Ibrahim Böhme

Ibrahim (Manfred Otto) Böhme lernte Maurer in Leuna. Fernstudium an der Fachschule für Bibliothekare in Leipzig.

Ibrahim Böhme übte eine Vielzahl von Tätigkeiten aus. Er arbeitete u.a. als Erzieher, Jugendclubleiter, Kulturbundsekretär, Produktionsarbeiter, Leiter eines Kreiskulturhauses, Beikoch, Kellner, am Theater, bei der Post. Zwischendurch war er auch arbeitslos.

Er hielt 1965, nachdem Robert Havemann bei der SED in Ungnade gefallen war, einen Vortrag über ihn. Was dem SED-Kandidat und -Mitglied Böhme, 1961-1976, eine Parteistrafe einbrachte. Er musste sich in der Produktion bewähren.

Kreissekretär des Kulturbundes "Alexander von Humboldt". Seinem Greizer Freundeskreis gehörten Jürgen Fuchs, Rainer Kunze und Arnold Vaatz an.

In Neustrelitz arbeite er als Leiter der Öffentlichkeitsarbeit des Theaters.

1978 vier Monate in U-Haft wegen "staatsfeindlicher Hetze". Für seine Freilassung setzte sich der nach neuen Monaten Haft 1977 in den Westen ausgebürgerte Jürgen Fuchs ein. Er schaltete Amnesty International ein und sprach Wolf Biermann an. Biermann wiederum wandte sich an einen von der DKP.

Ibrahim Böhme hatte selbstgeschriebene Blätter in Magdeburg aus dem Zug geworfen.

Betätigte sich im Arbeitskreis solidarische Kirche.

1987 stieß er zur IFM. In der IFM Zeitung "Grenzfall" unterzeichnete er seine Artikel mit vollem Namen. Was er als IM gefahrlos machen konnte. Diskutierte im Arbeitskreis "Theologie und Philosophie" mit, der sich beim Pfarrer Peter Hilsberg traf.

Hatte auch kurz Zeit Kontakt zur Gruppe "Gegenstimmen".

Einen "echten Böhme" fabrizierte er am 20.01.1988. Er behauptete zusammengeschlagen worden sein. Wobei er sich filmreif verunstaltete. Ein gefundenes Fressen für die ARD. Die Abkürzung MfS musste nicht fallen, um zu wissen wer den armen Herrn Böhme so malträtiert hat.

In seinem Vortrag auf dem Menschenrechtsseminar, "Menschenwürde, Menschenrechte, Menschenpflichten", in der Golgathakirchengemeinde in Berlin am 25.08.1989 meinte er, dass in der DDR eine stille Revolution von Unten nach Oben vollzogen werden muss.

Gründungsmitglied der SDP. Auf der Gründungsversammlung brachte er zum Ausdruck, dass er Marxist sei. Er wurde auf der Gründungsversammlung neben anderen zur Wahl des 1. Sprechers vorgeschlagen. Laut Stephan Hilsberg lehnte er mit den Worten ab, "Gebraucht mich, um mich zu benutzen". Er wurde zum Geschäftsführer gewählt. Später bezeichnete Stephan Hilsberg ihn auf diesem Posten als Totalausfall.

Vertreter am Zentralen Runden Tisch für die SDP/SPD. In der ersten Sitzung bezeichnete er Wolfgang Ullmann als seinen Freund.

Mit 91,6 Prozent der Stimmen wird er auf dem SPD-Parteitag im Februar 1990 zum Vorsitzender der SPD (DDR) gewählt.

Am 02.03.1990 traf er sich mit dem damaligen sowjetischen Außenminister, Eduard Schewardnadse in Moskau.

Egon Krenz bot am Abend seiner Wahl am 18.10.1989 Böhme ein Gespräch an, welches er aber ablehnte. Hans Modrow bot ihm im Januar 1990 einen Stellvertreterposten an, den er ablehnte. Er sollte stellvertretender Umweltminister werden.

Abgeordneter der Volkskammer. Dort wird er zum Fraktionsvorsitzenden der SPD gewählt. Wird im September 1990 in den Parteivorstand der vereinten SPD gewählt.

Erste Stasi-Gerüchte - IM seit 1968 - gegen ihn werden von Journalisten im Januar 1990 laut. Ohne Beweise. Stasivorwürfe werden zu dieser Zeit zahlreich erhoben. Böhme wird u.a. von Thomas Krüger gefragt, ob er ein Spitzel gewesen sei. Was der bestritt.

Bei seiner Akteneinsicht am 30.03.1990 in der Berliner Normannenstraße bietet der Regierungsbevollmächtigte für die Auflösung des MfS, Werner Fischer, seine Begleitung an. Böhme hatte während seiner Spitzellaufbahn vier Decknamen und war ein Vielberichter.

"August Dremker", "Paul Bonkarz", "Bernd Rohloff" und "Maximilian". Kurze Zeit wurde er auch unter seinem selbst gewählten Namen "Ibrahim" geführt.

Das MfS warf ihm 1979 unehrliche und tendenziöse Berichterstattung vor. Böhme wurde selbst überwacht. Später meint er, es seinen Informanten darunter gewesen, denen er es nicht zugetraut habe.

Nachdem Gerüchte über seine Spitzeltätigkeit aufkamen, schrieb ihm Wolf Biermann einen Brief, indem er ihm Hilfe anbot. Den Böhme nicht beantwortete.

Nach einer Bombendrohung gegen ihn zieht Ibrahim Böhme vorübergehend in ein Hotel in Berlin-Charlottenburg. Von den Ereignissen mitgenommen, musste sich Ibrahim Böhme in ein Krankenhaus begeben. Für ein paar Tage hielt er sich in Rheinbach bei Bonn und in Tübingen und zur Erholung etwa eine Woche in der Toskana auf.

Mit Schreiben vom 01.04.1990 tritt Böhme von seinen Ämtern zurück. Nach seinem Rücktritt kritisiert er die Beteiligung der SPD an der DDR-Regierung. Grund sei die Beteiligung der DSU. Nach seinem Rücktritt konnte er folgenlos gegen eine Beteiligung der SPD an der Regierung sein. "Für mich ist eine Beteiligung an einer Regierung zusammen mit der DSU jenseits der Schmerzgrenze. Das kann ich nicht mittragen." (1)

Er war der einzige aus der SPD-Volkskammerfraktion, der dem Staatsvertrag zur Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion am 21.06.1990 nicht zustimmte.

Sein Volkskammermandat legt er am 31.08.1990 nieder.

Ab 09.07.1990 Polizeibeauftragter beim Magistrat von Berlin bis zur Wahl des Gesamtberliner Abgeordnetenhauses im 02.12.1990. Vorgeschlagen für diesen Posten hat ihn Thomas Krüger, Stadtrat für Inneres und Justiz.

Auf dem Vereinigungsparteitag der SPD am 27.09.1990 in Berlin wird er in den Vorstand gewählt.

Am 02.07.1992 wird er von der Landesschiedskommission der SPD aus der SPD ausgeschlossen.

Er nahm an der Gründungsversammlung des Wahlbündnisses "Linke Liste/PDS" am 28./29.07.1990 in Köln teil. Ohne sich am Wahlbündnis zu beteiligen.

Von seinen Weggefährten wird im eine große Ausstrahlung und die Gabe auf Menschen zugehen zu können bescheinigt. Markus Meckel meinte, in der Partei waren die ganz verrückt nach ihm. (2)

Auffallend war auch seine stets adrette Erscheinung. Frauen begrüße er auch mit Handkuss. Aufgefallen ist er auch durch seine Beteiligung an der "Küchenarbeit" bei Treffen Oppositioneller. Sie wurde sonst von Frauen gemacht.

Er nahm an der letzten Sendung von "Radio Glasnost", des berliner Senders "Radio 100" am 27.11.1989 teil, beeindruckte dort und verteilte Rosen nach der Sendung an die Damen. Erste Sendung am 22.07.1987.

Mitglied der Arbeiterwohlfahrt.

Ibrahim Böhme war eine schillernde Figur sowohl in der Oppositionsszene als auch beim MfS.

Nach seiner Enttarnung als IM versuchte die SDP/SPD seine Rolle in der Partei herunterzuspielen. Markus Meckel warf ihm vor, vor der Volkskammerwahl die Arbeit behindert zu haben.

Als sein Vorbild nannte Böhme Robert Havemann.

Seine persönliche Referentin, die ihm von der Bonner SPD-Baracke zur Verfügung gestellt worden war, wurde später wegen Kontakten zum MfS entlassen. Ihr unterstand die Büroorganisation Böhmes seit Anfang 1990.

Ibrahim Böhme versuchte sich 1993 selbst zu töten. Eine IM-Tätigkeit bestritt er, geboren am 18.11.1944 in Bad Dürrenberg, bis zu seinem Tode am 22.11.1999 in Neustrelitz.

Er wurde kurz vor seinem Tode von Ulrike Poppe und Markus Meckel besucht. Von Böhme bespitzelte versuchten vergeblich ihn über seine Arbeit für das MfS zum Reden zu bringen. So z.B. Angelika Barbe und Werner Fischer.

Nach seinem Tod entstand ein Hörspiel "Böhme stirbt in Neustrelitz" von Autor Eugen Ruge.

(1) Neues Deutschland, 17.04.1990
(2) Birgit Lahann: Genosse Judas, Die Zwei Leben des Ibrahim Böhme, Rowohlt Berlin 1992, S. 243

Links
lbrahim M. Böhme erwirkte eine Gegendarstellung im Spiegel Nr. 17 vom 23.04.1990, in der er eine IM-Tätigkeit bestritt.

Ibrahim Böhme bestreitet Stasimitarbeit

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