale Betreuung und Umweltschutz sowie die Kontrolle der Verwirklichung;

b) die Unterstützung und Koordinierung der Arbeit zwischen den Betrieben und örtlichen Räten. Das erfolgt in enger Zusammenarbeit mit den Industriegewerkschaften und Gewerkschaften;

c) die Arbeit mit den vom FDGB nominierten Abgeordneten. In Stadt-Kreis- und Bezirkstagen sind eigene Fraktionen zu bilden. Die Fraktionen wählen aus ihrer Mitte den Fraktionsvorsitzenden.

d) die Leitung der Sozialversicherung sowie die Einflussnahme auf die Vervollkommnung des Gesundheits-, Arbeits- und Umweltschutzes in ihrem Territorium;

e) die Arbeit mit den gewerkschaftlichen Prozessvertretern.

21. Die Bezirks- und Kreisvorstände des FDGB entscheiden in Abstimmung mit dem Bundesvorstand des FDGB über ihre Stärke und Zusammensetzung sowie über die zu bildenden Kommissionen entsprechend der Mitgliederzahl und den konkreten Bedingungen im Territorium. Sie berufen ihre Tagungen ein.

22. Die Finanzarbeit, Strukturregelungen sowie die Einstellung, Berufung und Entlohnung hauptamtlicher Kader erfolgen entsprechend den Grundsätzen des Bundesvorstandes des FDGB.

VI. Der Bundesvorstand des FDGB

23. Der Bundesvorstand leitet und koordiniert die gesamte Gewerkschaftsarbeit zwischen den Kongressen. Der Bundesvorstand vertritt die gemeinsamen Interessen der Industriegewerkschaften und Gewerkschaften gegenüber der Regierung.

24. Der Bundesvorstand nimmt über die Abgeordneten der FDGB-Fraktion Einfluss auf die Arbeit der Volkskammer.

25. Der Bundesvorstand koordiniert die Tätigkeit der Industriegewerkschaften und Gewerkschaften bei der Interessenvertretung der Mitglieder. Dazu gehören:

a) die Erarbeitung von Grundsätzen und analytischen Einschätzungen aus gesamtgewerkschaftlicher Sicht auf den verschiedenen Gebieten der Interessenvertretung;

b) gemeinsame Arbeitsberatungen und Erfahrungsaustausche mit den Vorsitzenden der Zentralvorstände der IG/Gew.;

c) Empfehlungen für eine Rahmenstruktur sowie eine Kadernomenklatur.

26. Der Bundesvorstand leitet die Tätigkeit der territorialen Vorstände des FDGB. Dazu gehören.

a) die Anleitung und Unterstützung der Bezirks- und Kreisvorstände;

b) die Bereitstellung der materiellen und finanziellen Mittel.

27. Der Bundesvorstand plant und leitet

- die Finanzarbeit des FDGB;

- den Feriendienst der Gewerkschaften (einschließlich der jährlichen Aufschlüsselung der Plätze auf die IG/ Gew.);

- die Sozialversicherung und den Arbeitsschutz;

- die Aus- und Weiterbildung der Gewerkschaftskader;

- die internationale Tätigkeit, die sich aus Beziehungen zu nationalen Gewerkschaften sowie internationalen und regionalen Gewerkschaftsvereinigungen ergeben.

28. Der Bundesvorstand gibt die Tageszeitung TRIBÜNE und gewerkschaftliche Zeitschriften heraus und ist verantwortlich für die Verlagstätigkeit der Gewerkschaften.

VII. Der FDGB-Kongress

29. Das höchste Organ des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes ist der FDGB-Kongress. Er wird mindestens einmal in fünf Jahren vorn Bundesvorstand des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes einberufen.

Zeitpunkt, Ort und Tagesordnung des Kongresses werden vom Bundesvorstand des FDGB spätestens zwei Monate vor Beginn des Kongresses bekanntgegeben.

30. Ein außerordentlicher FDGB-Kongress kann vorn Bundesvorstand einberufen werden. Er muss einberufen werden, wenn die Mehrheit der Zentralvorstände der IG/Gew. sein Stattfinden unter Angabe der Tagesordnung beantragt. In solchen Fällen muss der Kongress innerhalb von drei Monaten, vom Tage der Antragstellung an gerechnet, einberufen werden. Bei der Einberufung von außerordentlichen Gewerkschaftskongressen kann der Bundesvorstand gesonderte Maßnahmen festlegen.

31. Die Anzahl der Delegierten und die Wahlordnung zu ihrer Wahl wird vom Bundesvorstand des FDGB beschlossen.

32. Anträge an den FDGB-Kongress können von allen Mitgliedern, Mitgliederversammlungen, Delegiertenkonferenzen und Leitungen bzw. Vorständen bis spätestens vier Wochen vor Beginn des Kongresses dem Bundesvorstand zugeleitet werden.

33. Der FDGB-Kongress

- nimmt die Rechenschaftsberichte des Bundesvorstandes und der Zentralen Revisionskommission des FDGB entgegen, erörtert sie und beschließt darüber;

- beschließt die Satzung des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes. Dazu sind zwei Drittel aller abgegebenen Stimmen erforderlich;

- beschließt die Grundsätze der Gewerkschaftsarbeit bis zum nächsten Kongress;

- wählt den Bundesvorstand sowie die Zentrale Revisionskommission des FDGB.

VIII. Die Revisionskommissionen

34. Die Revisionskommissionen sind von den gewerkschaftlichen Leitungen und Vorständen unabhängige Kontrollorgane der Mitglieder.

35. Sie werden auf dem FDGB-Kongress, den Zentraldelegiertenkonferenzen, den Delegiertenkonferenzen und Wahlversammlungen entsprechend den Grundsätzen des FDGB zur Durchführung der Wahlen gewählt und sind diesen rechenschaftspflichtig.

36. Die Vorsitzenden der Revisionskommissionen haben das Recht, an allen Sitzungen ihrer Gewerkschaftsleitungen, Vorstände und Sekretariate mit beratender Stimme teilnehmen.

37. Zu den Aufgaben gehören regelmäßige Kontrollen

a) der Planung, Verwaltung, Verwendung, Nachweisführung und Rechenschaftslegung der finanziellen und materiellen Mittel der Gewerkschaften;

b) der Realisierung von Beschlüssen und der Leitungstätigkeit;

c) der Verteilung, Vergabe, Bezahlung und Abrechnung der gewerkschaftlichen Ferienreisen;

d) der Bearbeitung von Eingaben.

38. Untersuchungsergebnisse sind regelmäßig in geeigneter Form öffentlich auszuwerten.

39. Rechte der Revisionskommissionen

- Zur Durchführung ihrer Prüfungen ist den Revisionskommissionen das Recht einzuräumen:

a) in die betreffenden Unterlagen Einsicht zu nehmen;

b) von den verantwortlichen Funktionären Auskünfte zu verlangen;

c) bei Verstößen gegen Beschlüsse und gesetzliche Regelungen Auflagen zu erteilen;

d) bei festgestellten Mängeln deren Abstellung zu fordern und darüber die Kontrolle auszuüben.

- Bei der Erarbeitung von Dokumenten der Vorstände und Leitungen haben sie das Recht, ihren Standpunkt darzulegen.

- Grobe Verstöße und Nichtbeachtung gegebener Auflagen werden vor der Mitglieder- bzw. Vertrauensleutevollversammlung, dem Vorstand der jeweiligen Ebene dargelegt und Veränderungen gefordert und, wo nötig, Disziplinarmaßnahmen angeregt.

40. Die Leitungen und Vorstände sind verpflichtet, die Arbeitsfähigkeit der Revisionskommissionen zu gewährleisten.

41. Die Revisionskommissionen arbeiten auf der Grundlage einer von der Zentralen Revisionskommission des FDGB erarbeiteten Richtlinie.

IX. Zu den Gewerkschaftsfinanzen

42. Die Finanzierung der gewerkschaftlichen Aufgaben erfolgt aus den Mitglieds- und Solidaritätsbeiträgen.

Der Haushalt des FDGB ist nach den Prinzipien strengster Sparsamkeit und wirkungsvoller ökonomischer Kriterien zu gestalten.

Zur Verwendung der Mittel beschließt der Bundesvorstand des FDGB jährlich einen Finanzplan. Im Finanzplan sind die Höhe der in den Betriebs- und Ortsgewerkschaftsorganisationen verbleibenden Beitragsanteile sowie der Mittel, die die Vorstände des FDGB und derIndustriegewerkschaften und Gewerkschaften für die Lösung ihrer gewerkschaftlichen Aufgaben erhalten, konkret festzulegen.

Die Vorstände und Leitungen entscheiden eigenverantwortlich über die Verwendung der ihnen zur Verfügung stehenden finanziellen und materiellen Mittel und erarbeiten auf dieser Grundlage ihren Finanzplan. Der Finanzplan der Grundorganisationen bedarf der Zustimmung der Mitgliederversammlung bzw. Vertrauensleutevollversammlung.

Die Vorstände und Leitungen sind verpflichtet, ihren Mitgliedern gegenüber halbjährlich öffentlich Rechenschaft über die Planung und Verwendung der gewerkschaftlichen Mittel abzulegen.

Die Planung und Verwendung der Mittel und Fonds unterliegen ohne Ausnahme der Kontrolle durch die jeweilige Revisionskommission.

Mit der Satzung des FDGB wird eine neue Beitragsordnung erarbeitet.

Dabei ist zu prüfen, ob eine Beitragszahlung auch auf dem Nettolohnprinzip vorgenommen werden kann.

Tribüne, Beilage, 01.12.1989

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