Pressemitteilung für den Bezirk Rostock

Unsere einzige Chance - gemeinsames Handeln

Aufruf zur Mitarbeit im Aktionsbündnis "Grüne Liga"

Das Wissen um den Ernst und die Dringlichkeit der globalen und lokalen ökologischen Probleme führte Vertreterinnen und Vertreter verschiedener Basisgruppen vom 24. bis 26. November 1989 auf dem 6. Berliner Ökologieseminar zusammen, die auf den Gebieten des Umwelt- und Naturschutzes sowie der Stadtgestaltung arbeiten. Die Mitverantwortung, die jeder von uns für die Lösung der anstehenden, schier nicht zu bewältigenden Aufgaben des Umweltschutzes in der DDR in sich spürt, drängt zum Handeln. Dieses kann nur ein gemeinsames sein!

Ungeachtet unterschiedlicher Erfahrungen, Weltanschauungen und Parteizugehörigkeit wollen wir uns zusammenschließen zu einem Aktionsbündnis aller im umwelterhaltenden Bereich tätigen Kräfte. Wir rufen daher zur Gründung eines Dachverbandes unter dem vorläufigen Namen "Grüne Liga" auf.

Sie soll ein gemeinsames Bündnis zur Rettung unserer natürlichen Lebensgrundlage, zur Stimulierung alternativer Denk- und Verhaltensweisen und zur Überwindung des ökologischen Handlungsdefizits sein. Aus diesem Grunde richten wir den Aufruf an alle bereits bestehenden und die sich neu bildenden Gruppen, Verbände, Parteien u. ä., die sich unserem Anliegen verpflichtet fühlen, sich bei Bewahrung ihrer Eigenständigkeit und ihrer Identität dieser Initiative anzuschließen. Wir schlagen die Durchführung einer Gründungsversammlung am 3. Februar 1990 vor, auf der neben Fragen zu Struktur und Arbeitsweise u.a. folgende dringende Sachprobleme auf der Tagesordnung stehen sollten:

- volle Zugänglichkeit zur Umweltüberwachung

- ungeschminkte Darstellung der Umweltsituation in der DDR

- Sicherung eines festen, angemessenen Raumes für die Darstellung von Umweltproblemen und die ökologische Information in den Massenmedien, insbesondere im Fernsehen

- Kennzeichnung von ökologischen Katastrophengebieten

- Vorschläge für Sofortmaßnahmen

- Bildung einer Kommission zur Aufdeckung aller schwerwiegenden Verletzungen des Landeskulturgesetzes, insbesondere durch Baumaßnahmen und andere Beeinträchtigungen in und an Landschafts- und Naturschutzgebieten

- Bildung einer Arbeitsgruppe zur Überprüfung der Energiepolitik

- Müllexport und -import

- Überprüfung der Subventionspolitik unter ökologischen und sozialen Aspekten

- Einrichtung von Nationalparks und Biosphärenreservaten der DDR, insbesondere anstelle der bisherigen Staatsjagdgebiete und Truppenübungsplätze

- Bildung eines unabhängigen Ökologieinstitutes der DDR

- Herausgabe einer massenwirksamen Monatszeitschrift für Natur- und Umweltschutz als öffentliches Informations- und Diskussionsforum der Bürger

- Überarbeitung von Gesetzen und Beschlüssen, die die Umweltproblematik tangieren

- Vorschläge für die Erschließung gesellschaftlicher Reserven für die Abwendung der ökologischen Krise, insbesondere Aufdeckung von Verschwendungen und Privilegien

- Erarbeitung einer Strategie zum ökologischen Umbau der Gesellschaft einschließlich einer Belastbarkeitsstudie

- Bildung, Verwendung und öffentliche Kontrolle eines öko-Fonds zur Förderung des ökologischen Umbaus, insbesondere von alternativen gesellschaftlichen Handlungsangeboten.

Die "Grüne Liga" arbeitet vorläufig mit folgender Struktur:

1. Die "Grüne Liga" wird als Netzwerk aufgebaut

2. Daraus ergibt sich, dass alle an der Mitarbeit interessierten Gruppen ihre volle Selbständigkeit behalten

3. Die Vernetzung übernimmt bezirksweise eine Koordinierungsstelle

4. Es wird eine provisorische Geschäftsstelle in Potsdam eingerichtet.

Es wird die Arbeit in vorläufigen überregionalen Projektgruppen vorgeschlagen:

- ökologischer Gesellschaftsumbau

- Biotop- und Artenschutz

- Wasserreinhaltung

- Luft

- Energiepolitik und zukunftsorientierte Alternativen

- ökologisch orientierte Lebensweise

- Umwelterziehung

- Müll/Recycling

- Stadtgrün

- Landwirtschaft

- Stadtgestaltung

- Internationale Zusammenarbeit

- Information/Öffentlichkeitsarbeit

- Humanökologie

Wir bitten alle Gruppen, die auf den oben angegebenen Gebieten Arbeitserfahrungen besitzen, sich in die überregionalen Projektgruppen einzubringen. Des weiteren sind wir in jedem Fall an der Mitarbeit von Wissenschaftlern und Technikern interessiert, die ihre Spezialkenntnisse in unsere Projektgruppen einbringen möchten. Kontaktadressen sind über die bezirklichen Koordinierungsstellen anzufordern.

Alle Interessenten an der Mitarbeit in der "Grünen Liga" werden aufgefordert, sich bis zum 24. Dezember 1989 schriftlich mit den bezirklichen Koordinierungsstellen in Verbindung zu setzen. Es sind des weiteren Vorschläge zur Struktur und zum Arbeitsprogramm gefragt. Über die folgende vorläufige Bezirkskoordinationsadresse kann schriftlich Kontakt aufgenommen werden:

Thomas B(...)
(...) 13/15
B 3-1504
Rostock
2500

Wir haben keine Zeit mehr - unsere einzige Chance liegt im gemeinsamen Handeln!

aus: Ostsee-Zeitung, Nr. 286, 05.12.1989, 38. Jahrgang, Bezirksorgan Rostock der SED, Herausgeber: Bezirksleitung Rostock der SED

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