"PDS und CDU gehören in die Opposition"

Ingrid Köppe, Spitzenkandidatin des Bündnis 90, zum Stand der Koalitionsverhandlungen / Basis soll über Regierungsbeteiligung entscheiden / Keine Probleme mit Tolerierung eines Minderheitsmagistrats durch PDS oder CDU

taz: Wieso verhandeln Sie eigentlich noch mit der SPD? Die Sozialdemokraten lehnen doch den von Ihnen geforderten Minderheitsmagistrat ab?

Ingrid Köppe: Wir haben von unserer Basis den Auftrag, mit der SPD zu verhandeln. Im Moment sind wir in den Sachverhandlungen. Wir sehen noch nicht, dass unser Verhandlungsauftrag schon erledigt ist. Was den Minderheitsmagistrat angeht, ist die SPD da recht widersprüchlich. Sie sagt, dass sie einen Minderheitsmagistrat nicht favorisiert. Die Sozialdemokraten favorisieren eine Koalition, die aus Bündnis 90, Grünen, SPD und CDU besteht. Wir haben aber deutliche Wahlaussagen getroffen, dass wir weder mit der PDS, noch mit der CDU ein Bündnis eingehen. Daran halten wir uns auch. Wir wollen nicht nur allgemeine Gespräche mit der SPD führen, sondern auch Sachgespräche. An den Sachthemen wollen wir die Unterschiede deutlich machen. Die SPD verhandelt parallel auch mit der CDU. Wenn dann am Schluss zwei Pakete rauskommen, wird deutlich werden, wo es die größere Übereinstimmung gibt. Dann werden wir auch Dissenspunkte benennen, sowohl zur SPD als auch zur CDU.

Was macht das Bündnis 90, wenn der Dissens zur CDU eher klein ist?

Das werden wir dann entscheiden. Letztendlich hat auch die Basis das letzte Wörtchen mitzureden. Wir halten es für dringend notwendig, noch eine Vollversammlung durchzuführen. Da sollen dann die Gespräche ausgewertet werden. Wir wollen bei der Basis auch rückfragen, wie wir uns verhalten sollen.

Ein Minderheitsmagistrat wäre auf die Stimmen der CDU oder der PDS angewiesen. Dagegen haben die Sozialdemokraten große Bedenken. Wie wollen Sie die beseitigen?

Die PDS und die CDU gehören beide auf die Oppositionsbank. Sie sind überhaupt nicht berechtigt, hier in eine Koalition einzutreten. Sie sollen sich auf der Oppositionsbank bewähren. Wir gehen davon aus, dass es unmöglich ist, dass es zwischen beiden zu einer Ablehnungs-Koalition kommt. Die PDS hat große Teile ihres Programms bei uns abgeschrieben, von daher wird sie uns oft zustimmen müssen.

Moralische Probleme hätten Sie damit nicht?

Nein, hätten wir nicht. Wir machen das von Sachfragen abhängig. Und wir sagen auch, dass wir einen CDU/SPD-Magistrat unterstützen würden, wenn er vernünftige Politik für die Bürger macht.

Besteht nicht die Gefahr, dass man sich mit einer Tolerierung durch die PDS erpressbar macht, gerade, was den personellen Umbau der Verwaltung angeht?

Da würde die PDS keine Mehrheiten finden. Dieser Umbau der Verwaltung ist für uns sehr wesentlich. Da müssen alte Strukturen durchbrochen werden. Das schaffen wir auch ohne die PDS.

In dem Fall dann mit der CDU?

Ja sicher, das hängt immer von den einzelnen Fragen ab.

Interview: ccm

aus: taz-Berlin Nr. 3108 vom 16.05.1990