Offener Brief an die neue Regierung
Kultur - bunt statt grau und schwarz
Einen offenen "Kulturentsorgungsbrief" hat der Verband der Kulturarbeiterinnen an die zukünftige Regierung der DDR gerichtet. "Grau hatten wir, schwarz wollen wir nicht sehen - bunt wird sie sein, die Kultur, oder?" fragen die Kulturarbeiterinnen. Es seien sicherlich "Unkenrufe, wenn behauptet wird, der DDR stünde ein grandioser kultureller Ausverkauf bevor, ja, er hätte schon begonnen." Gefragt wird in dem Schreiben: "Sie haben doch ein Konzept, wie all jene kulturellen Werte, die Stätten von Kultur und Kunst, jene Organisationsformen kulturellen und künstlerischen Lebens zu bewahren und zu entwickeln sind, ohne die unser Alltag nur Mühsal, voller Tristesse und bar wichtiger ideeller und sozialer Erneuerungsimpulse wäre?" Die neue Regierung könne die Verbandsmitglieder von ihren "Rest-Sorgen" befreien durch eine baldige Erklärung ihrer kulturpolitischen Absichten und indem sie eintrete
"- für eine verantwortungsbewusste staatliche Kulturförderung, einschließlich der notwendigen Subventionierung dezentraler Kulturarbeit,
- für eine umgehende kulturpolitische Debatte in den Kommunen mit der Verständigung darüber, welche der kommunalen Kultureinrichtungen und -leistungen unabdingbar sind und in welcher Weise ihr Erhalt wirtschaftlich abgesichert werden kann,
- gegen den Verkauf beziehungsweise, die zweckentfremdete Nutzung kommunaler und betrieblicher Kultureinrichtungen,
- für eine den neuen Bedingungen angepasste Aus- und Weiterbildung der Kulturarbeiterinnen (einschließlich Umschulungsprogramme),
- für eine demokratische Mitwirkung der Künstler und Kulturschaffenden wie ihrer Organisationen in staatlichen kommunalen Gremien, in denen über Kulturpolitik beraten und entschieden wird.
Neues Deutschland, Mi. 28.03.1990, Jahrgang 45, Ausgabe 74