Aus für die Bürgerkomitees
Der Ministerpräsident hat sich vor der Volkskammer dagegen ausgesprochen, dass die Bürgerkomitees zur Auflösung des ehemaligen MfS/AfNS ihre Arbeit fortsetzen. Wie sehen Sie das als Koordinator des entsprechenden Berliner Komitees, Herr Schmidt?
Aus einem Gespräch mit Innenminister Diestel kennen wir den Klartext. Das staatliche Komitee ist ihm direkt unterstellt worden. Bürgerkomitees hält er für nicht tragbar, eine gesellschaftliche Kontrolle des weiteren Auflösungsprozesses für nicht erforderlich. Und das bedeutet Ausschaltung der Öffentlichkeit.
Würde nicht ein paritätisch zusammengesetzter Kontrollausschuss des Parlamentes Öffentlichkeit sichern?
Das sehen wir auch so. Einen solchen Ausschuss sieht übrigens auch die Koalitionsvereinbarung der Regierung vor. Aber davon ist nicht mehr die Rede. Das staatliche Komitee kann doch lediglich Aufgaben der Nachlassverwaltung und der weiteren Auflösung des Amtes erfüllen. Alles läuft auf eine alleinige Entscheidungsbefugnis des Innenministers hinaus - bei der Auflösung des alten wie beim Aufbau eines neuen Geheimdienstes.
Eines neuen? Der Minister hat eine solche Vorstellung vor der Presse als absurd bezeichnet.
Wir haben aus Westberlin Kenntnis darüber, dass es konkrete, noch geheimgehaltene und schriftlich vorliegende Ausarbeitungen gibt, die die Bildung von fünf Landesämtern für Verfassungsschutz vorsehen.
Was schlagen Sie vor, um bei der Auflösung weiter Öffentlichkeit zu wahren?
Wie eingangs gesagt - die Bildung des versprochenen Parlamentarischen Kontrollausschusses durch die Volkskammer. Bis zu den Kommunalwahlen sollten die von den Runden Tischen legitimierten Bürgerkomitees weiterarbeiten.
Es fragte RAINER FUNKE
Neues Deutschland, 20.04.1990