Hans-Jürgen Misselwitz
Wehrdienst bei der NVA 1968-1970. Studierte Biologie an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena und Berlin 1970-1972. Daran schloss sich ein Fachstudium der Biophysik an der Humboldt-Universität in Berlin 1972-1974 an.
Danach wissenschaftlicher Assistent. Bis 1981 arbeitete er als Biochemiker in Berlin-Buch und an der Humboldt-Universität Berlin. 1985 wurde er promoviert.
Studium der Theologie 1981-1986 am Sprachenkonvikt in Berlin. 1987-1988 Forschungsstipendium in den USA.
Ab 01.09.1989 Pfarrer in Hennigsdorf bei Berlin.
Er verweigerte den Reservedienst bei der NVA.
Mitbegründer eines Adorno-Kreises 1977.
Zusammen mit seiner Frau Ruth u. a. gründete er 1981 den Friedenskreis Pankow.
Nach dem Reaktorunfall am 26.04.1986 in Tschernobyl schrieb der Friedenskreis einen Brief an die sowjetische Botschaft in Berlin. Daraufhin kam es in der Botschaft der UdSSR zu einem Gespräch zwischen Mitgliedern des Friedenskreises und dem 2. Sekretär der Botschaft.
Er unterschrieb einen Brief vom 22.10.1983 an den den Vorsitzenden der "Unabhängigen Kommission für Abrüstung und Sicherheit" Olof Palme. Es wird darin die Frage gestellt, ob es nicht sinnvoll sein könnte, im Gefolge dieser Kommission eine unabhängige internationale Vereinigung von Politikern zu gründen, die sich dem Konzept der Sicherheitspartnerschaft verpflichtet fühlen. Die Sicherheits- und Abrüstungsdiskussion könne politisch operabel gemacht werden.
Eine Erklärung vom 15.04.1989 unterschrieb er, in der begründet wird, warum er an der Kommunalwahl am 07.05.1989 nicht teilnehmen werde. Von geheimer und freier Wahlen kann nicht die Rede sein. Eigene Kandidaten konnten nicht aufgestellt werden, wird neben anderem als Begründung angeführt.
Er unterschrieb den Aufruf der Initiativgruppe "Sozialdemokratische Partei in der DDR" vom 12. September 1989.
Gründungsmitglied der SDP. Er und seine Frau bekamen vom Gründerkreis der SDP den Auftrag bei ihrem Aufenthalt in der BRD im Oktober 1989 mit der SPD Kontakt aufzunehmen. Was sie auch taten.
Abgeordneter in der Volkskammer vom 5. April bis 2. Oktober 1990 und parlamentarischer Staatssekretär im Außenministerium der DDR vom 12. April bis 20. August 1990 sowie Vertreter der DDR bei den 2+4-Verhandlungen. Er leitete die 2+4-Gespräche unterhalb der Außenministerebene am 30. April 1990 in Berlin.
Er vertrat die SPD in den Koalitionsverhandlungen in der Arbeitsgruppe Außen- und Sicherheitspolitik.
SPD-Abgeordneter im Deutschen Bundestag vom 3. Oktober bis 2. Dezember 1990.
Leiter der Landeszentrale für politische Bildung im Land Brandenburg von 1991-1999.
Mitglied der Grundwertekommission der SPD, der Kommission Fortschritt 2000 und Koordinator des Forum Ostdeutschland. Schatzmeister im Willy-Brandt-Kreises.
Einen Offenen Brief an den Landtagspräsidenten Brandenburgs unterschrieb er im November 1998, in dem gefordert wird, "die Ablehnung Daniela Dahns als Verfassungsrichterin rückgängig zu machen".
Er unterzeichnete die Erklärung "Christen brauchen keine Garnisonskirche!".
Im April 2022 forderte er in einem Offen Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz die Waffenlieferungen der EU- und NATO-Staaten an die Ukraine zu stoppen. "So bitter das Zurückweichen vor völkerrechtswidriger Gewalt auch ist, es ist die einzig realistische und humane Alternative zu einem langen zermürbenden Krieg."
In der Wochenzeitung "Die Zeit" sagte er am 07.05.2009: "Niemand dachte daran, den Staat direkt anzugreifen. Die DDR war Realität. Dass die SED das Monopol über diesen Staat hatte, war ein Unding, das wir nicht akzeptieren konnten."
Und: "Ich wünsche mir, dass auch im Westen kritisch über die eigene Geschichte nachgedacht wird. Wann können wir endlich auf Augenhöhe reden? Jeder im Westen weiß, dass die westdeutsche Gesellschaft auch nicht die perfekte ist. Wenn du aber als Ostdeutscher einmal damit anfängst, westdeutsche Eigenheiten infrage zu stellen, dann bist du Kommunist."