Verordnung

über die Gewährung staatlicher Unterstützung und betrieblicher Ausgleichszahlung an Bürger während der Zeit der Arbeitsvermittlung

Geltungsbereich
§ 1

Bürger der DDR und ausländische Bürger mit ständigem Wohnsitz in der DDR, die zeitweilig keine Berufstätigkeit ausüben können, haben entsprechend den Bestimmungen dieser Verordnung Anspruch auf die Gewährung einer staatlichen Unterstützung (nachfolgend Unterstützung genannt) und einer betrieblichen Ausgleichszahlung.

Unterstützung
§ 2

(1) Anspruch auf Unterstützung besteht, wenn

- der Bürger aus dem zuletzt bestehenden Arbeitsrechtsverhältnis, Dienstverhältnis oder Mitgliedschaftsverhältnis mit einem Betrieb, einer Einrichtung oder einer Produktionsgenossenschaft (nachfolgend Betrieb genannt) in der DDR ausgeschieden ist und sich im Amt für Arbeit zur Vermittlung einer anderen Tätigkeit meldet.

- der Bürger in den letzten 12 Monaten vor der Meldung eine versicherungspflichtige Tätigkeit in der DDR ausgeübt hat und

- das Amt für Arbeit dem Bürger keine zumutbare Tätigkeit vermitteln kann.

(2) Hat der Bürger durch eigene Kündigung das Arbeitsrechtsverhältnis aufgelöst, obwohl er durch den Betrieb auf die Folgen dieses Schrittes hingewiesen wurde, wird Unterstützung frühestens 4 Wochen nach Beendigung des Arbeitsrechtsverhältnisses gezahlt. Der Bürger, der fristlos entlassen wurde erhält Unterstützung frühestens 8 Wochen nach Beendigung des Arbeitsrechtsverhältnisses.

(3) Anspruch auf Unterstützung besteht nicht, wenn der Bürger Krankengeld, Invalidenrente oder Altersrente bzw. eine entsprechende Versorgung erhält.

§ 3

(1) Die Unterstützung beträgt monatlich 500 Mark. Wer der Bürger bis zur Beendigung der bisherigen Tätigkeit teilzeitbeschäftigt, wird die Unterstützung anteilig gewährt.

(2) Bürger, deren Nettodurchschnittslohn in der zuletzt ausgeübten Tätigkeit, bei Vollbeschäftigung, unter 500 Mark/Monat betrug, erhalten die Unterstützung in Höhe des bisherigen Netto-Durchschnittslohnes.

(3) Die staatliche Unterstützung wird aus dem Staatshaushalt finanziert.

Ausgleichzahlung
§ 4

Bürger, denen eine Unterstützung gemäß dieser Verordnung gewährt wird, haben gegenüber dem Betrieb, in dem sie zuletzt beschäftigt waren, Anspruch auf einen Ausgleich in Höhe der Differenz zwischen der Unterstützung und 70 Prozent des bisherigen Nettodurchschnittslohnes, höchstens 500 Mark im Monat. Das gilt nicht bei Beendigung der Tätigkeit gemäß § 2 Abs. 2.

Sonstige Bestimmungen
§ 5

Die Unterstützung wird auf Antrag gewährt. Der Antritt ist bei dem für den Wohnsitz des Bürgers zuständigen Amt für Arbeit zu stellen. Eine ablehnende Entscheidung ist schriftlich zu begründen und dem Bürger zuzustellen.

§ 6

Die Unterstützung wird vom Amt für Arbeit, bei dem sie beantragt wurde, ab dem Tag der Antragsstellung gezahlt. Die Zahlung erfolgt jeweils nach Abtaut von zwei Wochen für den zurückliegenden Zeitraum.

§ 7

(1) Bürger, denen Unterstützung gewährt wird, haben unverzüglich

- das Amt für Arbeit über eine aufgenommene berufliche Tätigkeit in Kenntnis zu setzen,

- nach Aufforderung im Amt für Arbeit vorzusprechen,

- Veränderungen zur Person, insbesondere Änderungen des Gesundheitszustandes und des Wohnsitzes, dem Amt für Arbeit mitzuteilen.

Über diese Pflichten ist der Bürger vom Amt für Arbeit nachweislich zu belehren.

(2) Wurde infolge schuldhafter Verletzungen der Pflichten gemäß Abs. 1 die Unterstützung ungerechtfertigt bezogen, kann die Unterstützung zurückgefordert werden. Die Entscheidung ist schriftlich zu begründen und dem Bürger zuzustellen.

§ 8

(1) Die Unterstützung und die Ausgleichszahlung unterliegen nicht der Lohnsteuer und der Beitragspflicht zur Sozialversicherung.

(2) Der Bezug der Unterstützung ist im Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung einzutragen. Für die Dauer des Bezuges der Unterstützung besteht Anspruch auf Sachleistungen der Sozialversicherung.

(3) Die Dauer des Bezuges der Unterstützung wird bei der Gewährung und Berechnung von Renten der Sozialversicherung als Zurechnungszeit angerechnet.

§ 9

(1) Gegen eine ablehnende Entscheidung gemäß § 5 sowie gegen Entscheidungen gemäß § 7 Abs. 2 kann der Bürger innerhalb von 2 Wochen nach Zustellung bei dem Amt für Arbeit, das die Entscheidung getroffen hat, Beschwerde einlegen. Die Beschwerde gegen Entscheidungen gemäß § 7 Abs. 2 hat aufschiebende Wirkung. Die Beschwerde ist schriftlich einzulegen und zu begründen. Wird der Beschwerde nicht stattgegeben, ist sie innerhalb einer Woche dein Amt für Arbeit und Löhne beim Rat des Bezirkes zuzuleiten. Dieses hat innerhalb einer weiteren Woche abschließend zu entscheiden.

(2) Wird der Beschwerde den Betroffenen durch das Amt für Arbeit und Löhne beim Rat des Bezirkes nicht abgeholfen, kann er innerhalb von 2 Wochen nach Zugang der abschließenden Entscheidung Antrag auf Nachprüfung durch das Gericht stellen.

(3) Das Gericht kann in der Sache selbst entscheiden.

Schlussbestimmungen
§ 10

(1) Durchführungsbestimmungen zu dieser Verordnung erlässt der Minister für Arbeit und Löhne.

(2) Durchführungsbestimmungen zur Finanzierung erlässt der Minister für Finanzen und Preise.

§ 11

(1) Diese Verordnung tritt mit ihrer Veröffentlichung in Kraft.

(2) Diese Verordnung gilt bis zur gesetzlichen Regelung einer Arbeitslosenversicherung und Arbeitslosenunterstützung.

Der Ministerrat der
Deutschen Demokratischen
Republik
Hans Modrow
Vorsitzender

Hannelore Mensch
Minister für Arbeit
und Löhne

Neues Deutschland, Fr. 09.02.1990

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