DDR 1989/90 Brandenburger Tor

Der Runde Tisch war ein Hufeisen

Vertreter von rund 20 bestehenden und sich bildenden Jugendorganisationen bei FDJ / Kardinalfrage: Kann man gemeinsam für Jugendinteressen streiten?

Von unseren Berichterstattern Marion Zinke und Achim Schöbel

Der runde Tisch mit 24 Stühlen war zu klein. So zog man um - und musste in Kauf nehmen, wieder in der traditionellen Hufeisenform zu beraten. Was bei der Vorstellung der zirka 40 Anwesenden wohl am meisten verblüffte: Inzwischen haben sich zahlreiche Interessengruppen, Verbände und Gruppierungen der Jugend gebildet bzw. wollen sich demnächst organisieren.

Erstaunt war mancher dabei auch, dass seine Nachbarin eine Gruppierung vertrat, die einen ähnlichen Namen hat - und wohl auch ähnliche Ziele verfolgt.

Wer saß alles mit am Tisch? Neben der FDJ Vertreter des Demokratischen Aufbruchs, der Jungen Linken, der Autonomen Antifa, "Kirche von unten", des Revolutionären Autonomen Jugendverbandes, einer marxistisch orientierten Gruppe, des kommunistischen Jugendverbandes der PH Potsdam, des Sozialistischen Studentenbundes, des Verbandes der Demokratischen Schuljugend Leipzigs, eines Lehrlingsbundes, des sozialistischen Jugendverbandes der Offiziershochschule Kamenz, von JULIA, der CDJ, der Evangelischen Studentengemeinde, der SDP, der Arbeitsgemeinschaften "Christliche Jugend", Evangelische Jugendarbeit, "Jugendseelsorge" bei der Berliner Bischofskonferenz sowie Vertreter der DBD und des Forschungsbereiches Jugend in der Akademie für Gesellschaftswissenschaft und des Amtes für Jugendfragen. Viele, wie zwei Schülerinnen der 17. Oberschule Berlin-Treptow, sind einfach nur gekommen, um sich zu informieren: Brauchen wir einen Schülerverband oder eine erneuerte FDJ?

Vielleicht mag's daran gelegen hoben, dass der bedeutungsträchtige runde Tisch gefehlt hat - auf einer gemeinsamen Nenner konnte man sich nur schwer einigen. Aber das ist sicher auch normal, wenn man sich das erste Mal in einem solchen Rahmen trifft. Ein Konsens wurde dann doch gefunden: Zustimmung zu dem Vorschlag von Frank Türkowsky, zunächst sich einmal kennenzulernen und darüber zu reden, in welchen Rahmen künftige Zusammenarbeit ablaufen kann, denn eine starke Stimme der Jugend ist nun mal notwendig, um die Rechte auch im Parlament durchzusetzen.

Stichpunkte aus der Diskussion dazu:

- Gleichberechtigung aller Jugendverbände und Gruppierungen;

- Quoten festlegen für künftige Gespräche

- dann wirklich am Runden Tisch;

- Quotenregelung für Frauen;

- Problemkatalog aushandeln über aktuelle brennende Fragen der Jugend;

- auf Grundrechte der Jugend von '46 besinnen, besonders auf das Recht Nr. 1 auf Mitbestimmung der Jugend auch im Parlament und ihre Wählbarkeit;

- Einrichtung einer Kontaktstelle für alle Jugendverbände;

- Gesprächsrunden mit Kindern und über ein neues Wahlgesetz;

- regelmäßige Treffen. Das nächste übrigens am 6. Dezember um 18 Uhr wiederum im Hause des FDJ-Zentralrats.

Junge Welt, 30.11.1989

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