Initiative für unabhängige Gewerkschaften
I U G

Wir werden schon wieder verschaukelt!

Wir sprechen dem FDGB-Kongress das Recht ab im Namen seiner Mitglieder zu tagen, zu verhandeln und Beschlüsse zu fassen. Im Wahlmodus (s. TRIBÜNE 01.12.1989) wird festgelegt, dass die Delegierten "in geheimer Wahl gewählt" werden. Dieser Beschluss wurde in vielen Fällen nicht eingehalten. Stattdessen sind zahlreiche Delegierte des Kongresses auf äußerst undemokratische Weise zu ihrem Mandat gekommen.

Versorgungstransporte Berlin:
Ohne Wahl mit Hilfe einer Unterschriftensammlung wird der AGL-Vorsitzende Delegierter.

Kabelwerk Oberspree:
Unter dem Druck der BGL wird die Kandidatur eines SPD-Gewerkschafters zurückgenommen.

Berliner Aufzug- und Fahrtreppenbau:
Die Delegiertenwahl findet ohne 50 %-Wahlbeteiligung statt.

Kombinat Stadtwirtschaft:
Die BGL setzt ein Mitglied aus der Leitung ohne Wahl ein.

Elektromontage Oranienburg:
Nachdem sich in der VVV niemand bereit findet, schickt der Kreisvorstand eigene Delegierte.

Akademie der Wissenschaften:
An mehreren Instituten werden die Namen der Delegierten im Nachhinein bekannt gegeben. Es erfolgt keine Wahl.

VEB WEMA Plauen:
Ein Kollege wird von 80 % der Belegschaft gewählt - der Kreisvorstand entscheidet anders.

Dienstleistungsbetrieb Berlin:
Der Kreisvorstand bestimmt die Delegierten.

Mit diesen Methoden setzt der FDGB die Tradition ungebrochen fort, hierzulande Wahlen schon durch die Auswahl der Delegierten zu manipulieren. Es zeigt sich wieder einmal: Von alten Kadern in alten Strukturen ist keine neue Politik zu erwarten!

Es hilft uns nicht weiter, wenn jetzt zwar 80 % des FDGB-Apparates aufgelöst werden, aber zugleich in den Einzelgewerkschaften Unterschlupf finden.

Einzige Konsequenz muss daher Selbstauflösung des gesamten FDGB einschließlich der IG/Gew sein, um den Weg für die Neuorganisation wirklicher Interessenvertretungen von unten nach oben zu ermöglichen.

[Januar/Februar 1990, als Flugblatt vor dem FDGB-Kongress vor Berliner Betrieben verteilt]


Gegendarstellung

Die von der IUG aufgestellte Behauptung: "Kabelwerk Oberspree:
Unter dem Druck der BGL wird die Kandidatur eines SPD-Gewerkschafters zurückgenommen" ist falsch!

Richtig ist: Ich wurde von der Gewerkschaftsgruppe des Drahtfabriklabors als Gegenkandidat zu Koll. P(...) für die Wahl zum FDGB-Kongressdelegierten aufgestellt. Zu dieser Wahl wurde eine Vertrauensleutevollversammlung einberufen. In geheimer Wahl erhielt Koll. Pischner 105 Stimmen, und ich erhielt 48 Stimmen, 20 Stimmen waren ungültig. Vor, während und nach dieser Wahl ist auf mich keinerlei Druck ausgeübt worden.

A(...) B(...)

aus: Berliner Zeitung, Nr. 35, 10./11.02.1990, 46. Jahrgang