Initiative Frieden und Menschrechte
Angesichts der Spekulationen über eine mögliche NATO-Mitgliedschaft des zukünftigen Deutschlands,
angesichts der von Bundeskanzler Kohl auf der Pressekonferenz am 13. Februar 1990 vertretenen Position zur Oder-Neiße-Grenze
und angesichts der Äußerungen von Parteien in der DDR über eine mögliche Wiederinkraftsetzung der Verfassung von 1949 beziehungsweise über den Anschluss der Länder der DDR nach einer entsprechenden Verwaltungsreform an die Bundesrepublik gemäß Artikel 23 des Grundgesetzes der BRD möge der Runde Tisch bekräftigen und beschließen:
1. Eine NATO-Mitgliedschaft des zukünftigen Deutschland ist mit dem Ziel der deutschen Einheit im Rahmen einer europäischen Friedensordnung nicht in Einklang zu bringen und wird deshalb grundsätzlich abgelehnt.
2. Die Beendigung der Teilung Europas ist nur möglich, wenn die bestehenden Grenzen nicht in Frage gestellt werden. Vorbedingung der deutschen Einheit ist deshalb eine gemeinsame Erklärung beider deutscher Staaten, die bestehenden Grenzen, insbesondere die Oder-Neiße-Grenze vorbehaltlos anzuerkennen und ihre Sicherheit von deutscher Seite aus zu garantieren.
3. Der Anschluss der DDR an die Bundesrepublik durch eine Ausweitung des Geltungsbereiches des Grundgesetzes der BRD nach Artikel 23 wird abgelehnt.
Stattdessen sollte wie folgt verfahren werden:
- Vorlage der Grundsätze einer neuen Verfassung der DDR durch die Arbeitsgruppe des Runden Tisches und Beschlussfassung durch den Runden Tisch noch vor den Volkskammerwahlen am 18. März 1990.
- Fertigstellung der neuen Verfassung der DDR unter Berücksichtigung der Beschlüsse des Runden Tisches und ihre Verabschiedung durch Volksentscheid zum frühest möglichen Zeitpunkt nach den Wahlen.
- Bildung einer verfassunggebenden Versammlung aus Bürgerinnen und Bürgern beider deutscher Staaten.
- Verabschiedung einer deutschen Verfassung durch Volksentscheid gemäß Artikel 146 des Grundgesetzes der BRD und eines entsprechenden Artikels der neuen Verfassung der DDR.
- Wahl eines deutschen Parlaments auf der Grundlage der neuen deutschen Verfassung.
[Antrag der Initiative Frieden und Menschenrechte. Es wurde über die Ziffern 1. bis 3. einzeln angestimmt, nachdem Änderungen vorgenommen wurden. Die Anstriche wurden vorher aus der Abstimmung herausgenommen. 13. Sitzung des Zentralen Runden Tisch am 19.02.1990.
In der Diskussion erklärte der Vertreter der LDP das Anliegen des Antrags für bedeutsam und gehen seinem Sinn nach auch mit. Auch der Vertreter der NDPD, der VL, der PDS, DBD und des Neuen Forum unterstützte ihn. Der Vertreter von Demokratie Jetzt regte eine Ergänzung um einen entmilitarisierten Status an. Der Vertreter der CDU äußerte Bedenken über die Verfahrensweise. Der Runde Tisch sei nicht legitimiert für ein künftiges Deutschland zu sprechen.]