Bärbel Bohley

lernte Industriekauffrau. Arbeitete beim VEB Starkstromanlagenbau Berlin. Durch eine pädagogische Weiterbildung Lehrausbilderin. Mitglied im FDGB. Begann 1969 ihr Studium an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee. Während ihres Studium musste sie 1971 an einer vormilitärischen Ausbildung teilnehmen. Sie weigerte sich an der Schießübung teilzunehmen. 1974 schloss sie das Studium als Diplommalerin ab. Danach freischaffende Malerin. Bis 1982 konnte sie ausstellen. Zusammen mit Katja Havemann richte sie eine Keramikwerkstatt ein.

1962 habe sie die Mauer noch akzeptiert. Geglaubt, dass hinter diesen Steinen jetzt das Leben aufgebaut werden könnte, von dem ich damals geträumt habe. Der "wirkliche" Sozialismus, schrieb sie 27 Jahre später. Nach dem "Prager Frühling" sah die Welt für sie alternativlos aus. War im Elternaktiv an der Schule ihres Sohnes.

Studienreise nach Tübingen für eine Woche vom Verband Berliner Künstler 1979. Vorstandsmitglied des Verbandes der Bildenden Künste Berlin. Bis 1983 Mitglied der Berliner Sektion des Verbandes der Bildenden Künste. Wegen ihrer politischen Betätigung wurde sie hinaus gekegelt.

Gegen sie wurde ein Auslandsreiseverbot erlassen. Sie konnte in der DDR nicht mehr ausstellen. Das MfS erfasste sie in dem Operativen Vorgang "Bohle". Am Tag der Beerdigung Robert Havemanns am 17.04.1982 wurde sie morgens für einen Tag festgenommen.

In ihrem Atelier gründete sich 1982 das Netzwerk "Frauen für den Frieden". Die Frauen wurden im Zentralen Operativen Vorgang "Wespen" des MfS erfasst. Zusammen mit Ulrike Poppe sechs Wochen U-Haft (12.12.1983-24.01.1984) wegen des Verdachtes auf landesverräterische Nachrichtenübermittlung. Eine britischen Journalistin aus der Friedensbewegung, zu der Bärbel Bohley Kontakt hatte, wollte über die Situation der Frauen in der DDR und den unabhängigen Frauengruppen schreiben.

Über den Knast schrieb Bärbel Bohley: "Das Personal, ja selbst das Mobiliar in Berlin-Hohenschönhausen war absurd. Alles war bieder, primitiv und simpel, dabei wollten sie doch das 'Schild und Schwert der Partei' sein." Als ihr Vernehmer ihr mit einer 12jährigen Haftstrafe drohte, sagte sie: "Gut, 12 Jahre, aber ich komme hier wieder raus, sie nie".

Sie schrieb am 18.11.1983 einen Brief an die Frauen für den Frieden in Westberlin. Im Oktober 1983 traf sie und andere "Friedensfrauen" sich mit einer Delegation von BRD-Grünen in ihrer Wohnung. Beide Seiten wollten im November einen offenen Brief in den Botschaften der UdSSR und den USA übergeben. Das und die damit verbundene Demo wurde aber von den DDR-Organen unterbunden.

Sie beteiligte sich an einem befristeten Fasten in der Erlöserkirche in Berlin vom 06. bis 12.08.1983. Auch wurde ein Brief an den Staatsratsvorsitzenden Erich Honecker geschrieben. Sie solidarisierten sich mit Menschen, die in verschiedenen westlichen Ländern, die 06.08.1983 mit einem unbefristeten Fasten für das Leben begannen.

Im Juni 1985 unterzeichnete sie die "Antwort auf den Prager Appell". Sie gehörte der "Kontaktgruppe Charta '77", die sich 1985 bildete, an. Teilnehmerin des deutsch-deutschen Friedensseminars am 29.09.1985 in der Berliner Samaritergemeinde. Im August 1987 traf sie sich mit Petra Kelly und Gert Bastian. Es wurden Planungen eines gemeinsamen Friedensseminars besprochen.

Mitbegründerin der Initiative Frieden und Menschenrechte. Während Erich Honeckers Staatsbesuch in Bonn 1987 überreichte Petra Kelly von den Grünen dem Staatsgast ein Brief und die Grafik "Niemandsland" von Bärbel Bohley, die in der DDR nicht ausstellen durfte.

Nach ihrer Verhaftung 1988, im Zusammenhang mit der Liebknecht-Luxemburg-Demo, Abschiebung nach England. Zuvor bot sie an, ihr Telefon als Kontakttelefon zur Verfügung zu stellen.

Zuvor wohnte sie drei Wochen lang bei Lukas Beckmann von den Grünen in Bonn. Petra Kelly lud sie ein, auf einer Sitzung der Grünen Bundestagsfraktion zu sprechen. Über die Hälfte der Fraktionsmitglieder verließen den Saal. Nach einem Besuch in einem westdeutschen Kaufhaus meinte sie: "Ich habe nichts gesehen, was mir gefallen hat. Obwohl alles besser aussieht als in der DDR, ist es für die Müllkippe gemacht. Kurzlebig. Dieser Geist schwebt über allem".

Sie besuchte Frankreich und Italien.

Sie hatte große Sorge, dass sie nicht mehr in die DDR einreisen dürfe. Für diesen Fall spielte sie mit dem Gedanken mittels einer Leiter am Brandenburger Tor in Berlin über die Mauer zu klettern. Im Rücken eine Schar von Presseleuten.

Sie versuchte vergeblich Kontakt zu ihrem Rechtsanwalt, Wolfgang Schnur aufzunehmen. Daraufhin vermittelte Katja Havemann ihr Gregor Gysi als Anwalt.

In einem Brief vom 30.06.1988 an Erich Honecker setzte sich Bischof Gottfried Forck für eine Wiedereinreise von ihr und Werner Fischer ein. Er schlug eine Vorverlegung des Einreisetermins vor. Um den erwartenden Medienrummel zu entgehen, erfolgte dann die Einreise drei Tage früher.

Rückkehr in die DDR am 3. August 1988 durch Mithilfe des damaligen SPD-Parteivorsitzenden Oskar Lafontaine, Petra Kelly und ihres Anwaltes Gysi.

Auf einem Sonntagsgespräch im Oktober 1988 wurde ihr von "Ausreisern" Unverständnis über ihre Rückkehr in die DDR entgegengebracht. Die teilweise deutliche Distanz der Friedensgruppen zu den "Ausreisern" begründete sie mit der Angst von ihnen "überschwemmt" zu werden.

Im November 1988 vertrat sie die Auffassung, dass die Bildung einer Opposition außerhalb der Kirche notwendig sei. Im Dezember 1988 unterschrieb sie eine Erklärung zum 40. Jahrestag der Verabschiedung der UNO-Menschrechte.

Im Februar 1989 schrieb sie: "Ich habe die Macht des totalitären Systems auf absurde Weise erfahren. Selbst außerhalb seines eigenen Raumes besetzte es mein Denken und Fühlen und ich schleppte es wie eine Kette mit mir herum. Im Knast war ich äußerlich gefesselt, im Westen war ich es innerlich. Erst dadurch, dass ich mich auch außerhalb seiner Grenzen an dieses System gebunden fühlte, ist mir klar geworden, welche direkte und indirekte Macht es ausübt." (1)

In der SFB-Sendung "Kontraste" am 24.04.1989 rief sie die Bürger in der DDR dazu auf, die Wahlkabine bei der bevorstehenden Kommunalwahl am 07.05.1989 zu benutzen.

In einem Interview im August 1989 sagte sie: "Es gibt so eine Art Endzeitstimmung. Sehr lange wurde in die Sowjetunion geguckt, und es war immer die Hoffnung da, dass sich bei uns auch was bewegt. Jetzt sieht es gar nicht so gut aus, in beiden Ländern nicht". (2)

Rainer Eppelmann und Ehrhart Neubert versuchten sie für eine Zusammenarbeit mit der Vorbereitungsgruppe des Demokratischen Aufbruch zu gewinnen. Sie lehnte ab. Die Differenzen lagen in der Stellung zur Machtfrage. Außerdem hatte sie Vorbehalte gegen Rainer Eppelmann und Wolfgang Schnur.

Das Beharren auf der Machtfrage betrachtete sie als Machogehabe.(3)

Vor der Gründung des Neuen Forum kam ein Pfarrer zu ihr, um sie für die Gründung des Demokratischen Aufbruch zu gewinnen. Als sie hörte, Wolfgang Schnur und Rainer Eppelmann seien dabei, sagte sie mit denen nicht, berichtete sie im September 1990.

Am 01.09.1989 wurde sie von Martin Gutzeit besucht, der sie über die Initiative zur Gründung einer Sozialdemokratischen Partei in der DDR unterrichtet und ihr ein Exemplar des Gründungsaufrufs übergab.

Mitbegründerin des Neuen Forum am 09./10.09.1989.

Sie wurde zum Gesicht und Reibungspunkt der Bürgerbewegung in der DDR. Vertreterin des NF am Zentralen Runden Tisch. Mitglied des DDR-weiten Sprecherrates des NF. Hier meinte sie im Februar 1990: "Ich gebe meine Geschichtsvision von einem Sozialismus zugunsten einer Konsumgesellschaft nicht auf."

Im Oktober 1989 verfasste sie einen Aufruf gegen die Abschiebung von 1 500 Roma aus Hamburg. Sie setzte sich für eine Aufnahme in der DDR ein.

Am 26.10.1989 lud sie Wolf Biermann zu einer Veranstaltung in die DDR ein.

Sie schlug die Einladung von Politbüromitglied Günter Schabowski zu einem Gespräch am 26.10.1989 aus. Empfahl aber Sebastian Pflugbeil und Jens Reich dort hinzugehen.

Sie weigerte sich als Rednerin auf der Demonstration in Berlin am 04.11. zu sprechen. Nach dem Motto, wer zu erst zuckt hat verloren. Jens Reich zuckte zuerst.

Als sie am 04.11.1989 sah wie Markus Wolf die Hände zitterten, als er auf der Demo ausgepfiffen wurde, sagte sie zu Jens Reich: "So, jetzt können wir gehen. Die Revolution ist gelaufen."

Anlässlich der Maueröffnung meinte sie: "Die Menschen sind verrückt, und die Regierung hat den Verstand verloren". Laut Klaus Wolfram sagte sie eine Woche nach dem Mauerfall zu ihm: "Jetzt kommt der Kapitalismus, da zählt nur Eigentum. Also muss uns Gysi nun das Haus der Demokratie schenken."

Anfang Dezember 1989 besprach sie ein Deeskalationsmodell mit Markus Wolf und Gregor Gysi. Hintergrund war die Befürchtung es könne wegen der Stimmung in der Bevölkerung bei Demos zu Übergriffen kommen. Eine Solidaritätsadresse für ihren Rechtsanwalt Gregor Gysi veröffentlichte sie am 13.12.1989, zu dem sie Vertrauen habe.

Im Dezember 1989 unterzeichnete sie den "Appell der 89".

Nach dem mageren Ergebnis von Bündnis 90 nach der Volkskammerwahl meinte sie, dass der Demokratisierungsprozess durch die Wahlen abgebrochen worden sein. Wenn sich statt dessen durchgesetzt hätte, was an den Runden Tischen begonnen worden ist, dann hätten wir vielleicht die Chance gehabt, eine demokratischere Gesellschaft zu werden, als es die Bundesrepublik ist, und hätten damit ein Zeichen setzen können. Im Mai 1990 wird sie in die Stadtverordnetenversammlung von Berlin gewählt.

Im Sommer 1990 nahm sie zusammen mit Klaus Wolfram und anderen an Gesprächen mit der PDS über eine gemeinsame Partei, die zur Bundestagswahl antreten sollte, teil. Bohley schwebte eine überparteiliche Wahlvereinigung mit Persönlichkeiten aus Ost und West vor. Gregor Gysi von der PDS bot ihr einen aussichtsreichen Listenplatz für die gesamtdeutschen Wahlen an.

Besetzerin der Stasi-Zentrale im September 1990. U.a. wurde der Verbleib der Akten auf dem Gebiet der DDR gefordert. Die Forderungen der BesetzerInnen unterstrich sie mit der Beteiligung an einem Hungerstreik. Joachim Gauck beantragte ihren Ausschluss aus dem Neuen Forum. Erfolglos.

Patin eines besetzten Hauses in Berlin 1990. Im März 1990 unterstützte sie Totalverweigerer. Mitbegründerin der "SOLIDAR-Stiftung e. V." am 18.06.1990. Unterzeichnete ein Aufruf der Frauenaktion scheherazade 1991 zum USA/Irak/Kuwaitkrieg. Mitinitiatorin eines Aufrufes an Frauen zur Kriegsdienstverweigerung 1991. Sie rief zur Verweigerung des Kriegsdienstes in jeglicher Form auf.

Bärbel Bohley lehnte 1991 die Bildung von Bündnis 90 ab. Sie wurde 1992 von der CDU als Stasi-Beauftragte in Berlin vorgeschlagen. Scheiterte am Widerstand der SPD. 1991 wird sie kurze Zeit als Kandidatin für das Bundespräsidentenamt gehandelt.

Nach der Einsicht in die Akten, die die Staatssicherheit über sie angelegt hatte, sagte sie: "Hätte man diese Energie doch nur zu einem gesellschaftlichen Dialog verwandt - das wäre ein wunderbares Land geworden."

Im Februar 1992 lud sie in einem Offenen Brief im Namen des NF Berlin, Manfred Stolpe zu einer Diskussion ein. Während einer Diskussionsrunde in der Gethsemane-Kirche in Berlin im April 1992 meinte sie, Manfred Stolpe sei "ein Vertreter der alten, konspirativen Machtpolitik". (4)

1993 bezeichnete sie Gregor Gysi als "Stasi-Spitzel". Während der Diskussion im Mai 1993 um die Vereinigung der West und Ost Akademien der Künste in Berlin drohte sie mit der Gründung einer "Freien Akademie der Künste". Im November 1993 nahm sie den CDU-Bundespräsidentenkandidaten Heitmann in Schutz. Gegen ihn laufe eine "Kampagne", meinte sie. (5)

NF-Spitzenkandidatin für die Europaparlamentswahlen 1994. Bis Mai 1994 im Vorstand der "Gedenkbibliothek zu Ehren der Opfer des Stalinismus". Den sie 1996 im Streit verließ.

Ende 1994 erklärte sie in einem taz-Interview, das NF sei keine Bürgerbewegung mehr. Danach wollte sie die Auflösung und die Bildung einer Stiftung mit dem Namen. (6) Wegen ausstehender Mitgliedsbeiträge wird sie vom Landesverband Berlin ausgeschlossen. Was der Bundesverband aber revidiert.

Erstunterzeichnerin "Gegen 'Schlussstrich', gegen Amnestie und Verjährung" im März 1995.

Im August 1995 trafen sich in Berlin-Prenzlauer Berg Bärbel Bohley, Katja Havemann, Freya Klier, Ehrhart Neubert, Günther Nooke, Wolfgang Templin und Konrad Weiß mit dem damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl. Kohl sagte nach dem Treffen: "Es ist eine große Ermutigung für mich, dass es gerade in diesem Bezirk noch Menschen gibt, die aufrechte Überzeugungen haben".

Mehr als 60 Vertreter von Basisgruppen in Sachsen, Thüringen, Brandenburg und Berlin sowie eine Vielzahl von hochrangigen Vertreter des Neuen Forum haben sich danach in einer gemeinsamen Erklärung von Bärbel Bohley und den anderen distanziert. Auf die Kritik am "Kohltreffen" meinte sie: wenn Erich Honecker 1988 an meine Tür geklingelt hätte, hätte ich ihn auch hereingelassen. Und: Ich bin im Heute angekommen. (7)

Das Haus der Demokratie bezeichnete sie als "Geisterhöhle" der überlebten Basisorganisationen. (8)

Nach dem zweiten Treffen mit Kohl im Mai 1996, Mitbegründerin und Vorsitzende des Bürgerbüro e. V. - Verein zur Aufarbeitung von Folgeschäden der SED-Diktatur.

1996 arbeitet sie zunächst für ein Projekt von "Cap Anamur" in Sarajevo. Danach war sie an einem Wiederaufbauprogramm des Hohen Repräsentanten für Bosnien und Herzegowina und für Projekte des Auswärtigen Amtes und des Technischen Hilfswerkes beteiligt.

Sie gründete die Hilfsorganisation für Kinder "Seestern e.V.". Wegen Überlastung musste sie das Projekt aber nach einiger Zeit wieder aufgeben.

Da sie sich weigerte die örtlichen Behörden zu schmieren, wurden ihr Steine in den Weg gelegt. Rückkehrer nach Bosnien müssen für eine Registrierung zwischen 3 000 und 5 000 DM bezahlen. Von Flüchtling die in Deutschland gewesen sind wird eine "Kriegssteuer" erhoben.

Im Juli 2001 kündigte sie an, Wahlkampf gegen die PDS und ihren Spitzenkandidaten Gysi in Berlin zu den Abgeordnetenhauswahlen im Oktober zu machen. Mitglied im Gesprächskreis "Innere Einheit" des CDU-Spitzenkandidaten für die Berliner Abgeordnetenhauswahl im Oktober 2001, außerdem unterstützte sie die FDP.

Im Juni 2002 unterstützte sie den "Aufruf zur Demonstration gegen den Versuch der FDP mit antisemitischen Parolen Wahlkampf zu machen". Am 20.05.2002 schrieb sie einen Offenen Brief an den damaligen FDP-Vizevorsitzenden Jürgen Möllemann. Der Brief endet mit: "Ich wünsche Ihnen, dass Ihnen von den Freien Demokraten gezeigt wird, dass ein Politiker wie Sie nicht in eine liberale Partei gehört. Ich wünsche mir, dass ich mein Engagement für die FDP nicht bereuen muss. Ich fordere Sie auf, zurückzutreten."

Nannte die Ernennung Manfred Stolpes zum Bundesminister im Oktober 2002 ein Hohn. "Er repräsentiert die Angepassten, die Bonzen" in der DDR". (9)

Im November 2003 protestierte sie gegen eine Demonstration anlässlich des "Al-Quds-Tag" in Berlin.

Sie begrüßte 2004 die "Montagsdemos" gegen Hartz IV. Gleichzeitig meinte sie: "Die Wähler der PDS wissen im Grunde nicht, was Demokratie ist". (10)

Im Januar 2005 unterzeichnete sie einen Brief an Außenminister Fischer mit der Forderung, weiterhin kubanische Oppositionspolitiker in die deutsche Botschaft in Havanna einzuladen. Sie kritisierte im März 2005 die Entscheidung der EU mit Kroatien keine Beitrittsverhandlungen aufzunehmen. (Die EU warf der kroatischen Regierung vor nicht genug zu tun um Ante Gotovina an das Kriegsverbrechertribunal in Den Haag auszuliefern.)

Im Mai 2005 unterschrieb sie die Erklärung "In den trüben Fluten der Ostalgie", in der eine Erklärung des Willy-Brandt-Kreises kritisiert wird. Einen Monat später bezeichnete sie während einer Diskussion Uwe Wesel als Demagogen. (11)

Im Juli 2007 unterzeichnete sie einen offenen Brief an die Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, wo gegen die Zusammenarbeit der Stiftung mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung protestiert wird. Sie war Beiratsmitglied in der Robert Havemann Gesellschaft.

Seit 2008 lebte sie wieder in Berlin. "Mein erster Eindruck war: ein Tollhaus!" und "Die vom Neuen Forum in der DDR eingeklagte Kommunikation zwischen Staat und Gesellschaft ist auch heute gestört".

Nach Bärbel Bohleys Aussage, hatte sie den Gedanken, eine Opposition unabhängig von der Kirche zu gründen bereits bei ihrer Rückkehr aus Britannien am 03.08.1988 gefasst. Ihr sollten möglichst auch Leute aus der SED angehören. Die Opposition in der Kirche war so gut wie keine Opposition, meinte sie. (12)

In einem Interview 1996 meinte sie: "Ich bin immer noch der Meinung, Demokratie muss man von unten aufbauen, aber ehrlich gesagt, bin ich von der Basisdemokratie etwas geheilt. Basisdemokratie ist eine schöne Illusion." Und weiter: "Basisdemokratie ist auch nur eine Art der Reglementierung. Nur eben von unten. Sie funktioniert in den seltenen Augenblicken, in denen alle dasselbe wollen, wie im Herbst '89." (13)

Über die Opposition in der DDR meinte sie 1994: "Auf jeden Fall war die DDR-Opposition gettoisiert. Gerade 1989 hat sich herausgestellt, dass wir abgedriftet waren, und das ist es, was ich bis heute nicht verstehe. Warum waren wir nicht mehr in der Lage, über den Tellerrand zu sehen und zu erkennen, wie dicht die Wiedervereinigung vor der Tür stand? Ich werfe uns vor, dass wir der CDU das Feld überließen. Das regt mich bis heute wahnsinnig auf". (14)

Mitbegründerin der "Robert-Havemann-Gesellschaft". Mitglied im Redaktionsbeirat der Zeitung "Die Andere". Mitbegründerin der "Gedenkbibliothek zu Ehren der Opfer des Stalinismus". "Das ist ja gerade mein Drama, dass ich nicht in den Westen wollte - und dass der Westen nun zu mir kommt", sagte sie 1990.

Als sie in der DDR als Malerin noch gelitten war, erhielt sie zwei Förderpreise. Nahm den Karl-Hofer-Preis am 14.11.1989 in der Hochschule der Künste in Berlin-Charlottenburg entgegen. Dazu besuchte sie zum ersten Mal nach dem Mauerfall Westberlin. Am 07.12.1990 erhielt sie den Demokratie-Preis der Monatszeitschrift "Blätter für deutsche und internationale Politik".

Sie sagte der Mauerfall war für sie in gewisser weise ein Schock. Die Mauer habe ihr ganzes Leben beeinflusst. Sie lebte im Schatten der Mauer, von der sie Beulen bekommen habe. Das Preisgeld in Höhe von 10 000 D-Mark spendete sie einer Elterninitiative von Kinder mit Behinderung. Demokratiepreis der Blätter für deutsche und internationale Politik 1990. Dr.-Bruno-Kreisky-Preis 1991. Friedenspreis des Methodistischen Weltrates 1991. Bundesverdienstkreuz 1995. Eugen-Bolz-Preis Juli 1999. Goldene Henne 2004. Quadriga-Preis 03.10.2009. Die Laudatio hielt Jens Reich.

Schon ein Jahr vor der Wende soll Rainer Eppelmann ihr gegenüber die Vermutung ausgesprochen haben, Wolfgang Schnur arbeitet für die Stasi.

Nach einer Aussage Gregor Gysis soll sie und andere Mitglieder des Neuen Forum ihn gefragt haben, ob er nicht dem Neuen Form beitreten wolle. (15)

Für sie war Reisen wichtig. Bis auf Albanien besuchte sie alle sozialistischen Länder in Europa.

Über das Freund-Feind-Denken auf beiden Seiten der Mauer zu Zeiten des Kalten Kriegs meinte sie: "Noch bis in die 90er Jahre habe ich das zu spüren bekommen. Für die einen gehörte ich in die linke Ecke, für die anderen in die rechte." (16)

Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Walter Momper, lud sie, Ibrahim Böhme, Rainer Eppelmann, Willy Brandt und Edward Kennedy am 28.11.1989 zu einem Mittagsessen ein. Auf die Frage nach den sowjetischen Truppen in der DDR soll Bärbel Bohley geantwortet haben: "Wir sehen die Russen nicht als Gefahr. Eher haben wir das Gefühl, sie würden uns beschützen, wenn es hart auf hart geht". Worauf Walter Momper dazu schreibt: "Nein, von ihnen eine nüchterne Bestimmung ihrer Position zu den sowjetischen Truppen in der DDR zu erwarten, das war zu viel verlangt". Zu Böhmes und Eppelmanns Ausführungen meint er, sie hätten um das Thema herumgeredet. Ihm taten die drei leid. (17)

In einem Interview in der Berliner Zeitung am 30.11.1996 sagte sie: "Es gibt Leute, die reden nur von vertanen Chancen, wenn sie über den Herbst '89 reden. Ich gehöre nicht zu denen. Jedes Jahr kommen Leute aus aller Welt hier vorbei und fragen, wie sieht's aus Frau Bohley, sind Sie denn nun enttäuscht? Ich kann es nicht mehr hören. Irgendwie habe ich den Eindruck, man enttäuscht die Leute, wenn man nicht enttäuscht ist."

1989 schrieb sie: "Seit der Staatsgründung hat die Regierung mit der Bevölkerung noch immer keinen wirklichen Frieden geschlossen, denn seitdem haben etwa vier Millionen Menschen - wer kennt die genaue Zahl? - das Land verlassen. In diesem Jahr haben allein bis zum 1. September fast 60 000 Menschen der Republik den Rücken gekehrt. Über ihre Gründe und Motive konnten wir einiges erfahren, denn der eine oder andere von ihnen kam im Westfernsehen zu Wort. Wir haben ihren hilflosen Versuchen, sich und ihre Gründe zu erklären, zugesehen und zugehört. Weil ihre Antworten dem Reich des Banalen entflohen zu sein scheinen und sie die Vorstellungen des Westens bereit sind zu bedienen, überfiel mich kaltes Grausen, ...".(18)

"Für die Bürgerbewegungen waren und blieben wir 'Blockflöten', wurden bestenfalls (oder in deren Augen - schlimmer noch) 'Wendehälse', die den Anschluss nicht verpassen wollten. Wir wiederum empfanden die penetrante Selbstgerechtigkeit eines Schnur und eines Eppelmann und auch die Wohlgefälligkeit, mit der sich Bärbel Bohley und Wolfgang Templin als die Mütter und Väter der Revolution feiern ließen, als unerträglich." (19)

Die am 24.05.1945 in Berlin geborene Bärbel Bohley, von Klaus Wolfram als "Gefühlssozialistin" bezeichnet, starb am 11.09.2010 in Strasburg in der Uckermark (Brandenburg).

Anlässlich ihres Todes fand am 25.09.2010 in der Akademie der Künste in Berlin eine Trauerfeier statt.

Im März 2016 wurde eine Straße in Berlin-Mitte, der "Bärbel-Bohley-Ring" nach ihr benannt.

Im Juni 2016 wurde ihr Grab vom Berliner Senat in die Liste der Ehrengräber aufgenommen.

(1) Bärbel Bohleyl: Englisches Tagebuch 1988, BasisDruck Verlag 2011, S. 137
(2) die tageszeitung, 09.08.1989
(3) Ehrhart Neubert in Revolution und Vereinigung 1989/90 Herausgegeben von Klaus-Dietmar Henke, Deutscher Taschenbuch Verlag München 2009, S. 243
(4) die tageszeitung, 27.04.1992
(5) die tageszeitung, 22.11.1993
(6) Der Tagesspiegel, 29.05.1995
(7) Der Tagesspiegel, 29.05.1995
(8) Die Zeit, Nr. 40, 29.09.1995
(9) Berliner Morgenpost, 01.09.2004
(10) Berliner Morgenpost, 01.09.2004
(11) Berliner Zeitung, 18.06.2005
(12) Spiegel TV, 04.07.2009
(13) Berliner Zeitung, 30.11.1996
(14) Der Spiegel, 07.11.1994
(15) Gregor Gysi: Ein Leben ist zu wenig. Die Autobiographie. Aufbau Verlag, 2. Auflage 2017, S. 257
(16) Bärbel Bohley, Gerald Praschl, Rüdiger Rosentahl: Mut Frauen in der DDR, Herbig Verlag, 2005, S. 23 (17) Walter Momper: Grenzfall. Berlin im Brennpunkt deutscher Geschichte. C. Bertelsmann Verlag München 1991, S. 224f
(18) Bärbel Bohley in: 40 Jahre DDR … und die Bürger melden sich zu Wort. Eine Gemeinschaftsausgabe der Büchergilde Gutenberg und des Carl Hanser Verlags 1989, S. 5
(19) Manfred Gerlach: Mitverantwortlich. Als Liberaler im SED-Staat. Morgenbuch Verlag Berlin, 1. Auflage 1991, S. 332

zu Bärbel Bohleys Seite

Δ nach oben