JA zur reformierten NATO

Nach dem Moskau-Besuch des DDR-Premiers sprach JW mit Außenminister Markus Meckel

Für Gorbatschow ist eine NATO-Mitgliedschaft Deutschlands nicht akzeptabel, Kohl kann sich ein vereintes Deutschland nur in der NATO vorstellen. De Maizière sagt, dass die heutige DDR bei der gegebenen Doktrin und Struktur der NATO nicht in dieses Bündnis eintreten werde. Weichen Ausweg sieht der Außenminister der DDR?

Genau in der Richtung, die Herr de Maizière beschrieben hat. Das heißt, es gibt Möglichkeiten hinsichtlich der Veränderung der NATO-Strategie. Natürlich geschieht dies nicht innerhalb von drei Wochen. Wenn diese Strategie verändert ist, sehen wir durchaus Möglichkeiten, mit der Sowjetunion an dieser Stelle ins Gespräch zu kommen.

Was muss denn konkret in der NATO verändert werden?

Zur Debatte steht hier zum Beispiel deren Erstschlagskapazität die Strategie der "flexiblen Reaktion" und der Vorneverteidigung, der atomaren Gefechtsfeldwaffen und der Lance-Raketen.

Aber solange solche Veränderungen nicht in Kraft treten, würde die DDR Mitglied des Warschauer Vertrages bleiben?

Ich denke, dass Verbindlichkeiten in Richtung Warschauer Vertrag in Bezug auf Garantien und dergleichen notwendig sind und dass solche vertraglich fixierten Verbindlichkeiten nur einvernehmlich gelöst werden können. Ob man in diesem Sinne eine Doppelmitgliedschaft in Erwägung ziehen kann, wird noch zu prüfen sein. Ich kann mir im Augenblick aber nur schwer vorstellen, wie eine solche Doppelmitgliedschaft strukturell aussehen soll.

In welcher Form sollen die Rechte der Siegermächte in Bezug auf Deutschland abgelöst werden?

Es geht darum, Regelungen zu finden, die vertraglichen Charakter haben. Ich denke nicht, dass es um einen Friedensvertrag gehen kann, denn 50 Jahre noch dem Krieg hat sich so viel verändert, dass man nun nicht unmittelbar mehr von einem Friedensvertrag reden kann. Ich würde lieber von abschließenden Regelungen aller offenen Fragen sprechen.

Interview: Rainer Witzel

Junge Welt, Do. 03.05.1990

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