Für eine Alternative zwischen PDS und SPD
Nach einem kürzlich erschienenen Artikel in der Zeitung und der Ankündigung der Parteigründung am 17. Februar 1990 wird so mancher Bürger kopfschüttelnd gedacht haben: "Schon wieder eine neue Partei." Wir denken, zu Recht. Und doch wollen wir mit dieser Partei kämpfen, weil sie eine wirkliche Alternative für unsere Menschen ist.
Schon einmal entstanden aus dem linken Flügel der deutschen Sozialdemokratie während des ersten Weltkrieges und in Opposition zur damaligen SPD-Führung, die den Krieg unterstützte, versteht sich die USPD heute als die Partei eines wirklich demokratischen Sozialismus, der allen fortschrittlichen Menschen die Wahl lässt zwischen Stalinismus und Monopolherrschaft, zwischen PDS und SPD. Das sollten alle, die am 18. März links wählen wollen, durchaus beachten.
Nachdem die alte USPD zwischen Rechts und Mitte einerseits und Links andererseits in dir Weimarer Republik zerrieben wurde, erscheint uns die Chance heute, den demokratischen Sozialismus durchzusetzen, aufgrund der historischen Erfahrungen, realistischer. Das verlangt aber von uns Mitsprache im Gefüge unserer neuen Parteien und Bewegungen, was uns von diesen wie auch von den alten bisher nicht leicht gemacht wurde. Insofern vertrauen wir auf unsere Bürger.
Was wir nicht sind und nicht wollen: Uns direkt berufend auf Marx und Engels und die alte deutsche Sozialdemokratie sind wir uns bewusst, dass bisher noch nie wirklicher Sozialismus geschaffen wurde. Wir meinen, was des Volkes Hände schufen, soll wirklich des Volkes eigen sein. Dabei kann ein volkseigener Sektor seinen Anteil ebenso leisten, wie der private Unternehmer. Ohne die persönliche Schuld des einzelnen zu leugnen, vertreten wir keine der alten etablierten Parteien, die durch das administrative System kompromittiert sind, und demzufolge sind wir auch keine Wendehälse, Wendemänner oder -frauen. Wir sagen auch nicht nur aus taktischen Gründen "Ja" zu unseren Frauen weil wir wirklich von ihrer Kompetenz überzeugt sind. Wenn alle über unsere Zukunft diskutieren, dann sind gerade sie es, die eine der wichtigsten Fragen aufwerfen, nämlich die der Zukunft unserer Kinder.
Wir sind keine Partei mit einer finanzstarken Schwesterpartei aus der BRD im Rücken. Das bringt uns nicht in den Zugzwang, deren Standpunkte und politisches Credo zu übernehmen. Bei uns geben sich nicht die politischen "Macher" aus München, Bonn und Hamburg die Türklinke in die Hand. Weder die Großdeutschen von Rechts noch die von Mitte/Links. Wir meinen, dass die friedliche Revolution unserer Menschen nicht als Ziel haben kann, uns an CDU und CSU auszuverkaufen. Was uns weiter von anderen unterscheidet ist, dass wir eine junge Partei sind, die in den eigenen Reihen das Entstehen von Machtmonopolen zu verhindern wissen wird. Macht korrumpiert sehr schnell, wie die Skandale der letzten Monate zeigten. Aber diese Macht hat auch in der BRD korrumpiert, wie die über 40jährige Geschichte dieser Republik beweist.
Was wollen wir also konkret, ohne dem Gründungskongress vorzugreifen? Volksherrschaft auf der Basis demokratischer sozialistischer Rechtsstaatlichkeit. Das setzt in der historischen Perspektive einer tatsächlichen Wiedervereinigung voraus, dass sich beide Staaten aufeinander zu bewegen und die DDR dem BRD-Stand angeglichen wird. In Wissenschaft, Technik, Wirtschaft ja - aber nicht in den Eigentumsverhältnissen oder z. B. dem Stand der Demokratieentwicklung. Wir sollten auch zur Kenntnis nehmen, dass wir die Demokratiestrukturen der BRD längst hinter uns gelassen haben.
Neben diesen weitgesteckten Zielen gibt es die Positionen zu aktuellen Fragen zu bestimmen:
- Kein Ausverkauf der DDR, im Interesse unserer Menschen und der europäischen Entwicklung.
- Es ist zu verhindern, dass unsere Bürger die politische Zeche bezahlen müssen. Besonders sind dabei ältere Bürger, sozial Schwache und Kinder zu brachten. Neue soziale Sicherungen sind durchzusetzen und bewährte zu erhalten.
- Rechtsstaatlichkeit setzt wirkliche Freiheit der Presse, Meinung usw. voraus. Sie muss aber auch den Schutt vor Amtsmissbrauch, Korruption einschließen, und damit gilt es, die Freiheit der Person zu gewährleisten, ebenso wie die Verhinderung der Herausbildung von neuen Monopolen in der Meinungsbildung.
Bei der Durchsetzung unserer Politik haben wir keine Berührungsängste oder Vorurteile, es sei denn, es handelt sich nachweislich um materiell und moralisch korrupte Menschen. Uns vereint mit allen demokratischen Kräften der konsequente Antifaschismus.
Kontaktadresse: Wolfgang B(...), (...), Fürstenberg, 1412.
Ausschuss zur Gründung der USPD
W. D(...)
Zustimmung für breites Linksbündnis
Die USPD hat angesichts der kommenden Wahlen erste Abstimmungen mit Linkskräften zur Herbeiführung eines umfassenden Bündnisses vorgenommen. Ihre Bündnispartner sieht die USPD in allen Linken, sofern diese nicht der PDS oder einer linksradikalen Gruppierung angehören. Die USPD kämpft für einen demokratischen Sozialismus und fühlt sich dem traditionellen linken sozialdemokratischen Erbe aufs engste verbunden. Sie ist auf einer breiten Basis konsensfähig. Die USPD geht davon aus, dass auch in einem einheitlichen Deutschland, welches als paktfreier und politisch neutraler Staat einen geachteten Platz in einem vereinigten Europa einnehmen wird, eine starke Linke ein notwendiges Korrektiv im politischen Leben darstellen muss.
Die Gründungskonferenz der USPD findet am 17. Februar 1990 in Fürstenberg (Havel) statt. Sie beginnt 10.30 Uhr im Jugendhaus Puschkinallee. An einer Mitgliedschaft in der USPD interessierte Bürger wenden sich bitte an Dr. Steffen H(...), Potsdam, 1570.
Martin K(...)
aus: Märkische Volksstimme, Nr. 34, 09.02.1990, 45. Jahrgang, Unabhängige Tageszeitung im Bezirk Potsdam, Herausgeber: Verlag Märkische Volksstimme