Grüne Partei für paritätische Konföderation mit West-Grünen

Die Vorstandsmitglieder der Grünen Partei in der DDR, Judith Demba und Friedrich Heilmann, zu den Gesprächen mit dem Bonner Bundesvorstand

taz: Gab es bei den Gesprächen zwischen der Grünen Partei der DDR und dem Bonner Bundesvorstand Anfang der Woche konkrete Ergebnisse?

Friedrich Heilmann: Das Hauptergebnis liegt darin, dass wir übereingekommen sind, Arbeitsgruppen zu bilden, die vor allem zwei Sachen zu besprechen haben: zum einen die rechtlichen und juristischen Voraussetzungen dafür, dass zwei Parteien in Ost und West zusammengehen können, und zum anderen die Klärung der inhaltlichen Programmpunkte, die wir in einer gemeinsamen Plattform und in einem Wahlkampf einbringen wollen.

Strebt die Grüne Partei ein rein grün-grünes Bündnis an, oder ist auch ein Zusammengehen mit den Bürgerbewegungen, also Bündnis 90, Unabhängigem Frauenverband (UFV) und Vereinigter Linken denkbar?

Heilmann: Die Zusammenarbeit der Gruppen, die im Herbst 1989 entstanden sind, und unserer Partei werden auf jeden Fall auf Kooperationsbasis laufen. Vom UFV sind Bereitschaftserklärungen abgegeben worden, mit den anderen Gruppen wird es in der nächsten Zeit Gespräche geben müssen. Grundsätzliche Differenzen liegen nicht vor. Was das Zusammengehen mit den Bundesgrünen angeht, wurde in den Gesprächen angestrebt, ein breites Spektrum zu erfassen. Das Hauptergebnis ist erst einmal, dass jetzt Gespräche zwischen den DDR-Grünen und den Bundesgrünen beginnen.

Judith Demba: Man sollte auf alle Fälle die Bürgerbewegungen und die Frauenbewegung als sehr positive Errungenschaft der Bewegung im letzten Jahr anerkennen, ihr Selbstverständnis wahren und nicht versuchen, sie alle in eine Partei zu integrieren.

Sie würden also eine rein grün-grüne Zusammenarbeit vorziehen?

Demba: Eine Zusammenarbeit muss auf alle Fälle in einem breiten Spektrum ablaufen, aber eine Integrationspartei so vieler verschiedener Gruppierungen sehe ich nicht als günstig an. Damit würden automatisch auch diese Richtungskämpfe, die wir seit zehn Jahren bei den Grünen verfolgen können, auf dieses Spektrum zukommen.

Wahlliste also mit den Grünen und außerparlamentarische Zusammenarbeit mit den Bürgerbewegungen?

Demba: Ja. Man kann sich natürlich auch darauf einigen, dass Listenplätze zur Verfügung gestellt werden, falls der Anspruch erhoben wird.

Fühlen Sie sich angesichts der Debatte über den Wahltermin unter Zugzwang?

Heilmann: Es gibt Leute, die sagen, und das war auch der Beginn der Gespräche mit dem Bundesvorstand, dass wir es jetzt unheimlich eilig haben müssten. Wenn der 2. Dezember der Wahltermin wird, dann müssen die Kandidaten bis Ende September aufgestellt sein. Eine Parteienfusion oder eine Schrägstrich-Version, bei der beide Parteinamen weiter zum Tragen kommen, muss bis Anfang September unter Dach und Fach sein. Das ist angesichts der drei Sommermonate natürlich eine sehr kurze Zeit.

Demba: Der Zeitdruck sollte nicht auf Kosten der Inhalte gehen. Das Überspringen einer Fünf-Prozent-Hürde sollte keinen Druck auf die Verhandlungen oder das Zusammengehen ausüben, damit man für die Zukunft garantieren kann, dass es eine gute Partei wird.

Also doch Fusion bei gesamtdeutschen Wahlen?

Heilmann: Ja. Die Verhandlungsgrundlage ist, dass wir die Programmautonomie erst einmal behalten. Wir haben hier ganz andere Umweltprobleme zu bewältigen, mit der Braunkohle, der Landwirtschaft und der Chemie. Wir sind als gelernte DDR-Bürger auch anders groß geworden und bisher auch noch ein bisschen mehr ein verschworener Klub. Wir wollen das nicht allzu schnell aufgeben.

Demba: Was überlegt wird, ist ein konföderatives Modell mit einem gesamtgrünen, paritätisch besetzten Gremium, aber unterhalb dieser Ebene sollen die Grünen und die Grüne Partei ihre Finanz- und Programmautonomie erst einmal behalten. Darüber haben wir allerdings nicht befunden.

Interview: Beate Seel

aus: taz Nr. 3116 vom 26.05.1990

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