Rudolf Tschäpe

war Physiker. Er studierte Astronomie und Physik in Jena. Er arbeitete an der Sternwarte Sonneberg. Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Zentralinstitut für Astrophysik in Potsdam. 1987 wurde er promoviert.

Bausoldat 1969-71.

Dem Friedenskreis Potsdam, dem er angehörte wurde von den Kirchenoberen ein Treffen im Helmut Schmidt und seiner Frau bei ihrem Besuch in Potsdam nicht ermöglicht. Teilnahme an ökumenische Treffen in Schweden und den USA.

Laut Bärbel Bohley wollten Reiner Meinel und er im Herbst 1988 die SPD neu gründen.

Im Juni 1989 hörte das MfS eine Telefongespräch mit ihm ab, indem er mit seinem Gesprächspartner einig war, die führende Rolle der SED müsse fallen.

Gründungsmitglied des Neuen Forum. Nach der Gründung wurde gegen ihn auf seiner Arbeitsstelle Druck aufgebaut. Eine erwogene Unterschriftenaktion für seine Entlassung kam nicht zustande.

Er versuchte am 19.09.1989 das Neue Forum beim Rat des Bezirkes Potsdam anzumelden. Am 02.10.1989 erfolgte eine Befragung von ihm durch die Untersuchungsabteilung der Bezirksverwaltung. Das MfS stellte danach fest, dass er "trotz aller Einwände und Vorbehalte zutiefst von der Richtigkeit seines Tuns und der Ziele und Absichten des 'Neuen Forum' überzeugt" ist. "Tschäpe bot sich an, darüber vor Kadern der Partei, des Staatsapparates und weiteren Interessierten zu sprechen mit dem Ziel, vorhandene Vorbehalte abzubauen."

Am 29.09.1989 wird er in die Untersuchungshaftanstalt der Staatssicherheit in Potsdam "zugeführt". Er erhält Redeverbot weil er die Ziele des Neuen Forum in einer Kirche in Staaken erläutert hatte. Gegen ihn wurde ein Ordnungsgeld von 1 000 Mark angekündigt. Ein Antrag auf Zurückweisung der Strafe war später erfolgreich.

Teilnehmer am 4. Regionaltreffen "Konkret für den Frieden" am 14.10.1989 in Potsdam. Am 13.12.1989 nahm er an einer Unterredung mit dem NVA-Verband Priemer teil.

Am 03.11.1989 wird er in den provisorischen Sprecherrat des Neuen Forum Potsdam gewählt.

Er beteiligte sich an der Begehung des Bezirksamtes für Nationale Sicherheit in Potsdam am 05.12.1989.

Teilnehmer am Runden Tisch des Bezirkes Potsdam. Mitglied im Regionalausschuss. Mitglied im provisorischen Sprecherrat des Neuen Forum Potsdam. Er strebte keine Funktionen im Neuen Forum an. 1990 bis 1993 Mitglied in der Stadtverordnetenversammlung für Argus/Neues Forum.

Mitbegründer der "Fördergemeinschaft Lindenstraße 54" (ehemaliger Stasiknast, Otto-Nuschke-Straße) und deren Vorsitzender.

Rudolf Tschäpe wurde vom MfS in den Operativen Vorgängen "Grün", "Panzer" und "Spaten" erfasst. Das MfS erfasste in im politisch-operativen Schwerpunkt "Quadrat" (Friedenskreis der evangelischen Kirche Potsdam).

Die Errichtung der Stele "Nike `89", des Künstlers Wieland Förster, an der Glienicker Brücke zwischen Berlin und Potsdam geht auf seine Initiative zurück.

Durch die Teilnahme am Runden Tisch meinte er, selber toleranter geworden zu sein.

Matthias Platzeck bezeichnete ihn und Reinhard Meinel als Kluge und couragierte Köpfe. "Wäre mehr Leuten wie ihnen der Sprung ins erste freie Parlament der DDR gelungen, hätte die Entwicklung im Land möglicherweise eine andere Wendung genommen." (1)

Bundesverdienstkreuz 1995. Als Gründungsmitglied des Neuen Forum erhielt er im Jahr 2000 den Nationalpreis der Deutschen Nationalstiftung. Seit 2008 ist in Potsdam der Platz vor der Erlöserkirche nach ihm benannt.

Der am 09.07.1943 in Reichenbach (Oberlausitz) geborene Dr. Rudolf Tschäpe, verstarb am 14.04.2002 in Potsdam.

(1) Matthias Platzeck: Zukunft braucht Herkunft. Deutsche Fragen, ostdeutsche Antworten, Hoffmann und Campe Verlag Hamburg, 1. Auflage 2009, S. 61

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