Hans-Wilhelm Ebeling
trat 1948 in die FDJ ein. Machte nach dem Abitur 1952 eine Schlosserlehre im RAW Cottbus. 1954-1957 Studium des Maschinenbaus an der TU Dresden. Anschließend Studium der Theologie an der KMU Leipzig.
Von 1962-1964 Vikar in Calau und Vetschau Pfarrer in Lieberose von 1964-1976. Seit 1976 Pfarrer in Leipzig. In Leipzig war er Pfarramtsleiter der Thomaskirche. Nach seinem Ausscheiden aus der Politik predigte er in der Apostel Paulus Kirche in Berlin-Schöneberg.
Als im Herbst 1989 die Menschen in Leipzig begannen auf die Straße zu gehen war von Hans-Wilhelm Ebeling nichts zu sehen. Am 05.10.89 teilte er auf einer Konferenz mit, er öffne die Kirchentür am Montag den 09.10.1989 nicht. Nur auf Druck öffnete er am 09.10.1989 zum ersten Mal die St.-Thomas-Kirche für Demonstrierende. (1) Zuvor wurden sie abgewiesen.
In "Der Spiegel" Nr. 11 vom 12.03.1990 wird der langjährige Küster der Thomas-Kirche mit den Worten zitiert: "da wurden die Leute wie Hunde um unsere Kirche gejagt, da wurde geknüppelt, doch die Kirchtore blieben zu".
In einem Interview mit der Zeitung "Junge Welt" gab er Gott eine Mitschuld am scheitern des Sozialismus in der DDR. "Sozialismus ist für mich eine phantastische Idee, die mit den Menschen, so wie ihn Gott geschaffen hat nicht umzusetzen ist". (2)
Im Dezember 1989 Mitbegründer der Christlich-Soziale Partei Deutschlands (CSPD), deren Vorsitzender er wurde. Er habe versucht eine "Christlich-Soziale Partei Deutschlands" zu gründen, die Ideen von CDU/CSU und SPD vereinen sollte. Sagte er während des Forum der Deutschen Gesellschaft zum 5. Jahrestag des Mauerfalls. (3)
Mitbegründer der DSU 1990, deren Vorsitzender er wurde.
Er stellte bei der Landeskirche Sachsen einen Antrag auf Beurlaubung. Wurde aber entlassen, da es bei der Landeskirche Sachsen keine Beurlaubung gab.
Sprecher bei der Aschermittwochskundgebung der CSU in Passau am 28.02.1990. Er warf BRD-Politikern vor sie würden "ihr Süppchen mit der Angst unserer Menschen kochen". Und, die Bundesrepublik sollte schnellstens zu uns geholt werden. (4)
In einem Interview sagte er: "Die Ost-CDU ist über 40 Jahre eine Mittäter-Partei gewesen, sie hat die ganze Politik der SED mitgetragen. Sie sollte sich auflösen und sich uns anschließen". (5)
Dort sagte er auch: "Ich hoffe, dass wird in drei bis fünf Jahren die Einheit haben". (6)
Er entschuldigte sich nach der Volkskammerwahl bei der SPD für den Wahlkampfstil, um der SPD den Regierungseintritt zu erleichtern. Ohne Mandat nahm er Koalitionsverhandlungen auf.
Laut Rainer Eppelmann soll Hans-Wilhelm Ebeling verlangt haben Präsident in der DDR zu werden. Ein Posten den es nach Wilhelm Pieck in der DDR nicht mehr gab, und außerdem wollte er noch Minister werden. (7)
Bundeskanzler Helmut Kohl versuchte auf die Kabinettsbildung Einfluss zu nehmen. Er wollte, dass Hans-Wilhelm Ebeling Innenminister wird. (8)
In der Regierung de Maizière wurde Hans-Wilhelm Ebeling Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit. Ein Amt, das extra für ihn erfunden wurde. Bei seinem Amtsantritt sagte er zu seinem Mitarbeitern sie könnten bei Problemen jederzeit zu ihm kommen. Als Pfarrer stehe er unter dem Beichtgeheimnis.
Er setzte sich vergeblich dafür ein, die Projekte mit Kuba weiterzuführen. Auch wollte er den ärmsten Ländern die Schulden, die sie bei der DDR hatten erlassen.
Im "Neuen Deutschland" ist am 8. Mai 1990 über seinen Auftritt beim Entwicklungspolitischen Runden Tisch zu lesen: "Mit gespannter Erwartung wurde er begrüßt, mit freundlichem Beifall verabschiedet: Hans-Wilhelm Ebeling, Chef des neuen Ministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit, war am Montagvormittag Gast am nunmehr vierten Entwicklungspolitischen Runden Tisch".
Sein Staatssekretär erhielt die Order, keinen Brief mit Ebelings Unterschrift herausgehen zu lassen, ohne ihn gegengelesen zu haben.
Am 02.07.1990 trat er und andere aus der DSU aus. Danach Eintritt in die CDU. Stellvertretender Vorsitzender des Berliner CDU-Kreisverbandes Lichtenberg. Er kandidierte für das Europaparlament 1994. Kam zeitweise in der Konrad-Adenauer-Stiftung unter. Arbeitete für die Deutschen Stiftung für internationale Entwicklung in Berlin bis zu seiner Pensionierung 1993.
Eine Person, die ihn besonders prägte war für ihn Franz-Josef Strauß. Theo Waigel nannte er einen ganz integren, geradlinigen Mann, den ich verehre. (9)
Ich bin nun mal Sommerlath-Schüler und ich denke, dass eine Kirche keine politische Institution ist, sondern Stätte der Verkündigung des Evangeliums. (10)
1998 erhielt er das Verdienstkreuz 1. Klasse. Überreicht wurde ihm der Orden von Eberhard Diepgen.
Der am 15.01.1934 in Parchim geborene Hans-Wilhelm Ebeling verstarb am 11.11.2021.
(1) die tageszeitung, 09.03.1990
(2) Junge Welt, 21.02.1990
(3) Der Tagesspiegel, 10.11.1994
(4) Neue Zeit, 01.03.1990
(5) Der Spiegel, Nr. 5, 29.01.1990
(6) ebenda
(7) Rainer Eppelmann: Fremd im eigenen Land. Mein Leben im anderen Deutschland, Kiepenheuer & Witsch 1993, S. 386
(8) ebenda S. 386
(9) Alpha-Forum des Bayerischen Rundfunks, Interview am 31.05.1999
(10) ebenda