Jochen Läßig
forderte als sechzehnjähriger in einem Vortrag in der Kirche die Abschaffung der Mauer und die Auflösung der DDR. Während seiner EOS-Zeit war er Gerhard Löwenthal Fan.
Mitglied bei den Thälmann-Pionieren und der FDJ. Verwarf das Vorhaben den Wehrdienst zu verweigern. Absolvierte den Wehrdienst bei der Marine. Während dieser Zeit löste er sich vom Antikommunismus.
In Weimar arbeitete er ein Jahr lang als Bühnenarbeiter. Nachdem er für verschiedene Studienrichtungen nicht angenommen wurde, studierte er Theologie in Halle. Dort wurde er 1985 aus politischen Gründen exmatrikuliert. Studierte dann am Theologischen Seminar in Leipzig weiter. Dass er inzwischen Atheist geworden war kam dort aber nicht gut an. Er verlor sein Stipendium. Jurastudium 1990-1995 in Leipzig. Seit 1999 ist er als Rechtsanwalt tätig.
Mitbegründer des Arbeitskreises Gerechtigkeit in Leipzig 1988. Schloss sich der Initiativgruppe Leben an. Ziel war die Beseitigung des Systems. Da das Volk als dumpf und angepasst dahinvegetierend angesehen wurde, man aber selber nicht angepasst war, war die Intension möglichst viele Angepasste dazu zu bewegen nicht mehr angepasst zu sein.
Er nahm aktiv an den Montagsgebeten in Leipzig teil. Während eines Friedensgebetes am 29.08.1988 verlas er eine Protesterklärung, in der gegen den Ausschluss der Basisgruppen von der Gestaltung der Friedensgebete protestiert wird. Ihm wurde der Saft für das Mikrofon abgedreht, was ihn aber nicht hinderte den Protestbrief weiter zu verlesen.
Nach einer Flugblatt-Aktion zur Rosa-Luxemburg-Demonstration am 15.01.1989 in Leipzig wurde er am 13.01. verhaftet. Gegen in wurde ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Der Vorwurf lautete "Beeinträchtigung staatlicher und gesellschaftlicher Tätigkeit".
Betätigte sich auch als Straßenmusiker. Gegen in wurde der Operative Vorgang "Trompete" eingeleitet. Jochen Lässig hatte Trompetenunterricht bei Ludwig Güttler genommen.
Organisierte im Juni 1989 in Leipzig ein Straßenmusikfestival, gegen das die Polizei massiv vorging. Laut MfS äußerte er sich gegenüber den Staatsorganen, die vor der Durchführung des Straßenmusikfestivals warnten: "Ich bin selbst auch schon zugeführt worden. Dann lässt man uns wieder frei. Wenn wir von einer Stelle weggejagt werden, gehen wir an eine andere und machen weiter." (1)
Er beteiligte sich an den Gesprächen mit der Staatssicherheit in Leipzig am Nachmittag des 4. Dezembers 1989. Es wurde befürchtet es kommt zu Gewalt bei einer möglichen Erstürmung der Bezirksverwaltung am Abend.
Mitbegründer des Neuen Forum in Leipzig und bekanntester Sprecher auf den Montagsdemos in Leipzig. Auf der Montagsdemonstration am 05.02.1990 warnte er vor einer drohenden SPD-Herrschaft, die auf die SED-Herrschaft folgen kann. Die Menschen sollen der SPD nicht mehrheitlich ihre Stimme geben.
1989 Geschäftführer des leipziger Büros des Neuen Forum. Vor der Volkskammerwahl im März 1990 sagte er für das Neue Forum ein Prozent der Wählerstimmen und den anschließenden Tod dieser Organisation voraus. (2) Er sprach sich gegen den Beitritt der Ost-Grünen zu den West-Grünen aus.
Fraktionsvorsitzender für Bündnis 90/Die Grünen von 1990-96. Von 1990 bis 1999 Stadtrat. Oberbürgermeisterkandidat in Leipzig für Bündnis 90/Die Grünen 1994. Im Januar 2003 stellte er einen Antrag auf Mitgliedschaft in der SPD.
Während einer Veranstaltung in der Leipziger Nicolaikirche am 07.10.1990 warf er dem damaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker vor seiner Wahl zum Bundespräsidenten, eine Beteiligung an Industriefirmen, die auch Kriegsmaterial herstellen, vor. Was beim Publikum zu Missfallensäußerungen führte. (3)
In einem Interview 1992 vertrat er die Ansicht, wenn alle oppositionellen Gruppen zur Wahl eine gemeinsame Liste aufgestellt hätten, wäre es den bundesrepublikanischen Politikern nicht möglich gewesen die Blockparteien zu unterstützen. (4)
Er schloss sich den Befürwortern einer Parteigründung im Neuen Forum nicht an. Als Grund nannte er die negative Besetzung des Begriffs Partei. Vielen Mitgliedern im Neuen Forum sei eine Partei nicht zu vermitteln gewesen.
1995 erhielt er das Bundesverdienstkreuz.
(1) Kasten Timmer: Vom Aufbruch zum Umbruch, Die Bürgerbewegung in der DDR 1989, Vandenhoeck & Ruprecht in Göttingen 2000, S. 160
(2) die tageszeitung, 12.03.1990
(3) Der Morgen, 10.10.1990
(4) Jochen Lässig in: Hagen Findeis, Detlef Pollack, Manuel Schilling: Die Entzauberung des Politischen, Ev. Verlagsanstalt 1994, S. 135