DDR 1989/90 Brandenburger Tor


Grüne aus DDR, BRD wollen neue ökologische Verfassung

Deutsch-deutscher Tisch!

Der Tisch als Institution. Auf der politischen Bühne der DDR gibt es ihn inzwischen in x Varianten. Groß und klein, rund und grün. Am Mittwoch kam ein Tisch bisher unbekannter Art hinzu. In Berlin tagte erstmals der Gesamtdeutsche Grüne Tisch.

Paritätisch hatten sich im Haus der Demokratie jeweils zehn Vertreter der Grünen Bewegung beider deutscher Republiken zusammengefunden. Angesichts der grenzüberschreitenden und die Existenz der gesamten Menschheit gefährdenden Umweltprobleme scheint dies nur (öko)logisch. So bedurfte der inhaltliche Fahrplan künftiger Arbeit auch keiner langen Diskussion. Energiepolitik, Naturschutz, Probleme einer ökologisch orientierten sozialen Marktwirtschaft, Verkehr und Tourismus sowie die internationale Umweltproblematik stehen obenan. Auf das deutsch-deutsche Umweltgeschehen will das Gremium aus der Perspektive und mit dem Sachverstand von Vertretern der Umweltministerien in Berlin und Bonn, der Wissenschaft und Wirtschaft sowie nichtstaatlicher Umweltorganisationen und -verbände Einfluss nehmen.

Um diesen Anspruch zu verwirklichen, haben beide Seiten jedoch unterschiedliche Karten in der Hand. Ist der Tisch bereits das Revolutionärste unserer jungen Demokratie - eine vorn Staat anerkannte politische Größe -‚ ist er in der Bundesrepublik, noch den Worten von Ulrike Mehl, stellvertretende Vorsitzende des Landes für Umwelt und Naturschutz Deutschlands (BUND), gegenwärtig aussichtslos. Der Gesamtdeutsche Grüne Tisch spricht sich bezüglich der deutschen Vereinigung denn auch für die Erarbeitung einer neuen Verfassung aus, da im BRD-Grundgesetz ökologische Fragen nicht berücksichtigt sind. So soll das Mitspracherecht des Tisches bei allen umweltrelevanten Entscheidungen der Regierenden verankert werden.

Wie dabei in Zukunft praktisch verfahren wird, das ließ der Gesamtdeutsche Grüne Tisch vorerst offen. Näheres dazu wird unter den politischen Gegebenheiten nach den Wahlen am 18. März zu erörtern sein. Unabhängig davon steht eins aber jetzt schon fest: Der neue Tisch ist weitsichtiger Vorgriff und notwendig. Vorbereitung auf kommende gesamtdeutsche Verhältnisse.

Thomas Schwandt

Junge Welt, Fr. 09.03.1990


Nicht der harte Weg des Ausbaus der Atomenergie, sondern nur eine drastische Minderung des Primärenergieverbrauchs kann dazu beitragen, eine Klimakatastrophe zu verhindern. Das ist eine der Forderungen, zu denen auf dem ersten Treffen am deutsch-deutschen Grünen Tisch am Mittwoch in Berlin Konsens erreicht wurde. Auf Initiative der Grünen Liga und des Deutschen Naturschutzringes (DNR) der BRD nahmen daran Vertreter aus beiden Ländern teil. Der deutsch- deutsche Grüne Tisch fordert u.a. die Modernisierung und den Ausbau des Schienennetzes im Nah- und Fernverkehr, den flächendeckenden Ausbau des bleifreien Tankstellennetzes in der DDR sowie die ökologische Ausrichtung einer gesamtdeutschen Straßenverkehrsordnung mit Tempolimit und Sonntagsfahrverbot für Schwerlastverkehr.

Berliner Zeitung, Do. 08.03.1990)


Auf Initiative der Grünen Liga findet in Berlin das erstes Treffen des Gesamtdeutschen Grünen Tischs statt. Ein Teilnehmer aus der BRD sagte: "Wir wollen verhindern, dass die Fehler, die in der Bundesrepublik gemacht worden sind sich hier wiederholen. Matthias Platzeck meinte: "Wir wollen Zeichen setzen auch für die gemeinsame deutsche Zukunft." "Wir wollen uns lautstark mit einbringen in die Entscheidungen, die in den nächsten Jahren fallen werden."