ARBEITSTREFFEN DER IUG BESCHLOSS GRÜNDUNGSAUSSCHUSS
Am 3.2.1990 trafen sich 80 Kollegen aus der DDR und einige Gäste im Carl-Zeiss-Planetarium, Berlin. Fünf Stunden diskutierten sie darüber, ob die Gründung einer - vom FDGB, von Parteien und Organisationen - unabhängige Gewerkschaft auf der Tagesordnung steht.
Hatten am 20.12.89 in unserem Kontaktbüro die Kollegen ausnahmslos gedrängt und am liebsten gleich dort die neue Gewerkschaft ausgerufen, gab es nun auch zögernde Stimmen.
Es scheint, als würde sich die Situation in den Betrieben fast täglich ändern: heute gründet sich ein kleines Gewerkschaftsaktiv, morgen ist es wieder auseinander gelaufen. So erklären sich offenbar die Stimmungsschwankungen die wir in den wöchentlichen Bürostunden und auch im Planetarium feststellen konnten.
Wie dem auch sei: am Ende der langen Diskussion (zu Satzungs- und Programmkritik kam es bedauerlicher Weise kaum!) wurde abgestimmt, ob sich ein Komitee zur Vorbereitung der Gründung einer unabhängigen Gewerkschaftsbewegung konstituieren soll.
Mit einer Gegenstimme und zwei Enthaltungen wurde die Frage von den Anwesenden dann doch mit erstaunlicher Einmütigkeit positiv entschieden (unten sind die Namen der gewählten Kollegen und die Kontaktadressen zu finden).
Wie soll es nun weitergehen?
- Die Mitglieder des Gründungskomitees werden versuchen, in ihren Bezirken bzw. den künftigen Ländern Koordinierungsbüros einzurichten, also eine Anlaufstelle für alle Interessenten aus den Kreisen und Bezirken aufzubauen. Wenn sie am 24.2. wieder zusammenkommen, sollen erste Ergebnisse besprochen werden.
- Ein überarbeiteter Satzungsentwurf und Programmgrundsätze sollen bis Mitte März diskutiert sein.
- Eine weitere Konferenz ist im März (voraussichtlich Dresden) in Aussicht genommen, um Zwischenbilanz zu ziehen auf der zu entscheiden sein wird, ob für April eine Gründungskonferenz einberufen wird.
MITGLIEDER DES GRÜNDUNGSAUSSCHUSSES FÜR EINE UNABHÄNGIGE
GEWERKSCHAFTSBEWEGUNG (UGB)
GERA |
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G(...), F(...) |
6902 Jena |
S(...), J(...) |
6902 Jena |
| |
POTSDAM | |
B(...), B(...) |
1800 Brandenburg |
K(...), K(...) |
1400 Oranienburg |
S(...), R(...) |
1613 Wildau |
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DRESDEN | |
S(...), G(...) |
8030 Dresden |
H(...), U(...) |
8122 Radebeul |
| |
ERFURT | |
V(...), W(...) |
5080 Erfurt |
| |
NEUBRANDENBURG | |
V(...), E(...) |
2000 Neubrandenburg |
| |
BERLIN | |
B(...), U(...) |
1058 Berlin |
L(...), M(...) |
1160 Berlin |
Wer in seiner Stadt, seinem Kreis oder Bezirk ebenfalls ein Kontaktbüro für die Gründung unabhängiger Gewerkschaften aufbauen will, den bitten wir, uns das wissen zu lassen (Post an die Berliner Kontaktadressen). Wer Rat und Unterstützung braucht - wir helfen, so gut wir können.
UNSER KOMMENTAR ZUM AUSSERORDENTLICHEN FDGB-KONGRESS
Es ging beim gerade beendeten FDGB-Kongress nicht um eine Grundlegende Erneuerung der Gewerkschaften von unten nach oben, wie einige Delegierte meinten, sondern um das Austragen eines Interessenkonflikts zwischen dem alten Dachverband und den Industriegewerkschaften bzw. den Gewerkschaften. Schon im Vorfeld des Kongresses hatte es Aktivitäten gegeben, den bürokratischen und zentralistischen Koloss über sich loszuwerden. Mit Recht hatten die Zentralvorstände feststellen müssen, dass die Schwerfälligkeit des Apparats ihnen den Handlungsspielraum nahm und die Mitglieder vertrieb.
In zahlreichen Anträgen und Diskussionsbeiträgen kamen diese bisher unerledigten Forderungen auf dem Kongress zur Sprache. Haben die Einzelgewerkschaften ihr Ziel erreicht? Wir meinen, nur bedingt und daher sicher nicht zu ihrer vollen Zufriedenheit.
Wichtige Punkte einer Eigenständigkeit sind nun fixiert: Tarifautonomie, Finanzhoheit. Aber der Apparat hat sich einige Möglichkeiten geschaffen, quasi durch die Hintertür, die Macht nicht ganz aus den Händen zu geben. "Geschäftsstellen" unterstehen voll seiner Weisung, haben die Beschlüsse des Vorstands auszuführen und es gibt keine Festlegung über seine personelle Besetzung. Der Vorstand rekrutiert sich aus SED-Funktionären und Ehemaligen, alle Vorstandsmitglieder kommen aus dem Apparat. Seine besten "Zugpferde", die Sozialversicherung und den Feriendienst hat er nicht abgegeben.
Und noch eins muss man nach dem Kongress bedenken:
Die Autonomie der Einzelgewerkschaften ist nicht gleichzusetzen mit eine basisorientierten Interessenvertretung. Wenn sich die Kollegen dies sichern wollen, werden sie nun innerhalb ihrer Einzelgewerkschaften kämpfen müssen, denn der Apparat, das hat der Kongress deutlich gezeigt, gibt freiwillig gar nichts ab. Das gilt für's Dach ebenso wie für die einzelnen Etagen.
SO SEHEN DIE NEUEN "GEWERKSCHAFTSBOSSE" AUS
Der neu gewählte Bundesvorstand des FDGB setzt sich wie folgt zusammen:
1 Vorsitzende(r), 2 Stellvertreter(innen), 4 Mitglieder mit bestimmtem Ressort.
Für den Vorsitz kandidierten am 1.2. vier Delegierte, darunter auch Werner P., der bis zum Kongress den FDGB führte. Am Wahlergebnis für P., der 35,6% der Stimmen erhielt, wurde ablesbar, welche Gesinnung ein großer Teil der Delegierten vertrat: Als P. für eine Kandidatur vorgeschlagen wurde, protestierte eine Delegierte. Auf seinen Lebenslauf verweisend, begründete sie, dass er systematisch von der SED für eine Funktionärslaufbahn im FDGB aufgebaut worden war. Dabei sei es völlig gleichgültig gewesen, ob er Vorsitzender der Gewerkschaft Unterricht/Erziehung oder der IG Chemie werden sollte. Noch während ihrer Kritik wurde die Rednerin von den Anwesenden niedergeschrieen und zum Schweigen gebracht. In diesem Niederschreien und der Tatsache, dass 880 Delegiert für P. stimmten, offenbart sich deutlich die SED-treue Gesinnung eines großen Teils der Delegierten. Unerwartet gewann dann aber Helga Mausch (NDPD) mit 57% der Stimmen. Das musste verwundern, weil die Kandidatin (hauptamtliche BGL-Vorsitzende in Cottbus) kaum den 1419 für sie stimmenden Delegierten bekannt gewesen sein konnte. Wahrscheinlich haben die internen Versammlungen der Bezirksdelegationen in der Pause vor dem Wahlakt ihren "Bekanntheitsgrad" erhöht.
In ihrer Antrittsrede sagte die neue Vorsitzende, dass das höchste Prinzip im FDGB die "Einheit und Geschlossenheit" sei und "alte Strukturen zerstört werden müssten". Welch ein Widerspruch! Mit der Losung "Einheit und Geschlossenheit" hat die SED jahrzehntelang Kritiker in den von ihr beherrschten Organisationen unterdrückt, in dem Irrglauben befangen, dass darin die Stärke einer politischen Organisation bestehe. Nun wärmt die neue Vorsitzende dieses stalinistische Dogma wieder auf und stellt es als ihr Programm vor.
Vor diesem Hintergrund ist ihre zweite Absichtserklärung absurd, weil ihre Denkweise selbst in den zu zerstörenden Strukturen befangen ist.
Damit Frau Mausch aber nicht eines Tages doch zu sehr auf die Zerstörung alter Strukturen drängt, wählten die Delegierten zwei Stellvertreter aus SED-Kreisen an ihre Seite: Karin Sch. (bis Dez.89 SED) und Rainer Sch. (SED). Frau Sch., Professor an der Gewerkschaftshochschule, war es offenbar peinlich, ihre bisherige Parteizugehörigkeit zu erwähnen. Sie stellte sich als parteilos dar. Rainer Sch. war bisher Abteilungsleiter und hauptamtlicher BGL-Vorsitzender im VEB Elektrokohle Berlin.
Drei weitere gewählte Vorstandsmitglieder gehörten ebenfalls bis Dez. 89 der SED an. Klaus U. (Ressort Finanzen) und Siegfried S. (Recht Wirtschaft) kommen aus dem zentralen FDGB-Apparat. U. war stellv. Vorsitzender der Gewerkschaft Staatsorgane, also auch mitverantwortlich für die geheime Überbrückungsgeld-Vereinbarung für entlassene Staatsdiener. Er erklärte sich auf "kommende Klassenschlachten" vorbereiten zu wollen. Meint er den Kampf um die Erhaltung von Bürokratensesseln?
S. S. arbeitete 12 Jahre in der Rechtsabteilung des Bundesvorstandes. Er hat sich "unter großen Qualen von der SED gelöst". Solche Ehrlichkeit imponiert zwar, wirft aber die Frage auf, warum er im Dezember 89 diesen Schritt immer noch nicht als Befeiung empfunden hat.
Martin V. (Bildung, Kultur), ehrenamtlicher BGL-Vorsitzender in der Komischen Oper, Mitglied des Zentralvorstandes der Gewerkschaft Kunst, fühlte sich von der SED wegen Eintretens für Betriebsräte verraten und kündigte im Dezember seine Mitgliedschaft. Denkt man an die Unterdrückungsherrschaft der SED, in der auch Herr V. eine Rolle spielte, erscheint die Austrittsbegründung recht dürftig. Wahrscheinlich hat er diese Herrschaft auch nicht als Unterdrückung empfunden.
Die große Ausnahme unter den gewählten Vorstandsmitgliedern ist Thomas M. (Soziales, Behindert, Ausländer, der aufgrund eines Austritts aus der SED bereits 1980 erhebliche Schwierigkeiten in seinem weiteren Lebenslauf hatte. Er ist der einzige (!) im FDGB-Vorstand, der nicht in die alten Machtverhältnisse verstrickt war.
Bilanz: Von 7 gewählten Personen Vorstands waren 5 bis Dezember 89 noch Mitglieder der SED. Drei kommen aus dem zentralen FDGB-Apparat, zwei weitere waren hauptamtliche Funktionäre auf unteren Ebenen.
Über die im Nov./Dez. aus der SED ausgetretenen Mitglieder sagte der Parteivorsitzende Gysi verächtlich, dass das Hauptziel der meisten war, wieder "salonfähig" zu werden. Dem ist nicht viel hinzuzufügen!
Für den "Neubeginn" des FDGB scheint Helga Mausch eine Art Symbol zu sein: unbelastet von Korruption, aber alte Denkweisen beibehaltend und verstrickt mit dem alten Machtapparat.
Der neu gewählte Bundesvorstand wir aufgrund einer nur formalen Organisationsveränderung (die Auferstehung der bis Ende März aufzulösenden Kreis- und Bezirksvorstände in Gestalt von Geschäftsstellen) wieder zentrale Macht ausüben können.
Diese Zentralmacht wird durch die Unterstellung der "Tribüne", durch die der Bundesvorstand den Informationsfluss in seinem Interesse lenken kann, weiter befestigt.
Und der Bundesvorstand kann, laut der beschlossenen Satzung, selbstherrlich über Struktur und Stellenpläne der landesweit verteilten Geschäftsstellen und des zentralen Apparats entscheiden.
Ein Schelm, der Böses dabei denkt!
INFORMATIONSABEND ZUR GEWERKSCHAFTSFRAGE AM 6.2. beim
"NEUEN FORUM" IN WEISSENSEE
Frau Esther L., die eingeladen hatte und später eine geschickte Versammlungsleiterin war, wunderte sich über so geringe Teilnahme - 30 Leute hatten sich eingefunden. Der Widerspruch war nicht nur ihr aufgefallen: einerseits großes Interesse an der Gewerkschaftsfrage, andererseits kaum Bereitschaft zur aktiven Mitarbeit. Wartet der DDR-Bürger wieder mal ab?
Jörg Sch. von der IG-Metall/West informierte über Betriebsräte, Betriebsverfassungsgesetz und das Verhältnis von Gewerkschaft und Betriebsrat. Sein Grundtenor: Betriebsräte "puffern" soziale Härten im Betrieb ab; die eigentlich wichtigen Entscheidungen der Wirtschaft sind schon woanders getroffen, hier wird mehr nachvollzogen; Betriebsräte sind eine Art "Stellvertreterorgan" der Betriebsleitung. Wenn es starke Gewerkschaften im Betrieb gibt, können sie den Betriebsrat "ausnutzen".
Danach eine Stunde Fragen über Fragen an Jörg Sch., z.B.:
Frage: Welche Chancen haben Betriebsräte bei uns?
Antwort: Schwer zu sagen, eigentlich fördern Betriebsräte den Betriebsegoismus....
Frage: Hat er Einfluss auf Leitungspositionen?
Antwort: Nein, keine.
Frage: Warum bin ich in der BRD eigentlich Gewerkschaftsmitglied?
Antwort: ???
Die letzte Frage musste drei Mal wiederholt werden, und nur ein DDR-Gewerkschafter konnte hinter den Sinn der Frage steigen. J(...) Sch. teilte der erstaunten Teilnehmerin nämlich mit, dass es eigentlich keine Vergünstigungen gibt, keine Ferienreisen z.B. Die Gewerkschaften sind eben ein Kampforgan, nicht mehr und nicht weniger (Eine Praxis, an die wir uns auch gewöhnen sollten!)
Als es dann um den DDR-Alltag ging, gab's keinen Streit und keine Wahlkampfatmosphäre (Der Versuch eines Bernauer SPD-lers schlug kläglich fehl), obwohl alle nur möglichen Positionen vertreten waren. Unserem Gedanken zu "unabhängigen Gewerkschaften" wurde aufmerksam zugehört, mir schien auch, einige verließen nach drei Stunden als "Sympathisanten" den Raum ...
R. H.
ÖKONOMIE ABER WIE
IM WERK FÜR FERNSEHELEKTRONIK BEOBACHTET
Die uns alle bewegende Frage, wie es wirtschaftlich in unserem Lande weitergeht, scheint niemand der entsprechenden staatlichen bzw. betrieblichen Leitung beantworten zu können (Oder wollen sie nicht?) Einige Beispiele dazu aus dem Werk für Fernsehelektronik (WF) Berlin:
- ES FANDEN VERHANDLUNGEN ZWISCHEN BETRIEBSLEITUNG DES VEB WF UND SIEMENS ÜBER DIE BEDINGUNGEN DES AUSVERKAUFS STATT:
- Zweite Belegschaftsvollversammlung des Werkteils Pankow am 6.1.90: Anwesende: etwa 50 bis 70 Werktätige und Werk-/ökonomische Leiter.
Ergebnis: Nur Geschwafel, kein konkretes Konzept, weder ökonomische noch F/E-Strategie, aber: Plan ist erfüllt
- Zweites Rund-Tisch-Gespräch im WF am 17.1.90:
Anwesende: Betriebsdirektor, BGL. u.a. (Koll. Kr., Ka., Sch., ...)
Ergebnis: Trotz der Bitte um Offenlegung eines ökonomischen und F/E-Konzeptes liegt nur ein erster Entwurf für ein F/E-Grundsatzkonzept vor (nicht veröffentlicht). Es fehlen Ist-Analysen und Zielsetzungen.
- ES FANDEN VERHANDLUNGEN ZWISCHEN BETRIEBSLEITUNG DES VEB WF UND PHILLIPS ÜBER DIE BEDINGUNGEN DES AUSVERKAUFS STATT:
- Bereichsvollversammlung im WF-Kulturhaus am 24.1.90: Anwesende: etwa 80 bis 100 Werktätige und Bereichs/Werkleiter (u.a. Koll. M.)
- Ergebnis: In selbstgefälliger, überheblicher, verantwortungsloser Weise stellt Dr. L. (wie bereits vor der "Wende") dar, dass
- er kein Konzept hat. Einziger eindringlich genannter Termin ist der Wahltag.
- wer bis jetzt nicht durch "fleißige" Arbeit auf sich aufmerksam gemacht hat, es vorziehen solle, zu Hause zu bleiben. Er kenne nur 10 (von 350) Werktätigen, die am Arbeitsplatz "durch Arbeit auffallen".
- wer jetzt nicht fleißig arbeitet, zukünftig nicht mehr gebraucht wird.
Auf vielfältige Anfrage bzgl. Verantwortungslosigkeit, Arbeitsleistung und Unvermögen staatlicher und betrieblicher Leiter teilte Dr. L. mit, dass diese weiterhin in ihren Funktionen verbleiben werden.
Evtl. Vorbehalte gegen seine Person (auf den Bankrott der LLNU-Produktion unter seiner Verantwortung angesprochen) wären mit den entsprechenden Rechtmittel zu klären.
VVV im WF-Kulturhaus am 25.1.90:
Anwesend: Vertrauensleute, BGL. Betriebsleitung (Koll. Ka., Kr., Dr. G.)
Ergebnis: Bericht des Betriebsdirektors ergab: Es liegt kein Konzept vor. Aber im Februar wird womöglich der neue Betriebsdirektor eines haben. Der ökonomische Direktor (Dr. G.) wies darauf hin, dass es eine schwere Aufgabe sei, keine Arbeitskräfte zu entlassen, aber diese Aufgabe sei lösbar.
ES FANDEN AM 26.1.90 VERHANDLUNGEN ZWISCHEN BETRIEBSLEITUNG DES VEB WF UND TOSCHIBA, THOMSON, HITACHI; ... ÜBER DIE BEDINGUNGEN DES AUSVERKAUFS STATT.
FAZIT: ökonomische Konzepte fehlen - warten auf Konzerne aus dem Goldenen Westen. Während Betriebe in der DDR geschlossen werden, bittet die WF-Leitung um Sorglosigkeit, verschleiert die Situation und stellt Arbeitslosigkeit als Ausnahme in anderen Betrieben dar. Verantwortungslose Leiter behalten ihre Posten und die "kleinen Leute"? Die werden wohl gehen müssen!?
7.2.90 Gerd A. W.
A U F R U F E * N E U G R Ü N D U N G E N * A P P E L L E
ACHTUNG! AN ALLE !! AN ALLE BÜRGER!!!
AN ALLE BÜRGER, VOR ALLEM AN JENE, DIE IMMER NOCH ABWARTEN!!!!
WIR FORDERN!
In Anbetracht der in Kürze zu erwartenden Preisänderungen:
- Preisänderungen, wie auch immer geartet, erst nach völliger Offenlegung des Preisgefüges (betrifft Subventionierung bzw. Besteuerung von Waren, Handelsspanne etc.)
- Ehrliche Klärung des Lohngefüges, besonders des erarbeiteten Mehrwerts
- Keine Preisänderungen als Nacht- und Nebelaktion! Wir sind mündige Bürger und fordern ein Mitspracherecht!
Erst recht in einer Zeit, wo es keine funktionierenden Gewerkschaften oder Betriebsräte gibt!
Es wird uns wiedereinmal bewiesen, dass wir uns noch immer in den Zeiten des Stalinismus befinden.
Die Verteuerung der Waren bei gleichbleibenden Löhnen und Gehältern kommt einer Abwertung der Mark in unserem Lande gleich! Das heisst noch stärkere Differenzierung bzw. Verelendung der normal verdienenden Bevölkerung.
Das hätte zur Folge, dass die ohnehin nicht zu verantwortende Massenflucht auch 200-300 % ansteigen wird.
BÜRGER! WIR RUFEN EUCH DESHALB AUF, lasst euch nicht von einer Regierung, die immer noch nicht begriffen hat, dass sie eigentlich das Volk vertreten sollte, über's Ohr hauen!
GEHT AUF DIE STRASSE, und bildet vor allem starke und unabhängige Gewerkschaften, die Eure Interessen wirksam vertreten!
DIE SUBVENTIONEN WURDEN UNS NICHT VON PARTEI ODER STAAT GESCHENKT!
SUBVENTIONEN WURDEN VON ALLEN WERKTÄTIGEN ERARBEITET!
DARUM: Erhöhung der Renten, Löhne, Gehälter, des Wehrsolds, der Stipendien bei Abbau der Subventionen!
BÜRGER! MACHT EUCH STARK, SOLANGE NOCH ZEIT IST !!!
17. 1 .90
Themengruppe Gewerkschaften vom Neuen Forum Prenzlauer Berg
POSITIONSPAPIER DER THEMENGRUPPE GEWERKSCHAFTEN DES
NEUEN FORUM PRENZLAUER-BERG
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1. Wir haben Angst vor Arbeitslosigkeit und dem Verlust sozialer Sicherheit.
2. Wir befürchten, dass unser Realeinkommen durch Streichung von Subventionen sinkt.
3. Wir stehen der Einführung kapitalistischer Arbeitsmethoden ohne wirksame Interessenvertretungen der Werktätigen gegenüber.
4. Wir fürchten, dass die DDR ein Billiglohnland wird und dass dadurch Arbeitsplätze in der BRD gefährdet werden.
5. Wir fürchten, dass der größte Teil des Gewinns ins Ausland fließt.
6. Wir befürchten, dass die schärferen europäischen Umweltnormen bei Investitionen in der DDR unterlaufen werden.
7. Wir wollen keinen Müllimport.
Durch die Verflechtung der alten Gewerkschaften mit Partei und Regierung ist uns der FDGB als Interessenvertretung der Werktätigen nicht mehr glaubwürdig.
Auch heute werden von oben herab Statut und Programm diktiert, ohne die Mitentscheidung der Werktätigen.
Deshalb befürworten wir die Gründung freier, auch vom FDGB unabhängiger Gewerkschaften.
Der FDGB ist unserer Meinung nach nicht reformfähig. Ein Beweis dafür ist, dass in einer Anzahl von Betrieben die Delegierten zum FDGB-Kongress willkürlich bestimmt wurden, anstatt demokratisch wählen zu lassen.
Bedingt durch nicht vorhandene Kontroll- und Einflussmaßnahmen der Gewerkschaften auf die Betriebspolitik sind wir neben der Bildung unabhängiger Gewerkschaften für die Bildung von Betriebsräten, aber nicht nach dem Muster des bundesdeutschen Betriebsverfassungsgesetzes. Bei der Erarbeitung eines DDR-Betriebsverfassungsgesetzes fordern wir alle Werktätigen auf, ihr Mitspracherecht einzufordern und wahrzunehmen.
Wir sind für eine klare Aufgabenteilung zwischen Betriebsrat und Gewerkschaften!
Der Betriebsrat wird von der Belegschaft demokratisch gewählt bzw. abgewählt! und vertritt damit die innerbetrieblichen Interessen der Gesamtbelegschaft bei Leitung und Planung gegenüber der Betriebsleitung. Das schließt die Wahl und Abwahl von Leitern mit ein!!!
Innerbetriebliche Aufgaben der Gewerkschaften sind z.B.:
- rechtliche Vertretung ihrer Mitglieder in Arbeitsrechtsstreitigkeiten - Verbesserung des Arbeits-, Gesundheits- und Umweltschutzes
- Mitsprache bei Entlassung oder anderen durch strukturelle Veränderungen bedingten sozialen Härten
Außerbetriebliche Aufgaben sind u.a.:
- Tarifautonomie, d.h. Geld, wöchentliche und Lebensarbeitszeit
- Mitspracherecht bei der Erarbeitung eines neuen AGB und Kontrolle über dessen Einhaltung
- Sicherung der sozialen Grundwerte, wie Recht auf Arbeit, und Bildung, soziale Sicherheit usw.
- Solidarität mit allen Werktätigen der Welt
Alle diese Aufgaben können nur neue, unabhängige Gewerkschaften erfüllen.
Wir sind bereit, mit allen Initiativen, die sich zur Bildung von unabhängigen Gewerkschaften formiert haben, zusammenzuarbeiten.
SIND WIR N0CH ZU RETTEN ? !
vor diese Frage sehen wir uns gestellt: Kollegen im Rehabilitationszentrum Berlin-Köpenick, die am 25.1.90 eine
UNABHÄNIGIGE GEWERKSCHAFT DES GESUNDHEITS- UND SOZIALWESENS
(Köpenick)
ins Leben gerufen haben.
Sind wir noch zu retten? - meint:
- Welches Erbe hinterlässt uns der FDGB, der unter dem Namen der Gewerkschaftsarbeit das Anliegen gewerkschaftlicher Interessenvertretung verraten hat?
- Was ist nach jahrzehntelanger, von den Massen losgelöster und vom Staat und SED bevormundeter "Gewerkschaftsarbeit" übrig an Überzeugungen und Durchsetzungsmöglichkeiten hinsichtlich einer echten Interessenvertretung der Werktätigen?
- Was ist der wahre Sinn unserer Arbeit in den Betrieben und Einrichtungen?
- Welches sind die Kräfte, die uns in unserem "Mensch-Sein" am Arbeitsplatz hindern oder einschränken und die es zu bekämpfen gilt?
- Welche Möglichkeiten gibt es, diesen Kräften einen wirksamen Widerstand entgegenzusetzen?
- Was macht ein starke, unabhängige Gewerkschaft aus und wie können wir das werden?
Soviel scheint uns klar: unabhängig kämpfen wollen wir von Staat, politischen Parteien, Unternehmern bzw. betrieblichen Leitungen. Und unabhängig von Bevormundung übergeordneter gewerkschaftlicher Strukturen ebenso wie von alles bestimmender Diktatur des Kapitals.
Selbstbestimmte Gewerkschaftsarbeit heisst für uns zunächst einen mühsamen, keinesfalls misserfolgsfreien und risikoreichen Lernprozess in Gang zu setzen, der aber nur ganz unten, bei jedem Einzelnen beginnen kann.
Neben diesem Lernprozess, aus den sich die konkreten Ziele, Inhalte und Methoden unserer Gewerkschaftsarbeit ableiten werden, sehen wir folgende Arbeitsschwerpunkte vordringlich an:
- Wahl von Betriebsräten in den verschiedenen Einrichtungen, um die arbeitsrechtlichen Möglichkeiten voll auszuschöpfen, besonders die Rechte der Werktätigen auf Mitsprache und Mitbestimmung.
- Auseinandersetzung mit der internationalen gewerkschaftlichen Praxis, um aus positiven Erfahrungen für uns brauchbare Methoden abzuleiten.
- Erwerb einer Mitsprachekompetenz bei der Erarbeitung gesetzlicher Vorschläge, besonders hinsichtlich tarifrechtlicher und lohnpolitischer Maßnahmen.
Für Interessenten und Mitstreiter sind wir zu erreichen
Tel.: (...)
Heim für Geschütztes Wohnen
"O. Geschke", Mentzel-Str. 29-35
BERLIN 1 1 7 0
ANDERN IN DIE SEITEN GESCHAUT
"Das Kabel" |
Gewerkschaftsleben |
Seite 3 |
Zuviel "Angeblich" - Fragen, die unseren Gewerkschaftern auf den Nägeln brennen
Zahlen, Argumente, Vorschlüge und Gedanken für gründliche Erneuerung der Gewerkschaften |
|
Eine Gegendarstellung zum Artikel des amtierenden stellvertretenden Vorsitzenden der BGO, Kollege R., "Wie weiter mit der Gewerkschaft" (Kabel 5/90). Zum Vorwurf der Spaltung durch die Initiative für Unabhängige Gewerkschaft folgende Argumente:
Die Ursachen zur Spaltung liegen Im FDGB selbst, indem seine Funktionäre die Treue zu Partei und Staat zum obersten Grundsatz erhoben hatten. Mit dieser Politik wurde der wirksamen Interessenvertretung der Werktätigen schwerer Schaden zugefügt. Die von der Basis abgekoppelte Führungsschicht sorgte dafür, dass die Meinung Ihrer Mitglieder möglichst nicht zu hören war und hielt sie mit der Einbindung von Sozialmaßnahmen und Feriendienst bei der Stange.
Im Demokratisierungsprozess geriet man mit dieser Politik in eine tiefe Krise, die von den skandalösen Vorgängen in der Führung des FDGB noch verstärkt wurde. Die "Palastrevolution" einiger hauptamtlicher FDGB-Funktionäre brachte auch nicht die notwendige Reformierung des FDGB. Die vorgelegte Satzung zeigt das Festhalten an alten Zielen, Grundsätzen und undurchsichtigen Strukturen kosmetischer Korrektur.
Bevor die noch schweigende Mehrheit der FDGB-Mitglieder erwacht, versucht man an Ihnen vorbei eine neue zentralistische "Apparatemacht" zu installieren.
Das Motto bleibt: Die Mitglieder zahlen - welche Interessen zu vertreten sind, das bestimmt die Führung.
Dass diese Gewerkschaftspolitik auf Ablehnung stösst, zeigen die Massenaustritte, die Verweigerung der Zahlung von Mitgliedsbeiträgen und die Ablehnung der FDGB-Mitglieder, verantwortungsvolle Funktionen zu übernehmen.
Parallelen zur Situation - SED/PDS drängen sich auf, die mit dem alten dogmatischen Ruf nach Einheit sucht, überlebte Machtstrukturen zu retten.
Also Kollege R., versuchen Sie nicht, uns als Sündenbock für die Spaltung hin zustellen, sondern erkennen Sie die Ursachen für das entstehen einer qualitativ anderen gewerkschaftlichen Interessenvertretung in Ihrer verfehlten Politik.
Der undemokratischen, basisfremden Scheininteressenvertretung des FDGB setzen wir eine den heutigen Realitäten entsprechende Gewerkschaftspolitik als Alternative entgegen.
Einen Beleg für die alten Prinzipien des FDGB sehen wir In der Wahl des Delegierten zum außerordentlichen FDGB-Kongress.
Warum wurde der Delegierte nicht demokratisch von, allen FDGB-Mitgliedern des KWO, mit vorheriger Kandidatenvorstellung, gewählt?
Warum hat Kollege P. nicht allen Gewerkschaftsmitgliedern, seine Grundsätze dargelegt, wie der alte FDGB begraben werden soll? Die Antwort ist einfach, es gibt keine Grundsätze, die glaubhaft eine erforderliche Reformierung des FDGB beinhalten könnten.
Wurde etwa befürchtet, dass die "Hauptamtlichen" und damit Mitverantwortlichen für die Krise des FDGB nicht gewählt worden wären? Die Proteste gegen diese Wahlfarce gehen bei der BGL vielfach ein. Zu den Kandidatenvorschlägen für die BGL ist auch noch folgendes zu sagen:
Die Kenntnis der parteilichen Einstellung der Kandidaten ist in der gegenwärtigen Situation wichtig für die Wähler, und er fordert sie auch. Zumal die SED/PDS Ihre Parteizellen aufgefordert hat, ihr Wirken in Betriebsräten und gesellschaftlichen Organisationen zu verlagern. Kompetenz und Sachkenntnis sind natürlich genauso wichtig.
Wie kann aber zum Beispiel die Kollegin N., seit 1989 im KWO, ausreichende Sachkenntnis in Bezug auf ihre Basis haben? Funktionärskompetenz bringt sie bestimmt mit.
Doch nun etwas zu den anderen Fakten:
- im OD-Bereich gibt es keine "angebliche", sondern eine reale Initiativgruppe für eine unabhängige Gewerkschaft. Sie hat ihre Tätigkeit aufgenommen, nachdem sich bei einer Meinungsumfrage im Dezember 1989 48 Kollegen der rund 150 Kollegen des OD-Bereiches für die Gründung einer unabhängigen Gewerkschaft ausgesprochen haben, da sie die Interessenvertretung durch den FDGB nicht mehr gewährleistet sahen.
Wir arbeiten In der republikweiten Initiative für unabhängige Gewerkschaften IUG mit. Von der IUG nahmen Vertreter am Basistreffen der Gewerkschaft in Bernau teil. Wir sind ausreichend über den Verlauf des Treffens informiert.
- Wir suchen nicht "angeblich" Kontakt zu anderen, sondern wir haben ihn mit Kollektiven und Kollegen im KWO, denen die Praxis des FDGB nicht mehr passt und die nach neuen Wegen suchen.
- Kollege R. fordert uns auf, unsere Ideen und Vorschläge durch konkrete Mitarbeit in der AGO und in Zusammenarbeit mit den amtlichen Gewerkschaftsvertretern einzubringen.
- Unter den bürokratischen Verordnungsapparat begeben wir uns nicht. Aber wäre es nicht Pflicht der Kollegen Pischner und Richter gewesen, auf uns zuzugehen? Aber das Handeln an der Basis mit der Basis liegt ihnen nicht. Sie. haben eben Ihre Pflicht getan, wenn sie Ihre AGL-Funktionäre anleiten. Das zeigt uns Ihr Festhalten am Zentralismus. Außerdem ist es zur Zeit wohl vorrangig die Machtstrukturen des FDGB-Apparates neu zu festigen, da ist die Stimme der aufbegehrenden Basis zu störend.
- Was nun Ihren Aufruf betrifft, auf den Rat eines, im übrigen hauptamtlichen Vertreters des DGB IG Metall (West) zu hören, folgendes: Wir kennen besagten Herrn Berger schon etwas länger als unsere Gewerkschaftsfunktionäre und haben mit ihm auch über die Zukunft der Gewerkschaft diskutiert. Sein Standpunkt ist uns bekannt. Unsere Kontakte bestehen aber auch mit Basisgewerkschaftern der Firmen "Nixdorf" und "Siemens". Bei diesen Kollegen ist Herr B. und sein Standpunkt sehr umstritten.
Wir hoffen, dass wir Positionen, Grundsätze und Ziele der unabhängigen Gewerkschaftsbewegung unter dem Aspekt des Einigungsprozesses in Deutschland und den sich abzeichnenden wirtschaftlichen Veränderungen demnächst Im "Kabel" darstellen können.
Für Ungeduldige: Kontakt:
Tel.: (...)
Initiative für unabhängige Gewerkschaft
IUG
Basisgruppe OD-Bereich
Konsultationen in der Mittagspause 12.00 Uhr bis 12.30 Uhr möglich.
Nachsatz:
Wir fordern die Kollegen P. und R. auf, Ihre hauptamtliche Funktion niederzulegen und in die Reihe der Gewerkschaftsbasis zurückzukehren. Dann können wir gemeinsam einen ehrlichen Neubeginn gewerkschaftlicher Formierung angehen.
J./Pr.
Alle Kollegen informieren
Ist den Kabelwerkern bekannt, dass gegenwärtig auf Direktionsebene Verhandlungen mit NSW-Konzernen geführt werden? Um welche Sachfragen geht es dabei? Sind wir uns im klaren, dass kommende - Verträge entscheidende Veränderungen für uns alle bedeuten, die nicht mehr rückgängig zu machen sind?
Wollen wir uninformiert in eine ungewisse Zukunft geführt werden, ohne unser Mitspracherecht zu entwickeln?
Die Tatsache, dass der amtierende BGL-Vorsitzende über diese Vorgänge nicht informiert ist, gibt uns Anlass zur Sorge und wirft die Frage auf: Werden die Belegschaftsinteressen durch die verhandelnden Direktoren ausreichend berücksichtigt?
Deshalb fordern wir:
1. Sofortige umfassende Information der amtierenden BGL über den Stand und das Ziel der Verhandlungen.
2. Zur gewerkschaftlichen Interessenvertretung ist es erforderlich, schnellstens eine sachkundige Kommission zu schaffen, um Einfluss auf die Verhandlungen zu nehmen. Dazu sollte von der amtierenden BGL die Initiative ergriffen werden.
Wir schlagen vor, dass von den AGL kompetente Vertreter benannt werden, die durch die Vertrauensleute zu wählen sind.
Wir rufen alle Gewerkschaftsgruppen auf, diese Initiative zu unterstützen.
Gewerkschaftsgruppe Af/Lb
(Anmerkung der Redaktion: In unserer schnelllebigen Zeit wird oft genug ein Beitrag schon über Nacht durch neue Ereignisse oder Erkenntnisse überholt. Zur hier angesprochenen Problematik hat Generaldirektor Alfred A. auf seinen Planinformationen am 19. Januar und 5. Februar gesagt, was sich beim derzeitigen Stand der Verhandlungen sagen lässt. Aufgabe der anwesenden Leiter und Gewerkschaftsfunktionäre ist es, diese Informationen in ihren Kollektiven auszuwerten. - Auch die amtierende BGL wurde schon vor einiger Zeit über die anstehenden Probleme detailliert informiert.)
Antwort auf Probleme, die Kabelwerker interessieren
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Aufgrund der großen Anzahl von Antragen der IG Metallmitglieder aus Ost-Berlin und der DDR zu Fragen der Gewerkschaftsarbeit und der Betriebsratstätigkeit werden unsere Veranstaltungen weiterhin durchgeführt:
Informationsveranstaltungen zu den Themen:
- Rechte und Pflichten des Betriebsrates
- Vertrauensleutearbeit in der Bundesrepublik
- Rechte und Pflichten einer BGL aus dem AGB.
Termine:
8. Februar 1990
15. Februar 1990
22. Februar. 1990
17 Uhr beim Bezirksvorstand der IG Metall-DDR,
Herrmann-Schlimme-Sall, Wallstraße 61-65, Berlin, 1026 (DDR).
Sollte die Anzahl der Teilnehmer größer sein, steht auch ein anderer Raum zur Verfügung.
Wolfgang B.,
Rechtsabteilung
IG Metall für die Bundesrepublik Deutschland, Verwaltungsstelle Berlin
"WIR SIND IN EINER SITUATION, IN DER WIR NICHT GEWINNEN KÖNNEN"
- Bericht über eine Tagung von General Motors-Arbeitern
in Kassel -
Diese Feststellung eines irischen Gewerkschafters Packard Elektric klingt resignierend. Kein Wunder, denn die Unternehmensleitung von General Motors (GM) hatte es gegen den Willen der Gewerkschaften geschafft, in ihren Fabriken (Irland, Antwerpen, Brasilien, Bochum) Nachtarbeit und verlängerte Tagesschichten durchzusetzen. Im Hintergrund steht die derzeit starke Nachfrage auf dem Automarkt auf den das Management nicht mit zusätzlichen Fließbändern sondern mit höherer Auslastung der vorhandenen Maschinen durch Schichtarbeit reagieren will.
Die Arbeiter im Antwerpener Werk können sich z.B. lediglich entscheiden, ob sie an weniger Wochentagen längere Schichten (über 10 Stunden), oder an mehr Wochentagen kürzere Schichten arbeiten wollen.
Bei Opel in Bochum gelang der Unternehmensleitung ohne Drohungen Nachtarbeit einzuführen - ein gefügiger Betriebsrat und finanzieller Anreiz genügten.
Solchen Informationen konnte man aus erster Hand von betroffenen Arbeiter auf einer internationalen Konferenz in Elmshagen (nahe Kassel) Ende Januar 1990 erfahren. Eingeladen hatte die Transnational Information Exchange (Übernationaler Informationsaustausch, mit Sitz in Amsterdam) um gegenseitige Absprachen von Gewerkschaftern zu ermöglichen - wohlgemerkt: von Mitgliedern der Gewerkschaft, nicht von Funktionären! Gäste waren Vertreter von Solidarność und IUG um aus Polen und der DDR zu berichten und Erfahrungen zu sammeln.
Obwohl Nachtschichtarbeit bei uns seit Jahren zum Alltag gehört, konnte man auf dieser Tagung Einblick nehmen, mit welchen Unternehmermethoden wir es bald zu tun bekommen. Dazu gehört z.B., dass GM ihren international verteilten Fabriken so aufbaut, dass die Produktion ohne sehr großen Aufwand von der einen in die andere Fabrik umverlagert werden kann. Wenn eine Belegschaft gegen schlechtere Arbeitsbedingungen streiken will, kann die Konzernleitung immer damit drohen, die Produktion auszulagern und den Betrieb teilweise oder ganz stillzulegen.
Um die für vier Jahre gewählten Betriebsratsmitglieder zu gewinnen schließen die Unternehmer Sonderarbeitsverträge mit ihnen ab, in der Löhne vereinbart werden, für die gar keine Arbeit geleistet wird. Vor der Belegschaft wird die Höhe der Lohnsumme dann geheim gehalten, wie aus Bochum zu erfahren war.
Soll die Produktion durch den Einsatz effektiverer Maschinen rationalisiert werden, so dass Entlassungen fällig sind, wird die betreffende Fertigungslinie in einen anderen Betriebsteil ausgelagert. Dort stellt man entsprechend weniger Arbeiter ein. Die Gewerkschaft kann zwar verhindern, dass die Kollegen, die an den alten Maschinen gearbeitet haben, so fort eine Kündigung erhalten, aber sie werden auf schlechteren Arbeitsplätzen oder als Springer eingesetzt und kündigen dann bald von selbst (Beispiel: Polsterei bei Opel, Bochum).
Arbeiter erhalten etwas mehr Geld wenn sie sich bereit erklären, auf Pausen zu verzichten oder Nachtarbeit zu leisten. Junge Kollegen, die Anschaffungen machen wollen und gut in Form sind, gehen häufig auf, solche Angebote ein. Ältere Arbeiter, die Pausendurchlauf, Nachtarbeit und verlängerte Tagschicht nicht so gut verkraften können, werden dadurch unter Druck gesetzt und die Belegschaft in Alte und Junge gespalten. Neuerdings versucht GM die Teamarbeit einzuführen. Eine Gruppe kann dabei in vorgegebenem Rahmen selbst über Tempo und Produktionsausstoss entscheiden. Damit übernehmen sie unversehens (und kostenlos) auch einen Teil unternehmerischer Verantwortung, die soweit gehen kann, dass die Kollegen für die Entlassung desjenigen stimmen, der das Arbeittempo nicht mithalten kann.
Durch die oft miese Rolle von Betriebsräten, die Spaltung der Belegschaft und die fehlende Solidarität über Betriebs- und Ländergrenzen hinweg, sind die Arbeiter sehr oft die Verlierer im Kampf gegen die Verschlechterung ihrer Arbeitsbedingungen. Die Konferenz zeigte eindringlich, wie notwendig eine internationale Zusammenarbeit von Gewerkschaften ist.
H(...) A.
* MITTEILUNGEN IN EIGENER SACHE * MITTEILUNGEN IN EIGENER SACHE *
! ! ! WIR HABEN EINE NEUE ADRESSE ! ! !
Obwohl sich die Kollegen von der Gewerberaumlenkung im Rat des Stadtbezirks Prenzlauer-Berg wirklich unheimlich um uns bemüht haben - vielen Dank erstmal! - war es in der gebotenen Kürze der Zeit nicht möglich, zu einer endgültigen Lösung zu kommen. Wir mussten daher einen brauchbaren Übergang für die nächsten Monate schaffen und residieren bis auf weiteres in unserm Kontaktbüro
PFEFFERBERG
SCHÖNHAUSER ALLEE 176
HAUS 9, ZIMMER 201/202
Eingang Christinenstr.
Montag 17.00-19.00 und Mittwoch19.00-21.00 Uhr.
Unsere Bürostunden sollen künftig stärker für Einzelkonsultationen zur Verfügung stehen, in denen die konkreten Probleme in dem jeweiligen Betrieb gründlicher besprochen werden können.
Daneben veranstalten wir Treffen mit Versammlungscharakter, die für Informationen und zum Erfahrungsaustausch in größerem Rahmen geeignet sein sollen, ähnlich, wie es sich im Literaturklub abgespielt hat. Diese Versammlungen können nach Bedarf, vorerst einmal monatlich organisiert werden. Dazu nutzen wir den Speisesaal im FEIERABENDHEIM in der LIEBIGSTRASSE, (der Neubau direkt hinter dem Sport-, Camping und Freizeit-Kaufhaus am U-Bahnhof Frankfurter Tor). Die erste Veranstaltung findet am
Dienstag, 6. März 90 um 19.00 Uhr statt.
Neben der Information über den Stand der Arbeiten des Gründungskomitees geht es vor allem um das z.Zt. vieldiskutierte
FÜR UND WIDER EINER ANGESTELLTENGEWERKSCHAFT
Eingeladen werden Vertreter der DAG (Deutsche Angestellten Gewerkschaft) sowie der ÖTV (Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr) im DGB (Deutscher Gewerkschaftsbund)
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