Unabhängige Volkspartei

Ende vergangenen Jahres gegründet, hat die UVP heute mehr als 4 000 Mitglieder. Im Mittelpunkt ihres politischen Programms steht die Erhaltung des Lebens schlechthin, sprich, die Erhaltung der Schöpfung Natur. Junge Welt sprach mit Rolf Schmidt, Vorstandsmitglied der UVP.

Sie sprechen in Ihrem Programm davon, dass jeder Mensch sich frei entfalten können muss. Was ist zu tun, damit junge Menschen eine Perspektive haben?

Wir wollen gerade bei jungen Menschen niemanden ausklammern. Links, rechts oder Mitte - das ist alles unwichtig. Alle müssen an einen Tisch, und niemand, der anderer Meinung ist, darf ausgegrenzt werden.

Sehr allgemein. Können Sie das an einem Beispiel verdeutlichen?

Nun, wir fordern freie und chancengleiche Bildung. Jeder, der sich in diesem Land frei entfalten möchte, soll dies ungehindert tun können.

Was heißt das?

Nehmen wir die Bewerbung zur Oberschule oder zum Studium. Dabei müssen alle Kaderakten der Eltern über Bord. Junge Menschen haften nicht für ihre Eltern. Und ganz aktuell: Es ist für mich völlig unwichtig, welcher Partei die Eltern angehören oder angehörten. Wenn die Tochter oder der Sohn selbständige Menschen sind, sollen sie ihre Chance erhalten.

Was halten Sie von bestehenden Instrumentarien, die die Jagend beförderten, zum Beispiel das Jugendgesetz? Sollten auch die über Bord?

Die Jugend war doch in der Vergangenheit oftmals ein politischer Spielball. Wenn sie mit 18 Jahren in die SED eintraten, standen ihnen fast alle Türen offen. Jetzt haben wir die Chance das erste Mal eine wirklich freie Jugend zu schaffen.

Sie wären also dafür, dass die Jugend eigene Vertretungen in den Parlamenten hätte?

Ich bin dafür, dass junge Menschen in ihrer Partei über diese selbst ihre Forderungen durchsetzen können. Ich halte nichts von eigenen Jugendfraktionen.

Warum?

Mit dem gleichen Recht könnten doch auch die Rentner eine Vertretung im Parlament fordern.

Vergleiche hinken . . .

. . . Sicher, aber gerade bei jungen Menschen kann doch jeder sehen, wie ernst es eine Partei mit Chancengleichheit meint. Also, wenn eine Partei gar keine jungen Menschen ins Parlament schickt, dann würde ich nachdenklich werden.

Um diesen Fall zu verhindern, böten sich doch gerade Jugendfraktionen an?

Noch mal: Ich halte es nicht für gut zu fordern, die Jugend müsse eine gesonderte Fraktion bilden. Wenn ein Mensch 18 ist, ist er mündig. Und damit haben sich junge Menschen als Abgeordnete genauso um die Probleme der Rentner zu kümmern, um die der Mütter wie um die ihrer Generation.

Nun war den jungen Menschen zum Beispiel stets ein Ausbildungs- und danach der Arbeitsplatz sicher. Wie kann man dieses Recht in die Zukunft retten?

Jetzt muss jeder durch seine Leistung überzeugen. Was nicht heißt, Freiheit ist Leistung. Wir sagen Freiheit durch Leistung. Nur wenn wir arbeiten und Nationaleinkommen schaffen, können wir darüber verfügen.

Freihit durch Leistung - da fallen einem Behinderte ein . . .

Richtig. Zu denen können wir natürlich nicht sagen, sie seien nicht frei. Dafür müssen wir ein engmaschiges soziales Netz schaffen, damit keiner unter das Existenzminimum rutscht. Das aber sind Ausnahmen. Unter Bedingungen der freien Marktwirtschaft, und die fordern wir, haben in der Regel junge Menschen die Möglichkeit, sich frei, entsprechend ihrem Wollen und Können zu entfalten. Was nicht heißt, dass es keine Rückschläge gibt . . .

. . . und wir lernen müssen, mit Jugendarbeitslosigkeit zu leben.

Gestatten Sie mir eine indirekte Antwort. Will jemand Pilot werden und wenn er es wirklich will, obwohl man nur wenige Piloten braucht, dann muss er sich eben durchkämpfen. Der Bessere wird sich durchsetzen. So ist das System, nicht jeder kann Pilot werden. Wer scheitert, muss sich dann damit abfinden, dass er einen Beruf ergreift, der vielleicht nicht ganz seinen Vorstellungen entspricht, mit denn er aber der Gesellschaft dient.

Noch ein anderes Thema. Nicht wenige werfen ihnen Nähe zu den Republikanern vor, würden Sie, sofern diese Partei legal wäre, mit ihr zusammenarbeiten?

Was die Politik betrifft, also eine Zusammenarbeit mit der Führung, die schließen wir aus.

Aber?

Wir müssen uns alle davor hüten, Bürger und insbesondere junge Menschen - ich habt ja einige in Leipzig selbst erlebt - die sich aus Unkenntnis oder aus emotionalen Erwägungen heraus zu den Republikanern hingezogen fühlen, dass wir diese Menschen jetzt ins Abseits stellen. Das wäre fatal!

Und was schlagen Sie vor?

Wir müssen uns gerade mit diesen jungen Menschen auseinandersetzen, indem wir uns mit ihnen zusammensetzen. Ihre Argumente müssen wir verstehen, die sind doch sicher ehrlich gemeint. Ich denke, viele Republikaner, vor allem junge, wurden bewusst irregeführt. Davon müssen wir sie in Gesprächen abbringen.

(Des Gespräch führten
Oliver Schirg und
André Böttcher)

Junge Welt, Sa. 10.03.1990, Linke sozialistische Jungendzeitung

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