Junge Sozialdemokraten

Drei Wochen nach der Landesdelegiertenkonferenz der SPD in Berlin nun die Gründungskonferenz der Jungen Sozialdemokraten am vergangenen Sonnabend in der 21. Oberschule im Prenzlauer Berg.

Die rasche Folge beider Ereignisse ist Indiz für die Verzahnung von Partei und Jugendorganisation. Dem Motto der SPD-Landesdelegiertenkonferenz. "Alles spricht für uns" - verewigt auf zahlreichen Plakaten an den Aula-Wänden - konnten sich die 99 Delegierten und die zahlreichen Gäste aus Ost und West nicht entziehen. Das gleiche Selbstbewusstsein bei den jungen Sozialdemokraten: "Wer, wenn nicht wir."

Der Verlauf machte deutlich, dass diese Jugendorganisation eine durchaus ernstzunehmende Rolle innerhalb der Jugendbewegung unseres Landes spielen könnte. Die jungen Sozialdemokraten setzen auf die ganz jungen - die Schüler und Lehrlinge. Diese waren auch in übergroßer Mehrheit anwesend. Die Jungen Sozialdemokraten knüpfen an an Alltagserfahrungen - Sorgen und Probleme Junger Leute. Ihr Programmentwurf war von erfrischender Konkret- und Einfachheit. Nicht verklausuliert in Funktionärsdeutsch.

Eindeutige Forderungen von jungen Leuten, zugeschnitten auf die derzeitige und künftige Situation: Mitbestimmung auf allen Ebenen; Freizeitmöglichkeiten, die zunehmend durch Eigeninitiative geschaffen werden müssen; neue Formen der Gemeinschaft in Jugendhäusern; freie Arbeitsgemeinschaften, Selbsthilfegruppen, Feriendörfer, Bauernhelfer usw.

Die berechtigten Sorgen und Zukunftsängste Jugendlicher kamen auch in der Diskussion zu Sprache. Gegen Jugendarbeitslosigkeit müsse entschieden gekämpft werden. Die Jungen Sozialdemokraten forderten deshalb von der Regierung (egal, wie diese nach dem 18. März aussieht) den Erhalt der Ausbildungsplätze, eine materielle Absicherung jugendlicher Arbeitsloser und ein breites Umschuldungsangebot.

Eindeutige Worte zum Verhältnis zur SPD. Die Jungen Sozialdemokraten orientieren sich an den Beschlüssen der Partei. Da sie eine eigene Jugendvertretung im Parlament ablehnen, fordern sie eine eindeutige Stellung der Partei zu Jugendinteressen. Sie wollen den Fuß in der Tür der Partei haben, sie kritisch begleiten und ihr linkes Gewissen sein.

Die Mutterpartei ihrerseits ließ ebenfalls keinen Zweifel an der engen Beziehung aufkommen. Prominenz war präsent. Ibrahim Böhme, Landesgeschäftsführer der SPD, erntete mit seiner Rede viel Beifall.

Der Gründungskongress verabschiedete ein Statut, das bis zu einer Landesdelegiertenkonferenz im Herbst überarbeitet werden soll. Zu ihrem Vorsitzenden wählten die Jungen Sozialdemokraten den 20jährigen Berliner Fotografen Arne Grimm.

"Wer, wenn nicht wir" - die Jungen Sozialdemokraten wollen sich mit diesen Worten in die vordere Reihe zur gesellschaftlichen Umgestaltung katapultieren. Spätestens ab heute werden sie an diesem Anspruch gemessen werden.

Von unserer Berichterstatterin Marion Zinke

Junge Welt, Linke Sozialistische Jugendzeitung, Nr. 30, Mo. 05.02.1990

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