Beitrittsbeschuss der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik zum Geltungsbereich des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 23.08.1990

"Die Volkskammer erklärt den Beitritt zum Geltungsbereich des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland gemäß Artikel 23 GrundgesetzArtikel 23 des Grundgesetzes mit Wirkung vom 3. Oktober 1990. Sie geht dabei davon aus, dass die Beratungen zum Einigungsvertrag zu diesem Termin abgeschlossen sind, die Zwei-plus-Vier-Verhandlungen einen Stand erreicht haben, der die außen- und sicherheitspolitischen Bedingungen der deutschen Einheit regelt, die Länderbildung so weit vorbereitet ist, dass die Wahl zu den Länderparlamenten am 14. Oktober durchgeführt werden kann."


Gregor Gysi machte nach der Abstimmung darauf aufmerksam, die Nennung wer beitritt fehle in dem Beschluss. Daraufhin wurde im Protokoll im ersten Satz "der Deutsche Demokratische Republik" eingefügt. Ohne erneute Abstimmung.


"Die Volkskammer erklärt den Beitritt der Deutsche Demokratische Republik zum Geltungsbereich des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland gemäß Artikel 23 des Grundgesetzes mit Wirkung vom 3. Oktober 1990. Sie geht dabei davon aus, dass die Beratungen zum Einigungsvertrag zu diesem Termin abgeschlossen sind, die Zwei-plus-Vier-Verhandlungen einen Stand erreicht haben, der die außen- und sicherheitspolitischen Bedingungen der deutschen Einheit regelt, die Länderbildung so weit vorbereitet ist, dass die Wahl zu den Länderparlamenten am 14. Oktober durchgeführt werden kann."


Lothar de Maizière forderte am 22.08.1990 nach § 15 Abs. 2 der Geschäftsordnung eine Sondersitzung der Volkskammer für den Abend. Die Tagung der Volkskammer begann um 21.10 Uhr.

Es gab mehrere Anträge zum Beitrittstermin. Die DSU forderte wie schon am 17.06.1990 den Beitritt zum jeweiligen Tages der Antragstellung. An diesem Abend der 22.08.1990. Der Antrag wurde in namentlicher Abstimmung mit 56 Ja-Stimmen bei 183 Nein-Stimmen und 125 Enthaltungen abgelehnt.

Die SPD stellte in einen Änderungsantrag zum DSU-Antrag. Der Beitritt sollte zum 15.09.1990 erfolgen. Am 12.09.1990 sollte der Zwei-plus-Vier-Vertrag unterzeichnet werden. Der Antrag wurde mit Mehrheit abgelehnt.

In Moskau wurde am 12.09.1990 der Vertrag über die endgültige Regelung im Bezug auf Deutschland unterzeichnet. Von DDR- und BRD-Seite wurde noch ein Brief unterschrieben. Die Sowjetunion bestand darauf, dass der Brief nicht nur mit dem Siegel der Bundesrepublik Deutschland, sondern auch das Siegel der Deutschen Demokratischen Republik versehen seinen müsse. Das bisherige Siegel der DDR war aber bereits abgeschafft worden. Aus der Moskauer DDR-Botschaft konnte ein nicht mehr gültiges Siegel der DDR herbeigeschafft und auf den Brief angebracht werden, berichtete Lothar de Maizière später.

Der Antrag von CDU und DA sah vor, am 09.10.1990 solle der Beitritt zum 14.10.1990 beschlossen werden. Am 14.10.1990 war die Wahlen für die neu gebildeten Bundesländer angesetzt. Im Vorfeld war noch die Möglichkeit am 14.10.1990 Bundestagswahlen in dem dann einen Deutschland durchzuführen ausgelotet worden. Da es aber gegen die möglichen Wege die Legislaturperiode des Bundestages zu verkürzen Widerstand gab, ließ sich das nicht realisieren.

Bündnis 90/Grüne Partei stellten einen Antrag am 03.10.1990 über den Beitritt beschließen zu lassen. Der Antrag wurde abgelehnt.

Widerstand gab es gegen einen Beitrittstermin nach dem 07.10.1990 dem 41. Jahrestag der DDR. Es sollte ein Zeitpunkt davor sein.

Auf der KSZE-Außenministerkonferenz am 01.10.1990 erklärten die vier Siegermächte des Zweiten Weltkriegs in Europa, Frankreich, Großbritannien, die UdSSR und die USA, ihre Vorbehaltsrechte gegenüber Berlin und Deutschland als ganzes für beendet.

Sollte der Termin nach der KSZE-Konferenz in New York am 01.10.1990 sein, kam der 02.10.1990 in Frage. Da aber Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher bis zum 02.10.1990 nicht aus New York zurück sein konnte, wurde der 03.10.1990 als Beitrittsdatum gewählt.

Den Beschluss unterstützten CDU, DA, DSU, F.D.P. und SPD. Es wurden 363 Stimmen abgegeben. 294 stimmten mit Ja, 62 mit Nein, 7 Enthaltungen.

Kurz vor 3 Uhr am 23.08.1990 verkündete Volkskammerpräsidentin Sabine Bergmann-Pohl das Ergebnis der Abstimmung.

Gregor Gysi gab eine persönliche Erklärung ab, in der er sagte: "Frau Präsidentin! Das Parlament hat soeben nicht mehr und nicht weniger als den Untergang der Deutschen Demokratischen Republik zum 3. Oktober 1990 (Jubelnder Beifall bei der CDU/DA, der DSU, teilweise bei der SPD) beschlossen. Ich bedaure, dass die Beschlussfassung im Hauruckverfahren über einen Änderungsantrag geschehen ist und keine würdige Form ohne Wahlkampftaktik gefunden hat."

Der Beschluss zum Beitritt wurde von Sabine Bergmann-Pohl per Post an den Bundespräsidenten, die Bundestagspräsidentin und den Bundeskanzler geschickt.

In der Poststelle des Bundeskanzleramtes wurde das Schreiben mit einem Eingangsstempeln versehen und aussortiert. Im Bundeskanzleramt versahen es der Kanzleramtschef und sein persönlicher Referent noch mit ihrem Zeichen. Erst danach wurde die Bedeutung des Schreibens erkannt. Da es sich nicht getraut wurde, Kanzler Kohl ein so "verziertes" Schreiben vorzulegen, sprach Thomas de Maizière mit seinem Vetter Lothar de Maizière. Daraufhin fertigte Sabine Bergmann-Pohl eine Zweitausfertigung für den Bundeskanzler an. Diesmal wurde nicht der normale Postweg genommen. Die Zustellung erfolgte per Bote. Wo die "saubere" Zweitausfertigung geblieben ist, ist nicht bekannt. Dem Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland wurde die mit Stempel und Bemerkungen versehene Erstausgabe übergeben.


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